Der Begriff sollte wenn genau im rollenspielbezogenen Rahmen gesehen und behandelt werden
Naja, es scheint ja so zu sein, dass einige Forscher glauben da
medienübergreifend wichtige Gemeinsamkeiten zu erkennen:
"What does it mean to be immersed in a book or film or computer game?" (
www.jltonline.de/index.php/conferences/article/view/517/1350)
"Readers who appear to be lost in a storyworld, members of theatre or cinema audiences who are moved to tears while watching a performance, beholders of paintings who are absorbed by the representations in front of them, players of computer games entranced by the fictional worlds in which they interactively participate - all of these mental states of imaginative immersion are variants of `aesthetic illusion', as long as the recipients, although thus immersed, are still residually aware that they are experiencing not real life but life-like representations created by artefacts." (
https://www.hugendubel.info/detail/ISBN-9789042036574/Wolf-Werner/Immersion-and-Distance-Aesthetic-Illusion-in-Literature-and-Other-Media?bpmctrl=bpmrownr.11%7Cforeign.45422-1-0-0)
"Der Immersionsbegriff verzeichnet zu Recht eine ganz erhebliche Karriere in der aktuellen Mediendiskussion. Gerade seine spezifische mediale Aktualität macht ihn jedoch auch historisch interessant. Es scheint immer deutlicher zu werden, dass nicht etwa die aktuelle technische Medienentwicklung den Immersionsbegriff hervorgerufen hat, sondern dass umgekehrt hier eine bekannte Möglichkeit intensiver ästhetischer Erfahrung lediglich mit Hilfe neuer Medien realisiert werden soll." (
https://link.springer.com/article/10.1007%2FBF03379684)
Und in diesem Rahmen sehe und erlebe ich diesen Begriff im Rahmen der Diskussion und Differenzierung von Spielformen als eine Spielform, welche die Immersion in die Figur meint.
Soweit ich erkennen kann, gibt es im Wesentlichen keine Immersion in die Figur... oder genauer gesagt: es gibt keine Immersion in die Figur losgelöst von Situation, ob ausgespielt oder rein gedanklich. Und falls das zutrifft, dann verhalten sich "Die Figur durch die Situation erleben" und "Die Situation durch die Figur erfahren" zueinander wie Immigration und Emigration: zwei standortabhängige Begriffe für denselben Vorgang. Ebenso funktioniert Immersion in die Spielwelt eigentlich immer via "Figur in konkreter Situation" (abgesehen von so etwas wie
Exposition der Spielwelt durch den GM, die aber eigentlich auch nur zur Unterstützung in die Immersion der Situation dient).
Deswegen halte ich den situativen CAP-Ansatz von Adunaphel ja auch für entsprechend zielführend.
Ich denke das sind zwei Aspekte:
Der erste ist die Simulation als verlässliche, transparente und reproduzierbare Basis für eine freie Interaktion mit der Spielwelt an sich.
Jau. Man verwendet die Spielregeln um ein Modell der Spielwelt zu bilden, häufig als ein probabilistisches Modell - wenn man nämlich Fortune (und nicht Drama oder Karma) von DFK verwendet. Die Werte einer Spielfigur sind ein Modell des aktuellen
Zustands der Figur in der Spielwelt und die Regeln formulieren eine Art
Prozessmodell.
Aber könnte mir ja egal sein, wenn das Modell nicht genau ist - sobald ich einmal die Artefakte eines Systems verstanden und akzeptiert habe ist das ja kein Problem (vgl D&D Hitpoints).
Der zweite Aspekt ist gerade die gezielte inhaltliche Auseindandersetzung mit der Spielwelt selber und deren Funktionieren. Hier ist es dann der Spaß am Modell bauen und ausprobieren.
Die Spielwelt und auch das Regelwerk sind da dann eher ein eigenständiges Spielzeug, nicht nur der mehr oder weniger im Zweifelsfalle nachrangige Hintergrund für andere Interessen. Und dafür sollten sie dann auch wie eine gut geölte ineinandergreifende Maschine funktionieren und bei den gewünschten genaueren Blicken und Testen durch Ausprobieren und Manipulationen diesen dann auch standhalten können.
Weder #1 oder #2 erklären aber warum mich D&D Hitpoints stören - oder das in Star Wars Saga Edition unser Jedi die Funktion eines Heilers/Klerikers übernommen hat - indem er uns anderen PCs einige Stunden in eine Art regenerative Meditation versetzt nach manchen Kämpfen.
Es gibt also mindestens einen dritten Punkt: Regelartefakte stören die Immersion in das Setting an sich, wenn durch die Regeln immer wieder Situationen entstehen, die als unpassend empfunden werden.
Umgekehrt gibt es aus simulationistischer Hinsicht wohl auch einen Wiedererkennungswert, der erwünscht ist. MMn weil es das Eintauchen in die Spielwelt erleichtert: der Spieler erkennt, dass die Spielwelt des GMs weitgehend der fiktiven Welt entspricht, die er bereits aus anderen Medien kennt (Star Wars-Filme, Herr der RInge-Bücher, etc).
Mal als Beispiel für den Wiedererkennungseffekt - hier ein
After-Action Podcast über eine Runde Adventures in Middle-Earth (so ungefähr ab Minute 20). "I felt like we were really in Middle Earth." Wie will man das anders bezeichnen als Immersion?