Wir haben hier gegenseitige Interessen:
- Die eine Person stört sich nur daran, wenn sie selber in ihrer Handlung eingeschränkt ist. Sie möchte keine andere Person einschränken.
- Die andere Person stört sich jedoch daran, wenn jemand anderes etwas tut. Sie möchte jemand anderen einschränken.
Du lässt hier die Ausgangssituation weg, denn die Interessen existieren nicht im luftleeren Raum. Es gibt 4 mögliche:
- 1: Die eine Person hat weniger Spaß, wenn ein Handy am Spieltisch ist, die andere hat weniger Spaß, wenn sie ihr Handy nicht nutzen kann. Das geht beides nicht zusammen, es muss also ein Kompromiss gefunden werden, oder die eine oder die andere Person geht aus der Runde.
- 2: Die eine Person hat weniger Spaß, wenn ein Handy am Spieltisch ist, die andere hätte ohne Handy gleich viel Spaß. Hier ist die Lösung offensichtlich: Bitte lass das Handy weg.
- 3: Die eine Person hat auch mit Handy am Tisch gleich viel Spaß, hat aber andere Gründe, das Handy nicht zu mögen, die andere Person hat weniger Spaß, wenn sie ihr Handy nicht nutzen kann. Hier ist die Lösung auch offensichtlich: Akzeptier das Handy halt für das Spiel.
- 4: Die eine Person hat auch mit Handy am Tisch gleich viel Spaß, hat aber andere Gründe, das Handy nicht zu mögen, die andere hätte ohne Handy gleich viel Spaß. Das geht beides zusammen, und nur hier ist es wirklich der reine Interessenskonflikt, den du beschreibst, denn nur hier gibt es keinen klaren Weg, das Spiel zu verbessern. Hier kann die eine Person versuchen, die andere zu überzeugen (z.B. "ich würde gerne ein Spiel ohne Handies probieren"). Wenn das nicht klappt, fände ich es nicht in Ordnung, das Handy zu verbannen.
Du hast bisher immer wieder argumentiert, solange dir niemand Erklärungen liefert, wäre alles Situation 3 oder 4. Damit entwertest du direkt die Empfindungen der anderen. Denn wenn die eine Person das Gefühl hat, durch das Handy weniger Spaß zu haben, dann ist das erstmal so. Wenn du allen Beteiligten die Möglichkeit offen halten willst, dass das Handy wieder rein kann wenn es ohne Handy doch nicht anders ist, dann ist die einfachste Antwort "probieren wir es, ich lasse mein Handy weg vom Spieltisch und wir schauen, ob es besser wird".
Ich gehe davon aus, weil mir noch niemand eine plausible alternative Erklärung anbieten konnte.
Du hast keine Erklärung als plausibel akzeptiert. Weswegen Issi meiner Ansicht nach völlig recht damit hat, dass du keine Erklärung akzeptieren würdest.
Um es vorweg zu nehmen: Ja, es wurden einige Erklärungen genannt. Ich habe zu diesen aber geschrieben, wieso ich sie nicht für sehr plausibel halte.
Siehe Punkt 1.
Wie gesagt: Das ist eine unterbewusste Einstellung. Bei vielen Sachen, die man ablehnt, sind die Gründe für die Ablehnung unterbewusst.
Was im Umkehrschluss bedeutet, dass du von anderen erwartest, dass sie dir ihre unterbewussten Einstellungen erklären müssen, bevor du ihre Empfindungen akzeptierst.
Zu deiner Analogie: Richtig, Fürze stinken. Das ist der Unterschied zwischen Fürzen und Zeichnen. Wenn jemand das eine also ablehnt und das andere nicht, dann vermute ich, dass es an diesem Unterschied liegt.
Nein, du bringst grade Äpfel und Birnen zusammen: Fürze stinken und Schweiß stinkt. Warum akzeptieren wir den Schweiß (und z.B. Bier), aber die Fürze nicht?
Auf Handies und zeichnen übertragen heißt das: Ja, es gibt Dinge, die nicht ständig auftreten, aber trotzdem mehr stören als andere, die ständig auftreten. Und es gibt soziale Mechanismen, durch die diese Dinge minimiert werden. Die Existenz von Ablehnung bei seltenem Auftreten ist konsistent damit, dass diese Dinge wirklich der Grund für die Störung sein können.
Handys stinken jedoch nicht. Das kann also nicht der Grund sein, dass man sie ablehnt. Also muss man weiterschauen: Was unterscheidet Handys von Zeichnen?
Zwei Punkte dazu:
Erstens bedeutet Ablenkung durch Zeichnen nicht, dass Handies nicht ablenken. Selbst wenn auch Zeichnen ablenkt, lenkt das Handy trotzdem zusätzlich ab (es sei denn, der Zeichner würde für das Handy aufhören zu zeichnen).
John Oliver hat das toll beschrieben:
whataboutism: "what about …".
Zweitens
hatten wir das schon, du hast es nur nicht akzeptiert:1: Handies geben immer direkten Zugriff auf Dinge
außerhalb des Spiels, als hättest du unter deiner Zeichnung die Tageszeitung liegen. Perfekt beschrieben von Silent:
Mein Handy ist für mich aber auch ein Uhrersatz geworden, dh. wenn ich aus irgendeiner Laune mal die Uhrzeit wissen will, dann schau ich auf mein Handy. Wenn ich dabei Nachrichten entdecke schaue ich natürlich auch nach von wem und bekomme durch die Vorschau auch eine kleine Ahnung worum es geht.
1.1: Mit Handies wird eher etwas gemacht, das
nicht mit dem Spiel zu tun hat. Zeichnen hat eher mit der aktuellen Runde zu tun. Wenn das anders ist (Handy
nur zur Charakterverwaltung u.a. Spielrelevantes, Zeichnen für anderes), verändert sich dieser Punkt, z.B.:
Wenn du in einer Deadlands-Runde halb nackte Comic-Elfen zeichnest
2: Handybildschirme haben deutlich mehr neue
Bewegung und ziehen dadurch
mehr Aufmerksamkeit der Umsitzenden an (das war hier noch nicht genannt, sondern nur immer wieder impliziert) — und es reicht nicht, das Ergebnis zu sehen, um alles mitzubekommen. Und Handies
leuchten. Auch das zieht Aufmerksamkeit auf sie (ein unbeleuchteter ereader ist dadurch weniger problematisch). Anders als Kerzen haben sie zusätzlich Inhalte auf der Sprachebene, die darüber hinaus nichts mit der Runde zu tun haben. Bei Laptops
ist erwiesen, dass sie die Umsitzenden sogar mehr ablenken als den eigentlichen Nutzer.
3: Die meisten erfolgreichen Handyapps sind
für maximale Suchterzeugung optimiert. Stifte und Zeichnen sind das nicht. Und du hast eine nicht zu unterschätzende Wahrscheinlichkeit, dass eine Person am Spieltisch, die ihr Handy nicht auf dem Tisch hat, eine gewisse Abhängigkeit vom Handy hat (8% der Jugendlichen
sind akut suchtgefährdet; bei 5 Jugendlichen ist die Wahrscheinlichkeit 34%, dass einer davon suchtgefährdet ist, 5% dass es zwei sind; Erwachsene wurden in der Studie leider nicht untersucht), die sie durch das weglassen umgeht. Dein Handy kann ihre Sucht triggern. Das hat Settembrini beschrieben:
Smartphone Apps sind dazu gebaut, engineered, um süchtig zu machen.… Ich hatte mal die Erkenntnis, dass Handynutzung ungefähr dasselbe ist, wie Rauchen und Alkohol. Wenn man das so sieht, dann erübrigen sich alle sozialen Fragen, einfach genauso regeln.
4: Auf Handies ist meist Text, oder es sind Leute drauf, die kommunizieren. Das steht in direkter
Konkurrenz zur Kommunikation am Spieltisch. Anders als Zeichnen, es sei denn, die SL skizziert gerade eine Karte. Das ist für mich ein wichtiger Punkt:
Ich habe mal gedacht, ich könnte konzentriert sein, während ich Stenosiegel zeichne, aber das hat sich, als ich es versucht habe, als Trugschluss herausgestellt (das Gegenteil ist der Fall: Ich bekomme gar nichts mehr mit — das einzige, was ich dabei machen kann, ist Musikhören), deswegen habe ich das bei dem einen Versuch belassen.