Autor Thema: Fate Worlds of Adventure (et al) fördern oberflächliches Rollenspiel  (Gelesen 20759 mal)

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Offline 1of3

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Hast du mal ein Beispiel für gute "Settingregeln"? Ich finde deine These ja sehr verlockend, aber kann dir wohl noch nicht folgen.

Vampirstädte werden von Fürsten regiert. => Für dein Spiel, tu einen Fürsten in deine Stadt.

Jedermann weiß, was er, sie oder es tat, als Cyre unterging. => Denk dir aus, was dein Charakter vor zwei Jahren gemacht hat.

Die Kavallerie besteht nur aus Frauen. => Wenn du eine Soldatin spielen willst, bist du wahrscheinlich bei der Kavallerie. Wenn du einen weiblichen NSC beim Militär brauchst, ist sie wahrscheinlich bei der Kavallerie. Wenn du ein Außenseiter sein willst, spiel nen Mann bei der Kavallerie oder umgekehrt.

Wir nehmen an, dass Jugendliche sich ihrer sexuellen Orientierung noch nicht so sicher sind. => Dein Charakter ist spätestens dann bi, wenn jemand passend Hot würfelt.

Die Protagonisten gehören zur vierten Generation von Superhelden. => Denkt euch bekannte Superhelden der letzten drei Generationen aus. Von wem seid ihr Fan?

Die Inspirierten sind für gewöhnlich in den besten Jahren und haben einflussreiche Positionen inne. (Hat leider dann bei den offiziellen Abenteuern doch niemand so recht verstanden.)

Die Welt besteht aus befestigten Siedlungen und dazwischen monstererfüllte Wildnis.

Vor langer Zeit starb das Volk am Rande der Welt, doch $Name hörte noch den Ruf.

Ein typisches Kontaktschiff hat eine Besatzung zwischen 3 und 4 Personen, die auf engstem Raum zusammenleben. Hier die standardmäßige Ausrüstung...

Die Freien Ligen erhalten für das Versprechen die Stadt zu schützen, das Vorrecht in den Ruinen zu graben. Natürlich sollten sie bei den regelmäßigen Festivitäten teilnehmen. (Das einzige Spiel, das zurecht einen Kalender beilegt!)

Jeder Dog hat einen gepatchen Mantel.

Offline Lord Verminaard

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Setting ADHS, hehe. Jaja ich weiß böse böse, aber schön plakativ. >;D

Ich denke, ein Setting nur als Regel/Handlungsanweisung zu begreifen, greift etwas kurz. Ein ausgearbeitetes Setting ist Inspirationsquelle und es ist auch Spielstil-relevant, es stimmt die Mitspieler auf dieselbe Tonart ein, in der Wahl des Settings bzw. der Fürsprache für ein bestimmtes Setting wird eine Spielpräferenz offenbar. Wenn du hingegen mit generisch / unbestimmt / „keine Ahnung, sag du es mir“ rangehst, muss all das im Einzelfall erst verhandelt werden.

Hier wäre ich wieder bei meinem Steckenpferd, meiner Erfahrung nach wird es dann oft nur unzureichend verhandelt, es herrscht dann eine „jeder Beitrag ist gut“-Mentalität vor, eine Feinabstimmung und Qualitätskontrolle findet nicht statt. Wer hingegen bei einem definierten Setting auf der Definiertheit des Settings beharrt, ist ein Setting-Nazi. Aventurien wird belächelt, weil angeblich jeder Grashalm definiert ist. Teilweise auch zurecht. Auf der anderen Seite wird einem bei improvisierten Settings oft inkonsistente, klischeehafte Brühe als „Feature, not Bug“ verkauft, wo ich persönlich sage, kauf ich nicht.

Und dann gibt es natürlich noch so was wie Golarion, das irgendwie das Schlechte aus beiden Welten hat, viel definiert aber trotzdem beliebig. (Disclaimer: Habe nur mal ein paar Sitzungen Kingmaker auf Golarion gespielt und die dafür relevanten Setting-Einführungen gelesen. Gäbe aber bestimmt auch andere Beispiele.) Selbst ein solches Setting kann man aber lieben lernen, wenn man genug investiert, ging mir persönlich so mit Krynn. Weiß aber nicht, ob sich das heute noch so wiederholen ließe, damals war ich jung und unbeleckt und hatte viel Zeit. ;)

Weitere Stärken der Definiertheit: Berechenbarkeit / Vorhersehbarkeit schaffen für die Konsequenzen von Entscheidungen. Abfeiern der ikonischen Elemente des Settings als Selbstzweck.

Heutzutage für mich die beste Lösung für den Hausgebrauch: Settings aus Buch, Film und Fernsehen adaptieren. Das Lesen von schlecht geschriebenen Settingbänden entfällt, aber die Vorteile bleiben.
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Ucalegon

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"Von Grundauf neu gedacht" wären für mich z.B. Delta Green oder A/State. Aber selbst bei den  - seltenen - Settings von solcher Qualität ist natürlich bei den Beschreibungen von Figuren oder Orten viel redundantes Füllmaterial dabei, mit dem man im Spiel nichts anfangen kann bzw. das man besser selbst gemacht hätte.

Wenn du hingegen mit generisch / unbestimmt / „keine Ahnung, sag du es mir“ rangehst, muss all das im Einzelfall erst verhandelt werden.

Verhandelt werden muss das (Tonart, Spielpräferenz) dann, wenn das entsprechende Spiel es offen lässt. Das ist bei den Worlds of Adventure ja gerade nicht der Fall. Auch bei den meisten PbtA-Spielen oder Swords without Master, das kein Setting hat, aber alles auf zwei Grundtöne beschränkt, nicht. Was anderes sind natürlich Fate Core, Dungeon World oder andere universale Ansätze. Da würde ich dann auch erwarten, dass das vorher vernünftig abgestimmt wird, wobei gerade DW die Gruppe dabei tatsächlich gar nicht unterstützt.

Auf der anderen Seite wird einem bei improvisierten Settings oft inkonsistente, klischeehafte Brühe als „Feature, not Bug“ verkauft, wo ich persönlich sage, kauf ich nicht.

Gut für dich! "Try a different way" ist der erste Schritt zur Besserung. Wenn ich dagegen an einem definierten Setting oder der Vorbereitung meiner SL was scheiße finde, habe ich ein größeres Problem.

Offline tartex

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Mal eine provokante Hypothese:

Durch die Art und Weise wie mit Fate und den Fate Worlds of Adventure massenweise Mini-Settings gebaut werden, wird eine Setting ADHS gefördert und gleichzeitig eine lediglich oberflächliche Beschäftigung mit fantastischen Welten gefördert.

Das ist wie zu sagen: durch die Art und Weise wie einige Filmemacher noch neue (Einzel-)Filme schaffen, die für sich selbst stehen, wird Setting-ADHS, und eine lediglich oberflächliche Beschäftigung mit fantastischen Welten gefördert. Es sollte doch einsichtlich sein, dass Marvel-, Star-Wars- und Harry-Potter-Filme wesentlich tiefgründiger sind, als soetwas wie Autorenkino in der Fantastik.
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trendyhanky

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Es sollte doch einsichtlich sein, dass Marvel-, Star-Wars- und Harry-Potter-Filme wesentlich tiefgründiger sind, als soetwas wie Autorenkino in der Fantastik.

Sehr guter Vergleich. Vor allem sind einige dieser Fate-Settings auf den ersten Blick irritierend. Sie erzwingen einen völlig neuen Ansatz, an ein spezifisches Setting heranzugehen. Es gibt ja noch einen anderen Vorwurf an die: Sie sind zu abgefahren und skurril, um ad hoc spielbar zu sein.

Genauso wie Autorenkino oder Arthouse hin und wieder sperrig ist, wenn man sich nicht darauf einlässt.



Offline Lord Verminaard

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Verhandelt werden muss das (Tonart, Spielpräferenz) dann, wenn das entsprechende Spiel es offen lässt. Das ist bei den Worlds of Adventure ja gerade nicht der Fall.

Ja, die haben ja auch schon so 40-50 Seiten, da ist schon einiges an Substanz dran. Insofern habe ich vielleicht leicht das Thema verfehlt, hatte mich eher an späteren Posts orientiert. ;) Wenn wir konkret über FATE und die Worlds of Adventure reden wollen, dann vielleicht direkt hierzu aus dem OP:

Zitat
Man muss halt schlicht keinen Aufwand mehr betreiben, eine im Detail stimmige Welt zu erschaffen, oder sich einzulesen. Der Charakter steht so sehr im Fokus, dass die Welt letztlich zweitrangig ist, und nur der Unterstützung der Charaktermerkmale dient. Tatsächlichen Aufwand muss man nicht mehr betreiben, um sich in so ein Setting einzulesen, keine Mühe mehr geben, kaum noch was reinstecken, um etwas herauszubekommen. Es geht nur noch um den Charakter und wie cool er ist. Und da es so wenig Aufwand bedeutet, sind das auch eher "Wegwerfsettings" - beliebig, austauschbar, nächste-Woche-mach-ich-halt-was-neues...

Das ist halt auch irgendwo FATE, der Charakter steht im Mittelpunkt und alles andere wird drumrum gebaut, so spielen und interpretieren es jedenfalls viele. Der Gedanke, dass man in ein Setting "investiert", den hatte ich ja oben auch schon formuliert, schlecht ist natürlich, wenn man in ein Setting investiert und dann trotzdem abbricht, bevor man den Return on Invest eingefahren hat. Dafür kann es verschiedene Gründe geben, zeitliche Einschränkungen, die dazu führen, dass man keine längere Kampagne auf die Beine gestellt bekommt, oder es kann natürlich auch vorkommen, dass das Setting dann, nach mehreren Sitzungen und intensivem Einlesen, trotzdem nicht klickt. Da ist das "Wegwerf-Setting" im Vorteil, andererseits spricht aber überhaupt nichts dagegen, auch eine längere Kampagne mit einem Wegwerf-Setting zu starten. Natürlich wird diese eher charakterzentriert sein, aber auch Charaktere können davon profitieren, dass man in sie investiert, und als Nebenprodukt kriegt das Setting schärfere Konturen.

Davon separat würde ich das auch angesprochene Thema "Coolness" sehen, auch das ist irgendwo FATE, wenn du es drauf anlegst, kannst du FATE halt sehr gut "Rule of Kewl" mäßig spielen, wo jede Herausforderung sofort bewältigt wird und Probleme eigentlich nur eine Aufforderung an den Spieler sind, zu zeigen, wie badass sein Charakter ist. Wer das nicht mag (ich zum Beispiel) wünscht sich dann vielleicht, dass das irgendwie unterbunden wird, dazu kann auch ein umfassender definiertes Setting irgendwie beitragen, aber das scheint mir doch eher um die Ecke gedacht. Hier sind es doch das System und die Gruppenabsprache, die viel direkter Abhilfe schaffen können.
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Offline ArneBab

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Bei Mechanical Dream habe ich davon sehr, sehr wenig gefunden. Ich dachte immer, das Buch wäre dick. Als wir aber selbst dran gegangen sind, Technophob zu schreiben, und praktisch gemerkt haben, was man alles weitergeben muss, bevor ein halbwegs komplexes Setting wirklich spielbar ist, ist mir aufgefallen, dass Mechanical Dream eher das Mindestmaß an Inhalten hat, die notwendig sind, um eine Welt von dessen Andersartigkeit spielbar zu machen. Wir sind jetzt auch schon bei 140 Seiten, dabei ist Technophob viel näher an unserer Welt als Mechanical Dream.
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Offline Moonmoth

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Kleiner Geistesblitz zwischendurch: Braucht ein Setting ein paar kantige Ideen, die die Erwartungshaltungen der Spieler herausfordern und die vielleicht sogar ein klein wenig unangenehm sind?
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Offline KhornedBeef

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Kleiner Geistesblitz zwischendurch: Braucht ein Setting ein paar kantige Ideen, die die Erwartungshaltungen der Spieler herausfordern und die vielleicht sogar ein klein wenig unangenehm sind?
Nein. Aber das kann reizvoll sein, natürlich.
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Ich vergeige, also bin ich.

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Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Maarzan

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Meine Antwort dazu wäre: Und wenn schon.
Selbst wenn ich diese Bedenken/Geschmack persönlich ansatzweise teile (und auch im klassischen Bereich schon länger ebenfalls einen ähnlichen Trend sehe), gibt es offenbar genügend Leute, die genau an so etwas Spaß zu haben scheinen.

Solange jetzt niemand an meinem Spieltisch jetzt "bekehren" will: Viel Spaß und ich muss ja nicht mitmachen.

...von Zeiten dieser lästigen Schulunterbrechungen abgesehen...

Wie Unterbrechung? wann hast du deine Runden denn sonst vorbereitet ...  :o
« Letzte Änderung: 28.09.2017 | 16:47 von Maarzan »
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline tartex

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Die meisten klassischen, großen Settings sind dann halt doch nur eine mehr oder oft weniger verzahnte Zusammensetzung von kleineren Settings.

Golarion, Aventurien, die Forgotten Realms: die sind ja alle nicht wirklich aus einem Guß, sondern haben halt irgendwo ihr Piratensetting, ihr Dschungelsetting, ihr Horrorsetting, usw.
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trendyhanky

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Golarion, Aventurien, die Forgotten Realms: die sind ja alle nicht wirklich aus einem Guß, sondern haben halt irgendwo ihr Piratensetting, ihr Dschungelsetting, ihr Horrorsetting, usw.

Und verkaufen dem Spieler das Patchwork wiederum als angedachtes, kalkuliertes Subsetting. Gerne mit dem Begriff THEMA verwoben oder wie jüngst bei DSA 5: SPIELRÄUME.

Das Setting also nicht als Homogenität aufgefasst sondern als Ansammlung von kleinen Settings mit unterschiedlichen Themen und Spielansätzen. Interessanterweise liest sich das fast schon wie eine Sammlung von kleinen Worlds of Adventure.

Offline tartex

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Das Setting also nicht als Homogenität aufgefasst sondern als Ansammlung von kleinen Settings mit unterschiedlichen Themen und Spielansätzen. Interessanterweise liest sich das fast schon wie eine Sammlung von kleinen Worlds of Adventure.

Ja, außer dass sie in den meisten Fällen sich leider nicht an ausgefallenere Sachen wagen, sondern dieselben 15 Grundideen zum x-ten Mal durchdeklinieren.

Klar gibt es auch Ausnahmen, wie z.B. Galt in Golarion oder das fröhliche Götterrücken in Aventurien.
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alexandro

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Wenn ich schon Flickenteppich spiele, dann entscheide ich lieber selber, was ich für Flicken da reinnähe, statt mir das von den Autoren vorschreiben zu lassen. Persönliche Präferenz.

Offline ArneBab

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Und verkaufen dem Spieler das Patchwork wiederum als angedachtes, kalkuliertes Subsetting. Gerne mit dem Begriff THEMA verwoben oder wie jüngst bei DSA 5: SPIELRÄUME.

Das Setting also nicht als Homogenität aufgefasst sondern als Ansammlung von kleinen Settings mit unterschiedlichen Themen und Spielansätzen. Interessanterweise liest sich das fast schon wie eine Sammlung von kleinen Worlds of Adventure.
Gerade bei DSA würde ich bezweifeln, dass das einfach Patchwork ist: All die Subsettings müssen ja mit den Archetypen von DSA zusammenpassen: Den Göttern, den Charaktertypen, den Spezies, …
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Offline 1of3

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Wenn ich schon Flickenteppich spiele, dann entscheide ich lieber selber, was ich für Flicken da reinnähe, statt mir das von den Autoren vorschreiben zu lassen. Persönliche Präferenz.

Ich bin z.B. von Khorvaire, dem Hauptkontinent auf Eberron immer noch begeistert. Der hat 22 Flicken. Aber die sind gut. Sie sind klar unterschieden, lassen sich mit zwei bis drei Ideen erklären und können das Spiel informieren, z.B. ist klar, dass einflussreiche Auftraggeber in Zilargo wahrscheinlich gnomische Professoren sind, ein Land weiter muss man dagegen mit Goblin-Bossen klar kommen. Die sind also sehr plakativ und als SL kann ich mich so leiten lassen, in welcher Verkleidung mein NSC-Personal auftreten soll und das ist dann auch für die Spieler leicht nachzuvollziehen.

Oder um mein Standardbeispiel zu bringen: The Only Fantasy World Map You'll Ever Need. - Bei den Clockwork Czars oder dem Tiger Headed Opium Nightmare, weiß ich, was ich zu tun habe.

trendyhanky

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Gerade bei DSA würde ich bezweifeln, dass das einfach Patchwork ist: All die Subsettings müssen ja mit den Archetypen von DSA zusammenpassen: Den Göttern, den Charaktertypen, den Spezies

Die Entwicklung war wie von tartex beschrieben: ein über die Jahre durch diverse Mitgestelatung verschiedener Köche zusammengebrautes Flickwerk, das die Frage "Macht die ganze Sache eigentlich Sinn?" bzw "Ist das kohärent?" nie bejahen konnte.

Die Spielercommunity hat dann entweder darüber hinweggesehen oder ignoriert die Vorgaben oder baut sie um. Während die Macher, also die Autoren und die Redaktion, irgendwann definierte: Das ist gar kein homogenes Setting, das sind eher Themenfelder und Subsettings (siehe tartex). Das wurde dann auch in die Bücher geschrieben, also offiziell.

Markus Plötz reagierte jüngst auf die Frage, ob Aventurien ein in sich logischer Kontinent ist, mit: "Aventurien ist nicht logisch. Es ist eine Sammlung von Spielräumen, die unterschiedliche Themen bedienen."

D.h. die Macher wissen ganz genau, womit sie es zu tun haben.

trendyhanky

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Ich bin z.B. von Khorvaire, dem Hauptkontinent auf Eberron immer noch begeistert. Der hat 22 Flicken. Aber die sind gut. Sie sind klar unterschieden, lassen sich mit zwei bis drei Ideen erklären und können das Spiel informieren, z.B. ist klar, dass einflussreiche Auftraggeber in Zilargo wahrscheinlich gnomische Professoren sind, ein Land weiter muss man dagegen mit Goblin-Bossen klar kommen. Die sind also sehr plakativ und als SL kann ich mich so leiten lassen, in welcher Verkleidung mein NSC-Personal auftreten soll und das ist dann auch für die Spieler leicht nachzuvollziehen.

Zustimmung. Eberron ist die DnD-Spielwelt, die von allen großangelegten Kitchen Sink-Settings die durchdachteste und kohärenteste gewesen ist. Hier war zwar alles drin, was es bei DnD gab (also wie bei Faerun), aber das Settingdesign war genial aufgezogen und alles machte Sinn, wenn man ersteinmal die Prämisse DnD geschluckt hat.


Offline ArneBab

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Markus Plötz reagierte jüngst auf die Frage, ob Aventurien ein in sich logischer Kontinent ist, mit: "Aventurien ist nicht logisch. Es ist eine Sammlung von Spielräumen, die unterschiedliche Themen bedienen."
Das ist irgendwie schade. Vermutlich hilft es, die Komplexität von zig interagierenden Spielräumen beherrschbar zu halten, aber es verspielt auch eine der Stärken von DSA: So unterschiedlich die verschiedenen Bereiche sind, sie sind immer Aventurien. Oder eher "waren"?
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alexandro

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Ich bin z.B. von Khorvaire, dem Hauptkontinent auf Eberron immer noch begeistert. Der hat 22 Flicken. Aber die sind gut. Sie sind klar unterschieden, lassen sich mit zwei bis drei Ideen erklären und können das Spiel informieren, z.B. ist klar, dass einflussreiche Auftraggeber in Zilargo wahrscheinlich gnomische Professoren sind, ein Land weiter muss man dagegen mit Goblin-Bossen klar kommen. Die sind also sehr plakativ und als SL kann ich mich so leiten lassen, in welcher Verkleidung mein NSC-Personal auftreten soll und das ist dann auch für die Spieler leicht nachzuvollziehen.

Mir waren die Flicken immer noch zu same-y und harmonisch, daher habe ich sie ein wenig angepasst:
- balkanisiertes Protektorat von Mror, wo sich die Zwerge seit Jahrhunderten gegenseitig die Köpfe einschlagen (einen zwergischen Hochkönig, der die Clans alle "auf Linie" hält, gibt es in meiner Version des Settings nicht)
- Darguun als "entmilitarisierte Zone/Schutzwall gegen das Klageland" (inklusive Casablanca-Äquivalent), statt offiziell anerkannter Goblinstaat
- Talenta Plains als rückständiges Hinterland von Karrnath, welches versucht die nomadischen Halblinge in Reservate zu drängen
- Eldeen Reaches als rückständiges Hinterland von Aundair, in welchem die Druiden (mit ihren Stimmen im Rat von Aundair) verhindern, dass das Land sinnvoll erschlossen wird (wodurch gleichzeitig die Möglichkeiten beschnitten werden, als einfach Bürger - durch Großbauerntum, Holzwirtschaft oder Bergbau - zu Geld zu kommen, was die Kluft zwischen Adel und einfachem Volk verstärkt)
-Zilargo ist nach außen hin die Schweiz (freundlich und neutral), nach innen aber eher Sizilien (Regierung und Behörden mahlen langsam - um wirklich etwas anzuleiern, muss man über dunkle Kanäle gehen)
usw. usf.
« Letzte Änderung: 29.09.2017 | 08:58 von alexandro »

Offline tartex

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Das ist irgendwie schade. Vermutlich hilft es, die Komplexität von zig interagierenden Spielräumen beherrschbar zu halten, aber es verspielt auch eine der Stärken von DSA: So unterschiedlich die verschiedenen Bereiche sind, sie sind immer Aventurien. Oder eher "waren"?

Ja, aber das hat nie Sinn gemacht. Paradebeispiel: Thorwaler/Wikinger gegen Horasreich/Musketiere (klar ohne Schwarzpulver, aber mit entsprechenden Schiffen)?

Das ist es besser das zuzugeben und die gesamte Spielwiese anzubieten, anstatt zu homogenisieren.
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trendyhanky

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Das ist irgendwie schade. Vermutlich hilft es, die Komplexität von zig interagierenden Spielräumen beherrschbar zu halten, aber es verspielt auch eine der Stärken von DSA: So unterschiedlich die verschiedenen Bereiche sind, sie sind immer Aventurien. Oder eher "waren"?

Hier muss man halt differenzieren. Vom Spielgefühl "Aventurien" (das ja im deutschen Rollenspielbereich einzigartig ist, das bestreitet keiner) mimt der Kontinent eine heimatliche Stimmigkeit. Klar.

Aber wenn du einfach von außen und nüchtern an den europakleinen Kontinent herantrittst verpufft die Sache und man muss sich eingestehen, dass es überhaupt nicht kohärent und logisch ist.

Ich denke, dass Herr Plötz diese Differenz durchschaut und daher die Frage so beantwortet.

Die Welt Midgard, die ja im Grunde sowas wie Aventurien nur in "logisch" darstellt, zeigt ja, wie es auch anders geht. Gleichzeitig zeigt Midgard auch, dass wenn es ein logisches Aventurien gäbe, das oben beschriebene heimatliche DSA-Gefühl, das so einzigartig ist, niemals entstanden wäre.

Offline ArneBab

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Hier muss man halt differenzieren. Vom Spielgefühl "Aventurien" (das ja im deutschen Rollenspielbereich einzigartig ist, das bestreitet keiner) mimt der Kontinent eine heimatliche Stimmigkeit. Klar.

Aber wenn du einfach von außen und nüchtern an den europakleinen Kontinent herantrittst verpufft die Sache und man muss sich eingestehen, dass es überhaupt nicht kohärent und logisch ist.
Was verpufft ist das Gefühl, dass er so sein muss. Was nicht verpufft ist die Stimmung. Aventurien ist nicht völlig logisch: Es ist eine Spielwelt. Doch es ist stimmig, weil du dir Gedanken dazu machst, welche Reaktionen Thorwaler in Al-Anfa bewirken. Das Horasreich hat einen Bezug zu den Thorwalern. Im Lieblichen Feld kennen sie Andergast.

Wenn ich mir Warring Kingdoms anschaue, habe ich den Eindruck, dass die DSA-Redaktion jetzt einen Fokus auf die Besonderheiten der einzelnen Regionen legt — dass sie zeigt, dass die einzelnen Teile für sich spannend sind. Das bricht sie aber nicht aus Aventurien heraus — und ich hoffe, dass sie das auch nicht versuchen.
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Offline Chruschtschow

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Ich denke, dass Herr Plötz diese Differenz durchschaut und daher die Frage so beantwortet.

Und nicht nur der. An der Stelle ist das Interview von Werner Fuchs beim Eskapodcast ganz großartig. Der hat zusammen mit Kiesow und Albers DSA erfunden und ist sich absolut im Klaren gewesen, dass Konsistenz nicht die wichtigste Maßgabe war. Immerhin ist "Durch das Tor der Welten" vom ihm. Von Albers ist das Ding mit dem Borbaradraumschiff. Die in sich konsistente Spielwelt Aventurien war vorrangig eine Projektion der Fans und wahrscheinlich Ulrich Kiesow, der unter den dreien der große Geschichtenerzähler in Aventurien war und das ja danach weiter federführend steuerte.

Das zeigt aber gleichzeitig, dass innere Kohärenz für eine Spielwelt nicht soooo notwendig ist, wenn die Logik hinkt, aber das Spielgefühl stimmt. Wenn ich damit leben kann, dass da Orks und Elfen, Drachen und Zauberer rumrennen, nimmt meine Suspension of Disbelief auch noch locker die sozio-ökonomischen Verwerfungen mit, die das Spannungsfeld Stammesgesellschaft vs. Spätfeudalismus produziert. ;)

Und das bringt mich zurück zu den WoAs: die Inhaltserzeugung im Spiel, die genauere Ausgestaltung etc. wird ja nie das Niveau von DSA erreichen. Wie auch? Über 30 Jahre Entwicklungsgeschichte mit reichlich Input aus vielen Quellen ist da einfach nicht zu schlagen. Dafür habe ich viel Fläche zum Selbstbemalen. Logik ist dabei eher was zum Spätermachen. ;)
« Letzte Änderung: 29.09.2017 | 06:51 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Rhylthar

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Bei mir genau umgekehrt.  ;)
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.