Autor Thema: [Erklär mir] den Unterschied zwischen Erzähl- und Rollenspiel  (Gelesen 18191 mal)

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alexandro

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@ Alexandro
Ziel und Weg in engerem Sinn. So weit gegriffen wie du das benutzt ist es wieder völlig sinnfrei, da jedem Ziel dann ein Weg vorausgehen muss und jede Handlung mit einer Zielsetzung beginnt.

Der Knackpunkt ist die Priorisierung des entsprechenden Teilaspekts der Tätigkeit: Ist es wichtiger den "korrekten Weg"(je nach Spielstil kann korrekt hier unterschiedlich besetzt sein)  mit seinen unsicheren Entscheidungen und Resultaten zu verfolgen oder eine gesetzte Vorgabe/Qualität möglichst idealtreu zu erreichen?

Beim Modellbau reizt z.B. die Erstellung und folgend Erprobung eines Konzepts. Klar wünscht man sich einen Erfolg, aber befriedigend ist der nur dann, wenn er auch korrekt erfolgt und nicht weil z.B. auf der Metaebene zusätzlich manipuliert wurde.

Taktik ungleich Erfolgsfokussierung.

Taktik ist einfach einen Methode, welche für unterschiedliche Ziele (eben Modellbau oder Erfolgserlebnisse) verwendet werden kann, manchmal auch in Kombination, aber nicht notwendigerweise.

Offline KhornedBeef

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Ok, das zweite ist Ziel- das erste Wegspiel. Was heißt von außen "? Wer ist da? Warum gehört der TPK nicht dazu, ist außerhalb der Prozessparameter?
Und was heißt das für erzählspiel?
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
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Ucalegon

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Ist zwar nicht dasselbe - hat aber große Schnittmengen mit meiner Theorie vom alternativen Fokus auf Spiel und Erzählung. Vielleicht ist es eher ein Komplementär, mit dessen Hilfe sich ein Koordinatensystem aufziehen lässt:

... Erzählparadigma und Wegspiel => Storytelling
... Spielparadigma und Zielspiel => (etliche) Story Games [Montsegur 1244, Dogs in the Vinyard, Polaris, ...)
... Spielparadigma und Wegspiel => Abenteuerspiel
... Erzählparadigma und Zielspiel =>

Finde ich gut, weil es Maarzans Unterscheidung um die Tatsache ergänzt, dass einen Idealzustand, eine Dramaturgie, eine Struktur zu haben nicht automatisch bedeutet, dass man irgendwas nacherzählt oder sich selbst zurechtlegt, sondern es im Gegenteil oft darum geht, herauszufinden, was das jeweilige Rollenspiel - sei es Montsegur, Apocalypse World oder The One Ring - mit unseren Figuren und Geschichten macht, um spannende Entscheidungen und überraschende Momente.

Edit: Aber warum fehlt ein Rollenspiel zu Erzählparadigma und Zielspiel?

... und daran sieht man dann auch das Problem des Begriffs "Erzählspiel". Wenn Zielspiel und Erzählparadigma jeweils mit dem Begriff "Erzählspiel" belegt werden, dann muss der Begriff zwangsläufig ganz Unterschiedliches meinen. 

Ein Problem des Begriffs. Ein anderes zeigt sich bspw. im Podcast, wenn die OSR plötzlich zum Erzählspiel wird, weil da Handlungen in der Fiktion so im Mittelpunkt stehen. Liegt ja eigentlich auch nah: Wo ich viel erzähle/beschreibe/...  muss es sich wohl um ein Erzählspiel handeln.
« Letzte Änderung: 28.12.2017 | 15:06 von Ucalegon »

Offline KhornedBeef

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[...]Wo ich viel erzähle/beschreibe/...  muss es sich wohl um ein Erzählspiel handeln.
Oder um die Bedienungsanleitung einer Küchenmaschine ;)
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Offline Maarzan

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@ Alexandro

Ich verstehe nicht was du zu welchem Aspekt hier sagen willst.


Ok, das zweite ist Ziel- das erste Wegspiel. Was heißt von außen "? Wer ist da? Warum gehört der TPK nicht dazu, ist außerhalb der Prozessparameter?
Und was heißt das für erzählspiel?

Von außen heißt von außerhalb des gesetzten Spielprinzips. Ein Spiel basiert üblicherweise aus einem nach festen Regeln funktionierenden Kreis aus Situation mit Unbekannten ->abwägende Entscheidung -> Folgenauswertung (ggf mit Zufallskomponente) ->  zu neuer Situation.
Wegen des Einflusses der Unbekannten und diverser Entscheidungen ist das Erreichen eines bestimmten Ziels oder auch Verlaufs nicht gesichert.
Die einen ziehen ihren Spielspaß genau aus dieser Unwägbarkeit und dem Test, in wie weit sie ihre Ziele mit den regulären Mitteln doch erreichen können.

Wenn aber jemand vom Ziel oder auch Verlauf dahin  für seinen Spielspaß bestimmte gesetzte Qualitäten erwartet (z.B. "bessere Story, in Form vom Bedienen von Genrekonventionen und Spannungsverläufen) kann er die mit dem Kreislauf nicht sichern. Dazu werden dann externe Eingriffe benötigt, welche von außen in das System korrigierend eingreifen, wie in dem Experimentbeispiel aufgeführt.

Erzählt wird grob gesehen also immer. Der entscheidende udn unterscheidende Fokus wäre der auf die Qualität der so entstehenden Erzählung. Und um die zu sichern sind eben Maßnahmen notwendig.

TPK war hier vermutlich ein unnötiger Einwurf in Erinnerung an eine alte Diskussion irgendwo von mir. Da war die Frage gewesen, warum Railroaden denn so schlimm wäre, denn bei einem TPK, wie er in einem freien Spiel zumindest möglich ist, doch auch wieder von außen eingegriffen werden müsste.

@Ucalegon:
Erzählparadigma (wenn ich den Begriff richtig deute)+ Zielspiel wäre wohl Storytelling.
Erzählparadigma + Wegspiel wäre dann so etwas wie die Reihumerzählspiele, wo jeder quasi als Erzählermit gleichen Ressourcen udn Rechten an der Erzähklung "zerrt". Damit haben wir wieder den oben beschriebenen Spielkreislauf.

Zu den beispielhaft benanntenSpielen kann ich keine Erklärung geben, da ich diese nicht genügend genau kenne, um da entscheidende Gemeinsamkeiten zu erkennen.
Ich vermute mit entsprechend harter "Vorspannung" des Settings auf einen auch im Setting unvermeidbaren Endzustand hätten wir eine sehr spezielle Sonderform. Aber wenn es keine externen, nicht im Setting selbst begründete Eingriffe gibt, würde ich das als eine extreme Sonderform von "Erzählparadigma und Wegspiel" nehmen. 

Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline D. M_Athair

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Aber was "Erzählspiel" von "Rollenspiel" trennt, erfolgt primär schon über die Unvereinbarkeit von Weg und Ziel.
Wie angedeuet: Ich würde dem nur unter der Annahme folgen, dass ältere Verwendungen des Begriffes "Erzählspiel" oder "Erzählrollenspiel" (z.B. als Synonym für Sandbox-Storytelling wie z.B. in V:tM 1st) keine Relevanz mehr haben. Da ich aber die Eroberung des "Begriffes" Erzählspiel durch Story Games, Fate, Genesys & Co. abstreite, kann ich dem nicht ganz folgen.

Oder: Ich bleibe dabei: Wenn jemand - ohne Kontexte zu liefern - von Erzählspiel spricht, dann ist das eine Wundertüte, über deren Inhalt man von vornherein nicht viel sagen kann, außer dass der betreffenden Person irgedwas, was in irgendwelchen Kontexten als "erzählerisch" gilt, wichtig ist. Ich kann lediglich vermuten, dass Welten- oder Kampfsimulation (in irgendeiner Form) wohl weniger wichtig sein werden und dass Zufälligkeiten nicht ungebrochen verwendet werden. Das ist schon ziemlich wenig Sicheres.

... ähnlich wie beim Begriff "Liebe". Da weiß ich, dass es s irgendwie um Zuneigung geht. Aber ob damit Eros, Agape oder Caritas gemeint ist, ist ohne Kontext nicht ersichtlich.

Edit: Aber warum fehlt ein Rollenspiel zu Erzählparadigma und Zielspiel?
Ist mir auf die Schnelle nix eingefallen. Wahrscheinlich, weil ich dazu am wenigsten Zugang zu habe. Vielleicht sowas wie WFRP3? Sicher bin ich mir da aber nicht.
Es muss wohl was "Neueres" sein, weil Zielrollenspiel erst aus der Abgrenzung zur Eisenbahnfahrt (Dragonlance etc.) nach und nach entwickelt wurde. Das Erzählparadigma ist ja älter ... das gibt es seit mind. Mitte der 80er (Ghostbusters).


@Ucalegon:
Erzählparadigma (wenn ich den Begriff richtig deute)+ Zielspiel wäre wohl Storytelling.
Wenn man den erst später dazugekommenen Metaplot dazu nimmt, was ich aber nicht machen würde.
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Offline Maarzan

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Ok, dann warte ich auf die (zumindest für die Diskussion hier) vom Fragesteller vorgesehene Definition von Erzählspiel.
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alexandro

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@ Alexandro

Ich verstehe nicht was du zu welchem Aspekt hier sagen willst.

Dass Modellierung kein eigenständiges Merkmal von Rollenspiel ist.

Eulenspiegel

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... und daran sieht man dann auch das Problem des Begriffs "Erzählspiel". Wenn Zielspiel und Erzählparadigma jeweils mit dem Begriff "Erzählspiel" belegt werden, dann muss der Begriff zwangsläufig ganz Unterschiedliches meinen.
Ich sehe darin eher ein Problem der Begriffe "Zielspiel" und "Wegspiel".

Unter "Rollenspiel" und "Erzählspiel" kann ich mir etwas vorstellen.
Aber was jetzt der Unterschied zwischen Wegspiel und Zielspiel ist, habe ich auch nach Lektüre der letzten Seiten nicht verstanden.

Offline D. M_Athair

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@ Eulenspiegel: Welchen Spielen aus der Liste würdest du denn absprechen Erzählspiele zu sein und v.a. warum:

Prince Valiant Storytelling Game, Vampire: the Masquerade, nWoD (Mortals), Scion, WFRP3, Amber Diceless, Everway, Engel, Fate, Risus, Fiasko, Wushu, The Pool, Dungeon World/ Urban Shadows, Love Letter, Es war einmal ..., Ja ... Herr und Meister, Die unfasslichen Abenteuer der Freiherrn von Münchhausen, Lone Wolf Multiplayer Game Book, Kleine Ängste, Heroquest/Hero Wars, The Cthulhu Hack, Private Eyes, [Pegasus] Cthulhu, OneDice, Montsegur 1244, My life with Master, Don't walk in winter wood, Tails of Equestria,  ...

Insbesondere würde ich interessieren, ob man - selbst wenn sinnvolle Gemeinsamkeiten der übrig bleibendenden Spiele gefunden werden: Welchen Wert hat die Unterscheidung Erzählspiel (Rollenspiel) und Rollenspiel? Oder braucht es die Unterscheidung zu Erzählkartenspielen "Es war einmal ..." oder "Ja, Herr und Meister" oder auch Story Cubes gar nicht?
« Letzte Änderung: 28.12.2017 | 21:19 von D. Athair »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Eulenspiegel

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Welche Spiele aus der Liste sind denn Zielspiele und welche sind Wegspiele?

Aber zur Frage, was Erzählspiele sind:
- Es war einmal ...
- Ja ... Herr und Meister
- Die unfasslichen Abenteuer der Freiherrn von Münchhausen

Hier steht das Erzählen einer Geschichte im Vordergrund. Es existiert zwar auch ein Rollenspiel-Anteil. Dieser ist aber deutlich schwächer ausgeprägt als bei eigentlichen Rollenspielen.

Der Wert einer Unterscheidung ist immer, dass dies die Differenzierung erhöht. Für jemand, der Erzählspiele und Rollenspiele gleichermaßen mag, ist das weniger wichtig. Für Leute, die nur Erzählspiele oder nur Rollenspiele mögen, ist die Unterscheidung aber insofern sinnvoll, dass sie gleich von Beginn an die Spiele aussortieren können, die sie nicht mögen.

Ucalegon

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Aber was jetzt der Unterschied zwischen Wegspiel und Zielspiel ist, habe ich auch nach Lektüre der letzten Seiten nicht verstanden.

Ich interpretiere Maarzan so:

Wegspiel heißt, ein Setting zu "erkunden", indem man vorab ein paar Setzungen macht und dann alles sich ziel- und absichtslos entwickeln zu lassen. Was passiert ist rein zufällig, d.h. insbesondere ist es offen ob da überhaupt so etwas wie eine Geschichte bei rauskommt. Die traditionelle Sandbox.

Zielspiel heißt, eine Absicht zu haben (d.h. eine andere als die Absicht, eben keine Absicht zu haben) und Abweichungen davon auszuschließen. Der Buttkicker will erfolgreich Ärsche treten, Geschichtsfans eine Geschichte erleben et cetera. Letzteres schließt also von vorgefertigten Abenteuern mit Plots, z.B. der Sänger von Dhol für Cthulhu bis Fiasko eine Menge ein.

Eulenspiegel

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Zielspiel heißt, eine Absicht zu haben (d.h. eine andere als die Absicht, eben keine Absicht zu haben) und Abweichungen davon auszuschließen. Der Buttkicker will erfolgreich Ärsche treten, Geschichtsfans eine Geschichte erleben et cetera. Letzteres schließt also von vorgefertigten Abenteuern mit Plots, z.B. der Sänger von Dhol für Cthulhu bis Fiasko eine Menge ein.
Und der Explorator will eine Welt erkunden.

Ich würde das Ziel "Welt erkunden" auch als ein Ziel ansehen. Ich bin durchaus dafür, zwischen unterschiedlichen Zielen zu unterscheiden. Aber ich halte wenig davon, ein Ziel als "Nicht-Ziel" zu bezeichnen.

Wege sind eigentlich Techniken, mit denen man ein Ziel erreicht.
Das heißt, es gibt unterschiedliche Wege/Techniken, um das Ziel "Ärsche treten" zu erreichen.
Es gibt unterschiedliche Wege/Techniken, um das Ziel "Geschichte erleben" zu erreichen.
Es gibt unterschiedliche Wege/Techniken, um das Ziel "Welt erkunden" zu erreichen.

Offline D. M_Athair

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Wege sind eigentlich Techniken, mit denen man ein Ziel erreicht.
Das heißt, es gibt unterschiedliche Wege/Techniken, um das Ziel "Ärsche treten" zu erreichen.
Es gibt unterschiedliche Wege/Techniken, um das Ziel "Geschichte erleben" zu erreichen.
Es gibt unterschiedliche Wege/Techniken, um das Ziel "Welt erkunden" zu erreichen.
OK. Dann kommen wir zur Ergebnismessung:
"Ärsche treten" und "Geschichte erleben" lässt sich recht leicht quantitativ feststellen:
Anzahl an Kämpfen, abgearbeitete Erzählstrukturen - da könnte man (zumindest theoretisch) spieler.innen-/gruppenspezifische Kennzahlen ermitteln. Bei Erkundung bleiben die Maßstäbe schemenhaft. Die müsste man erst qualitativ ermitteln.

... wobei mir die Engführung von Weg- und Ziel-Metapher nicht so gefällt. Wichtiger scheint mir festzuhalten:
Bei Wegspielen sind die Techniken ein Selbstzweck und führen hoffentlich irgendwo hin - wohin ist erstmal nicht so wichtig, weil sich das nicht gut quantifizieren lässt. Charakterspiel, Exploration, Bewältigung/Abwendung kniffliger Situationen - da gibt es keinen "Zielzustand". Es gibt sicher noch manche "Spielmodi" mehr, die Wegspiel forcieren.
Beim Zielspiel gibt es eine Art "ideale Auflösung/ein ideales Ende". Auf das wird hingespielt. Und sei es nur bei Cthulhu die "Konfrontation mit dem Schrecken und dessen Konsequenzen für die Charaktere". Entsprechend wird die Abenteuerstruktur moderiert und gesteuert (ob durch Regeln, SL oder freiformig/SL-los ist egal) ... und daraus ergeben sich (auch ganz automatisch) erzählerische Muster.


Ich kann mit der Weg/Ziel-Metapher wahrscheinlich auch deswegen ganz viel anfangen, weil ich gern zu Fuß unterwegs bin.
Wenn ich wo neu bin, dann muss ich erstmal die Umgebung erkunden. Kann aber vorneweg nicht so genau sagen, wann "genug" ist. Das ist qualitativ ein ganz anderes Wandern, als wenn ich auf Sicht von einem Ort zu einem anderen gehe.
Landmarken und Entfernungen haben da jeweils ganz andere Funktionen und Bedeutungen. Einmal sind sie Beziehungspunkte und das andere Mal Meilensteine.


... den andern angfangenen Beitrag muss ich nochmal sichten.
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Offline Maarzan

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Dass Modellierung kein eigenständiges Merkmal von Rollenspiel ist.

Ist es auch nicht, aber es ging in der Frage dazu um Interessenskerne, also darum, was in einem Rollenspiel/Erzählspiel ein maßgebliche Quelle des Spielspaßes sein kann.

Welchen Wert hat die Unterscheidung Erzählspiel (Rollenspiel) und Rollenspiel?

Meine Erfahrung war, dass die Ursachenforschung mit dem Threefold damals nicht ganz richtig erschlagen werden konnte.
Und bei genauer Betrachtung bin ich auf die Unvereinbarkeit von Anhängeren des unbeeinflussten, ergebnisoffenen Spiels und den Anhängern eines bestimmten, bei der Aktivität zu erreichenden Idealzustands gekommen.

Zwischen unterschiedlichen Fraktionen innerhalb des Wegspiels konnte ich dann üblicherweise Kompromisse finden, mit und wie es scheint innerhalb der Zielfraktion war das so nicht zu schaffen, weil eben nicht gleichzeitig ein ergebnisoffener Weg und eine gesicherte Zielerreichung umgesetzt werden kann.

Über die Randbedingungen der Mechanismen zur "Wegfindung" konnte bei mir hingegen meist erfolgreich diskutiert und Kompromisse gefunden werden.

Ich interpretiere Maarzan so:

Wegspiel heißt, ein Setting zu "erkunden", indem man vorab ein paar Setzungen macht und dann alles sich ziel- und absichtslos entwickeln zu lassen. Was passiert ist rein zufällig, d.h. insbesondere ist es offen ob da überhaupt so etwas wie eine Geschichte bei rauskommt. Die traditionelle Sandbox.

Zielspiel heißt, eine Absicht zu haben (d.h. eine andere als die Absicht, eben keine Absicht zu haben) und Abweichungen davon auszuschließen. Der Buttkicker will erfolgreich Ärsche treten, Geschichtsfans eine Geschichte erleben et cetera. Letzteres schließt also von vorgefertigten Abenteuern mit Plots, z.B. der Sänger von Dhol für Cthulhu bis Fiasko eine Menge ein.

Genau. Das eine ist ein Fokus auf den geordneten (Spiel)Prozess selbst mit bestimmten, externe Beeinflussung idealerweise ausschließenden Qualitäten. Das andere ist ein Fokus auf das Erreichen einer bestimmten Ergebnis oder auch Verlaufsqualität.

Der Knackpunkt ist dabei dann oft eben die Art der akzeptierten, oft schwammig (und damit aus Spielsicht handwerklcih miserabelst) eschriebenen Elemente zu z.B. "willkürlichen", also nicht wieder selbst genau verregelten Spielleitereingriffen. Wenn das z.B. an "wenn es dem Spielspaß dient" aufgehängt wird, kippt das mit der individuellen Vorstellung/Wahrnehmung von "Spielspaß" des SL bei einem sonst identischen Regelwerk.

... wobei mir die Engführung von Weg- und Ziel-Metapher nicht so gefällt.
Wichtiger scheint mir festzuhalten:
Bei Wegspielen sind die Techniken ein Selbstzweck und führen hoffentlich irgendwo hin - wohin ist erstmal nicht so wichtig, weil sich das nicht gut quantifizieren lässt. Charakterspiel, Exploration, Bewältigung/Abwendung kniffliger Situationen - da gibt es keinen "Zielzustand". Es gibt sicher noch manche "Spielmodi" mehr, die Wegspiel forcieren.
Beim Zielspiel gibt es eine Art "ideale Auflösung/ein ideales Ende". Auf das wird hingespielt. Und sei es nur bei Cthulhu die "Konfrontation mit dem Schrecken und dessen Konsequenzen für die Charaktere". Entsprechend wird die Abenteuerstruktur moderiert und gesteuert (ob durch Regeln, SL oder freiformig/SL-los ist egal) ... und daraus ergeben sich (auch ganz automatisch) erzählerische Muster.

Die Engführung ist aber wichtig, da alles rollenspielige in der weiten Fassung nahezu immer alles enthält udn der Begriff somit nutzlos wird.
Wie beim den anderen Klassifizierungen liegt der Nutzen genau da, wo es zu Konflikten weil Inkompatibilitäten von Interessen kommt und damit der durch gezielte Kommunikation und Mitspielerauswahl hoffentlich abfallende Nutzen soclher Unterscheidungen abfällt.

Einen Weg und ein Ziel gibt es in weiter/grober Form immer, aber die dabei mit einer interessierten Fokussetzung erfolgenden Qualitätsanforderungen an den Weg bzw. das Ziel sind dann inkompatibel und führen zu Stress am Spieltisch, wenn es denn dann zu so einer Entscheidungsklippe kommt.
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Ucalegon

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Beim Zielspiel gibt es eine Art "ideale Auflösung/ein ideales Ende". Auf das wird hingespielt. Und sei es nur bei Cthulhu die "Konfrontation mit dem Schrecken und dessen Konsequenzen für die Charaktere". Entsprechend wird die Abenteuerstruktur moderiert und gesteuert (ob durch Regeln, SL oder freiformig/SL-los ist egal) ... und daraus ergeben sich (auch ganz automatisch) erzählerische Muster.

Das andere ist ein Fokus auf das Erreichen einer bestimmten Ergebnis oder auch Verlaufsqualität.

Ich finde "Verlaufsqualität" einen wichtigen Punkt. Nicht jede Technik, die ein Zielspiel strukturiert, ist auf ein Ende gerichtet, z.B. die Phasen in The One Ring oder die Erzählton-Würfel in Swords without Master.


Eulenspiegel

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OK. Dann kommen wir zur Ergebnismessung:
"Ärsche treten" und "Geschichte erleben" lässt sich recht leicht quantitativ feststellen:
Anzahl an Kämpfen, abgearbeitete Erzählstrukturen - da könnte man (zumindest theoretisch) spieler.innen-/gruppenspezifische Kennzahlen ermitteln. Bei Erkundung bleiben die Maßstäbe schemenhaft. Die müsste man erst qualitativ ermitteln.
Quantitative Bemessung bei der Welterkundung: Anzahl der erkundeten Dungeons. Anzahl der herausgefundenen Geheimnisse.

Zitat
Bei Wegspielen sind die Techniken ein Selbstzweck und führen hoffentlich irgendwo hin - wohin ist erstmal nicht so wichtig, weil sich das nicht gut quantifizieren lässt.
Techniken sind nie Selbstzweck. Eine Technik wird immer eingesetzt, um ein bestimmtes Erlebnis zu fördern.
Und je nachdem, welches Erlebnis gewünscht ist, sind manche Techniken hilfreicher und andere bringen weniger.

Zitat
Ich kann mit der Weg/Ziel-Metapher wahrscheinlich auch deswegen ganz viel anfangen, weil ich gern zu Fuß unterwegs bin.
Wenn ich wo neu bin, dann muss ich erstmal die Umgebung erkunden. Kann aber vorneweg nicht so genau sagen, wann "genug" ist. Das ist qualitativ ein ganz anderes Wandern, als wenn ich auf Sicht von einem Ort zu einem anderen gehe.
Ziel ist: "Gegend kennenlernen."

Möglichkeiten sind:
1. Google Maps aufrufen und sich die Karte des Ortes anschauen.
2. Zu Fuß herumlaufen und sich Notizen über interessante Orte machen.
3. Nachbarn fragen, was es hier für interessante Sachen gibt.

Wir haben also 3 Techniken, die alle zum gleichen Ziel "Gegend kennenlernen" führen.

Oder andersherum:
Wir haben die Technik "herumlaufen". Mit dieser Technik kann man drei mögliche Ziele erreichen:
1. Ziel: Gegend kennenlernen.
2. Ziel: Ort X erreichen.
3. Ziel: Frische Luft schnappen und erholen.

Offline 8t88

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Ich sehe Dread und 10 Candles als erzählspiele an, da sie auf Charakterblätter im wietesten sinne verzichten, so wie auf Mechaniken die so detailliert sind und sowas wie Hitpoints erfordern etc.
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Eulenspiegel

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Soetwas würde ich als fluffiges Rollenspiel oder crunch-armes Rollenspiel bezeichnen.

Offline Maarzan

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...

Ziel ist: "Gegend kennenlernen."

Möglichkeiten sind:
1. Google Maps aufrufen und sich die Karte des Ortes anschauen.
2. Zu Fuß herumlaufen und sich Notizen über interessante Orte machen.
3. Nachbarn fragen, was es hier für interessante Sachen gibt.

Wir haben also 3 Techniken, die alle zum gleichen Ziel "Gegend kennenlernen" führen.

Oder andersherum:
Wir haben die Technik "herumlaufen". Mit dieser Technik kann man drei mögliche Ziele erreichen:
1. Ziel: Gegend kennenlernen.
2. Ziel: Ort X erreichen.
3. Ziel: Frische Luft schnappen und erholen.

Der Unterschied liegt gerade in den jeweiligen für den Betreffenden wichtigen Qualitäten des "Gegend kennenlernen", die sich einmal auf den Vorgang udn einmal auf das Ergebnis beziehen.

Stell dir 2 Leute vor: einer will halt allgemeine Eindrücke gewinnen und das möglichst authentisch. Welche das werden lässt er sich gerne überraschen, der andere will genau die "must-have-seens" alle gesehen haben.

Und wenn man die beiden dann zusammen los ziehen lässt gibt es Knatsch. Der eine "trödelt orientierunglos und unnötig anstrengend in langweiligen Gegenden rum", während der andere "verbissen und nur oberflächlich wahrnehmend fremdgesteuert rumhetzt".
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Eulenspiegel

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Der Unterschied liegt gerade in den jeweiligen für den Betreffenden wichtigen Qualitäten des "Gegend kennenlernen", die sich einmal auf den Vorgang udn einmal auf das Ergebnis beziehen.

Stell dir 2 Leute vor: einer will halt allgemeine Eindrücke gewinnen und das möglichst authentisch. Welche das werden lässt er sich gerne überraschen, der andere will genau die "must-have-seens" alle gesehen haben.
Du hast hier zwei unterschiedliche Ziele:
Der eine hat das Ziel: "Allgemeine Eindrücke möglichst authentisch erleben."
Der andere hat das Ziel: "Alle must-have-seens sehen."

Wenn zwei Leute mit unterschiedlichen Zielen gemeinsam laufen, ist es nachvollziehbar, dass es zu Problemen kommt. Das Problem ist aber nicht, dass einer kein Ziel hat. Das Problem ist, dass es zwei unterschiedliche Ziele sind.

Ucalegon

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Was sollen diese bescheuerten Analogien? Ganz ehrlich, ich kapiere einfach nicht, welchen Mehrwert es hat, so über ein Sachthema zu diskutieren.  >:(

Offline Maarzan

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Du hast hier zwei unterschiedliche Ziele:
Der eine hat das Ziel: "Allgemeine Eindrücke möglichst authentisch erleben."
Der andere hat das Ziel: "Alle must-have-seens sehen."

Wenn zwei Leute mit unterschiedlichen Zielen gemeinsam laufen, ist es nachvollziehbar, dass es zu Problemen kommt. Das Problem ist aber nicht, dass einer kein Ziel hat. Das Problem ist, dass es zwei unterschiedliche Ziele sind.

Wenn man die Zielbeschriebung mit entsprechend vielen Konditionalien und Beschreibungen entsprechend aufbläst, bekommt man immer alles in das Ziel, da damit der Weg dahin über diese Zusätze ja auch immer dichter festgezurrt wird.

Aber dann müssen wir eben wieder einen genaueren Blick auf diese weiteren Ergänzungen werfen (und neue Begriffe suchen um das gefundene griffig zu beschreiben), warum es denn nun mit der Kompatibilität hapert, bringt uns also zum Problem nicht weiter, außer zu der Erkenntnis, dass "Gegend kennenernen"  eine untaugliche Beschreibung war.

Wobei wir dann wieder wen finden der sagt: "ich will ja auch authentisch, aber eben alles" vs. "ich will ja auch möglichst alles sehen, aber bitte authentisch", die sich dann trotzdem wieder beißen.

Das ausdrückliche Unterschiede nicht passen: "Ich will zur Kathedrale" vs. "Ich will zum Hafen" (wenn klar ist, das für beides die Zeit nicht reicht)  wie auch "ich will zu Fuß rum" vs. "Ich will Auto fahren" ist den meisten dabei eh direkt klar.

Erkennungsmäßig problematisch wird es eben, wenn die Unterschiede sich erst indirekt und in spezifischen Fällen ausschließen.



 

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