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Reading Challenge 2018
Menthir:
#11
Ich habe endlich mal wieder ein Buch geschafft. Streng genommen habe ich in der Zwischenzeit schon 2 1/2 Bücher gelesen, aber die passten nicht in die Challenge.
Agilolf Keßelring - Wegweiser zur Geschichte: Bosnien-Herzegowina
(Aus der POPSUGAR-Challenge: A book set in a country that fascinates you)
Die Wegweiser der Geschichte berichten von der Geschichte von Krisengebieten, in denen die Bundeswehr tätig ist und soll zum einen Soldaten im Auslandseinsatz auf die sozio-historischen Besonderheiten der Krisengebiete vorbereiten, sind zum anderen aber auch für die interessierte Öffentlichkeit geschrieben. Von 2005 bis 2012 wurden sie vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt herausgegeben, seit dieses das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr ist, übernimmt dieses die Herausgabe. Meist sind sie im Schöningh-Verlag herausgegeben, allerdings gibt es die Wegweiser auch zum kostenlosen PDF-Download auf der Internetseite des ZMSBw.
Es sind meist kleine, prägnante Werke, die nicht umfassend sind, sondern eher einen Einstieg in die Gebiete ermöglichen, und sich mit Bewertungen zu aktuellen Krisen zurückhalten. Als solche erscheinen die Werke nicht oder zumindest wenig politisch gefärbt.
Dieser kleine Wegweiser ist genau das, was er angibt zu sein. Ein Wegweiser.
In seiner Ordnung, Struktur und seiner Verständlichkeit ist das Werk vorbildlich und verdient höchstes Lob.
Das Werk, welches als Einstieg in das Thema für interessiertes Publikum und für Einsatzsoldaten konzipiert ist, versucht in kurzer, überblicksartiger Art und Weise die zentrale Problematik der Auseinandersetzungen in und um Bosnien-Herzegowina durch die Geschichte (mit Fokus auf das 19./20. Jahrhundert) zu schildern.
Das gelingt den unterschiedlichen Autoren ohne für eine der vielen Seiten des Konfliktes Partei zu ergreifen. Sie gelingen so zu einem höchst objektiv wirkenden Werk, welches auch die Probleme der internationalen Staatengemeinschaft anreißt.
Aufgrund der Kürze des Werkes muss das Buch sich freilich mit Ausschnitten und oberflächlichen Beschreibungen begnügen, aber es werden die entsprechenden Entwicklungen nachvollziehbar verdichtet. Obwohl mehrere Autoren an den jeweiligen Abschnitten gearbeitet haben, ist der Gesamtstil vergleichbar und es fallen keine Artikel hinten runter.
Es sind in jedem Kapitel weiterführende Literaturhinweise gegeben und eine umfassende Bibliografie angehängt, um sich bei Bedarf tiefer in die historischen Gefilde dieses spannenden Landes einzuarbeiten.
Ich habe das Buch selbst in meiner Zeit als Wehrpflichtiger in die Hand gedrückt bekommen, habe aber lange Zeit davon abgesehen, es zu lesen, weil ich es gefärbt wähnte. Darin habe ich mich getäuscht und kann das Buch empfehlen.
Verbesserungswürdig ist aus meiner Sicht lediglich, dass das Buch ansprechender hätte geschrieben werden können. Andererseits ist das immer Geschmackssache und eine blütenreichere Sprache hätte wiederum die Gefahr beschworen, dass der informative Charakter verloren geht. Insofern bleibt auch die Entscheidung nachvollziehbar.
Insgesamt 7,5 von 10 Punkten.
Menthir:
#12
William Shakespeare - King Lear
(Aus der POPSUGAR-Challenge: a book that is also a stage play or musical)
Ich habe mich, nachdem ich jetzt 2/3 meines Lebens English fließend spreche und lese, endlich mal an eine relativ ursprachliche Variante von King Lear gewagt. Was heißt endlich mal, eigentlich hatte ich es noch nie gelesen, sondern nur in unzähligen Varianten gesehen und stets genossen.
Am meisten haben mir die 1974er-Aufführung mit James Earl Jones und die Versionen mit Ian McKellen als Lear gefallen.
Ich habe mich aber nicht so richtig rangewagt, bis ich im Januar endlich damit beginnen wollte. Zuerst ist mir aber aufgefallen, dass ich in einen sehr passiven Lesehabitus verfallen bin und ich im ersten Versuch gar nicht in das Stück reinkam. Also habe nur das wissenschaftlich-literarische Vorgeplänkel und die editorischen Notizen der Wordsworth-Ausgabe gelesen.
Während es also weitere drei volle Monate auf dem To-Read-Stapel lag, nahm ich es Anfang der Woche in Augenschein und fragte mich, ob das Werk nicht mehr Kraft hätte, wenn ich es mir selbst vorspielte.
Ich habe für die Lektüre eines Theaterstückes wahrscheinlich noch nie so viel Zeit gebraucht wie mit King Lear, aber tatsächlich habe ich mich erwischt, wie ich immer mehr Szenen gegenüberstellte. In eilender und abwechselnd tiefer Lektüre und im stimmenreichen Spiel mit mir selbst.
Es war überraschend belohnend.
Zum Werk selbst braucht wohl wenig gesagt werden und ich will mich darüber auch nicht lange auslassen. Ich würde gerne eine Inszenierung sehen, welche die Rolle des Duke of Albany stärker betont. Alles in allem ist Lear weiterhin eines meiner liebsten Stücke und es in Originalsprache zu wagen, war natürlich eine besondere Herausforderung. Die Wordsworth-Edition ist jedoch schlank und gut bearbeitet, ohne eine zu tiefe Beschäftigung mit der Materie zu erwarten.
Die tragische Reichweite des Stückes bleibt weiterhin vorbildlich.
Bei Bedarf setze ich mich gerne auch inhaltlich damit auseinander. :)
Auch nach all den Jahren verliert das Stück seinen Reiz auf mich nicht, deswegen 8 von 10 Punkten.
Menthir:
#13
Erich Kästner - Konferenz der Tiere
(Aus der POPSUGAR-Challenge: A childhood classic you've never read)
Während ich also gestern Abend wie ein Schluck Wasser in der Kurve den Abend ausklingen ließ und mich fragte, womit ich meinen Urlaub beginnen würde, schaute ich in meinen Bücherschrank. Meine müden Äuglein fanden den Bereich der Kinderbücher, also jener Bücher die entweder meiner eigenen Kindheit entstammten oder die ich von der Aufmachung nett fand oder aus Komplettismus aus Haushaltsauflösungen und dergleichen aufbewahrt habe.
Die Konferenz der Tiere. Warum nicht etwas leichtes und etwas entspanntes zu Beginn des Urlaubs lesen? Etwas, was sich luftig anfühlt und dich mit einen Schmunzeln in den Urlaub begleitet?
Die Konferenz der Tiere ist definitiv das falsche Buch dafür. Nicht nur, dass es hinter kleinen Witzchen eine sehr ernste Thematik aufgreift und Themen wie Antimilitarimus, Diversität und Weltfrieden auf das Tableau der Kleinen (und Kenner, wie der Kästner schreibt) setzt, sondern auch, dass er zu drastischen Mitteln greift, wie Vandalismus und Kindsentführung und auf seine Art die Tiere als Guerilla einsetzt, deren Methoden nicht sehr friedfertig sind, auch wenn kein Menschenleben zu Schaden kommt.
Ein kleines Büchlein, welches doch auch etwas zum Denken anregen mag und sicher der persönlichen Erfahrung Kästners geschuldet ist, schließlich war die Konferenz der Tiere sein erstes Kinderbuch nach dem 2. Weltkrieg.
An mir war es in meiner Kindheit und in meiner Jugend vorbeigegangen.
Letztlich ist es ein nettes, kleines Büchlein, gerade in seiner Rücksichtnahme auf Diversität (bis auf bei Skunks ;) ). Aber darüber hinaus wirkt es doch ein wenig knöchern und Kästner hat liebevollere Bücher für Groß und Klein geschrieben. Und es hat mich nicht fröhlich in den Urlaub gleiten lassen. ~;D
Ich gebe dem Werk 6 von 10 Punkten.
Menthir:
#14
Peter Englund - Verwüstung - Eine Geschichte des 30-jährigen Krieges
(Aus der POPSUGAR-Challenge: A book mentioned in another book)
Gut, gut. Ich sehe ein, der Challenge-Eintrag ist halb fingiert. Dass dieses Werk - welches zwar vom Autoren als nichtwissenschaftlich bezeichnet ist - bei diesem großen Zeitenpanorama in vielen Fußnoten wissenschaftlicher Texte gelandet ist, ist nicht weiter verwunderlich. Für mich erfüllt es aber letztlich den Tatbestand. :)
Das Buch hat einen zu großen Umfang, um es in allen Einzelheiten an dieser Stelle zu besprechen. Gesagt werden muss, dass es ein forderndes, wenn nicht herausforderndes Werk ist. Es ist ein Geschichte-erzählendes Werk, welches seinen Fokus auf die Zusammenhänge und Nichtzusammenhänge des 30-jährigen Krieges setzt. Es ist insofern herausfordernd, dass es in seinem martialisch wie kulturellem Rundumschlag einen wachen Geist fordert und in seinem Umfang auch erwartet, dass der Leser sich mit den einzelnen Kapiteln auseinandersetzt. Mit diesem Werk will - trotz seiner erzählerischen Art - gearbeitet werden.
Eine häufig zitierte Rezension aus der FAZ titelt "Wo aber sind die Fragen?" und konstatiert, dass Peter Englund zu viele Antworten auf keine Fragen findet und so zu viel Wissen zwischen zwei Buchdeckeln sammelt. Dem kann ich persönlich nicht zustimmen. Sicher, Englund stellt selbst im Text nicht zu viele Fragen in direkter Art, die er danach im wissenschaftlichen Sinne abarbeitet, sondern er gibt sich der Erzählung hin. Doch die Fragen an die Zeit, an die Zusammenhänge, an die die Lebensumstände und die Lebensart sind allgegenwärtig und nach diesen arbeitet er sie beflissen und umfangreich ab.
Der Spiegel ist hierbei Erik Jönsson, dem späteren Grafen von Dahlberg, den wir durch die Zeit begleiten. Englund erklärt anhand seines Werdeganges die Gesellschaft, die Moral, die Kultur und das Gebaren der Zeit. Gleichwohl ein wenig aus schwedischer Sicht, was der Autor auch eingesteht.
Wer bereit ist, sich über einen längeren Zeitraum mit dieser Geschichte zu befassen, wird nicht nur zahlreiche Antworten finden, sondern auch die vielen subtilen Fragen, die Englund selbst an die Zeit und die Geschehnisse stellt. Und er wird ein sehr reichhaltiges Panorama erhalten, in der er immer wieder fündig werden wird.
In der Übersetzung von Wolfgang Butt ist das Buch nicht nur thematisch, sondern auch in Sachen Lesevergnügen ein außergewöhnliches Buch und ich kann die Lektüre nur ans Herz legen.
Ich vergebe 9,5 von 10 Punkten.
Lyris:
Langsam wird es echt mal wieder Zeit, gut das ich gerade ein Buch habe, über das ich berichten möchte.
Killen McNeill: Am Schattenufer (Ein Buch, das in dem Jahrzehnt deiner Geburt spielt)
Killen McNeill ist gebürtiger Ire, kam als Austauschstudent nach Deutschland und arbeitet seit 40 Jahren als Englischlehrer an einer deutschen Schule. Also genau der richtige um über die 70er Jahre in Irland und Deutschland zu erzählen.
John lebt in Nordirland, ist Protestant und erlebt gerade mit wie die Welle an Anschlägen auch auf sein Heimatdorf überschwappt, als er im Rahmen seines Deutschstudiums ein Auslandsstipedium erhält. So landet er in einem kleinen Ort in Franken, das seinem Heimatort so ähnlich und doch wieder so anders ist. Vorallem sicherer. Aber auch hier ist nicht alles eitel Sonnenschein und die Vergangheit wirft noch deutliche Schatten. Außerdem trifft er Teresa, die wie er ein Auslandssemester in Deutschland einlegt. Teresa aus dem gleichen Ort wie er, in die er schon als Teenager verliebt war, die aber dummerweise Katholikin ist. In Deutschland stört das niemand, so wird aus beiden doch noch ein Paar. Zu Hause darf das aber niemand wissen.
Der Hauptfaden der Geschichte spielt sich 1973/74 meist in Deutschland ab, wird aber immer wieder von Rückblicken in die Kindheit ergänzt, auch das gleichzeitge Geschehen in Irland wird durch Besuche und Briefe/Anrufe von Angehörigen am Leben gehalten, bis sich beides mit Wucht aufeinanderprallt und zum Höhepunkt der Geschichte hinführt. Den Abschluss bildet ein Sprung ins Jahr 2007, der ein "was-aus-allen-wurde" darstellt.
Ich fand das Buch sehr interessant zu lesen. Ja, man kennt mehr oder weniger den geschichtlichen Hintergrund, aber nicht unbedingt Details oder wie alles in den Alltag von ganz gewöhnlichen Menschen hineingespielt hat. Dabei ist es ja gar nicht so lange her.
Auch sehr schön fand ich die Ansichten eines völlig Fremden zur die fränkische Mentalität. (Ich bin vergleichsweise nur ein ganz klein bißchen fremd. ;D)
Damit weist mein Zwischenstand folgendes aus: 70 Bücher gelesen, dabei 64 Kategorien erfüllt, 7 Reihen abgeschlossen.
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