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[Magus V20] Superhelden

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Spellington:
Also, Paradox ist ja im endeffekt die Realität die versucht ihre Statik aufrechtzuerhalten. Was Realität ist, wird durch die Schläfer generiert.

Angenommen, es entsteht ein Konflikt wie bei Marvels Avenges, ein gewaltiges Sphärentor reißt auf, Monster strömen ein, Superhelden schlagen sie zurück.
Allgemein nimmt die Sichtung an Superhelden langsam und bestehtig zu, zuerst im kleinen, dann im Großen.

Was passiert mit den Magi? Können sie über ein entsprechendes Paradigma (Superheld?) Paradoxfreie, oder zumindestens einfacher ihre Zauberei benutzen?

Scimi:
Im Prinzip ja. Wenn eine Mehrheit der Schläfer plötzlich grundsätzlich anders darüber denkt, wie die Welt funktioniert, ändert sich das Paradigma und Dinge funktionieren tatsächlich anders als vorher.

Vor dem Zeitalter der Vernunft war das so gang und gäbe: Jede Kultur, jede Region, jede Gemeinschaft hatte ein eigenes Paradima und Magi mussten nur die örtliche Bevölkerung von ihrem individuellen Paradigma überzeugen, damit ihre Magie dort funktionierte. Bis ein anderer Magus das dann übernommen hat und die Realität wieder anders für die Leute funktionierte.

Das war ja das große Ziel des Order of Reason, der späteren Technokratie: Die Realität für Schläfer einheitlich und verlässlich machen, damit Dinge wie Heilung, Wissen und Technik für jeden Menschen auf der Welt gleich funktionieren und erlernbar sind und niemand davon abhängig ist, wie seine örtliche Dorfhexe die Welt gern hätte. Und die Technokratie arbeitet hart daran, dass das so bleibt und niemand an der Realität herumfummelt. Damit das funktioniert, müsste ein Gutteil der Weltbevölkerung schlagartig ihr Weltbild fundamental ändern.

Und das ist nicht so einfach. Erstmal müsste die ganze Show überhaupt funktionieren — aber die Realität schützt sich selbst meistens ganz erfolgreich und wenn ich ein Portal ins Umbra aufreißen und auf einem Drachen in Berlin einreiten würde, würde das Paradox den Drachen in einem Sekundenbruchteil zusammenknüllen wie Alufolie und die meisten Beobachter würden wahrscheinlich nicht mehr sehen als einen Lichtblitz und wie ich aus der Luft falle. Aber nehmen wir an, man bekommt das irgendwie auf die Beine gestellt, wie viele Leute würden das sehen und glauben? Eine Menge würden vielleicht annehmen, dass es eine Art Spezialeffekteshow ist oder dass sie krank sind oder dass halluzinogene Stoffe in der Luft sind. Oder sie geraten in Panik und laufen weg oder verstecken sich, ohne richtig hinzusehen. Selbst wer zusieht, wird vielleicht nicht genaue Aufzeichnungen oder Messungen vornehmen, um in ein paar Stunden noch genau zu wissen, was passiert ist. Gleichzeitig würde die Technokratie hart daran arbeiten, die Sache zu unterdrücken: Terroranschlag, Massenpanik, Gasleck, Nordlicht, Spezialeffekte, Flashmob, Hoax, Propaganda, Fake usw., um den Rest der Welt von den "alternativen Fakten" zu überzeugen.

Und für die meisten Betroffenen wird sich am nächsten Tag nichts geändert haben — klar, ein paar Aufräumarbeiten, ein paar Kerzen für die Opfer, Politiker mit ernster Miene und die üblichen Verschwörungstheorien. Aber ich gehe immer noch zur Arbeit, zahle immer noch die Miete, schaue immer noch Netflix und bestelle immer noch Lieferessen. Alles wie vorher, kein Grund, alles umzudenken. Klar, da wird es ein paar Spinner auf Youtube geben und auf Verschwörungseiten, mit verwackelten Videos und wilden Theorien und die können natürlich alle nicht glauben, dass niemand sich für Die Wahrheit™ interessiert. Auf der anderen Seite werden schnell Experten und Wissenschaftler mit einer ganz vernünftigen Erklärung auftauchen, für jeden, den es interessiert. Aber den meisten Menschen wird es wahrscheinlich egal sein, umso egaler, je mehr Zeit vergeht, ohne dass sich die Phänomene wiederholen.

Und der Trick ist: Da die Realität das ist, was die Leute glauben, wird das Ganze irgendwann nicht mehr passiert sein. Erinnerungen werden verblassen, Fotos verschwinden, Videos auf Videoplattformen untergehen. Die Realität selbst wird dafür sorgen, dass etwas, was nach allgemeiner Überzeugung nie stattgefunden hat auch tatsächlich nie stattgefunden hat…

Supersöldner:
wieso kann es dann Vampire und Werwölfe und Magier geben ?

Scimi:
Korrekte Antwort: Weil die Spielreihen sehr viel beliebter waren als Mage und darum Vampire und Werwölfe Teil der Welt der Dunkelheit sind, egal, wie sich Mage-Autoren das denken und hinschreiben.

Langweilige Antwort: Weil es in der Welt statische und dynamische Magie gibt. Statische Magie ist in der Welt fest verdrahtet und funktioniert wie ein Naturgesetz: Zuverlässig und absolut unveränderlich. Deswegen kann ein Vampir mit 5 Punkten in Auspex auch nur genau die Dinge tun, die die Disziplin vorsieht, wohingegen ein Mage mit 5 Punkten in Forces prinzipiell alles tun kann, was er sich vorstellen kann und was unter die Sphäre fällt. Diese dynamische Magie ist nur der Vorstellungskraft des Individuums unterworfen, konkurriert allerdings mit der Vorstellungskraft aller anderen Individuen. Wenn genug Leute lang genug von etwas fest überzeugt sind, dann wird es möglich, wenn sie die Überzeugung verlieren, wird es unmöglich. Darum gibt es keine Drachen mehr, aber dafür Internet.

Und ja, man sollte nicht zu lange darüber nachdenken, warum Vampire Teil des Paradigmas sein dürfen, obwohl sie selbst extrem hart daran arbeiten, dass niemand an sie glaubt… Ist halt so.

Selganor [n/a]:

--- Zitat von: Scimi am 17.12.2018 | 18:17 ---Und ja, man sollte nicht zu lange darüber nachdenken, warum Vampire Teil des Paradigmas sein dürfen, obwohl sie selbst extrem hart daran arbeiten, dass niemand an sie glaubt… Ist halt so.

--- Ende Zitat ---
Die Vampire selbst glauben ja an sich selbst... und sind ja (im Ganzen zusammen und die wirklich alten Vampire sowieso) auch ein ziemlicher Machtfaktor in der Realitaet der Welt.

Dort gilt dann also das Regelung:

"Wir reden nicht ueber Vampire"
"Was? Es gibt Vampire?"
"Da musst du dich verhoert haben... wir reden nicht ueber Vampire"

;D

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