Vielen Dank für die rege Beteiligung
Hast du ein konkretes Beispiel für Wirkmechanismus A?
Was Boni und HEXer sagen. Ich hätte dieselben Beispiele gebracht.
Wirkmechanismus A findet man typischerweise nicht explizit in einem Regelwerk. Wenn dann höchstens durch das Weglassen oder Fehlen von Regeln. So zum Beispiel das "Fallen Suchen" und "Fallen Entschärfen" im von von HEXer zitierte Beispiel: OSR-Regeln sind für mich in dieser Hinsicht stark A, weil sie absichtlich und bewusst keine Fertigkeiten oder andere Probenmechaniken hierfür entsprechend B enthalten - und die Absicht dahinter auch noch explizit in Werken wie der OSR Fibel erklären.
Kannst du noch mal erklären, wie du auf den Begriff "Wirkmechanik" gekommen bist?
"Wirkmechanik" weil es jeweils ein
Mechanismus ist mittels dessen die Spieler auf das Geschehen in der Spielwelt
wirken. Der Begriff ist sicher nicht perfekt, aber das beste was mir eingefallen ist. Insbesondere wollte vermeiden dass "Regel" im Begriff enthalten ist, da A (wie eben oben ausgeführt) typischerweise nicht in Form einer Regel in Erscheinung tritt; die OSR spricht zum Beispiel von "rulings instead of rules" und diese "rulings" fallen für mich ganz klar unter Wirkmechanik A.
Insofern sind A, B und C vielleicht gar nicht schlecht: Avatarisches Spiel, Bastelei und Coole Show.
Haha, genial.
Das hatte ich nun wirklich nicht im Hinterkopf als ich mir A, B und C ausgedacht habe, aber es passt tatsächlich.
Aber es wirkt ja eben gar keine Mechanik. Auch OSR Spiele kennen Regeln für Wahrnehmung etc. Die sind allerdings für die Spieler nicht so wichtig wie Situationen zu schaffen, die letztlich die Anwendung des Randomisierers vermeiden sollen und quasi 100% Erfolgsquote haben.
Dem stimme ich nur teilweise zu:
OSR ist ein breites Feld mit vielen Regel-Varianten, insofern sind pauschale Aussagen schwierig. Es gibt aber in der OSR (im direkten Vergleich zu Rollenspielen der D&D3 / Pathfinder Generation) eine starke Tendenz insbesondere das Fertigkeitensystem in seinem Umfang zu beschneiden oder gar ganz abzuschaffen, um es durch das zu ersetzen was ich Wirkmechanik A nenne (was nicht mittels Regelwerk sondern mittels OSR Fibel & co. vermittelt wird).
Das dies die Anwendung eines Randomisierers vermeiden soll sehe ich auch so.
Allerdings führt das nicht automatisch zu einer 100% Erfolgsquote. Denn der Erfolg ist von der Intelligenz und den Einfallsreichtum der Spieler abhängig, anstatt von einem Randomisierer. Und auch in einem System der Wirkmechanik B mit Randomisierer kann ein Spieler mit Intelligenz und Einfallsreichtum die Chancen zu seinen Gunsten verschieben, nämlich über "System Mastery" (beim Charakterbau und im taktischen Kampf).
Die Tendenz zu Wirkmechanik A kann man bei der OSR übrigens nicht nur bei (fehlenden) Fertigkeitensystemen beobachten, sondern auch im Kampf: In der OSR gibt es das Bild, Kampf als Krieg zu sehen, wohingegen man "modernen" Rollenspielen (D&D3/Pathfinder) vorwirft dass sie Kampf als Sport sehen würden. Gemeint ist damit, dass die Spieler versuchen einer direkten Konfrontation aus dem Weg zu gehen, zum Beispiel den Dungeon fluten und alle Gegner ertrinken lassen statt sich Raum für Raum durchzukämpfen. Dies ist ein weiteres Beispiel wo im OSR-Spiel der Randomisierer ausgeschaltet wird. Ich glaube aber nicht dass dabei Erfolg garantiert ist (denn die Spieler müssen ja erst mal
auf die Idee kommen den Dungeon zu fluten), sondern dass hier von Wirkmechanik B (Taktischer Kampf nach Regeln) auf Wirkmechanik A (Spieler haben einen cleveren Einfall der das Problem löst) gewechselt wird.
Mich macht dieser Vergleich ziemlich stutzig. Bedeutet dies tatsächlich, dass in einem modernen Spieltm sich niemand mehr konkret mit der Herausfoderung befasst?
Deine Kritik außenvorgelassen, was ist denn überhaupt
modernes Spiel?
Die Ursprünge von D&D, DSA und co würde ich irgendwo zwischen A und B verorten.
Von dort aus haben sie sich deutlich in Richtung B bewegt, mit Spielen wie Pathfinder als extreme Ausprägung.
Irgendwann gab es dann Rollenspieltheorie, die Forge-Bewegung und Indie-RPGs, die sehr viel in Richtung C hervorgebracht haben.
Und quasi als Gegenentwurf die OSR, die zurück zu den Wurzeln wollte und bei A gelandet ist.
Aktuelle Mainstream-Geneartionen wie D&D5 bewegen sich deutlich in die Mitte: nicht mehr ganz so extrem B wie die vorherigen Editionen, mit kleinen Anleihen von A und C.
Kann man C in diesem Zusammenhang noch als
modern bezeichnen?
Noch mal allgemein zu der Frage mit Herausforderungen und garantiertem Erfolg:
Bei A ist die Herausforderung dass Spieler den richtigen Einfall oder das nötige Wissen haben. Der gewünschte Ausgang einer Charakterhandlung ist nicht garantiert.
Bei B ist die Herausforderung dass Spieler Rules Mastery und/oder Glück haben müssen. Der gewünschte Ausgang einer Charakterhandlung ist nicht garantiert.
Bei C ist die Herausforderung dass Spieler gemeinsam eine gute Geschichte erzählen. Der gewünschte Ausgang einer Charakterhandlung ist garantiert.
Beispiel Detektiv-Abenteuer:
Bei A bleibt das Abenteuer stecken wenn die Spieler nicht darauf kommen.
Bei B bleibt das Abenteuer stecken wenn die Spieler ihren Recherche- oder Wahrnehmungswurf versemmeln.
Bei C gibt es kein Risiko dass das Abenteuer stecken bleibt (siehe GUMSHOE).
Nun gehen ja auch Abenteuer der Art A und B oft davon aus dass es
weitergehen muss, das heißt selbst wenn die Spieler nicht darauf kommen oder ihren Wurf versemmeln, dann wird der Spielleiter bzw. der Abenteuer-Autor sich große Mühe geben ihnen trotzdem noch irgendwie eine zweite (oder dritte, oder vierte) Chance zu geben damit das Abenteuer weitergeht.
Damit will ich nicht C rechtfertigen oder in Schutz nehmen - ich will nur sagen dass Herausforderung für die Spieler bei jeder Art von Rollenspiel in gewisser Weise eine Illusion ist, weil der SL die Herausforderungen in der Regel so zu gestalten versucht, dass sie lösbar sind - oder aber bereit sein muss vollkommen ergebnisoffen auch abseits des vorbereiteten Plots zu spielen.
C nimmt hier eine "Abkürzung", indem es die Illusion der Herausforderung fallen lässt. Damit nimmt C die Gefahr eines Fehlschlags heraus. Aber hat leider den Nachteil dass manche Spieler ohne diese Illusion der Herausforderung den Reiz des Spiels nicht mehr verspüren.