N'abend zusammen
Zur TOR kann ich nichts sagen, da ich das System bis jetzt nur einmal ganz kurz überflogen habe... Da ich seit über 20 Jahren mit MERS/Rolemaster und unseren Hausregeln dazu in Mittelerde unterwegs bin, möchte ich das eine oder andere zu diesen Systemen in Zusammenhang mit Mittelerde als Setting anfügen:
System matters und so... allerdings ist's in der Regel auch eine Frage des Goodwills der gesamten Spielgruppe (und insbesondere des SL) gegenüber dem gewählten System, wenn es darum geht, ob die Sache ein Erfolg wird. Will heissen, klar sind die MERS-Zauber zum grössten Teil so gar nicht tolkienmässig und nicht nur MERS-Magier passen schon bald nicht mehr nach Mittelerde.
Dafür hat das System andere "Vorteile", denn es ist in meinen Augen recht schnell und bietet viele Möglichkeiten, Kämpfe taktisch oder mehr nach Haudrauf anzugehen, wobei trotzdem immer ein Rest-Risiko bleibt... Grundregel: Wer sich zu schade dafür ist, einen Teil seines Offensivbonus' für eine Parade einzusetzen, darf sich nicht wundern, wenn er bald keinen Arm mehr zum pararieren hat. Ist einem die Tödlichkeit des Systems zu hoch, kann man ganz einfach Anpassungen bei den kritischen Tabellen vornehmen, z.B. bei Treffern gegen die Gruppe tödliche Treffer nur bei unmodifizierten Würfen ab 95-100 eintreten lassen, indem man die Zielwerte in der Tabelle entsprechend anpasst usw. Indem man Gegner also tödliche Treffer erschwert, erhält man "heldenhaftere" Charakter, in dem Sinn, dass sie auch nach 15 Orks noch stehen, halt eher wie ein Gimli oder ein Boromir.
Und wenn ich das Problem der System-Magie kenne, kann ich das System mit Goodwill dennoch gut zum Laufen bringen, z.B. in dem ich "nur" magielose Berufe zulasse (denn wer will schon Gandalf spielen und sich im Rat mit Elrond zoffen?
). Wenn doch Magie rein soll, dann muss man sich etwas Zeit nehmen und sich bei den einzelnen Sprüchen überlegen, ob die nach Mittelerde passen oder wie sie angepasst werden müssten.
Ach ja, MERS 2. Edition hat dann auch noch sowas wie eine Korrumpierung durch Zaubereinsatz eingeführt, vermutlich um das System doch noch etwas mittelerdetauglicher zu machen. Haben wir nie eingesetzt. Man kann sich aber auch einfach fragen, ob jeder Zaubereinsatz gleich Sauron auf den Plan ruft und alle, die sich auf Abenteuer begeben, Gefahr laufen, an der Dunkelheit zu verzweifeln. Bilbo haben seine Reisen nicht sonderlich viel ausgemacht, mal abgesehen von den Wesenveränderungen durch den Ring, was aber ein ganz konkretes und seeeehr mächtiges Artefakt ist. Sollte also grundsätzlich jeder Charakter, der sich auch noch gefühlte 20 Stufen unter einem Aragorn bewegt und von dessen Sorte es wohl noch einige Duzend andere gibt, immer dem Risiko ausgesetzt sein, dem Dunkel zu verfallen? Ich weiss nicht... zumal es viele arnorische und gondorische Könige gab, die nicht Sauron hörig wurden.
Schliesslich noch zur "Einschränkung" in Mittelerde durch Tolkiens Vorgaben: Als Spielleiter finde das gerade die Herausforderung, aus Tolkiens Vorgaben eine spannende Geschichte entstehen zu lassen, denn es gibt überall genügend weisse Flecken, welche die Spieler in fast beliebiger Machtstufe ausfüllen können. Z.B. hatten wir eine Kampagne, die ihren Höhepunkt im langen Winter 2758/59 3Z in Rohan fand. Ob der lange Winter natürlichen Ursprungs war oder nicht, lässt Tolkien offen. Bei uns war der Auslöser ein "Lapsus" der Spieler, der einen mächtigen Untoten auf den Plan rief und der mit den in Rohan beheimateten Gefährten noch ein Hühnchen zu rupfen hatte. Während die Dunländer von Westen nach Rohan drängten und die Balchhoth von Osten her anrückten, führte der Untote zahllose plündernde Orks und Wölfe nach Rohan. Mit dem Sieg über den Untoten endete der lange Winter. Dass er der Ursprung für die Kälte gewesen war, hat es nur einfach nicht in die offiziellen Berichte geschafft. Solche Verknüpfungen mit den "offiziellen" Geschehnissen machten die eigene Geschichte in meinen Augen noch phantastischer und bewegender - man hat Einfluss auf einen sichtbaren Teil von Tolkiens Geschichte genommen, ist Teil von etwas noch Grösserem
Zu den Karten: Also ehrlich gesagt, finde ich die Regionalkarten von Pete Fenlon zu MERS immer noch das Beste, was es an Übersichtskarten zu Mittelerde gibt. Klar stimmen die Proportionen nicht ganz mit Christopher Tolkiens Original überein, dafür haben sie soooo viele Details, aus denen alleine sich schon viele Abenteuerideen ergeben können... Oh da, der einsame Bergsee mit der Ruine nebendran. Was hat sich da bloss mal ereignet? Woher stammen die Gräber, die da auf dem Hügel eingezeichnet sind? usw.
Mein Tipp: Versuch's ruhig mit TOR und MERS und schau dann einfach, was Dir leichter von der Hand geht und sich vom Grundsatz her besser anfühlt. Wenn es MERS sein sollte, lässt sich Vieles so gestalten, dass es auch für Mittelerde passt.
Viele Grüsse,
torben