Autor Thema: Erkundungsvarianten  (Gelesen 2070 mal)

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Online Maarzan

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Erkundungsvarianten
« am: 30.09.2017 | 11:14 »
Entsprechend der Frage im Spieleliteressay habe ich mal nach hier ausgelagert:

Welche unterschiedlichen Erkundungsvarianten gibt es?
Wie unterscheiden die sich, insbesondere von den anderen Varianten?
Welche Anforderungen stellen die an sich bzw. die Spielenden?
Was ist die klarste Bezeichnung jeweils dafür?
Was ist da die "Leitfrage"?

Überspannende Bonusfrage:
Gibt es jemanden der die Position vertritt, dass man selbst etwas erkunden kann, was man gerade selbst erfunden hat und wie würde er das beschreiben/begründen? Ansonsten gehe ich davon aus, dass Erkunden nur mit einem zumindest teilweise unbekannten Ziel erfolgen kann.

A) Settingerkundung
Was ist da Neues und wie funktioniert das (insbesondere wenn ich daran rumspiele)?
Der Spieler interessiert sich für das Setting und dessen bisher unbekannten internen Strukturen und erkundet diese in Interaktion mit den Aktionen seiner Spielfigur.
Dazu muss es ein Setting geben, welches zumindest im gewählten Fokus eine solche gegebene und zu erkundende und in sich selbst logische Struktur besitzt.

Aa) immersives Settingerkunden
Hier wird spezifisch die Wirkung und Rückwirkung auf den "Avatar" in den Fokus gerückt und somit auch an dessen Behandlung noch einmal besondere Anforderungen bezüglich settingkonformer Handlungen und Effekte gelegt.

B) Wettbewerb (Herausforderungserkundung)?
Bin ich gut genug um ein bestimmtes Ziel zu erreichen?
Dies erfordert "sportliche" Randbedingungen, welche sich aus einem bestimmten Ziel (ggf erklärten Sekundärzielen), gegebenen, fixen Rahmen- bzw. Startbedingungen und festen Regeln zusammensetzen, aber nicht zwingend spielweltintern logischen Regeln und dementsprechend auch nicht zwingend Charakter als Person-Beschränkungen, auch wenn das eine mögliche Rahmenbedingungssetzung ist.





Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline 1of3

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Re: Erkundungsvarianten
« Antwort #1 am: 30.09.2017 | 11:22 »
Ich behaupte: Man kann als teilnehmende Person beim Rollenspiel nicht erkunden. Das ist ein Kategorienfehler. Man kann nur sitzen und zuhören. Gemeint ist also das Sich-Erzählen-Lassen.

Natürlich kann ich mir vorstellen, dass mein Charakter erkundet. Ich kann mir vorstellen, dass mein Charakter gespannt ist, was es da gleich zu sehen gibt. Gleichzeitig kann ich gespannt sein, was es da gleich zu hören gibt.

Ich kann mir auch vorstellen, dass mein Charakter gespannt ist, was es da gleich zu sehen gibt, während ich das Spieler genau weiß, weil ich etwa meine Mitspieler gut kenne oder die Genre-Konventionen oder das Abenteuer schon mal gespielt habe.
Ich kann aber auch gespannt sein, was es da gleich zu hören gibt, wenn mein Charakter gar nicht anwesend ist. Oder wenn er eben nicht gespannt ist, weil das für ihn völlig normal oder uninteressant ist.

Offline KhornedBeef

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Re: Erkundungsvarianten
« Antwort #2 am: 30.09.2017 | 11:56 »
Ich behaupte: Man kann als teilnehmende Person beim Rollenspiel nicht erkunden. Das ist ein Kategorienfehler. Man kann nur sitzen und zuhören. Gemeint ist also das Sich-Erzählen-Lassen.

Natürlich kann ich mir vorstellen, dass mein Charakter erkundet. Ich kann mir vorstellen, dass mein Charakter gespannt ist, was es da gleich zu sehen gibt. Gleichzeitig kann ich gespannt sein, was es da gleich zu hören gibt.

Ich kann mir auch vorstellen, dass mein Charakter gespannt ist, was es da gleich zu sehen gibt, während ich das Spieler genau weiß, weil ich etwa meine Mitspieler gut kenne oder die Genre-Konventionen oder das Abenteuer schon mal gespielt habe.
Ich kann aber auch gespannt sein, was es da gleich zu hören gibt, wenn mein Charakter gar nicht anwesend ist. Oder wenn er eben nicht gespannt ist, weil das für ihn völlig normal oder uninteressant ist.
Der Einwand zählt dann aber auch für die Wirklichkeit, wenn man dem Höhlen-Gleichnis folgt. ;) Deine Sinne erzählen dir halt was. Im Rollenspiel bist du nur auf weniger "Sinne"  eingeschränkt .
Von Erkundung kann man vielleicht sprechen , wenn die Sinneseindrücke zur Orientierung benutzt werden, um gezielt weitere Eindrücke einer Sache zu sammeln. Oder wenn das Ziel mehr als nur Eindrücke sind, nämlich möglichst Fakten ( die ja im RP tatsächlich absolut wahr sein dürfen).
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Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Issi

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Re: Erkundungsvarianten
« Antwort #3 am: 30.09.2017 | 12:06 »
Ohne jetzt eine Definition zu haben:
Unter Erkundung verstehe ich:
1. Eindrücke:Alles was ich mit der Figur (sehen, hören, schmecken, riechen, tasten, fühlen) kann.
2. Auswertung dieser Eindrücke (Information Verarbeitung -Entscheidungen)
3. Umsetzung der Entscheidungen  (Taten)
4. Rückwirkung der Taten (Ressonanz=Eindrücke- Information Verarbeitung- weitere Entscheidungen)

« Letzte Änderung: 30.09.2017 | 12:08 von Issi »

Offline Der Nârr

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Re: Erkundungsvarianten
« Antwort #4 am: 30.09.2017 | 12:19 »
Genau. Erkundung sind auch so Sachen wie

- Erfahren, welche NPC in einer Stadt wichtig sind
- Geheimnisse von NPC erfahren
- Von fernen Orten im Setting hören
- Diese Orte "selber" besuchen
- Geheimnisse der Orte besuchen

Also fast alles im Spiel ist Erkundung, sobald es mit etwas neuem verbunden ist und nicht andere Spielinhalte überwiegen.

Wenn ich mich in stundenlangem Tavernenspiel ergehe ist das offensichtlich keine Erkundung. Der zweistündige taktische Kampf gegen die Todesfrösche, riesig ist keine Erkundung. Aber dass es im Modersumpf überhaupt Todesfrösche, riesig gibt, ist natürlich Teil der Erkundung. Und im Tavernenspiel zu erfahren, dass der größte Tempel der Stadt einen göttlichen Pfau anbetet ist Teil der Erkundung. Alles, in dem man mehr über das Setting erfährt und wie es funktioniert ist Teil der Erkundung.

Dazu zählt auch, wie sich NPC zueinander verhalten.

Und darum ist Erkundung auch für mich als SL ständiger Teil des Spiels, da ich durch die Interaktion der Spieler mit dem Setting (Orten und Personen) ständig neues über das Setting erfahre, da sich das Setting ja auch ständig verändert.

Für mich ist Erkundung Tagesgeschäft und essentieller Bestandteil des Spiels. Ohne Erkundung würde ich Einpacken und mir ein anderes Hobby suchen.

Wenn Erkundung für mich als SL möglich ist, gehe ich davon aus, dass Erkundung auch dann möglich ist, wenn man keinen SL hat.

Für mich muss etwas auch nicht erst irgendwo festgeschrieben sein, damit ich es erkunde. Ein Großteil der Erkundung ergibt sich ja auch aus Dynamiken, die erst im Spiel möglich sind. Persönlich schreibe ich sogar oft NPC-Beschreibungen absichtlich vage, erst im Spiel wird die Bedeutung fixiert. Und selbst wenn die NPC-Beschreibung dicht und präzise ist, dann findet in dem Moment, in dem die NPC auf die Spieler treffen, Erkundung statt, da ich sie dann spielen muss und sich erst dann ergibt, welche Rolle sie im SPIEL einnehmen und wie sie sich "tatsächlich" verhalten.

Für mich ist es auch Erkundung, wenn ich etwa in DSA jedes Quellenbuch kenne und dann im Spiel einen Ort zum ersten Mal IM SPIEL erlebe. Mal angenommen, ich habe alles über die Insel Maraskan gelesen und dann erlebe ich es zum ersten Mal im Spiel - dann kann ich die Erfahrung machen, wie es nun "wirklich" ist und es "hautnah" erkunden.

Ich kenne Spieler, denen es nicht so geht, die keine Neugier haben, die kein Interesse haben, etwas zu erkunden oder meinen, schon alles zu wissen oder meinen, dass Erkundung zwecklos ist. Es fällt mir ehrlich gesagt schwer, damit im Spiel umzugehen.

"B) Wettbewerb" verstehe ich nicht. Wenn da Wettbewerb im Sinne von kompetitiven ARS-Spiel gemeint ist, dann würde ich das nicht als Erkundung verstehen.
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Offline Antariuk

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Re: Erkundungsvarianten
« Antwort #5 am: 30.09.2017 | 14:25 »
Überspannende Bonusfrage:
Gibt es jemanden der die Position vertritt, dass man selbst etwas erkunden kann, was man gerade selbst erfunden hat und wie würde er das beschreiben/begründen? Ansonsten gehe ich davon aus, dass Erkunden nur mit einem zumindest teilweise unbekannten Ziel erfolgen kann.

Ich würde sagen das geht, und zwar in dem Sinne dass man die Details und Konsequenzen des soeben aus dem Hut gezauberten Elements gemeinsam erkunden kann. Jemand zeichnet eine grobe Skizze, ein unscharfes Bild, eine Silhouette, aber wie das Ding von nah aussieht, erkunden dann alle zusammen (mit den Mechanismen des jeweiligen Spiels). Könnte man vielleicht mit "Fog of War" aus Strategiespielen vergleichen, die Sicht in den Nebel kann sehr limitiert sein oder weiter reichen und Dinge zeigen die man erst demnächst erreicht, aber was da live so an Wesen herumwuselt sieht man wirklich erst wann man davorsteht.
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Offline D. M_Athair

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Re: Erkundungsvarianten
« Antwort #6 am: 5.10.2017 | 22:35 »
Ich behaupte: Man kann als teilnehmende Person beim Rollenspiel nicht erkunden. Das ist ein Kategorienfehler.
Wie würdest du dann das Kennenlernen und den Wunsch mehr zu erfahren beschreiben. Geht ja auch beim Geschichtenerzähler, indem ich als Zuschauer frage: "Und wie hat sich die Person dann verhalten, wie hat sie gesprochen, ...?"

In der therapeutischen Arbeit mit Geschichten jedenfalls wird das Phänomen "Exploration" genannt. Aber du kannst gern versuchen den Kategorienfehler nochmal aufzuschlüsseln.
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan