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Wie meta darf's denn sein? - Oder: Ist Fate ein Theorie-Schwafel-Spiel?

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Caranthir:
Ich höre immer wieder von Leuten, dass ihnen Fate zu "meta" ist. Es stört sie, dass man in den Szenen aktiv auf die einzelnen Aspekte hinweist. Ich habe auch schon gehört, dass die Fatepunkte-Ökonomie nur dazu führt, dass man jedes Reizen annimmt, nur um im "Endkampf" genügend Fatepunkte zu haben. Schlussendlich redet man in Fate auch deutlicher über Charaktereigenschaften, die in den Aspekten schlummern und neben dem Rollenspiel eben auch für bessere Wurfergebnisse genutzt werden.

Die Frage wäre hier, wie meta ist denn Fate tatsächlich und stört euch das?

Ich drösele das mal auf:

Szenenaspekte

Bei den Szenenaspekten könnte der SL sagen: "In dieser Szene haben wir die Szenenaspekte Pechschwarze Nacht, Steile Gebirgspfade, und Aufziehendes Gewitter." Bei dieser Beschreibung geht der SL recht mechanisch vor. Er wirft den Spielern schlicht Aspekte hin und lässt sie machen. Man könnte aber auch eine Beschreibung der Umgebung vornehmen und die entsprechenden Aspekte kommentarlos als Kärtchen auf den Tisch legen

Fatepunkte-Ökonomie

Auch das Reizen scheint manchen Spielern Probleme zu bereiten. Sie fassen es als Niederlagen auf, die man hinnehmen muss, um später in Kämpfen ordentlich austeilen zu können. Das Reizen anzunehmen ist für mich aber mitnichten eine Niederlage. Es ist schlicht eine Möglichkeit, den SC in Schwierigkeiten zu bringen und gibt eine weitere Chance für einen Spotlightmoment.

Charakteraspekte

Auch hier ist die Frage, wie "meta" es denn sein soll. Ich kann als Spieler sagen: "Ich habe den Aspekt "Bärenstark, aber ungestüm", da bekomme ich +2 auf mein Wurfergebnis". Oder ich beschreibe: "Zuerst sah es so aus, als ob ich den Zementbrocken nicht wegbekomme, aber weil ich bärenstark bin, bekomme ich ihn weggewuchtet." (Der Spieler schiebt kommentarlos einen Fatepunkt in Richtung SL und tippt auf sein Charakterblatt.)

Wie "meta" geht's denn in euren Runden zu und welchen Stil bevorzugt ihr? Ich für meinen Teil finde es manchmal supi, Aspekte klar beim Namen zu nennen. Oft braucht man das aber gar nicht. Wenn der SL eine Umgebung beschreibt, kann im Prinzip alles ein Szenenaspekt sein und ich würde den Spielern erlauben, das auch so frei zu nutzen.

Rollenspielotter:
Ich habe Fate immer als sehr spielerfreundliches System mit hoher Immersion wahrgenommen. Bei bisherigen Mitspielern scheint es nur zwei Lager zu geben: Sie mögen die Zugänglichkeit/Einfachheit des Systems, das player-empowerment und die tollen Welten, oder (häufig bei langjährigen Spielern anderer Systeme) wird es im negativen Sinn als zu vereinfachtes storytelling Gelaber abgetan.
Meta oder nicht ist meiner Meinung nach eine Kombination aus (1) persönlicher Einstellung und (2) Umsetzung. Was meine ich damit?
(1) Ich empfinde den Verweis auf Charakter-Aspekte, das einführen von Gegenständen,... als Teil meines Spielgefühls. Das zieht sich durch alle Möglichkeiten, sei es nun das nutzen von Aspekten:"Der Geruch ist schwach, aber weil ich ein Katzenbeta bin, habe ich einen guten Geruchssinn." das Reizen: "Weil ich neugierig bin, liegt es in meiner Natur den Schalter zu drücken, auch wenn ich nicht weiß was passiert" oder der Erfolg mit Haken: "Als Held von Umdaar stürze ich eine Klippe runter. Wie He-Man ramme ich mein magisches Schwert in den Fels. Zwar bremst es meinen Fall, kurz vor Ende verlässt mich aber die Kraft und ich verliere meine Waffe."
Unabhängig vom System sollte man, meiner Ansicht nach, das Würfelergebnis und dessen Beschreibung trennen. "Ich möchte die Mauer raufkletter - 3, ok! Ich möchte die Tür öffnen- 20, schade,..." klingt nicht nur witzlos, ist es auch. Das detaillierte beschreiben hilft nicht nur mir bei der Vorstellung, sonder lädt auch andere dazu ein, MEIN Bild der Situation zu teilen und andersrum, ich kann den Vorstellungen der anderen besser folgen. Was heißt es in eine Bar zu kommen, da müsste jeder Spieler seine eigene Vorstellung haben. Das führt zu
(2) einer guten, gemeinsamen Umsetzung. Der SL muss den Spielern Raum geben sich einzubringen und Teil der Geschichte zu werden. "Ihr kommt in eine Bar, was seht ihr" Aus den Beschreibungen der Spieler lassen sich Aspekte zur Situation, den NSC, etc machen, die anschließend nur als Gedächtnisstütze auf Karteikarten auf dem Tisch liegen.
Für mich ist es dieses Zusammenspiel, die regelmechanische Seite auf der einen Seite und die gemeinsame Geschichte auf der anderen. Beides funktioniert nicht ohne das Andere, die Aspekte und deren Nutzung sind nur ein notwendiger Teil und eine Gedächtnisstütze, um gemeinsam ein imposantes Abenteuer zu erleben.
Ich finde es super und das aufschreiben von Aspekten, das gemeinsame beschreiben,... hilft mir tiefer in MEIN persönliches Abenteuer einzutauchen.

schneeland (n/a):
Ich muss vorweg schicken, dass mir bei FATE die praktischer Erfahrung fehlt - mein Urteil speist sich also allein aus Lektüre und einem Let's Play (Geek&Sundry/Tabletop). In der Tat ist dieser Wechsel auf die Meta-Ebene für mich problematisch, weil im Zweifelsfall da auch noch ein Verhandlungsprozess dran hängt (kann ich diesen Aspekt hier einsetzen, ist diese Aktion von einem Szenenaspekt betroffen) - dass da auch noch eine Meta-Währung (FATE-Punkte) dranhängt, macht es auch nicht gerade besser. Hier tue ich mich mit PbtA ein ganzes Stück gedanklich und auch praktisch ein ganzes Stück leichter, das Spiel zu einer Konversation zu machen, bei der Erzählung und Spielzüge fließend ineinander übergehen. Das mag ein Stück weit allerdings auch daran liegen, dass meine Spieler bisher nicht versucht haben, während des Spiels neue Charakteraspekte zu etablieren, die ihnen das Leben in irgendeiner Situation leichter (oder schwerer) machen. Ich will aber nicht ausschließen, dass es auch bei FATE mit zunehmender Praxiserfahrung besser möglich ist, hier nicht zwei separate Ebenen zu haben, sondern einen fließenden Übergang zwischen Erzählebene und Meta-Ebene zu schaffen.

Vasant:
Ich habe gerade gemerkt, dass ich anfing, einen Roman kilometerweit an deiner Frage vorbei zu schreiben, daher – etwas verkürzt – der Hinweis:

"Zu Meta" höre ich oft für Fate, aber eigentlich nie so, wie du es gerade ausrollst. Die Leute, mit denen ich mal Fate ausprobiert habe und die das System gar nicht mögen, finden es auch "zu meta" – allerdings wegen des regelbedingten ständigen Ausflugs in die Autorenebene, wo dann entschieden und gegen Bezahlung von Fate-Punkten ausgehandelt wird, ob "pechschwarze Nacht" mich nun interessiert oder nicht, und auf der Spielleiter, Mitspieler und eine zusammengerufene Jury eine Viertelstunde herumdiskutieren, ob ich "bärenstark, aber ungestüm" jetzt verwenden darf, um herbeizufabulieren, dass ich beim Flirten ein +2 bekomme, weil ich ja ungestüm bin und folglich gar nicht schüchtern.

1of3:
Fate ist mir nichts halbes und nichts ganzes. Spiele mit ganz viel Diskussion und Karteikärtchen find ich ja super. Aber dann richtig. Capes, Kingdom, Conquer the Horizon.

Fate 2 war auch OK. Klassischer Rollenspiel-Baukasten, halt mit Charakter-Aspekten. Kann man gut benutzen, wenn man grad nix Maßgeschneidertes zur Hand hat. Fate 3+ ist dagegen so eine nicht wohlgeratene Mischung.

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