Autor Thema: Trennung Investigative/General bei Yellow King und SotS  (Gelesen 1605 mal)

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Achamanian

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Ich lese mich gerade mal wieder ein bisschen in neuere Gumshoe-Systeme ein und stelle mir mal wieder die Frage, ob ich Gumshoe eigentlich in der Theorie toll und elegant oder doch eher schwerfällig finde. (In der Praxis hat es bei mir mit Ashen Stars wunderbar funktioniert, allerdings war das auch in vieler Hinsicht eine Traum-Gruppenkonstellation, mit der wahrscheinlich auch FATAL oder so was toll geworden wäre ...).

Derzeit lese ich parallel in Swords of the Serpentine (Playtest-Dokument) und Yellow King rum, die Gumshoe in fast schon entgegengesetzte Richtungen driften.
Yellow King kennt keine investigativen Poolpunkte mehr, sondern nur noch Pushes; Kampf wird auf einen Test pro beteiligtem SC reduziert, Health-Pnkte sind keine Hit Points mehr, sonern dienen vor allen Dingen dem vermeiden von konkreten Verletzungen, die über Konsequenzen-Karten spieltechnisch definiert sind; bei der dritten oder vierten Verletzung ist man raus ...

Swords of the Serpentine dagegen vergrößert die Rolle investigativer Pools, indem man einen Poolpunkt daraus praktisch jederzeit in drei Bonuspunkte für eine passende Probe umwandeln kann; im Prinzip sind die investigativen Pools damit so eine Art Gummipunkte-Pools oder auch zusätzliche General-Pools mit einem Wert von x3. Darüber hinaus kann man bei einer zum jeweiligen Gegner passenden investigative Skill sogar noch W6 Schadenspunkte pro eingesetztem investigativen Poolpunkt aufschlagen.

Beide Systeme haben aber auch eine Neuerung gegenüber bisherigen Gumshoe-Spielen gemeinsam: Clues/Leads kosten NIEMALS investigative Poolpunkte - das gilt nicht nur wie gehabt für Core Clues, sondern für wirklich alle Clues. Informationen durch investigative Skills sind prinzipiell gratis zu haben!

Das ist m.E. durchaus ein kleiner Paradigmenwechsel, der den Gumshoe-Kern klarer herausarbeitet. Zusammen mit den in beiden Spielen vorhandenen Hinweisen darauf, dass auch General Abilities Clues liefern können, wenn sie passen, stellt das für mich aber eigentlich die Trennung zwischen investigative und General Skills infrage. Das Grundprinzip lautet nämlich einfach: "Information is for free!" (solange du die passende Skill auf deinem Charakterbogen stehen hast). Für anderes wird gewürfelt. D.h. eigentlich geht es doch gar nicht so sehr um die Trennung der beiden Skilltypen, sondern um die Frage, wofür eine Skill gerade eingesetzt wird: Informationssammeln (gratis) oder Effekte in der Spielwelt erzielen (Punkte ausgebene, ggf. würfeln).

Wenn ich mir die Investigative Skills bei SotS so ansehe, habe ich den Eindruck, dass die eigentlich in Richtung Stunts/Feats gedriftet wurden. Das sind deine Spezialgebiete, dein Exklusivkram - das bringt mit sich, dass du dich in ihnen auskennst und entsprechende Informationen von der SL bekommst, aber auch, dass du Punkte darin hast, die du für coole Manöver einsetzt. Die  General Skills sind dagegen die, bei denen ein Nischenschutz wenig Sinn ergeben würde, weil sie jedem in gewissem Maße zur Verfügung stehen sollten. Insofern werden die General Skils ihrem Namen gerecht, die Investigative Skills wirken in SotS aber ein bisschen komisch benannt ...

Was die Änderungen bei Yellow King eigentlich implizieren, darüber bin ich mir noch nicht ganz im Klaren - da muss ich auch noch mehr lesen. Im Prinzip begrüße ich es in beiden Fällen, dass nun klargestellt ist, dass Informationen gratis sind; das empfinde ich gerade für Improvisationsspiel eindeutiger und eleganter, als wenn man überlegt, ob da jetzt noch ein Spend fällig werden sollte. Punktespends sind jetzt wirklich sehr klar für mechanische Spieleffekte reserviert. Dafür bin ich mir jetzt aber ernsthaft im Unklaren über die Sinnhaftigkeit der Trennung von Investigative/General Skills.

Offline sma

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Re: Trennung Investigative/General bei Yellow King und SotS
« Antwort #1 am: 4.11.2019 | 00:17 »
Ich kann nur zum YKRPG etwas sagen. Dort empfinde ich keine Verwirrung, was die beiden Arten von Fähigkeiten angeht.

Zu allgemeinen Fähigkeiten heißt es "General abilities apply to situations where, unlike information-gathering, failure can be as interesting as success." Mit anderen Worten, wenn der SL eine Probe für angemessen hält, kann ein Spieler dafür argumentieren, dass eine bestimmte allgemeine Fähigkeit in der Situation hilfreich ist und Punkte aus deren Reserve nutzen, um den W6-Wurf zu verbessern. Das ist etwas, das nur mit allgemeinen Fähigkeiten funktioniert.

Ansonsten gilt "Investigative abilities allow the characters to gain information" Mit anderen Worten, diese beschreiben Fachgebiete, auf denen sich ein Charakter auskennt und einen Spieler deswegen berechtigen, sich einen Hinweis zu erspielen.

Bei besonders passiven Spielern muss der SL vielleicht anhand der Liste, die ihm empfohlen wird zu stellen, einfach einen Spieler auswählen und ihm auf diese Weise in den Mittelpunkt stellen. "Tom, dein Charakter Dr. Spencer ist Arzt, und in seiner zwanzigjährigen Laufbahn hat er noch nie solche Verletzungen gesehen. Kein Tier hat derartige Kräfte." Meine Erfahrung (mit dem alten Gumshoe) ist aber, dass Spieler das schnell verinnerlichen.

Ich vermute, du spielst auf "Sometimes a General ability is an apter way to gain a particular nugget of information than an Investigative one. The GM allows this whenever it seems plausible, and does not do the job of an already existing Investigative ability." Ich würde sagen, dass zielt in erster Linie darauf ab, dass der SL jeden Versuch der Spieler honorieren soll, macht aber gleichzeitig nicht die investigativen Fähigkeiten zu welchen, die man in Proben einsetzen kann. D.h. eine Trennung ist IMHO immer noch sinnvoll.

Zudem würde ich als SL schon eine gute Begründung erwarten, warum jetzt Athletik, Selbstbeherrschung, Kampf, Erste Hilfe, Konstitution, Mechanik, Vorbereitetsein, Reiten, Gefahrensinn oder Heimlichkeit hilfreich sind.

Da idealerweise ja alle investigativen Fähigkeiten in der Gruppe vorhanden sind, würde ich dann wohl eher den mir passenden Charakter mit der Information konfrontieren.

Statt "Dr. Spencer sucht mit großer Ausdauer nach Geheimtüren." lieber "Tina, während du so Dr. Spencer beim Abklopfen der Wände zuschaust, fällt dir – architekturgeschult – auf, dass der Raum schon merkwürdig klein ist und gemeinsam findet ihr an der Nordwand schließlich eine Tapetentür."

Offline Chiarina

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Re: Trennung Investigative/General bei Yellow King und SotS
« Antwort #2 am: 4.11.2019 | 05:56 »
Gibt es denn bei diesen neueren Gumshoe Systemen noch die Regel, dass ein Spieler die Anwendung einer investigativen Fertigkeit ansagen muss? Bei Night´s Black Agents ist das so.
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Achamanian

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Re: Trennung Investigative/General bei Yellow King und SotS
« Antwort #3 am: 4.11.2019 | 07:47 »

Zu allgemeinen Fähigkeiten heißt es "General abilities apply to situations where, unlike information-gathering, failure can be as interesting as success."

Da liegt für mich der Hund begraben: Denn das hängt ja eigentlich nicht von der Fähigkeit ab, sondern von der Situation.
In der Praxis habe ich tatsächlich kein Problem mit der Trennung. In der Theorie habe ich mich aber schon oft gefragt, ob ein neu durch-designtes Gumshoe ohne diese Trennung, in dem einfach nur unterschiedliche Regeln für Informationssammeln und Erfolgsproben gelten, letztendlich einfacher wäre.

Offline KhornedBeef

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Re: Trennung Investigative/General bei Yellow King und SotS
« Antwort #4 am: 8.11.2019 | 07:11 »
Müsste man dann nicht trotzdem verschieden wertvolle Fähigkeitspools anders bepreisen? Kämpfen und Athletik wurden ja genannt, wobei man da das Abenteuer oder die Resolution anpassen kann. Aber ein Punkt Investigatives Rating ist ja ein pauschaler Freischaltpunkt für einen anderen Abenteuerverlauf, (das IA-System kann man ja buchstäblich als einfaches Adventure Game im Rollenspiel interpretieren), ein Punkt General Rating ist " man kann's ja mal versuchen"
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Offline sma

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Re: Trennung Investigative/General bei Yellow King und SotS
« Antwort #5 am: 8.11.2019 | 18:26 »
Wie "wertvoll" ein Pool ist, liegt ja ein bisschen auch daran, wie häufig der im Spiel eingesetzt wird und das kann der SL zu dadurch ein Stück weit kontrollieren, wann er denn eine Probe für sinnvoll hält und welche Schwierigkeit angesetzt wird.

Beim YKRPG ist ein Kampf ja nur noch eine einzelne Probe und nicht mehr ein rundenlanger Schlagabtausch, sodass ich denke, dass hier ein Problem der älteren Editionen entschärft wurde. Mit 2 Punkten auf Kämpfen könnte ich bereits zwei einfache Konflikte (Schwierigkeit 2+) garantiert gewinnen oder einen ziemlich sicher (83%).