Pen & Paper - Spielsysteme > Pathfinder/3.x/D20
The Forge of Combat -- Hammer, Arm und Amboss
Ainor:
Es ist richtig dass in 3E (und allen anderen Editionen bis auf 4) Aggro-Management bzw. MMO-Tanks nicht vorgesehen sind. Andererseits scheinen Charaktere mit hoher Verteidigung nicht auszusterben,
und ich beobachte immer wieder das Kämpfe genau dann schiefgehen wenn so ein Charakter (nennen wir ihn PnP-Tank) fehlt.
--- Zitat von: Feuersänger am 13.02.2018 | 12:57 ---Aber dennoch kann der Feind sich jederzeit darüber hinwegsetzen, einfach am Fighter vorbeimarschieren, halt die paar HP von der AoO fressen, und den Magier zusammenknüllen. Wenn er das nicht macht, sondern sich brav am Fighter festbeisst, ist das eher Softskills des DMs (evtl einem Gentleman's Agreement zwischen SL und Spielern) und Genrekonventionen zu verdanken. Und nicht irgendeiner Defender-Mechanik.
--- Ende Zitat ---
So einfach ist es meiner Erfahrung nach nicht. Es gibt etliche Situationen in denen tanking funktioniert:
1.) Es kommt immer wieder vor das der Tank einfach die Tür/Treppe/den Gang sperrt, insebsondere auf niedrigen Stufen. Dann funktioniert tanking ganz problemlos. Später, auf größeren Schlachtfeldern wird das natürlich seltener, aber dann kann er immernoch oft die charge-Linie sperren, was viel ausmachen kann.
2.) Die Aufstellung am Anfang des Kampfes: typischerweise geht ein SC vor, sieht die Gegner, und löst damit den Kampf aus. Wenn der Tank das macht dann können die Gegner zunächst nur ihn angreifen,
oder haben oft nicht genug Bewegung um zum Rest der Gruppe vorzurücken. Hier habe ich oft gesehen dass ein stabiler Charakter damit zurecht kommt, währen z.B. ein Rogue oder Ranger wenn er Pech hat von allen angegriffen und umgehauen wird.
3.) Nichtintelligente Monster sollten eigentlich nicht auf Magier zielen. Ich würde es nicht als Gentleman's Agreement bezeichnen soder eher als Teil des Spiels dass Monster die kein Verständniss von Tank vs. Squishy haben nicht direkt auf die Verwundbaren zustürmen.
4.) AOOs sind nicht immer harmlos. Natürlich halten sie einen Endgegner auf Stufe 20 nicht auf, aber auf Stufe 4 ist eine AOO von einem Fighter mit Zweihänder eine echte Bedrohung. Es ist keinewegs klar
dass die AOO zu nehmen um andere Charaktere anzugreifen immer die beste Idee ist. Weiterhin kann jeder Fighter mit Improved Trip (zumindest in 3.5) viele Gegner aufhalten bzw. daran hindern Magiern etc. nachzulaufen. Das ist im Endeffekt nicht so viel anders als ein 4E Defender. (wenn man mehr Reichweite hat und verhindern kann das er selbst überhaupt angegriffen wird fällt das vermutlich eher unter Control)
--- Zitat von: Feuersänger am 14.02.2018 | 01:52 ---Das ist ja im Standard-D&D so der häufige Irrtum, dass ein Tank schwer zu treffen sein müsste. Aber wenn er die Gegner nicht zwingen kann, ihn anzugreifen, und die merken dass sie ihm nicht wehtun können
--- Ende Zitat ---
Tank zu sein bedeutet dass es besser für die Gruppe ist wenn man selbst angegriffen wird als das ein anderer Charakter angegriffen wird. Ob das nun durch hohe AC, HP, Schadensresistenz oder Regeneration geschiet ist eigentlich egal. Das wichtigste Kriterium auf hohen Stufen war typischerweise die Fähigkeit zumindest eine Runde lang dem vollen Angriff der Gegner standzuhalten ohne umzufallen (Dank Heal ist man ja schnell wieder aufgefüllt). Dafür braucht man keine astronomische AC, aber 50% der Angriffe von starken Gegnern sollte man schon abwehren.
Um auf den Ausgangspunkt zurück zu kommen: Defender als Daseinszweck eines Charakters gibt es so in 3E nicht. Aber "stabil sein" ist eine wichtige Fähigkeit die ein Charakter in der Gruppe haben sollte,
egal was er sonst macht (es muss kein Fighter sein. Gibt auch stabile Kleriker), und deshalb finde ich diese Einteilung in Rollen im Endeffekt nicht hilfreich. Ich würde eher Fähigkeiten auflisten die die Gruppe haben sollte.
Feuersänger:
--- Zitat von: Ainor am 15.02.2018 | 15:14 ---Es ist richtig dass in 3E (und allen anderen Editionen bis auf 4) Aggro-Management bzw. MMO-Tanks nicht vorgesehen sind. Andererseits scheinen Charaktere mit hoher Verteidigung nicht auszusterben, und ich beobachte immer wieder das Kämpfe genau dann schiefgehen wenn so ein Charakter (nennen wir ihn PnP-Tank) fehlt.
--- Ende Zitat ---
Ja, das ist schon auch richtig. Speziell bei Pathfinder ist mir das in einer bestimmten Form aufgefallen: da ja hier Fernkampf schadenstechnisch gegenüber 3.5 stark aufgewertet wurde, habe ich Gruppen gesehen in denen alle Fernkämpfer (oder Zauberer) gemacht haben. Nunja, und wie ich immer sage: wenn niemand Nahkämpfer ist, sind alle Nahkämpfer.
Jedoch treten diese "etlichen" Situationen meiner Erfahrung nach gar nicht so "etlich" ein. In Outdoorencountern gibt es meist keine solchen Engstellen und man kann nach Herzenslust umgangen werden, wenn man nicht sowieso von vornherein umzingelt war. In Dungeons stellen sich die Gegner auch oft auf solche Tür-Taktiken ein. Umgekehrt haben beengte Dungeon-Verhältnisse auch viele Nachteile für SCs. Nebenbei bemerkt handhaben die meisten SLs (die ich kenne) die Perception Checks nicht so wie das System es vorsieht, was immens dazu beiträgt dass in sehr vielen Kämpfen die Monster den SCs quasi auf den Arsch spawnen.
Und schlussendlich sind natürlich - und damit sind wir wieder beim Anfang - kleine Parties im Nachteil, sowohl aufgrund der Action Economy als auch weil eben nicht mehrere SCs zum abdichten nach hinten zur Verfügung stehen.
Zu Punkt 3, ich stimme dir da vollkommen zu, aber auch hier wieder ist die Spielerfahrung in der Praxis sehr SL-abhängig. Es gibt halt SLs, bei denen ist jeder Troglodyt ein Abgänger der Sun-Tzu-Kriegsakademie.
Unser SL ist in der Hinsicht gar nichtmal so fies, aber wir haben halt wie gesagt das Drei-Körper-Problem [ ;)], dass die Gruppe zu klein ist um unsere Squishy Bardin zuverlässig vor dem Zugriff der Gegner zu schützen. Da muss sie auch noch lernen, besser auf sich aufzupassen, aber wie gesagt wird das Ganze durch natürlich oder künstlich beengte Verhältnisse stark erschwert.
(Point in case, in unserer gestrigen Sitzung wurde sie mal wieder in 2 Runden in den einstelligen Bereich runtergeklopft. 3 SCs vs 4 Gegner die von allen Seiten auf die Gruppe einströmen -- da kannst einfach nichts machen.)
Und schließlich ad 4 -- das ist ja wieder genau das was ich weiter oben geschrieben habe, von wegen richtige 3.X Tanks sind Control.
--- Zitat --- Das wichtigste Kriterium auf hohen Stufen war typischerweise die Fähigkeit zumindest eine Runde lang dem vollen Angriff der Gegner standzuhalten ohne umzufallen
--- Ende Zitat ---
Das ist zumindest schonmal die Grundvoraussetzung. Allerdings kommt da auch wieder hinzu, dass etliche Monster es ja nicht bei einem einfachen HP-Angriff bewenden lassen, sondern sofort noch irgendeinen Scheiss wie Grab, Trip, Paralyze etc nachschieben. Daraus ergibt sich dann wieder das Problem -- ich will zwar, dass der Gegner mich angreift, aber ich will nicht, dass er mich aus dem Kampf nimmt, und das kann auch so viele andere Weisen passieren als auf 0 HP geprügelt zu werden. Und da tun sich manche Klassen auch nochmal deutlich schwerer als andere.
Und schlußendlich:
--- Zitat ---Aber "stabil sein" ist eine wichtige Fähigkeit die ein Charakter in der Gruppe haben sollte, egal was er sonst macht (es muss kein Fighter sein. Gibt auch stabile Kleriker), und deshalb finde ich diese Einteilung in Rollen im Endeffekt nicht hilfreich. Ich würde eher Fähigkeiten auflisten die die Gruppe haben sollte.
--- Ende Zitat ---
Das letzte ist jetzt für mich ein Non Sequitur. Rollen und Fähigkeiten gehen doch Hand in Hand, bzw das eine ergibt sich aus dem anderen. "Viel aushalten" ist keine Rolle, es ermöglicht dir aber u.U. erst, deine eigentliche Rolle auszufüllen.
Menthir:
Nur eine kleine, definitorische Spitzfindigkeit oder ein in die Richtung gehender Gedankenanriss:
Wenn es in 3.5/Pathfinder eine zuverlässige Aggro-Mechanik gäbe, würde sie dennoch nicht eine neue Defender-Rolle begründen, sondern würde nahtlos in die von Feuersänger beschriebene Amboss-Rolle reinpassen. Immerhin ist eine Aggro-Mechanik nichts anderes als eine Control-Mechanik. Und diese würde immerhin dazu passen, dass der Feind sich nicht entfalten kann.
Und das unabhängig davon, ob der Tank den Schaden mit einer hohen RK verhindert, mit einer hohen Schadensreduzierung minimiert oder als Fey-Foundling-Tiefling-Paladin-Lay-of-Hands-Soaker alles aufsaugt und als Swift Actions wegheilt.
Ich stimme ansonsten zu, dass Verteidigung im Gruppensinne bei 3.5/Pathfinder eine weitestgehende Meisterschaft der Bewegung auf dem Schlachtfeld erfordert, um einigermaßen zuverlässig zu sein. :)
Kaskantor:
In unserer langjährigen PF Kampagne hatten wir eine Juggernout Taktik. Ich hatte von Prinzip her einen Cleric, der komplett auf Kampf ausgelegt war. Wahlweise Einhand und Schild, oder bei Gegenern mit wenig AC auch mal per Krummschwert mit guter Critchance. Im Endeffekt hatte ich über die Kampagne gute Ac bekommen und es wurden so ziemlich alle Buffs in meinen Char gesteckt, die das Spiel so hergab. Der Rest hat Controlliert und ordentlich Schaden ausgeteilt. Wenn ich mal nicht den Weg versperren konnte könnten sich alle auch mal kurzzeitig gut verteidigen. War schon eine coole Sache.
In der 5e gibt es auch Mechaniken, wie zb. für einen anderen mal einen Schild hinhalten ect. Sind auch gute Fähigkeiten für einen Tank.
Ainor:
--- Zitat von: Menthir am 16.02.2018 | 07:44 ---Wenn es in 3.5/Pathfinder eine zuverlässige Aggro-Mechanik gäbe, würde sie dennoch nicht eine neue Defender-Rolle begründen, sondern würde nahtlos in die von Feuersänger beschriebene Amboss-Rolle reinpassen. Immerhin ist eine Aggro-Mechanik nichts anderes als eine Control-Mechanik. Und diese würde immerhin dazu passen, dass der Feind sich nicht entfalten kann.
--- Ende Zitat ---
Im 4E wird es aber so beschrieben. Richtig ist natürlich dass sowohl Defender als auch Controller im weitesten Sinne dafür sorgen dass der Gegner die SC nicht plattmacht, und damit beide im Forge Modell unter Amboss fallen. Andererseits besteht der Unterschied darin dass der Controller Gegner schwächt bzw. verhindert dass sie angreifen, während der Defender Angriffe wegsteckt. Beides benötigt sehr unterschiedliche Fähigkeiten.
Ob das Forge Modell Sinn macht hängt davon ab ob die Fähigkeiten austauschbar sind, im Sinne von: wenn man einen Magier mit guten Control Zaubern hat baucht man keinen Tank/Defender.
Meiner Erfahrung nach ist das häufig nicht der Fall, aber das lässt sich natürlich nicht so ohne weiteres verallgemeinern.
--- Zitat von: Feuersänger am 16.02.2018 | 02:09 ---Und schließlich ad 4 -- das ist ja wieder genau das was ich weiter oben geschrieben habe, von wegen richtige 3.X Tanks sind Control.
--- Ende Zitat ---
Je nachdem. Disarm/Sunder natürlich, denn es schwächt einfach den Gegner. Grapple ist beides, da man sowohl schwächt als auch wortwürtlich den Gegner an sich bindet. Trip kommt wie gesagt drauf an. Ohne Reichweitenvorteil führt es erstmal dazu das es einfacher ist den Tank anzugreifen als an ihm vorbei zu laufen.
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