Autor Thema: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!  (Gelesen 7888 mal)

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Offline Berta Broken

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Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« am: 10.10.2018 | 02:03 »
Seitdem ich durch einen Bekannten auf SR aufmerksam wurde, und in der letzten Woche gefühlt ein Turbo-Studium von Regelwerk und Setting durchgeführt habe, fällt mir die konsistente Immersion zunehmend schwer:

"Profane" Infiltration trifft auf Sci-Fi-Neon-Cyber-Tokyo-City-Life. Und irgendwie geht das schwer zusammen.

Was ich meine: Ich mag Cyberpunk, und ich mag auch Scifi. Wenige Settings schaffen es, mir so sehr diesen Eindruck einer vieldimensionalen, wilden, urbanen Spielwelt zu vermitteln, in der man sich als kleiner Querschläger auf ganz verschiedene Arten durchs Leben schlagen kann. Als Slice-Of-Life-Setting wäre das bestimmt mega fett, so aus Jux und Tollerei mal bei der Rigger-Connection in der Werkstatt vorbeischauen, und mit seinen neusten Drohnen-Prototyp-Eigenentwicklungen experimentieren. Oder sich ein eigenes Main-Frame bauen, und ein kleines Hacker-Kollektiv gründen. Oder die Medienwelt mit soon-to-be Cyber-Rockstars bespielen.

Aber wie wir vermutlich alle ahnen, sind das tendenziell Dinge, die zwar äußerst tagtraumtauglich sind, aber im Rollenspiel tendenziell etwas öde sind. Daher ja auch der nette Twist in Shadowrun: Man infiltriert Industrie-Anlagen, extrahiert Personal und Informationen etc.
Und zwar in bester Action-Film-Manier: https://www.youtube.com/watch?v=mr834Cs9ncs
Man vermeidet oder hackt Sensor-Anlagen und Patrouillen, liefert sich wilde Autorennen mit Gesetzeshütern, oder bricht bis an die Zähne bewaffnet mutwillig den Streit vom Zaun.
Und während das in manchen Situationen tatsächlich sinn zu machen scheint, ist vorallem der stark gewichtete Infiltrations-Part doch eigentlich Unsinn:
Warum würde ein Unternehmen eine Tür zu einem Hochsicherheits-Trakt mit einem Schloss versehen, das weder einen digitalen, kryptographisch sicheren Schlüssel besitzt, noch einen zuverlässigen Output über den Zustand (offen oder zu) der Anlage? Warum stopfe ich - wenn ich Forschung betreibe oder Menschen verstecke - nicht einfach mein gesamtes Gebäude voll mit flächendeckenden Sensoren, Überwachungspersonal und Kampfkraft?
Wir sprechen ja doch eher selten von tatsächlichem Kriegsgerät, denn sollte ein Runner-Team tatsächlich mit Panzern eintreffen, ergibt sich für das Team doch meist ein ganz anderes Problem, als nur mit ein wenig Sicherheitspersonal fertigwerden zu müssen.
Und warum sollten Dinge überhaupt Online sein? Isolierte Intra-Nets oder autonome Maschinen sind gerade im Sicherheitsbereich doch viel verlässlicher.

Also bei allen klassischen "Infiltriert Anlage X"-Aufträgen habe ich das Gefühl, dass der Konzern sich alle Mühe gegeben hat, die Anlage "infiltrierbar" zu bauen, statt auch nur halbwegs vernünftige Sicherungssysteme zu entwerfen. Und bei den guten Sicherungssystemen wiederum stellt sich die Frage nach der Bespielbarkeit.

Wie sehr ihr das? Ist meine Vorstellung davon, wie Technik mittelfristig funktionieren wird zu konservativ? Müsste ich mich einfach mehr auf die Fantasy-Elemente einlassen? Oder gibt es alternative Settings, die sowohl das urbane, quietschbunte Cyberpunk-Setting mit Sneaky stuff vereinen, ohne so unglaubwürdig wie SR zu erscheinen?

Offline CAA

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #1 am: 10.10.2018 | 04:59 »
Sicht eines Softwareentwicklers: Naja, am Ende des Tages wird der ganze Kram von Menschen gebaut und betrieben. Das mit dem kryotographisch sicher hast auch heute schon und selbst Google bekommt es nicht hin, ohne datenpannen zu arbeiten.

Nen junior Entwickler ist aber günstiger als ein Senior Entwickler. Und der Vertrieb hat dem Kunden versprochen in 2 Monaten zu liefern und der Chef findet das gut, weil dann kommt schneller Geld rein. Patchen kann man ja immer noch... Außerdem wurde der Software Architekt abgeworben und ist sofort weg, weil er noch 3 Monate an Überstunden über hat....

Auch hat ein Angreifer einen immensen Vorteil: es reicht eine Lücke zu finden. Der Entwickler darf hingegen keinen einzigen Fehler machen. Gleichzeitig werden die Systeme immer komplizierter und vernetzter. So hat es bspw (ich meine) in Las Vegas den Fall gegeben, dass wer über den Thermometer eines Aquariums ins Netzwerk eingedrungen ist....

Und wenn man auf dem Parkplatz 20 USB sticks zwischen die Autos wirft, wird sich schon wer finden, der einen im isolierten Netz anschließt. Hat der Stick halt nen UMTS Chip....

Die Frage ist also weniger ob es geht, sondern eher inwiefern man die Tür direkt an der Tür hacken kann, wie mit Dietrichen....

Und um auf den Faktor Mensch zurück zu kommen, hat es nichtmal den Fall gegeben, dass ein pizza bote in ein minute man Silo geschlendert ist, weil die Türen offen waren und das wachpersonal sonstwo?  ~;D
« Letzte Änderung: 10.10.2018 | 05:21 von CAA »
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Offline Camouflage

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #2 am: 10.10.2018 | 05:51 »
Warum würde ein Unternehmen eine Tür zu einem Hochsicherheits-Trakt mit einem Schloss versehen, das weder einen digitalen, kryptographisch sicheren Schlüssel besitzt, noch einen zuverlässigen Output über den Zustand (offen oder zu) der Anlage?
Weil "kryptograhisch sicher" nicht der Industriestandard ist, die Extralösung extra kostet, was der Einkauf nicht absegnet (und in der Industrie hat der Einkauf immer das letzte Wort und der entscheidet immer nach dem Preis) und im Zweifelsfall irgendein Manager auf die total unsichere Hochglanzlösung mit der tollen Werbepräsentation abfährt und par ordre di mufti deren Einsatz anordnet.
Zitat
Warum stopfe ich - wenn ich Forschung betreibe oder Menschen verstecke - nicht einfach mein gesamtes Gebäude voll mit flächendeckenden Sensoren, Überwachungspersonal und Kampfkraft?
Weil das Geld kostet und derjenige, der Rechnungen freigeben muss (ob nun Abteilungsleiter oder ne Ebene höher) im Normalfall BWL studiert hat, keine Ahnung von Sicherheit hat und nen höheren Bonus kriegt, wenn er Kosten senkt. Vor allem, wenn mal ne Zeit lang nichts passiert, sind "überzogene" Sicherheitsmaßnahmen ein Primärkandidat für Budget-Kürzungen.
Zitat
Und warum sollten Dinge überhaupt Online sein?
Das frage ich mich auch immer wieder....

Bei der Arbeit, nicht im Rollenspiel. Guck einfach in die Realität. Online ist der heisse Scheiss, also ist alles online! Basta! Das Management hat gesprochen!
Zitat
Wie sehr ihr das? Ist meine Vorstellung davon, wie Technik mittelfristig funktionieren wird zu konservativ?
Mir liegt eher der Begriff "unrealistisch" auf der Zunge. Alle oben gelieferten Begründungen beziehen sich nämlich nicht wirklich speziell auf SR (oder auch jedes andere Cyberpunk-Szenario) sondern stammen aus meiner eigenen beruflichen Erfahrung. Ich hab mal erlebt, wie ein sehr großer Konzern mit sehr wichtige Daten (Konstruktionsdaten, Produktdesigns für die nächste und übernächste Generation, etc.) umgeht, bzw. welche Prioritäten für die entsprechenden Systeme gelten (Sicherheit kommt üblicherweise nach effizienter Nutzbarkeit - sprich hochverfügbarer Onlinezugang - und geringen Kosten).

Wobei jetzt natürlich noch die Frage ist, wie das ganze aktuell in SR5 funktioniert und wie der SL das aufzieht. Ich hab schon länger nicht mehr gespielt, aber zu meiner Zeit (SR3) gab es für sowas den Decker, der mit reingeht um sich vor Ort nen Zugang zu den Offline-Systemen zu suchen - oder eben die etwa 50-80% alle SL, die keine Decker in der Gruppe haben wollen, und den technischen Aspekt solange handwedeln, bis sie sich mit einem beruhigten "man braucht keine Decker" zurücklehnen können. Dass die Regeln und Beschreibung der Matrix etwa 2-3 Mal pro Regeledition komplett umgekrempelt werden, hilft auch nicht weiter.
« Letzte Änderung: 26.10.2018 | 21:59 von Camouflage »
Zitat
12. To beat your enemy, you must know him. 13. Your enemy is the highest authority on the topic of himself. 14. So listen when your enemy speaks, but do not credit his words. 15. Listening is a real bargain. 16. Credit is way overpriced.
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Offline Camouflage

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #3 am: 10.10.2018 | 05:56 »
Und um auf den Faktor Mensch zurück zu kommen, hat es nichtmal den Fall gegeben, dass ein pizza bote in ein minute man Silo geschlendert ist, weil die Türen offen waren und das wachpersonal sonstwo?  ~;D

Ja, gab es.

Ich bin mal als Paketbote unbeaufsichtigt durch die Prototypenhalle von VW geschlendert. War aber vor fast 20 Jahren, seitdem haben die die Sicherheitsmaßnahmen da wohl etwas erhöht.
Zitat
12. To beat your enemy, you must know him. 13. Your enemy is the highest authority on the topic of himself. 14. So listen when your enemy speaks, but do not credit his words. 15. Listening is a real bargain. 16. Credit is way overpriced.
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Offline Berta Broken

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #4 am: 10.10.2018 | 07:04 »
Ja, gab es.

Ich bin mal als Paketbote unbeaufsichtigt durch die Prototypenhalle von VW geschlendert. War aber vor fast 20 Jahren, seitdem haben die die Sicherheitsmaßnahmen da wohl etwas erhöht.

Kommt daher dein Foren-Name? :P

Ansonsten: Ja, ich habe selbst auch ein wenig Ahnung von durchschnittlicher Softwarequalität etc, und dass es mal hier mal da ein Datenleck gibt, klar, bekommt man ja spätestens über Medien und Aktienkurs-Einblicke mit.
Aber! Das ist doch nicht die Regel. Auch wenn es mal ein Pizzabote in die Entwurfs-Büro's von Industriekonzernen schaffen, passiert es ja doch eher selten, dass hochsensible militärische Details öffentlich werden (der letzte mir bekannte Fall war die Wiki-Leaks-Sache, und da wurde ja vielmehr intern geleakt, also dass tatsächlich jemand eingedrungen ist, oder)?
Also ich halte nach wie vor folgendes für absolut fragwürdig: Dass man _regelmäßig_ mit ein bisschen Schleichen und Flecktarn-Muster durch einen seriös bewachten Eingangbsereich eines Sicherheitstrakts spazieren kann, ohne dass das wem auffällt.
Und während es dem Pizzaboten gelingt, gibt es wenig Berichte von tatsächlichen Einbrüchen dieser Art, oder? Wobei das natürlich sowohl ein pro-, alsauch ein kontra-Argument sein könnte.  :d

Offline felixs

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #5 am: 10.10.2018 | 08:02 »
Das sind doch zwei parallele Diskussionsn:
1) Wie sicher sind Computerysteme und wie sicher können und werden sie in Zukunft sein?
2) Wie konsistens ist Shadowrun?

Das erste Thema ist zwar hochinteressant, hängt aber von extrem vielen Faktoren ab. Mir kommt es auch so vor, als sei am Ende der Faktor Mensch entscheidend: Wenn man mit Erdnüssen bezahlte Affen zur Bewachung von Objekten abstellt, hat man die Sicherheitslücke bezüglich Zugang quasi eingebaut. Sicherheitssysteme und deren Angreifbarkeit halten sich meist die Waage, aber mit steigendem Aufwand auf beiden Seiten - das ganze kann daher kippen, wenn eine Seite über deutlich höhere Ressourcen verfügt.

Das zweite Thema erübrigt sich doch fast. Shadowrun ist eine Art Cyberpunk-D&D. Ernsthafte Zukunftsentwürfe findet man anderswo.
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Offline Grubentroll

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #6 am: 10.10.2018 | 08:21 »
Außerdem wurde das Ganze Ende der 80er entworfen und arbeitet mit Annahmen aus der Zeit.
Also nicht zu ernst nehmen ;)

Offline Kaskantor

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #7 am: 10.10.2018 | 08:24 »
Hatte die Diskussion auch schon öfter mit einem Kumpel.
Dabei ist eins Fakt, wenn man alleine schon heute Sicherheitsmaßnahmen nimmt, zb. militärische, wäre es für die meisten Spieler ohne den entsprechenden beruflichen Hintergrund unmöglich Land zu sehen.
Die Spieler spielen aber Shadowruner und diese vermeindlichen Profis wissen schon was sie tun:).
Genauso wie heutzutage auch gewisse Leute wissen, wie man Sicjerheitslücken ausnützt.
Wenn man die Sicherheit zu krass ausspielen würde, würden die Runner nix reißen und das Spiel dann einfach auch keinen Spaß machen.
"Da muss man realistisch sein..."

Offline Zwart

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #8 am: 10.10.2018 | 08:30 »
Ich denke, das ist der wichtige Punkt.

Zuviel Realismus macht häufig einfach keinen Spaß, er killt das Spiel. Bei SR heißt das, das Spiel ist ein Dungeoncrawler mit Cyberpunk-Anstrich und genauso wie Fantasy-Dungeons nie eine Toilette haben, sind die Sicherheitsmaßnahmen beim Seader-Krupp-Dungeon realistisch gesehen ein Witz bzw. genauso stark wie es eben noch Spaß macht.

Man muss die Spiele ujd ihren Anstrich eben als das sehen was sie für die Spieler sein sollen. Das bricht immer sehr schnell auseinander wenn man es hinterfragt (ein weiteres Beispiel das mir da immer einfällt ist der Wunderantrieb aus Expanse, der physikalisch nicht möglich ist.)
« Letzte Änderung: 10.10.2018 | 08:32 von Zwart »

Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #9 am: 10.10.2018 | 12:56 »

Aber! Das ist doch nicht die Regel. Auch wenn es mal ein Pizzabote in die Entwurfs-Büro's von Industriekonzernen schaffen, passiert es ja doch eher selten, dass hochsensible militärische Details öffentlich werden
Als das Empire die deutschen Kolonien  angreifen wollte, pinselte es den Zielhafen auf die Kisten bevor diese in Indien verladen wurden.
MKn hat ein US General sich in einem Londoner Restaurant ziemlich öffentlich über Overlord ausgelassen, er wurde als Oberstleutnant nach Hause versetzt.

“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
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Offline Berta Broken

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #10 am: 10.10.2018 | 14:33 »
Als das Empire die deutschen Kolonien  angreifen wollte, pinselte es den Zielhafen auf die Kisten bevor diese in Indien verladen wurden.
MKn hat ein US General sich in einem Londoner Restaurant ziemlich öffentlich über Overlord ausgelassen, er wurde als Oberstleutnant nach Hause versetzt.

Mag ja alles sein, aber das ist doch eben gerade nicht die entscheidende Perspektive. Wir sind ja nicht bei "Gelegenheit macht Diebe", sondern fragen uns aus der Sicht eines Runner-Teams, ob man ohne auf mega dumme Zufälle zu hoffen in den nächsten 2-5 Tagen in ein Labor einbrechen und eine Person extrahieren kann. Und auf diese Frage geben die von dir genannten Beispiele meinerEinschätzung nach keinesfalls eine hinreichende Antwort.

Offline JS

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #11 am: 10.10.2018 | 14:43 »
Hatte die Diskussion auch schon öfter mit einem Kumpel.
Dabei ist eins Fakt, wenn man alleine schon heute Sicherheitsmaßnahmen nimmt, zb. militärische, wäre es für die meisten Spieler ohne den entsprechenden beruflichen Hintergrund unmöglich Land zu sehen.
Die Spieler spielen aber Shadowruner und diese vermeindlichen Profis wissen schon was sie tun:).
Genauso wie heutzutage auch gewisse Leute wissen, wie man Sicjerheitslücken ausnützt.
Wenn man die Sicherheit zu krass ausspielen würde, würden die Runner nix reißen und das Spiel dann einfach auch keinen Spaß machen.

So sieht es aus, vor allem, wenn man berücksichtigt, daß die Spieler ja schon bei den aktuellen Sicherungen in den Abenteuern lange grübeln, wie sie die Probleme am besten lösen könnten. Gäbe es realistische Sicherheitsmaßnahmen, könnte man das Tischgerunne gleich einstellen.
Gleichzeitig gibt es wohl vor allem bei SR eine starke Diskrepanz zwischen dem Spielerkönnen und dem Charakterkönnen, was nicht die Schuld der Spieler ist. Ein Spieler, der einen fitten Decker spielt, hat einen Charakter, der die Spielerkompetenz in Sachen Computer und Hacken mit Sicherheit um Galaxien übertrifft. Aber wer will schon alle Planungen nur noch durch Würfelwürfe bestimmen?
Wer gern sagt, was er denkt, sollte vorher etwas gedacht haben.

Offline Boba Fett

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #12 am: 10.10.2018 | 14:52 »
Die Sicherheitslücken, die existieren (in der Regel: faule oder nicht mitdenkende Menschen) und die ausgenutzt werden können, bieten aber auch keinen unterhaltsamen Spielinhalt...
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Offline Mondsänger

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #13 am: 10.10.2018 | 14:59 »
Bei Shadowrun kommt mMn auch noch der Fakt dazu, dass die Anlagen ja meistens Konzernanlagen sind. Wer mal in der Sicherheitsabteilung eines Konzerns gearbeitet hat, der weiß wie wenig die Sicherheitsabteilung da gilt ;-) Die kostet halt Geld und macht kein Geld, weswegen die Operative und das Management gerne mal die ein oder andere Abkürzung nehmen. Das ganze Gebäude mit Sensoren vollklatschen kostet halt eine Unsumme an Geld, die sich kaum rentieren wird.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein Konzern bereit ist dieses Geld in die Hand zu nehmen, dann muss er halt an anderer Stelle wieder spare, also wahrscheinlich an den Gehältern der Angestellten, was Social Engineering Angriffe wieder erfolgsversprechender macht etc.
Hans Hermann Lohenstein
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Online Flamebeard

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #14 am: 10.10.2018 | 15:12 »
Mag ja alles sein, aber das ist doch eben gerade nicht die entscheidende Perspektive. Wir sind ja nicht bei "Gelegenheit macht Diebe", sondern fragen uns aus der Sicht eines Runner-Teams, ob man ohne auf mega dumme Zufälle zu hoffen in den nächsten 2-5 Tagen in ein Labor einbrechen und eine Person extrahieren kann. Und auf diese Frage geben die von dir genannten Beispiele meinerEinschätzung nach keinesfalls eine hinreichende Antwort.

Wie weiter oben angeführt: Die Sicherheit der meisten Regierungs- und Konzerneinrichtungen ist nicht Effizienz- sondern Budgetgesteuert. Und es wird, denke ich, die Ausnahme bleiben, dass der Grundriss eines solchen Gebäudes einen Vermerk "Aus- und einbruchssichere Folter- und Verhöreinrichtung mit angeschlossenem Todestrakt" enthält. Und wenn die Räume, wie heute üblich, für mehr als eine Funktion herhalten können müssen, wird auch die Sicherheit modular implementiert. (Einmal bei einem Kunden gesehen: Das gesamte Stockwerk kann innerhalb eines Tages neu konfiguriert werden: Großraumbüros, Chefetage, Konferenzräume, Lagereinrichtung,... alles möglich. Gemeinsamer Nenner: Fahrstühle/Treppenhaus; Sanitäre Anlagen und Küche; Also alles, was Wasser braucht oder Ein- und Ausgang ist)

Außerdem ist der Mensch ein faules Gewohnheitstier. Und so etwas führt zu menschengeschaffenen Schwachstellen, weil z.B. der große Chef nicht auf einen zweiten Mitarbeiter warten mag, um ins Labor zu kommen; Weil die Lieferungen möglichst schnell in die Produktion sollen, wird der Torzugang eben etwas einfacher gestrickt; Weil man nicht ewwig viele Terminals aufstellen will, langt ein RFID-Scanner als Zugangskontrolle für Mitarbeiter, statt auch noch jeden Tag die biometrischen Daten abzugleichen...
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Mein Biete-Thread

Offline Kaskantor

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #15 am: 10.10.2018 | 15:26 »
Bei der jetzigen Diskussion sollten wir vielleicht auch nicht heutige Konzerne mit zb. den Megakons vergleichen. Geld dürfte bei denen schonmal keine Rolle mehr spielen und Siemens hat bestimmt auch keine Nullzone, wo alles umgenietet wird, was da nicht hingehört. Und ach ja ich glaube auch nicht das der CEO ein Drache ist😜
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Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #16 am: 10.10.2018 | 15:32 »
Mag ja alles sein, aber das ist doch eben gerade nicht die entscheidende Perspektive. Wir sind ja nicht bei "Gelegenheit macht Diebe"
Mir ging es eigentlich so dumm kann doch keiner sein, der Mensch einfach dumme Fehler macht weil Mensch, wie keine Ahnung, wie denkt einfach nicht dran...
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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #17 am: 10.10.2018 | 15:41 »
Diebe suchen halt die passende Gelegenheit. Klappt heute oft genug (immerhin gibt es da eine ganze Industrie, die damit Geld verdient) und wird wohl auch in Zukunft klappen.

Die hermetisch abgeriegelte, hochsichere Einrichtung mag es geben, aber das ist vermutlich auch nicht das Alltagsgeschäft der Runner, oder?
Einen der Chefforscher aus dem Manhatten Project zu holen ist vermutlich schon etwas schwieriger als das Design des neuen Porsche Panoropa zu liefern...

"The Art of Intrusion" und "The Art of Deception" von Kevin Mitnick könnte diesbezüglich ganz interessante Lektüre darstellen. Der Autor war ein berüchtigter Hacker der 80/90' Jahre und beschreibt da, was er und seine Bekannten so alles getrieben haben.
« Letzte Änderung: 10.10.2018 | 15:46 von Odium »
Odiums Regel #1 zur Lösung von Problemen beim Rollenspiel: Redet miteinander!

Offline Skyrock

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #18 am: 10.10.2018 | 15:46 »
Was man auch noch bedenken sollte: Sicherheit ist nur ein Aspekt von vielen, und in vielen Anlagen ein untergeordneter. Produktivität und Effektivität sind übergeordnet, ebenso wie die Tatsache dass vor Ort den ganzen Tag 8+ Stunden Normalmenschen arbeiten, nicht Toprunner die in einer halben Stunden hochkonzentriert rein und raus wollen. Wenn jeden zweiten Tag ein Facharbeiter auf dem Weg zwischen Band und Klo die korrekte Schrittfolge über das Bodenplattenlabyrinth vermasselt und deswegen von der Selbstschuss-Minigun in roten Nebel verwandelt wird, ist das ebenso schlecht für die schwarzen Zahlen wie wenn der übereifrige freilaufende Barghest ständig ins Labor gerät, Experimente umschubst und Forscher frisst, weil einer der Laboranten die blöd platzierte und viel zu langsam öffnende Sicherheitstür ständig mit dem F30-Schutzkeil aushebelt.
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Ein freier Mensch muss es ertragen können, dass seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muss es sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
- Ludwig von Mises

Offline Odium

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #19 am: 10.10.2018 | 15:48 »
Was man auch noch bedenken sollte: Sicherheit ist nur ein Aspekt von vielen, und in vielen Anlagen ein untergeordneter. Produktivität und Effektivität sind übergeordnet, ebenso wie die Tatsache dass vor Ort den ganzen Tag 8+ Stunden Normalmenschen arbeiten, nicht Toprunner die in einer halben Stunden hochkonzentriert rein und raus wollen. Wenn jeden zweiten Tag ein Facharbeiter auf dem Weg zwischen Band und Klo die korrekte Schrittfolge über das Bodenplattenlabyrinth vermasselt und deswegen von der Selbstschuss-Minigun in roten Nebel verwandelt wird, ist das ebenso schlecht für die schwarzen Zahlen wie wenn der übereifrige freilaufende Barghest ständig ins Labor gerät, Experimente umschubst und Forscher frisst, weil einer der Laboranten die blöd platzierte und viel zu langsam öffnende Sicherheitstür ständig mit dem F30-Schutzkeil aushebelt.
Wobei das ein super Werbevideo für eine Sicherheitsfirma abgeben würde  ~;D
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Offline YY

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #20 am: 10.10.2018 | 15:51 »
Hach, eins meiner Lieblingsthemen in neuem Gewand :)

Man findet hier im Board schon das eine oder andere dazu, aber die Stoßrichtung ist anders genug, dass ich erst mal nichts verlinke.


Zuerst Kommentare zu anderen Beiträgen:


Dabei ist eins Fakt, wenn man alleine schon heute Sicherheitsmaßnahmen nimmt, zb. militärische, wäre es für die meisten Spieler ohne den entsprechenden beruflichen Hintergrund unmöglich Land zu sehen.

Damit machst du schon ein Riesenfaß auf. In anderen Systemen ist das gar kein Problem, aber in SR gibt es die für mich völlig unverständliche Tendenz, gerade in diesem Kontext enorm auf Spielerfähigkeiten abzustellen.
Will heißen: Ja, es kann durchaus Spaß machen, sich entsprechend einzuarbeiten und auf Spielerebene herausforderungsorientiert zu spielen.

Aber das ist doch nicht der einzige gangbare Weg.
Dafür gibt es doch gerade Werte und sonstiges Gedöns auf dem Charakterblatt sowie zugehörige Regeln - damit ich das abbilden kann, ohne mich als Spieler bzw. als Gruppe mühsam einarbeiten zu müssen, wenn ich da keinen Bock drauf habe.
Ist der Charakter z.B. Spezialist für Alarmanlagen, dann weiß der natürlich Sachen mit völliger Selbstverständlichkeit, die der Spieler nicht weiß.
 

Der Schuh drückt da ganz woanders: Wenn der SL abseits aller Spielmechanik massiv Spielerfähigkeiten einfordert, welche sich die Spieler gar nicht aneignen wollen, muss man sich mal zusammensetzen und darüber reden, wie man eigentlich spielen will. Nicht zuletzt, weil man sich den Großteil der SR-Regeln komplett sparen kann, wenn man so sehr auf die Spielerebene abzielt.



Außerdem wurde das Ganze Ende der 80er entworfen und arbeitet mit Annahmen aus der Zeit.

"Ordentliche" Sicherheitskonzepte gab es damals auch schon.
Natürlich haben sich Bedrohungen geändert und manches läuft heute anders, aber die Grundzüge stehen auf organisatorischen, psychologischen und logischen Grundlagen, die relativ zeitlos sind.

Da ist das Problem von SR viel mehr, dass es nie erkannt oder wenigstens nie offen angesprochen hat, wie verschieden die Spielperspektive auf das Thema Heist sein kann.
Mit dieser wilden Mischung aus Filmen, Büchern und realen Konzepten/Vorlagen kommen seit Ende der 80er auch immer wieder die gleichen Fragen aus der Spielerschaft - und das völlig zu Recht.

SR hat es bis heute nicht geschafft, z.B. über verschiedene Erweiterungslinien verschiedene Spielstile und Ansätze zu bedienen. Stattdessen will man immer alles für alle sein und unterm Strich lädt man jede Menge Arbeit bei allen ab, die etwas anderes machen wollen als in diesem wirren Geschwampfe rumzueiern.


Also ich halte nach wie vor folgendes für absolut fragwürdig: Dass man _regelmäßig_ mit ein bisschen Schleichen und Flecktarn-Muster durch einen seriös bewachten Eingangbsereich eines Sicherheitstrakts spazieren kann, ohne dass das wem auffällt.

Wo ist das denn bitte in SR so?
Außer in beklopptem Fluff, (zumindest diesbezüglich) hirnrissigen Videospielumsetzungen u.Ä. - ok, ist wohl wirklich an einigen Stellen zu finden  :-\
Trotzdem ist das doch recht einfach behoben.

Speziell SR5 vermittelt in der Hinsicht aber wie oben angesprochen auch nicht mal ansatzweise ein halbwegs einheitliches und schlüssiges Bild.

Zuviel Realismus macht häufig einfach keinen Spaß, er killt das Spiel. Bei SR heißt das, das Spiel ist ein Dungeoncrawler mit Cyberpunk-Anstrich und genauso wie Fantasy-Dungeons nie eine Toilette haben, sind die Sicherheitsmaßnahmen beim Seader-Krupp-Dungeon realistisch gesehen ein Witz bzw. genauso stark wie es eben noch Spaß macht.

Wieder die Frage nach dem Spielstil.
"D&D with guns" macht mir z.B. weder als SR-Spieler noch als SR-SL Spaß.
Ich will da ganz entschieden gerade keinen Dungeoncrawl mit abgefeilten Seriennummern und dementsprechend anders sehen "meine" Anlagen aus.
Obendrauf ist der klassische Anlagen-Heist bei mir eher die Ausnahme als die Regel.

Da ist die eine Achse der Grad an Realismus/Glaubwürdigkeit und die andere die Frage nach Combat as Sport vs. Combat as War (bzw. running as Sport).
SR verliert für mich durch "mitwachsende" bzw. immer schön an die Runner skalierte Sachen ziemlich viel.

Gäbe es realistische Sicherheitsmaßnahmen, könnte man das Tischgerunne gleich einstellen.

Wobei bei dieser Diskussion unter "realistisch" oft sinngemäß verstanden wird: Funktioniert absolut perfekt im Sinne des Erfinders und denkbare Gegenmaßnahmen lasse ich per SL-Willkür nicht gelten. Also gerade nicht realistisch... ;)

Man muss sich natürlich fragen, wie "echt" es denn sein muss. Aber es ist ja nicht so, als gäbe es IRL keine erfolgreichen "Runs". Und selbst die nicht erfolgreichen scheitern oft genug an Dingen, die in SR so nicht mehr gegeben sind (allen voran flächendeckend und sogar staatenübergreifend relevante Polizei).


Die hermetisch abgeriegelte, hochsichere Einrichtung mag es geben, aber das ist vermutlich auch nicht das Alltagsgeschäft der Runner, oder?

Kommt drauf an, wen man fragt.
Ziemlich unumgänglich ist für mich folgendes:
a) Runner sind selten. Das ergibt sich allein schon daraus, was für ein funktionierendes Runnerteam alles an Voraussetzungen erfüllt sein muss.
Und im Umkehrschluss aus der Settingbetrachtung: Wenn Runnerangriffe absolutes Alltagsgeschäft wären, würden Sicherheit und Rest des Settings ganz anders aussehen.

b) Die richtig dicken Dinger sind für Runner auch selten und brauchen entsprechend Vorlaufzeit. Man steigt sicher nicht bei jedem Auftrag in eine AAA-Anlage ein und hat genau so wenig jede Woche so einen Auftrag am Start.
Das ist ein Stück weit Frage der Settingperspektive, aber es erreicht mMn relativ früh den Punkt, wo man nicht weiter aufdrehen kann, ohne die Glaubwürdigkeit zu zerlegen.



Und jetzt meine Antworten auf/Gedanken zu den Eingangsfragen:

Warum würde ein Unternehmen eine Tür zu einem Hochsicherheits-Trakt mit einem Schloss versehen, das weder einen digitalen, kryptographisch sicheren Schlüssel besitzt, noch einen zuverlässigen Output über den Zustand (offen oder zu) der Anlage?

Wo ist das in SR denn so?
Bzw. andersrum und konstruktiver:
Das kennt SR natürlich auch in gut und "richtig", ohne Frage.

Ich weiß jetzt nicht, wo deine Informationen herkommen, die den Eingangsbeitrag ausgelöst haben.
(Auch offizielle) Abenteuer mit beschissenen Sicherheitskonzepten gibt es sicher genug, aber zumindest die grundlegenden Werkzeuge stellt einem das Regelwerk schon zur Verfügung.

Warum stopfe ich - wenn ich Forschung betreibe oder Menschen verstecke - nicht einfach mein gesamtes Gebäude voll mit flächendeckenden Sensoren, Überwachungspersonal und Kampfkraft?

Hauptsächlich (jenseits der schon mehrfach genannten Kostenfrage): Weil da noch jemand arbeiten (können) muss.
Einfach alles dicht machen geht dann schon mal nicht und unterm Strich wird mit unüberlegtem Masseneinsatz von Personal und Technik am Ende mehr Sicherheitstheater als Sicherheit produziert*.
Denn wenn ich als Angreifer eine Sicherheitsmaßnahme "sauber" überwinden kann, bringt es nichts, wenn die in achtfacher Ausfertigung vorliegt.


Ansonsten ist eine Konzernanlage in SR quasi per Definition unheimlich sicher.
Man schaue sich mal an, mit welch banalen Methoden heute teilweise Industriespionage betrieben wird - genau das geht in SR durch die Sicherheitstechnik, die Organisation, die Rechtslage und die Sicherheitskultur nicht mehr.
Dafür ist die ganze "normale" Sicherheit erst mal da und damit ist enorm viel an Angriffen aller Art außen vor, womit heutige Werkssicherheit ein Riesenproblem hätte.

Runner sind die Königsklasse an Angriff auf Sicherheitssysteme, die sich überhaupt erst dadurch entwickelt hat, dass die normalen/alten Wege in Hochsicherheitsanlagen nicht mehr funktionieren. Deswegen bewegen sich Runner an der Schnittkante zwischen Heist und (para-)militärischer Kommando-Operation.
Und gegen die kann man sich letztlich nur mit hervorragenden Interventionskräften halbwegs schützen - flächendeckend Sicherheitskräfte vorzuhalten, die eine offene Konfrontation mit Runnern regelmäßig gewinnen, ist nicht machbar (das walze ich bei Bedarf aus).


Gerade der klassischste aller Shadowrun-Verläufe ist im Settingkontext glaubwürdig:
Erst werden die äußeren Sicherheitsbereiche in irgendeiner Form verdeckt oder unerkannt überwunden und spätestens am McGuffin sind die Sicherheitsmaßnahmen so gestaltet, dass es nur noch mit dem großen Hammer geht:
Man kommt zwar dran, aber unter Garantie bleibt man dabei nicht unentdeckt.

Dann wirds laut, man unterläuft nach Möglichkeit die Reaktionszeit der Interventionskräfte und verkrümelt sich in eine andere Jurisdiktion, wo man wartet, bis Gras über die Sache gewachsen ist - ggf. wird man als Variante das Objekt der Begierde "öffentlich" los und ist damit aus der Nummer raus.
Das passt unter den ALTEN Settingprämissen Balkanisierung, fehlendes Gewaltmonopol usw. ganz hervorragend.

SR5 tut sich da allerdings an manchen Stellen mit seinem Überwachungsstaat-Gewichse keinen Gefallen.
 

*Eines meiner Lieblingsbeispiele aus eigener Erfahrung:
Geschlossene Veranstaltung mit Eingangskontrollen wie am Flughafen - Identitätsprüfung, Riesenscanneranlage, Metalldetektorrahmen usw. usf. mit Einziehung/Einlagerung von Gegenständen bis runter zur Nagelschere oder dem kleinsten Schweizer Messerchen am Schlüsselbund.

Was gibts zum Mittagessen im Cateringbereich hinter der Kontrolle? Steak. Mit was schneidet man Steak? Richtig, mit ratzescharfen Steakmessern, die dann dort in großer Zahl frei zugänglich rumliegen.
Gut, dass Oma Schulte unten ihre Nagelknipse abgegeben hat ::)


Und warum sollten Dinge überhaupt Online sein? Isolierte Intra-Nets oder autonome Maschinen sind gerade im Sicherheitsbereich doch viel verlässlicher.

Das ist doch in SR ganz entschieden so.
Genau das ist ja der Grund dafür, dass man für "banale" Industriespionage mit Software bzw. abstrakter Information als Ziel überhaupt aufs Gelände muss: Der Decker kann nur unmittelbar vor Ort darauf zugreifen.

SR5 kommuniziert auch das wie so vieles andere sehr schlecht - wenn man das nicht gewohnt ist, überliest man es schnell.
Das ist aber der Grundgedanke beim Thema Informationsklau.

Also bei allen klassischen "Infiltriert Anlage X"-Aufträgen habe ich das Gefühl, dass der Konzern sich alle Mühe gegeben hat, die Anlage "infiltrierbar" zu bauen, statt auch nur halbwegs vernünftige Sicherungssysteme zu entwerfen. Und bei den guten Sicherungssystemen wiederum stellt sich die Frage nach der Bespielbarkeit.

Wie gesagt: Schlecht entworfene Abenteuer gibt es zuhauf.

Man sollte aber andersrum auch nicht in die Falle tappen, "vernünftige" Sicherheitssysteme als das Maß aller Dinge zu betrachten.
Wenn schon, muss man das jenseits der Frage nach der Manipulierbarkeit (s.u.) zu Ende denken: Was passiert denn überhaupt, wenn der Alarm los geht?
Da ist der Maßstab ganz entschieden nicht der klassische unbewaffnete Einbrecher, der sich brav festnehmen lässt, wenn der erste Streifenwagen da ist.

Es ist ja nicht so, als gäbe es IRL nie Fluchtfahrten und/oder Schießereien mit Sicherheitskräften bzw. Polizei, welche die Angreifer auch mal ziemlich souverän hinkriegen.
Hier steht einem vor allem dieser elende Gedanke "Wenn der Alarm losgeht/wenn der erste Schuss fällt, ist der Run gescheitert" im Weg.

Das ist für "normales" SR schlicht falsch (weil es mal so gar nicht zu den Settingprämissen passt).
Und wenn man anders (also mit "eleganten" und unblutigen Heists) spielen will, muss man eben schauen, wo man entsprechend schraubt, damit am Ende ein interessantes Spiel rauskommt.
Dabei muss einem aber von Anfang an klar sein, dass SR das by the book mal so gar nicht leisten kann und auch nicht leisten will.


Müsste ich mich einfach mehr auf die Fantasy-Elemente einlassen?

In Sachen Überwindbarkeit von Sicherungselementen: Sicher.
Sowohl Decking als auch Magie haben ja im Grunde die selbe Rolle im Setting, nämlich dem Underdog mächtige Werkzeuge gegen "den Mann" in die Hand zu geben.
Und was konkretes running angeht, liefern beide starke Methoden, ansonsten schwer überwindbare Sicherheitssysteme zu überwinden.

Da muss das Sicherheitskonzept dann schon ziemlich gut verschachtelt und vernetzt sein, um relevanten Widerstand zu bieten und wenn man an einer Stelle komplett durchgebrochen ist, rollt man den Rest relativ leicht auf.

Oder gibt es alternative Settings, die sowohl das urbane, quietschbunte Cyberpunk-Setting mit Sneaky stuff vereinen, ohne so unglaubwürdig wie SR zu erscheinen?

Da ist das große Problem, das "moderne" Heist-Systeme nur die eine Methode kennen, nämlich die Genresimulation über Rückblenden, Retcons, Gummipunkte usw.
Damit ist das zwar ingame immer glaubwürdig, bietet aber kein klassisch herausforderungsorientiertes Spiel.


Für letzteres gibt es dann tatsächlich nichts, was mir bekannt wäre.
Man kann natürlich selbst basteln, aber andererseits kann man diesen (oder etwas geringeren) Aufwand auch in SR stecken und das Setting damit zum Laufen bekommen.

Das SR-Setting hat schließlich auch seine atmosphärischen und spielerischen Vorteile.
Trotz aller Lästerei bin ich nämlich der Ansicht, dass SR ungeachtet aller Macken und vor allem ungeachtet aller miesen Anwendungsbeispiele für seine Grundprämissen ziemlich gut aufgestellt ist, wenn man die einzelnen Elemente aus der richtigen Perspektive betrachtet.
Das ist wie erwähnt hier im SR-Board auch schon an diversen Stellen geschehen und mir fällt immer wieder mal auf, dass bestimmte Einzelteile vielleicht nicht mit Plan und Absicht super durchdacht gestaltet wurden, aber quasi versehentlich hervorragend passen, wenn man sie in den richtigen Kontext stellt oder kleine Details anpasst.


Zuletzt vielleicht noch mal die Rückfrage:
Was genau ist an SR so unglaubwürdig?
Doch eher nur einzelne missratene Anwendungsbeispiele statt das Setting an sich.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Buddz

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #21 am: 10.10.2018 | 15:55 »
Naja, aber Geld spielt halt immer eine Rolle. Egal wie weit man schon oben ist. Egal wie kostengünstig etwas ist. Und wenn man doch mal etwas an Einsparpotential übersieht kommt ein Konkurrent, bietet das Produkt noch günstiger an oder kann den Aktionären noch mehr Gewinnbeteiligung versprechen.

Zur Sicherheit in SR5 im speziellen gibt es auch zwei nette Einschränkungen die einem das Leben als Decker leichter machen:
  • Entweder sind Geräte an andere Geräte geslaved. Dadurch profitieren diese vom höheren Sicherheitsstandard des Masters ohne dabei ein anderes Gerät zu kompromittieren. Dies ist aber nur mit einer sehr eingeschränkten Anzahl an Geräten machbar.
  • Oder die Geräte sind an einen Host gebunden. Hosts sind zunächst einmal A\${#-teuer. Und zudem braucht man dann nur physischen Zugriff auf das Gerät um auch in den Host zu kommen.

Ich bin mittlerweile allerdings davon überzeugt, dass die Setting-Ambivalenz (was ist das jetzt D&D mit Knarren, Cyberpunk, SciFi, Pink Mohawk, Magic-Run, Heat mit Elfen, Password Swordfish mit Orks, 1984 mit Zwergen?) kalkuliertes Chaos ist damit jede/r damit anfangen kann was er/sie will. Der Sicherheitsaspekt kann daher ebenfalls all das sein, was du willst. Alles andere würde ja bedeuten, dass es keinen zentralen Plan gibt und die einen Autoren nicht wissen was die anderen wollen und sich gegenseitig bekriegen. Haha. Was überhaupt nicht der Fall ist!!!
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Offline KhornedBeef

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #22 am: 10.10.2018 | 16:12 »
Shadowrun ist ja aus dieser 80er-Perspektive geschrieben plus "Alles geht, aber alles geht kaputt"-Cyberpunk. Deswegen macht da außer Idealisten keiner mehr was ordentlich. Manchmal wirkt das dann etwas dünn.
Außer bei der Sache mit dem online. Da muss man bei SR Sperren und kompetentes ICE überwinden, während in der Realität die größten Inkompetenzlinge ihren Rotz ungefragt ans Internet hängen und gar nichts sichern. #InternetofShit
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Offline JS

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #23 am: 10.10.2018 | 19:54 »
Wobei bei dieser Diskussion unter "realistisch" oft sinngemäß verstanden wird: Funktioniert absolut perfekt im Sinne des Erfinders und denkbare Gegenmaßnahmen lasse ich per SL-Willkür nicht gelten. Also gerade nicht realistisch... ;)
Man muss sich natürlich fragen, wie "echt" es denn sein muss. Aber es ist ja nicht so, als gäbe es IRL keine erfolgreichen "Runs". Und selbst die nicht erfolgreichen scheitern oft genug an Dingen, die in SR so nicht mehr gegeben sind (allen voran flächendeckend und sogar staatenübergreifend relevante Polizei).

Stimmt schon, ein Sicherheitssytem ohne Lücken ist vermutlich unrealistisch, wie auch dieser Artikel (einer von hunderten sozusagen) wieder zeigt:
https://www.sueddeutsche.de/digital/schwerwiegende-sicherheitsluecke-kriminelle-koennten-millionen-ueberwachungskameras-uebernehmen-1.4164949

Mein "realistisch" muß ich dann wohl präzisieren als "realistisch(er) im Vergleich zu den Sicherheitsmaßnahmen, die man in den meisten Abenteuern findet". Heute finden ja auch bis in die höchsten Ebenen Infiltrationen vor allem elektronischer Art statt, aber wer hätte Spaß daran, SR darauf zu reduzieren?
:)
Wer gern sagt, was er denkt, sollte vorher etwas gedacht haben.

Offline YY

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Re: Setting-Konsistenz: Überzeugt mich!
« Antwort #24 am: 10.10.2018 | 20:05 »
Heute finden ja auch bis in die höchsten Ebenen Infiltrationen vor allem elektronischer Art statt, aber wer hätte Spaß daran, SR darauf zu reduzieren?

Wie oben angeklungen:
Rein elektronische Infiltrationen sind mehr oder weniger definitionsgemäß keine "richtigen" Shadowruns bzw. höchstens Soloruns. Dafür braucht man eben keine Runnergruppe, sondern nur einen Decker.
Die allermeisten Runs sind so ausgerichtet, dass es irgendeine physische Komponente gibt - und sei es der Fußweg zum air gap.

Und ganz grundsätzlich ist ein Alarm erst mal nur ein Alarm und nicht die automatische totale Niederlage. Auch IRL gibt es Angriffsformen, welche die Alarmauslösung einfach als gegeben hinnehmen und auf andere Weise effektiv sind.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer