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Kingdom come deliverance

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Romaal:
Aha. Bei Frauenrollen und anderen Ethnien muss man also authentisch sein, aber bei den anderen Sachen nicht.

Noch mal: das Spiel ist nicht authentisch. Ein Computerspiel mit Quests im Mittelalter ist unweigerlich ein Anachronismus.

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Chruschtschow:
@Thorgest:
@Stangenwaffen:
Relativ zeitig ist man im Gefolge eines Adligen. Vorher trägt man schon offen Schwert und Bogen. Aber ein Jagdspieß ist ein Problem? Du bist doch schon offen für alle bis an die Zähne bewaffnet. Ich trage den Skalizer Wappenrock ja nicht, weil er so toll zur Augenfarbe passt.

@Frauen:
Da gibt es aber die feine Differenz zwischen "wenig zu sagen" und Marginalisierung. Weibliche NSC mit Namen bisher, ab die ich mich in irgendeiner Form erinnern könnte mit Rolle: Bianca (Love Interest), Fürstin Stephanie (Questgeber, Love Interest), Theresa (Love Interest). Dazu fallen mir noch die Kräuterhexe nördlich von Lodoschenko und die Frau des Vasallen in Neuhof ein. Es gibt sicher noch ein paar mehr, weil NSC, mit denen man ein, zwei Mal spricht, gerne mit Namen versehen werden (siehe die Frau des Vasallen in Neuhof, mit der man wahrscheinlich zwei Mal spricht: Ermittlung, Rückkehr von Rotschopf). Ich kann Gestalten sicher auch differenzierter darstellen, ohne dass sie die Mover und Shaker des Settings sind. In KCD sind sie tendenziell namenlose Deko und / oder (potentielles) Fickfleisch. Warum muss einen die einzige Adlige, der ich bisher begegnet bin, am Ende ihrer Questreihe ins Bett zerren?

@Bleifuss:
Authentizität kann durchaus in Abstufungen vorkommen. Das ist keine Frage von alles oder nichts. Ich kann auch versuchen nahe dran zu kommen. Das Problem bei KCD liegt für mich darin, dass sie es teils gut schaffen, dass es sich authentisch anfühlt, dann aber wieder die Immersion brechen. Und weil es teils echt so gut klappt, tun die Brüche an anderer Stelle mehr weh.

Romaal:
@Chrutschtschow - Authentizität ist halt ein unfassbar schwieriger Begriff. Ich habe über Authentizität in meiner Diss geforscht und es zeigt sich, dass die meisten Leute keine Ahnung haben, was in einem geschichtswissenschaftlichen Kontext als authentisch und nicht-authentisch definiert wird. Meiner Meinung nach müsste man Authentizität viel mehr performativ verstehen und nicht als Dichothomie (so wie du es ja auch angedeutet hast). Das Problem ist aber, dass Authentizität heute zu einem Kampfbegriff im politischen Diskurs und zu einem Marketingmittel im Bereich der Social-Media-Werbung geworden ist.

Auf das Spiel bezogen hätte man das glücklicher lösen können, wenn man nicht versucht, das "Mittelalter wie es war"TM abzubilden, sondern ganz bewusst gesagt hätte: wir zeigen, was wir für wahrscheinlich halten, auf Basis moderner historischer Forschung. Da ergeben sich dann natürlich wieder neue Probleme: wenn sich die Leute, die so ein Spiel produzieren (und auch rezipieren) nämlich wirklich mal mit Gechichtswissenschaft und Archäologie auseinandersetzen würden und nicht nur ein bisserl in populärwissenschaftlichen Darstellungen und im Internet schmökern würden, dann würden sie sehen: wir wissen über viele Bereiche unfassbar wenig und man tut sich sehr schwer, ein eindeutiges Bild dieser Zeit zu zeichnen, weil das MA nicht weniger komplex war als unsere moderne Gesellschaft.

Jetzt wird's aber glaube ich von meiner Seite zu sehr OT und ich halt mal wieder die Klappe  :D

Noir:
@Bleifuss: Ist das aber nicht ein völlig übertriebenes herumreiten auf Begriffen? Ich verstehe natürlich was du sagen willst - ich hab seinerzeit auch einige Zeit Geschichte studiert (allerdings nicht zu Ende gebracht) - aber mich an solchen Begriffen aufzuhängen, auf die Idee käme ich jetzt nicht. Authentizität ... was heißt das schon? Das bedeutet doch schon längst nicht mehr das, was es ursprünglich wirklich bedeutet hat. Und wenn man diese Prämisse für sich festlegt, dann wird das alles doch schon nicht mehr so heiß gegessen, wie es gekocht wird. War das Mittelalter so, wie es in KCD dargestellt wird? Sicher nicht. Kommt KDC näher an das "echte Mittelalter" (tm) ran, als alle anderen Spiele dieser Größenordnung? Ich würde sagen: Ja ... durchaus. Und ich glaube ... mehr wollte man gar nicht.

YY:

--- Zitat von: Doktor Bleifuss am 21.02.2018 | 09:26 ---Auf das Spiel bezogen hätte man das glücklicher lösen können, wenn man nicht versucht, das "Mittelalter wie es war"TM abzubilden, sondern ganz bewusst gesagt hätte: wir zeigen, was wir für wahrscheinlich halten, auf Basis moderner historischer Forschung.

--- Ende Zitat ---

Das ist ganz schnell nur noch Semantik. Mit "wir sind uns halbwegs sicher, dass es so gewesen sein könnte" macht man keine Werbung.
Und natürlich gibt es Sachen, von denen man schlicht nicht wissen kann, wie sie genau waren - wenn die aber alltagsrelevant oder sonstwie ständig präsent sind und damit im Spiel auftauchen müssen, muss man sie irgendwie umsetzen und kann sich nicht den Luxus des Historikers erlauben, da eine riesengroße Lücke zu lassen und "nur" genau zu erklären, warum sie da ist.
Das gilt natürlich analog für die Bereiche, die eine grundsätzlich bekannte und überblickbare, aber eben große Spanne aufweisen und wo man sich für irgendwas entscheiden muss.

Ansonsten:
Es sind ja auch die wenigsten Spiele mit zeitgenössischem Setting authentisch, oft genug selbst dann nicht, wenn man sie nur an dem Bereich misst, den sie beleuchten.
Da spielen schließlich auch noch Sachen wie Erzählabsicht, technische Grenzen usw. usf. rein.
Ich wüsste nicht, warum das für Spiele in historischem Setting weniger gelten sollte/dürfte.



Aber zuletzt noch mal:
Unabhängig vom Mittelaltersetting sind die Sachen, die Quaint im kriminellen Kontext beschreibt, mir schon ein Dorn im Auge. Das hat kein mir bekanntes Open-World-Spiel bisher zufriedenstellend hinbekommen und daran müssen die sich sehr wohl messen lassen.

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