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Chiarina sieht Film Noir

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Lyonesse:
Im Netz der Leidenschaften mit Lana Turner würde ich bei den Klassikern noch empfehlen.
Angel Heart mit Mickey Rourke hat eigentlich viele Film Noir Elemente. Lonely Hearts
Killers mit John Travolta geht in eine ähnliche Richtung wie The Black Dahlia. The Two
Jakes würde ich mir vielleicht noch als Sequel zu China Town geben. Der Tod kennt keine
Wiederkehr mit Elliot Gould ist klasse. Fahr zur Hölle, Liebling mit Robert Mitchum als Marlowe.
Vielleicht noch Nach eigenen Regeln mit Nick Nolte und Red Rock West mit Nicolas Cage.
Außerdem sind der Fargo-Film und die Fargo-Serien ebenfalls moderner Film Noir.
Ah ja, Philip Marlowe – Poodle Springs mit James Caan in der Titelrolle, war zwar eine HBO Produktion -
also für's Fernsehen -, aber ebenfalls nice.

Hier noch ein Beispiel für die erste historische Serie von HBO; eine Krimiserie über Phillip Marlowe
von 1983. Man erkennt schon gut die Bemühungen um Authentizität, außerdem wurde die Serie
stark im Geiste von Chandler entwickelt.

Philip Marlowe, Private Eye The Pencil S01E01 (HBO Noir series)

Chiarina:
High Sierra (dt. "Entscheidung in der Sierra"), 1941

In der ersten Szene sieht man, wie Roy Earle (Humphrey Bogart) aus dem Knast entlassen wird. Er hat acht Jahre gesessen und eigentlich seinen Ausbruch vorbereitet. Dann aber hat sich ein ehemaliger Komplize für ihn eingesetzt und so seine vorzeitige Entlassung erwirken können. Roy Earle sagt, er habe die 8 Jahre Knast nur überlebt, weil er während dieser Zeit seinen Ausbruch vorbereitet hat.

Die eigentliche Filmhandlung zeigt zunächst einmal den Gangster zwischen zwei Frauen.

Die erste Frau lernt Earle bei der Ausübung seines Berufes kennen. Natürlich hat sich der ehemalige Komplize nicht aus reiner Menschenliebe für Earles Haftentlassung eingesetzt. Er plant einen Überfall, hat aber nur unerfahrene Kleinkriminelle zur Hand und will nun, dass Earle ihnen mit seiner Erfahrung zur Seite steht. Unter diesen Kleinkriminellen befindet sich auch Marie, die sich während der Vorbereitungen in Earle verliebt. Auch sie hat einen "Ausbruch" hinter sich: Sie ist vor ihrer wenig liebevollen Familie geflohen. Das Thema "Ausbruch" verbindet die beiden, Earle erwidert Maries Gefühle aber trotzdem nicht.

Die zweite Frau lernt Earle zusammen mit ihrer Familie bei einer längeren Autofahrt kennen. Earle gibt sich hier von vornherein als hilfsbereit aus. Er bewahrt die Familie vor einem Autounfall und lässt sich mit den Angehörigen bei einer Tankstelle auf ein freundliches Gespräch ein. Hier bemerkt er auch, dass die Tochter Velma eine Gehbehinderung hat. Earle spürt, dass er Gefühle für die Frau hat, besucht die Familie weiter und sorgt für das nötige Geld, um Velma eine Operation zu ermöglichen. Familie und Tochter sind dankbar, Earle macht Velma einen Heiratsantrag, Velma aber lehnt ab: Es gibt bereits einen Mann in ihrem Herzen, den sie auch heiraten will.

Die Konstellation ist auf Kontrast aus: Marie ist eine Gangsterbraut und liebt Earle. Earle aber empfindet nichts für sie. Velma ist eine Mädchen aus ordentlichen Verhältnissen und liebt Earle nicht. Earle aber will sie heiraten.

Schließlich nähern sich Marie und Earle doch einander an. Es kommt zum geplanten Überfall, bei dem nicht alles glatt geht. Earle muss einen Wachmann erschießen. Bei der darauf folgenden Flucht verunglückt eines der Fluchtautos. Zwei von Earles Komplizen verunglücken, ein dritter wird gefasst, gibt aber vor, von den Männern als Geisel mitgenommen worden zu sein und kommt frei.

Im zweiten Fluchtauto sitzen Earle und Marie. Sie trennen sich, damit Marie Zeit zur Flucht hat. Marie hört allerdings über das Radio, wie Earle von der Polizei gejagt wird und begibt sich schließlich ins Gebirge, wo sich Earle an einem ausgesprochen vorteilhaften Rückzugspunkt verschanzt hat. Hier hält er aus erhöhter Position seine Verfolger mit einem Gewehr auf Distanz.

Schließlich soll sich ein Scharfschütze in den Berg begeben und Earle erschießen. Marie ist inzwischen von der Polizei erkannt worden und soll Earle aus seinem Versteck locken. Dabei macht Marie allerdings nicht mit. Sie will nicht den Mann verraten, den sie liebt. Die Entscheidung bringt schließlich ein kleiner Hund, der Marie und Earle zugelaufen ist. Er reißt sich von Marie los, läuft ins Gebirge und bellt in Richtung Earle, der daraufhin nach dem Hund sieht, dabei seine Deckung verlässt und vom Scharfschützen erschossen wird.

Insgesamt ist der Film nicht verkehrt. Die Story ist zwar etwas vorhersehbar, dafür aber durchaus vielschichtig und intelligent. Am Schluss wird Earles Tod von Marie als dessen letzter "Ausbruch" gedeutet, wodurch auf überraschende Weise ein Bogen zurück zum Anfang gezogen wird. Hat mir gefallen.

Chiarina:
The Maltese Falcon (dt. "Die Spur des Falken", 1941)

Der Film gilt als einer der Begründer des Genres, ist ziemlich bekannt und bekommt allenthalben gute Kritiken. Ich war gespannt.

Kurz zur Handlung: Sam Spade, ein Detektiv, bekommt einen Auftrag von einer Dame, die möchte, dass er ihre ausgerissene Schwester aus den Armen eines Verführers befreit, damit sie wieder brav zu Mama und Papa nach Hause kommt. Schon bei den ersten Schritten in der Ermittlungsarbeit wird aber der Kompagnon des Detektivs erschossen. Und dann stellt sich auch schon sehr schnell heraus, dass es in Wahrheit um etwas ganz anderes geht. Worum? Darauf muss der Zuschauer gut 20 Minuten warten. Solange dauert es nämlich, dass sich die Beteiligten anlügen und gegenseitig zu täuschen versuchen. Irgendwann wird klar, dass verschiedene Gruppen auf verschlungenen Wegen einer kostbaren Falken-Statue, deren Geschichte bis zum mittelalterlichen Malteserorden zurückreicht, hinterher jagen. Am Schluss stellt sich heraus, dass die Falken-Statue eine Fälschung ist und alle Bösewichter landen im Knast.

Was ich außergewöhnlich fand:
- Allmähliches Aufdecken des Geschehens: Der Zuschauer kann bei keinem Twist sicher sein, dass er jetzt ein Stück der Wahrheit präsentiert bekommen hat. Alle Erkenntnisse können auch einfach neuen Lügen oder Täuschungen zugrunde liegen. Das macht den Film spannend.
- Wer nicht zu den Bösen gehört, kann trotzdem böse sein! Das heißt nichts anderes, als dass die zentrale Femme Fatale, die bei dem erwähnten Detektiv vor den Bösewichtern Zuflucht sucht, selbst Dreck am Stecken hat. Und zwar nicht zu knapp.
- Es gibt keine Guten! Der zentrale Detektiv entscheidet sich zwar letztlich für die Seite von Recht und Ordnung, aber er tut das nicht etwa, weil das seiner moralischen Überzeugung entspricht! Nein, er tut das - wie er in seinem Schlussmonolog der Femme Fatale erklärt - weil sein Detektivbüro ansonsten an Reputation verlieren würde und er dann nur noch schwer an Aufträge käme. Selbst die Staatsgewalt in Form von zwei Polizisten sucht über weite Strecken des Films einfach einen Schuldigen. Ob das auch tatsächlich der Täter ist, ist nebensächlich.
- Gefühle sind überbewertet! Ja, es knistert ein wenig zwischen der Femme Fatale und dem Detektiv... aber der erste Kuss ist an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten (die Femme Fatale will den Detektiv nicht in die Geheimnisse des Falls einweihen, weil sich beide noch nicht gut genug kennen. Also küsst er sie! Ist doch logisch: Jetzt kennen sie sich schon wesentlich besser, also her mit den Informationen!) und der zweite Kuss... ja da sind Gefühle im Spiel, aber sie reichen keine 5 Meter weit. Am Ende des Films entpuppt sich die Femme Fatale als ziemlich skrupellose Killerin und der Detektiv lässt sie wie eine heiße Kartoffel genau in die Hände der Polizei fallen. Gefühle? Was soll das?

Also... durchaus! Spannender und ungewöhnlicher Film. Sehenswert. Auch ein bisschen unbequem. Menschliche Abgründe werden doch ziemlich drastisch offengelegt. Ich kann mir gut vorstellen, dass er auf das Publikum in den 40er Jahren verstörend gewirkt haben kann.

Skyrock:
"Wilmer, I'm sorry indeed to lose you, but I want you to know I couldn't be fonder of you if you were my own son.

Well, if you lose a son, it's possible to get another. There's only one Maltese falcon."

Chiarina:
Richtig. Die Szene ist auch nicht ohne!

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