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Gumshoe Pools und Ressourcenmanagement - was bringt das Gutes ins Spiel?

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Chiarina:

--- Zitat von: Ara ---Aber ist die Spannung wirklich höher, wie wenn die Frage "Haben wir noch genug Ressourcen, um es zu schaffen?" wie in klassischeren Systemen nur von den Lebenspunkten abhängt?
--- Ende Zitat ---

Das kann ich nicht objektiv beurteilen. Natürlich gibt es in anderen Rollenspielen auch Spannung. In Night´s Black Agents gibt´s die Poolpunkte noch zusätzlich zu den Health Points. Die Pools sind also immerhin ein zusätzlicher Spannungsmoment.


--- Zitat von: Ara ---Teilt ihr den Spielern die Schwierigkeit vorher mit, so dass sie sich ganz bewusst entscheiden können, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie Erfolg haben wollen? Oder habt ihr bessere Erfahrungen damit gemacht die Schwierigkeit zu verschweigen?
--- Ende Zitat ---

Die Basiserfolgsschwelle ist ja 4. Wenn veränderte Bedingungen vorliegen und ich der Meinung bin, die Agenten könnten das bemerken, mache ich irgendeine Bemerkung ("Das Auto eurer Verfolger hat einen engen Wendekreis, weshalb es in den schmalen Altstadtgässchen immer näher rückt.") Was ich nicht mache, ist zu sagen: "Du muss jetzt 6 erreichen!"


--- Zitat von: Ara ---Gibt das System den Spielern tatsächlich so große Kontrolle über die Geschichte, wie es sich beim ersten Lesen anhört? Kontrolle, weil die Spieler ja (wenn sie die Schwierigkeit kennen) quasi entscheiden können, wann sie Erfolg haben wollen bzw. wie hoch sie ihre Erfolgswahrscheinlichkeiten haben möchten. Oder wird ein stärkerer Einfluss dadurch verhindert, dass die Spieler nicht wissen, ob hinter der nächsten Ecke noch einmal Gefahren auf sie lauern und sie deshalb eigentlich immer an den Poolpunkten sparen müssen?
--- Ende Zitat ---

Durch die clues verläuft ein Gumshoe-Spiel normalerweise in relativ geregelten Bahnen. In diesen Grenzen können die Poolpunkte aber wesentlich über den Erfolg oder Misserfolg einer  Szene beitragen.


--- Zitat von: Ara ---Wenn man z.B. für die allgemeinen Fertigkeiten die Pools abschaffen würde und dafür den Charakteren feste Werte, sowie einige der üblichen "aber jetzt habe ich Erfolg egal was die Würfel sagen"-Gummipunkte für die dramatischsten Momente, geben würde, würde NBA/Gumshoe für euch da etwas Wichtiges verlieren bzw. schlechter werden?
--- Ende Zitat ---

Ich würde das nicht wollen, ist aber wohl Geschmacksache. Ich mag es, dass sich das System ein bisschen anders anfühlt. Wenn du die Poolpunkte abschaffst, hast du übrigens das gesamte System abgeschafft. Die Pool-Mechanismen ziehen sich durch alle Bereiche hindurch.

KhornedBeef:

--- Zitat von: Ara am 12.06.2017 | 21:05 ---Wie seht ihr das? Will konkret heißen: Wenn man z.B. für die allgemeinen Fertigkeiten die Pools abschaffen würde und dafür den Charakteren feste Werte, sowie einige der üblichen "aber jetzt habe ich Erfolg egal was die Würfel sagen"-Gummipunkte für die dramatischsten Momente, geben würde, würde NBA/Gumshoe für euch da etwas Wichtiges verlieren bzw. schlechter werden?

--- Ende Zitat ---
Ich behaupte mal ganz blasiert: Das willst du gar nicht.
Wie Chiarina sagt, dann nimmst du das Gumshoe-Konfliktsystem weg.
Mehr Sinn macht es, dass clue-System mitzunehmen in andere Spiele. Deswegen gibt es ja auch z.B. Lorefinder, oder das Fansystem FateShoe.

Scimi:
Ich denke, was viele Leute an dem Poolsystem stört, ist, dass man seinen Charakter nicht "erleben" kann. Bei einem System, wo Erfolg und Misserfolg allein von der Kompetenz des Charakters und der Schwierigkeit der Aufgabe plus einem Zufallsfaktor entschieden werden, kann ich sagen, wünschen und hoffen, dass mein Charakter in einer Situation etwas tut, aber schiebe im Prinzip alle Verantwortung auf den Würfel. Ich übernehme keine Verantwortung, sondern kann gewissermaßen als Zuschauer mit angehaltenem Atem hilflos zusehen, was passiert.

Ich kann nachvollziehen, dass das einen gewissen Spannungsfaktor bietet. Andererseits finde ich es auch unbefriedigend, weil das Ergebnis völlig zufällig ist. Natürlich wird ein kompetenter Charakter häufiger mit Erfolg rechnen können, aber es kann immer passieren, dass der kompetente Charakter in einem wichtigen Moment in seiner speziellen Nische völlig auf die Schnauze fliegt, während der Gruppentrottel durch unverschämtes Glück den Tag rettet. So etwas passiert im wirklichen Leben durchaus, aber in Filmen und Büchern fast nie. Weil in der Fiktion nicht nur Kompetenz und Herausforderungsgrad eine Rolle spielen, sondern auch Dramaturgie und Schicksal.

Ein beliebiges Kabel durchzuschneiden, wenn der Countdown auf 00:01 springt oder die Zielvorrichtung abzuschalten, bevor man den Protonentorpedo in den Luftschacht schießt, sollte die Erfolgsaussichten realistischerweise senken, tatsächlich hebt es sie in einer Geschichte aber auf 100%. Und wir akzeptieren das, weil wir diese Auflösung der Handlung als befriedigender empfinden als jede Alternative.

GUMSHOE ermöglicht diesen dramaturgisch befriedigenden Ansatz, allerdings muss der Spieler dafür auch die Verantwortung übernehmen und kann sie nicht an den Würfel delegieren.


--- Zitat von: Ara am 12.06.2017 | 21:05 ---Ich habe auch noch eine weitere Frage:
Teilt ihr den Spielern die Schwierigkeit vorher mit, so dass sie sich ganz bewusst entscheiden können, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie Erfolg haben wollen? Oder habt ihr bessere Erfahrungen damit gemacht die Schwierigkeit zu verschweigen?
--- Ende Zitat ---

Bei Trail of Cthulhu teile ich Schwierigkeiten von Proben grundsätzlich nie mit. Bei Nights Black Agents eigentlich immer. Im ersten Fall geht es mir darum, das Ausgeliefertsein der Charaktere und die Unwägbarkeit des Geschehens abzubilden. Bei den Agenten will ich eher die Kompetenz der Charaktere in den Vordergrund stellen.


--- Zitat von: Ara am 12.06.2017 | 21:05 ---Gibt das System den Spielern tatsächlich so große Kontrolle über die Geschichte, wie es sich beim ersten Lesen anhört? Kontrolle, weil die Spieler ja (wenn sie die Schwierigkeit kennen) quasi entscheiden können, wann sie Erfolg haben wollen bzw. wie hoch sie ihre Erfolgswahrscheinlichkeiten haben möchten. Oder wird ein stärkerer Einfluss dadurch verhindert, dass die Spieler nicht wissen, ob hinter der nächsten Ecke noch einmal Gefahren auf sie lauern und sie deshalb eigentlich immer an den Poolpunkten sparen müssen?
--- Ende Zitat ---

Ich würde sagen, das System gibt den Spielern eine relativ große Kontrolle darüber, wie ihr Charakter im Spiel erscheint, aber gar keine Kontrolle über das Spielgeschehen abseits des Charakters.

Ich finde, das passt gut zum Horrorgenre: Einerseits können die Spieler nur ihren Charakter darstellen, die ganze übrige Spielwelt entzieht sich ihrer Kontrolle. Im Prinzip können sie tun, was sie wollen, aber haben keine Ahnung, was das bedeuten könnte und was auf sie lauert.
Andererseits haben sie eine relativ große Kontrolle über die Dinge, in denen ihr Charakter kompetent ist. Das ist wichtig für eine stimmige Darstellung und ermöglicht Momente, die bei rein kompetenzbasierten Proben nur durch Zufall entstehen: Der typische Moment, wo der schwächliche Opfercharakter dem Gegner hinterrücks mit maximaler Wirkung die Bratpfanne überzieht, während der kampfstarke Schläger der Gruppe hilflos am Boden liegt lässt sich damit gezielt herbeiholen, während so etwas in den meisten Systemen reine Glückssache wäre.

Ara:
Erster Gedanke zu euren Posts, um ein Missverständnis aufzuklären (später mehr):
Dass man das Pool-System für die allgemeinen Fertigkeiten nicht aus NBA/Gumshoe entfernen kann, ohne 80%+ vom Spiel umzubauen ist mir klar. Ich meine die Pools sind echt überall im NBA-Regelwerk. Und ich hab auch nicht vor sie zu entfernen. Meine Frage war tatsächlich hypothetisch gemeint, immer noch mit dem Ziel möglichst viel über die guten Seiten des Poolsystems zu erfahren.

Ich fragte daher: "Was würde Gumshoe an guten Elementen fehlen, wenn das Poolsystem für allgemeine Fertigkeiten weg wäre?" Denn: Manchmal fällt es einem ja leichter die positiven Seiten einer Sache zu erkennen und zu benennen, wenn man sich vorstellt wie es wäre, wenn man die Sache nicht mehr hat. Es war quasi nur als weiterer Denkanstoß gedacht. :)

..allerdings habt ihr mir auf die Frage "was ist gut am Poolsystem" in den ganzen Posts mittlerweile auch schon jede Menge Antworten gegeben. Direkt und zwischen den Zeilen. Und ich will auch nicht weiter drängen. Daher erst Mal: Danke schön an Alle. :)

Scimi:
NBA ist allerdings für grundsätzliche Systemdiskussionen m.E. auch sehr ungeeignet, weil das noch einmal eine Riesenmenge an neuen Ideen ins Regelwerk einfügt und viele miteinander verzahnte bewegliche Teile Subsysteme hat. Für eine grundsätzliche Diskussion des Systems ist wahrscheinlich das GUMSHOE SRD am geeignetsten, das übrigens sehr explizit sagt, wie die Poolpunkte gedacht sind:


--- Zitat von: GUMSHOE SRD p. 49 ---What Do Pool Points Represent?
Pool points are a literary abstraction, representing the way that each character gets his or her own time in the spotlight in the course of an ensemble drama. When you do something remarkable, you expend a little bit of your spotlight time. More active players will spend their points sooner than less demonstrative ones, unless they carefully pick and choose their moments to shine.
Remember, all characters are remarkably competent. Pool points measure your opportunities to exercise this ultra-competence during any given scenario. Even when pools are empty, you still have a reasonable chance to succeed at a test, and you’ll always get the information you need to move forward in the case.

Pool points do not represent a resource, tangible or otherwise, in the game world. Players are aware of them, but characters are not. The team members’ ignorance of them is analogous to TV characters’ obliviousness to commercial breaks, the unwritten rules of scene construction, and the tendency of events to heat up during sweeps.
We represent this most purely in the case of investigative skills, which are the core of the game. Their refreshment is tied to a purely fictional construct, the length of the episode.

However, where a pool could be seen to correspond to a resource perceptible to the characters, we handle refreshment in a somewhat more realistic, if also abstract, manner. Characters’ ebbing Health scores are perceptible to the characters in the form of welts, cuts, pain, and general fatigue. Stability is less tangible but can be subjectively measured in the characters’ moods and reactions. Physical abilities, also tied to fatigue and sharpness of reflexes, are also handled with a nod to the demands of realism.
--- Ende Zitat ---

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