Autor Thema: These: Spannung durch taktische Manöver und Würfelproben ist Glücksspiel  (Gelesen 13383 mal)

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Cynom

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Und meinem Eindruck nach argumentierst du: "wir haben nicht 100% Sicherheit, also kann ich es auch als reines Glücksspiel bezeichnen" (wie es ideal der einarmige Bandit oder das Lotto sein sollte.), alles dazwischen ignorierst du und "isolierst" es auf "ist irgendwo noch Zufall dabei oder nicht" -> Du blendest die praltische Mitte aus und agierst nur im Extrem, welches dieser Mitte dann natürlich nicht gerecht wird.

Mit "isoliert" meinte ich explizit das Beispiel des Würfelwurfs, unabhängig von allen anderen Faktoren. Dieser ist an sich vergleichbar mit einem einfachen Glücksspiel, das keine taktischen Dimensionen hat.

In meiner These geht es aber nicht um den isolierten Würfelwurf, sondern um eine Argumentation pro eines Spielstils, der postuliert, authentische Spannung und dementsprechende Spielerfahrung wäre nur durch taktisches Spiel und die unangefochtene Deutungshoheit von Würfelergebnissen (die z. B. durch Ignorieren von Ergebnissen ausgehebelt würde) zu erzeugen. Ich sage: wenn man Spannung so exklusiv für sich interpretiert und deswegen diese Argumentation fährt, betreibt man in erster Linie Glücksspiel.

Tartex hat übrigens in meinen Augen perfekt zusammengefasst, warum sich mein Glückspiel-Argument nicht allein auf den Würfelwurf bezieht, wie YY und Feuersänger es bisher tun:

Ich bin übrigens ein Skeptiker, was das (innerweltlich logische) Taktieren beim Rollenspiel betrifft. Alles was vom Regelsystem abgekoppelt ist, entscheidet ja der Spielleiter mit "gesundem Menschenverstand". Und ich sehe nicht ein, warum ein einziger Spielleiter, den ich ich bisher in meinem Leben getroffen habe, z.B. im Bereich " funktionierende Taktik kleiner Kampfeinheiten" oder auch "Verhandlungen zu Hofe" (und bei vielen anderen Themen) die Autorität hätte, zu entscheiden welcher Spielplan nun lächerlich und welcher genial wäre.

Tatsächlich ist mir schon oft passiert, dass Spielleiter ein fehlendes Wissen von Genre-Regeln haben, und stattdessen zu unvorsehbarem Moment die Realismus-Keule auspacken. Mir basiert das z.B. auch.

(Das einzige, was wohl noch schlimmer wäre, wäre 2 Fachleute in der Gruppe, einer als Spielleiter, einer als Spieler, sie sich dann darüber streiten anfingen, was klappen würde und was nicht.)

Ich habe es bisher nicht so gut in Worte gefasst, aber genau das ist der Aspekt, den ich bisher mit dem "menschlichen Element" meinte. Die taktische Dimension wird von unzureichenden Autoritäten beurteilt. Das daras resultierende Erfolgserlebnis ist artifiziell, weil die vermeintlich neutrale Distanz der Regeln oder des Systems nicht existiert. Das ist gleichwertig mit der Illusion, die man für sich aufbaut, wenn man ein auf Glück basierendes Spiel "bezwingt" indem man entsprechende Taktiken oder Strategien anwendet.

Wenn alles dann an einem Wurf liegt, war das wohl auch eine Hochrisikostrategie. Teil von Taktik wäre ja eigentlich auch nach Möglichkeit einen Plan B bis D zu haben, wenn A schiefläuft.

Ich behaupte nämlich: auch die vorausgehende Taktik, das Treffen von strategischen Entscheidungen zur Wahrscheinlichkeitsmanipulation von Erfolg ist Glücksspiel. In dem Sinne, dass man an den gleichen Dingen (u. a. Mitteln der Herausforderungsbewältigung) Spaß hat, wie ein Glücksspieler. Es sind die gleichen Impulse, die gleiche Motivation. Es spielt im Grunde keine Rolle, wie viel fluff und Ausstaffierung man rundherum benutzt. Wenn der Spielspaß sich vorwiegend oder ausschließlich aus der Ausschöpfung taktischer Möglichkeiten und der strategisch klugen Anwendung der vom Spiel und System zur Verfügung gestellten oder vermeintlich selbst erarbeiteten Instrumente und Optionen bezieht, zieht man seinen Spielspaß aus Glücksspiel. Auch wenn man einen Höhepunkt darin sieht, wie die Würfel fallen, ist das Glücksspiel. Also nicht "alles ist Glücksspiel". Das sind sehr klare Definitionen.

Offline Lord Verminaard

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"In erster Linie" ist natürlich der provokante und letztlich auch wacklige Teil deiner Aussage. Aber das Element Zufall und damit eben auch Glück wird doch von den allermeisten Spielern als Bereicherung empfunden, die wenigsten spielen eben reine Freiform ganz ohne Zufallselement.

Auch crunchige Systeme wären ja theoretisch als reine Ressourcen-Management-Systeme ohne Zufall denkbar, aber solche Spiele haben sich nie etabliert, geschweige denn durchgesetzt. Auch im Brettspiel-Bereich sind Spiele ganz ohne Zufallselement dünn gesät, Schach, Dame und Mühle gibt es natürlich, aber gerade Schach ist schon sehr speziell, das muss man schon wollen. Das Unsicherheitsmoment des Zufalls ist eben auch befreiend. Wie ein Freund von mir einmal sagte: Das schreckliche an Schach ist, dass immer der Bessere gewinnt. Es gibt nie den Lucky Crit zur rechten Zeit, der der Gruppe den Arsch rettet.

Insofern hat der Glücksspiel-Aspekt einen festen und wichtigen Platz in den meisten Runden. Ebenso haben andere Dinge einen festen und wichtigen Platz in den meisten Runden, Charakterdarstellung, Exploration, freie dynamische Verhandlung von Spielinhalten, System und Setting Mastery, Dramaturgie, Atmosphäre, uvam. Rollenspiel ist mehr als die Summe seiner Teile.

Ich bin übrigens ein Skeptiker, was das (innerweltlich logische) Taktieren beim Rollenspiel betrifft. Alles was vom Regelsystem abgekoppelt ist, entscheidet ja der Spielleiter mit "gesundem Menschenverstand". Und ich sehe nicht ein, warum ein einziger Spielleiter, den ich ich bisher in meinem Leben getroffen habe, z.B. im Bereich " funktionierende Taktik kleiner Kampfeinheiten" oder auch "Verhandlungen zu Hofe" (und bei vielen anderen Themen) die Autorität hätte, zu entscheiden welcher Spielplan nun lächerlich und welcher genial wäre.

Das sehe ich genau andersrum. Wenn ein Spielleiter diese Autorität nicht hat, wenn er nicht in der Lage ist, hier (im Großen und Ganzen) Beurteilungen zu treffen, die in der Gruppe Anerkennung finden, wie soll es denn dann gehen? Die Regelanwendung selber kommt doch - außerhalb des Kampfes - ohne solche Beurteilung auch nicht aus, wenn z.B. Schwierigkeiten festgelegt werden, die Auswirkungen eines Würfelwurfes usw. Die einzige Alternative ist dann Forge-mäßige Erzählrechteverteilung, dann darf jeder mal bestimmen, aber dann brauchen ja alle die besagte Autorität und nicht bloß der Spielleiter, ohne diese Autorität wäre doch alles, was passiert, ganz und gar beliebig und nichts würde Sinn ergeben?
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Offline Lord Verminaard

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Ich habe es bisher nicht so gut in Worte gefasst, aber genau das ist der Aspekt, den ich bisher mit dem "menschlichen Element" meinte. Die taktische Dimension wird von unzureichenden Autoritäten beurteilt. Das daras resultierende Erfolgserlebnis ist artifiziell, weil die vermeintlich neutrale Distanz der Regeln oder des Systems nicht existiert. Das ist gleichwertig mit der Illusion, die man für sich aufbaut, wenn man ein auf Glück basierendes Spiel "bezwingt" indem man entsprechende Taktiken oder Strategien anwendet.

Ah okay, jetzt verstehe ich die These. Auf jeden Fall mal ein Gedanke, den ich so noch nicht gehört habe. Dass letztendlich alles artifiziell ist, nun gut, im Rollenspiel geht es um Sachen, die sich Leute ausdenken, das ist eine Binsenweisheit. (Oder wie es der Hofrat einmal ausdrückte: Der Kaiser ist nackt!) Dass Taktik eine Illusion ist, werden sicher viele vehement bestreiten, ich neige auch dazu. Schöne Kontroverse. :)
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Pyromancer

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Wenn der Spielspaß sich vorwiegend oder ausschließlich aus der Ausschöpfung taktischer Möglichkeiten und der strategisch klugen Anwendung der vom Spiel und System zur Verfügung gestellten oder vermeintlich selbst erarbeiteten Instrumente und Optionen bezieht, zieht man seinen Spielspaß aus Glücksspiel.

Auch, wenn am Ende Zufall gar keine Rolle spielt, also z.B. eine optimale Taktik ohne Würfelwurf zum Erfolg führt?

Offline Maarzan

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Mit "isoliert" meinte ich explizit das Beispiel des Würfelwurfs, unabhängig von allen anderen Faktoren. Dieser ist an sich vergleichbar mit einem einfachen Glücksspiel, das keine taktischen Dimensionen hat.

In meiner These geht es aber nicht um den isolierten Würfelwurf, sondern um eine Argumentation pro eines Spielstils, der postuliert, authentische Spannung und dementsprechende Spielerfahrung wäre nur durch taktisches Spiel und die unangefochtene Deutungshoheit von Würfelergebnissen (die z. B. durch Ignorieren von Ergebnissen ausgehebelt würde) zu erzeugen. Ich sage: wenn man Spannung so exklusiv für sich interpretiert und deswegen diese Argumentation fährt, betreibt man in erster Linie Glücksspiel.

Tartex hat übrigens in meinen Augen perfekt zusammengefasst, warum sich mein Glückspiel-Argument nicht allein auf den Würfelwurf bezieht, wie YY und Feuersänger es bisher tun:

Ich habe es bisher nicht so gut in Worte gefasst, aber genau das ist der Aspekt, den ich bisher mit dem "menschlichen Element" meinte. Die taktische Dimension wird von unzureichenden Autoritäten beurteilt. Das daras resultierende Erfolgserlebnis ist artifiziell, weil die vermeintlich neutrale Distanz der Regeln oder des Systems nicht existiert. Das ist gleichwertig mit der Illusion, die man für sich aufbaut, wenn man ein auf Glück basierendes Spiel "bezwingt" indem man entsprechende Taktiken oder Strategien anwendet.

Ich behaupte nämlich: auch die vorausgehende Taktik, das Treffen von strategischen Entscheidungen zur Wahrscheinlichkeitsmanipulation von Erfolg ist Glücksspiel. In dem Sinne, dass man an den gleichen Dingen (u. a. Mitteln der Herausforderungsbewältigung) Spaß hat, wie ein Glücksspieler. Es sind die gleichen Impulse, die gleiche Motivation. Es spielt im Grunde keine Rolle, wie viel fluff und Ausstaffierung man rundherum benutzt. Wenn der Spielspaß sich vorwiegend oder ausschließlich aus der Ausschöpfung taktischer Möglichkeiten und der strategisch klugen Anwendung der vom Spiel und System zur Verfügung gestellten oder vermeintlich selbst erarbeiteten Instrumente und Optionen bezieht, zieht man seinen Spielspaß aus Glücksspiel. Auch wenn man einen Höhepunkt darin sieht, wie die Würfel fallen, ist das Glücksspiel. Also nicht "alles ist Glücksspiel". Das sind sehr klare Definitionen.

Dieses isolieren ist aber hier unzulässig, da ein wesentlicher Unterschied zum Glükspiel aka einarmiger bandit oder Lotto ist die Wahrscheinlichkeiten durch seine Handlungen anzupassen oder gar erst auszuwählen.

Der Bezug von Spannung exklusiv für sich zuinterpretieren zu betreibt dann Glückspiel ist doch arg abstrus.
Was hat die Frage, ob es noch andere Arten Spannung gäbe denn damit zu tun ob eine bestimmte Handlungsweise dann Glücksspiel ist oder nicht.
Das und der Verweis auf das Würfeldrehen deutet doch stark darauf hin, dass du dich da zurückgesetzt fühlst und nun versuchst dem anderen Stil mit rhetorischen Verdrehungen durch das bemühen abstruser Extreme und Ausblenden von wesentlichen Elementen und willkürlich zusammengestoppelten Definitionen an die Karre zu fahren.
Ich denke diese Vorgehensweise über sprachliche Kunstgriffe, ignorieren von Relationen, Bezügen und Wahrscheinlichkeiten ist ein wesentlicher Grund, warum beim Spielen mit Leuten, die so agieren, auf Grund der dahinterstehenden treibenden Willkür KEINE Spielspannung  aufkommt, weil für die dahinterstehende Spielerentscheidung weder Verständnis noch Achtung besteht.

Daneben fällt diese seltsame generelle Glücksspieldefinition bezüglich des "Ausschöpfen von strategischen Möglichkeiten ... " schon damit, dass man idealerweise sich so vorbereitet, dass die Versagenschance effektiv 0 wird. Das dies in der Praxis oft nicht möglich ist und dann echte Spielspannung als weitere Spielspaßquelle hinzu kommt, tut dem keinen Abbruch.

Auf diesem gewohnten Niveau ist dann natürlich keinerlei Vorstellung von einer sorgsamen und regeltreuen Spielleiterentscheidung mehr zu erwarten.
 
Und "alles ist Glücksspiel" gilt danach, weil dann dieser Effekt: am Ende läuft es auf Grund mangelnder Gesamtinformation und Situationskontrolle auf einen nicht mehr abschätzbaren Zufallseinfluss hinaus nahezu überall vorliegt , inkl. dem realen leben.




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Offline YY

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Die taktische Dimension wird von unzureichenden Autoritäten beurteilt. Das daras resultierende Erfolgserlebnis ist artifiziell, weil die vermeintlich neutrale Distanz der Regeln oder des Systems nicht existiert.

Wie geschrieben: Das gilt nicht für alle Systeme.
Ausreichend abstrakte oder kleinteilige Systeme haben durchaus genug "Abdeckung", um eine recht neutrale Bewertung zu ermöglichen bzw. ein Stück weit zu erzwingen.
Wacklig wird das vor allem im Mittelfeld zwischen starker Abstraktion und starker Verregelung, wo vieles in die Hand des SL gelegt wird.

Ich behaupte nämlich: auch die vorausgehende Taktik, das Treffen von strategischen Entscheidungen zur Wahrscheinlichkeitsmanipulation von Erfolg ist Glücksspiel. In dem Sinne, dass man an den gleichen Dingen (u. a. Mitteln der Herausforderungsbewältigung) Spaß hat, wie ein Glücksspieler.

Wo kommt dann der einarmige Bandit her?
Dass genau jener seinen eigenen Reiz hat - da stimme ich zu.

Aber wenn jetzt Glücksspiel doch wieder erweitert wird auf a) Dinge, die den Wurf beeinflussen oder Strategien, die sich über mehrere Würfe auswirken, also abseits des eigentlichen Wurfes stattfinden, und b) andere Reize/Spaßquellen als den Nervenkitzel, wenn der Zufallsgenerator (noch) rattert und klackt, dann ist das doch das, was Turning Wheel schrieb: Ein Spiel mit Zufallsanteil, aber eben kein (reines) Glücksspiel.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Es mag sein, dass es Spieler.innen gibt, die RPGs als Glücksspiel erleben. Wo dieser Thread meiner Meinung nach kippt, ist die Behauptung, OSR und Old school würden sich dazu destillieren lassen. Siehe auch Pyromancers letzte Beiträge.

Cynom

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Der Bezug von Spannung exklusiv für sich zuinterpretieren zu betreibt dann Glückspiel ist doch arg abstrus.
Was hat die Frage, ob es noch andere Arten Spannung gäbe denn damit zu tun ob eine bestimmte Handlungsweise dann Glücksspiel ist oder nicht.

Ich verstehe die Sätze nicht.

Zitat
Das und der Verweis auf das Würfeldrehen deutet doch stark darauf hin, dass du dich da zurückgesetzt fühlst und nun versuchst dem anderen Stil mit rhetorischen Verdrehungen durch das bemühen abstruser Extreme und Ausblenden von wesentlichen Elementen und willkürlich zusammengestoppelten Definitionen an die Karre zu fahren.
Ich denke diese Vorgehensweise über sprachliche Kunstgriffe, ignorieren von Relationen, Bezügen und Wahrscheinlichkeiten ist ein wesentlicher Grund, warum beim Spielen mit Leuten, die so agieren, auf Grund der dahinterstehenden treibenden Willkür KEINE Spielspannung  aufkommt, weil für die dahinterstehende Spielerentscheidung weder Verständnis noch Achtung besteht.

Keine Ahnung, was die küchenpsychologische Analyse hier verloren hat. Wir haben uns doch bisher ganz gut unterhalten? Fett gedrucktes ist astreines ad hominem. Sehe ich keinen Anlass für, zumal ich meine Thesen und Behauptungen bisher eigentlich, sehr erschöpfend, versucht habe argumentativ zu untermauern. Und ich mich auch nicht auf irgendeiner Stil-Seite sehe.

Auf der Basis diskutiere ich nicht.


Wie geschrieben: Das gilt nicht für alle Systeme.
Ausreichend abstrakte oder kleinteilige Systeme haben durchaus genug "Abdeckung", um eine recht neutrale Bewertung zu ermöglichen bzw. ein Stück weit zu erzwingen.

Systeme werden von Designern / Autoren geschrieben und von Spielleitern und Spielern interpretiert. Also hebt sich die mangelnde Autoritätshoheit meiner Meinung nach auch durch gut ausgeklügelte Systeme nicht aus.

Davon abgesehen: Erfolgsempfinden vor allem daraus generieren, sich innerhalb eines System aller zur Verfügung stehenden Instrumente erfolgreich und taktisch klug zu bedienen, um vom System/Spielleiter gestellte Herausforderungen zu meistern. Das ist die Glücksspiel-Motivation, die ich in meiner These definiert habe.

Zitat
Wo kommt dann der einarmige Bandit her?
Dass genau jener seinen eigenen Reiz hat - da stimme ich zu.

Aber wenn jetzt Glücksspiel doch wieder erweitert wird

Der einarmige Bandit war ein Vergleich zum Würfelwurf. Den Würfel zu würfeln und auf ein Ergebnis zu hoffen ist vergleichbar mit der Betätigung des einarmigen Banditen. Isoliert betrachtet.

"Doch wieder erweitert" wird hier gar nichts. Im Titel steht "durch taktische Manöver und Würfelprobem" und im Eingangsposting steht:

Zitat
Die Spannung, die eine Würfelprobe auslöst. Die Freude bei einem gescheiterten Ergebnis, das authentische Gefühl von Verlust oder Triumph durch echte "stakes".

Das wird oft in Kombination damit gesehen, sich entsprechende Erfolgserlebnisse zuvor durch taktische Entscheidungen und durch echte Entscheidungsfreiheit, im Sinne einer ungetrübten und nicht nur durch den Spielleiter vorgegaukelten Entscheidungsmöglichkeit, erarbeitet und verdient zu haben. Was heißt taktisch in dem Kontext? Der Situation angemessen, intelligent zu handeln. Vorteile herausarbeiten und ausnutzen. Gegner und Hindernisse durch kluges Taktieren und Handeln übervorteilen oder überkommen.


Auch, wenn am Ende Zufall gar keine Rolle spielt, also z.B. eine optimale Taktik ohne Würfelwurf zum Erfolg führt?

Sehr hypothetischer Fall, weil die Abwicklung von Würfelproben im von der These besprochenen, postulierten Spielstil eigentlich sehr zentral ist - und als zentraler Faktor von Spannung definiert wird.

Aber gut. Ja, auch dann. Worin liegt denn das Erfolgsempfinden? Darin, das system gegamed zu haben. Glücksspiel.
« Letzte Änderung: 2.02.2020 | 21:27 von Cynom »

Offline YY

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Systeme werden von Designern / Autoren geschrieben und von Spielleitern und Spielern interpretiert. Also hebt sich die mangelnde Autoritätshoheit meiner Meinung nach auch durch gut ausgeklügelte Systeme nicht aus.

Ist es dann deiner Meinung nach gar nicht möglich, diese Autoritätshoheit zu erreichen?
Oder wie sähe eine erfolgreiche Umsetzung aus, ggf. in anderen Spielsektoren abseits des Rollenspiels?

Erfolgsempfinden vor allem daraus generieren, sich innerhalb eines System aller zur Verfügung stehenden Instrumente erfolgreich und taktisch klug zu bedienen, um vom System/Spielleiter gestellte Herausforderungen zu meistern. Das ist die Glücksspiel-Motivation, die ich in meiner These definiert habe.

Das ist kein Glücksspiel, sondern Spiel.
Glücksspiele sind Spiele, deren Verlauf zum überwiegenden Teil vom Zufall abhängt.
Wie passt das deiner Meinung nach mit der Nutzung aller Möglichkeiten und taktisch klugem Verhalten zusammen? In einem Glücksspiel wäre das doch gerade irrelevant oder sogar unmöglich.
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Pyromancer

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Aber gut. Ja, auch dann. Worin liegt denn das Erfolgsempfinden? Darin, das system gegamed zu haben. Glücksspiel.

Da kann ich dir nicht mehr folgen. Wenn man "das Spiel gewinnt", ohne auf Glück angewiesen zu sein, dann ist das für dich trotzdem ein Glücksspiel?

Offline Alexandro

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Der ganze taktische Ansatz, von wegen "Resourcen einsetzen, um Wahrscheinlichkeiten zu beeinflussen", ist bei der OSR sowieso Kokolores, da die Wahrscheinlichkeiten ja in der "Black Box" sind, auf welche die Spieler (normalerweise) keinen Zugriff haben.

Es ist also eher so "Ich habe eine Situation, dann mache ich etwas, dann passiert basierend darauf etwas" - aber was genau passiert ist zum einen glücksabhängig (basierend auf Wahrscheinlichkeiten, die man nicht kennt) und unterliegt zum anderen recht komplexen sozialen Absprachen innerhalb der Gruppe (die es z.B. vom SL verlangen "fair" zu sein, zum anderen jedoch auch die Spieler mit Situationen zu konfrontieren, die sie nur lösen können, wenn sie vom SL ein gewisses Maß an Hinterhältigkeit annehmen und darauf basierend ihre Entscheidungen treffen) - der Vergleich mit "Bluffen" beim Poker bietet sich an: auch das ist eine soziale Grenzverletzung (lügen), die aber nur unter bestimmten Regeln funktioniert (und deswegen nicht andere Grenzverletzungen OK macht).
Wer beim Rollenspiel eine Excel-Tabelle verwendet, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Offline Feuersänger

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Witzigerweise wollte ich gerade etwas ähnliches sagen: mein Problem ist weniger, dass eine optimierte Probe mit sagen wir mal 85% immer noch eben 15% Verkackrisiko besitzt. Solange man Möglichkeiten hat, die Proben entsprechend zu beeinflussen, ist das ja in Ordnung.
Probleme habe ich zum einen mit Systemen, die von vorn bis hinten so getrimmt sind, dass man gar nicht erst in solche Bereiche kommt, sondern jede Entscheidung letztendlich im Bereich eines Münzwurfs bleibt.
Oder zum anderen mit SLs, die im Prinzip das gleiche machen, nur ohne Regelsystem dahinter.
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Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

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Das sehe ich genau andersrum. Wenn ein Spielleiter diese Autorität nicht hat, wenn er nicht in der Lage ist, hier (im Großen und Ganzen) Beurteilungen zu treffen, die in der Gruppe Anerkennung finden, wie soll es denn dann gehen? Die Regelanwendung selber kommt doch - außerhalb des Kampfes - ohne solche Beurteilung auch nicht aus, wenn z.B. Schwierigkeiten festgelegt werden, die Auswirkungen eines Würfelwurfes usw. Die einzige Alternative ist dann Forge-mäßige Erzählrechteverteilung, dann darf jeder mal bestimmen, aber dann brauchen ja alle die besagte Autorität und nicht bloß der Spielleiter, ohne diese Autorität wäre doch alles, was passiert, ganz und gar beliebig und nichts würde Sinn ergeben?

Ganz so überspitzt wie ich es formuliert habe, läuft es im Alltag ja nicht ab. Man findet eigentlich fast immer einen Kompromiss - und auch Spielvergnügen, sonst wäre das Hobby ja nichts für mich.

Ich wollte nur zwei Sachen aufzeigen:

1.) Die von manchen OSR-Vertretern postulierte Prinzipat des regelfreien Taktierens als klügeres Spiel ist auf Sand gebaut. (Ich bin ja selbst OSR-Fan, aber die Kombination von Regeln und freier Moderation haben RPGs gezeugt, und die Theorie, dass wir durch Abweichen vom Urtext von D&D das Spiel mehr und mehr verfallen würde, ist ja sowas von reaktionär-amerikanisch. Vergleiche Bibel, vergleiche Constitution...)

2.) Taktisch kluges Spiel im regelfreien Raum ist in Wahrheit wohl eher überzeugendes Verhandeln mit dem Spielleiter und seinem Geschmack. Wenn wir am Tisch also unsere Pläne präsentieren, "würfeln" wir in Real Life quasi nie auf Knowledge: Warfare , sondern immer auf Persuasion.
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Nur am Rande: Poker finde ich ein schlechtes Beispiel für ein "typisches" Glücksspiel. Ja es enthält Zufallselemente. Ja diese Zufallselemente können dafür sorgen, dass Du im entscheidenden Moment aus dem Turnier fliegst. Aber Du als Spieler setzt selber fest wie hoch die Stakes bei jedem Zufallsschritt genau sind und diese Festsetzung machst Du auf Grund vorheriger Abschätzungen der Wahrscheinlichkeiten und des Spielverhaltens der Mitspieler.
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Cynom

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Dieser Satz führt eben alle vorherigen Betrachtungen ad absurdum, weil die sich sämtlich auf deine äußeren Beobachtungen des Spiels beziehen und dann willst du am Ende den logischen Schluss ziehen, dass die wichtigste Projektion des Spielers folglich sein muss, dass er Glücksspiel wichtig findet.
Wie ich schon sagte: "Ja, dem würde ich folgen", aber ich denke eben nicht, dass das tatsächlich so ist.

Ich verstehe das nicht ganz, muss ich sagen. Auf der einen Seite führe ich alle vorherigen Betrachtungen durch meine Schlussfolgerung ad absurdum, auf der anderen Seite sagst du "Ja, dem würde ich folgen - ich glaube nur nicht, dass das tatsächlich so ist"?

Zitat
Also um es auf den Punkt zu bringen: Meine Definition von Rollenspiel läuft (unter anderem) auf den Punkt hinaus, dass es unbedingt eine Erzählung geben muss, die übergeordnete Relevanz für das Glücksspiel hat – also wichtiger ist als das Glücksspiel selbst.

Du scheinst, wie einige andere hier, zu glauben, dass ich in irgendeiner Weise die Behauptung "Rollenspiel = Glücksspiel" zu beweisen versuche. Dem ist nicht so. Ich interpretiere auch meiner Meinung gar nicht so viel psychologisches von außen, wenn ich sage:

Wer von sich selbst sagt, dass er seinen Spaß im Rollenspiel vor allem oder ausschließlich aus taktischer und strategischer Bezwingung der vom System/Spiel bereitgestellten Herausforderungen und/oder eventuell aus der Spannung des in jeder Hinsicht bindenden Würfelwurfes und des aus diesen Elementen sich ergebenden Erfolgsempfindens zieht, der zieht seinen Spaß in erster Linie aus den Glücksspiel-Elementen des Rollenspiels. Zugespitzt gesagt: der treibt in erster Linie Glücksspiel.

und

Wer generell behauptet, dass echte / authentische Spannung im Rollenspiel (und daraus resultierend echter Spaß) nur durch die unverfälschte Belohnung taktischer und strategischer Entscheidungen und die unbedingte klimaktische Unberührtheit des Würfelwurfs entstehen kann, der sagt im Grunde nur "ich habe an Glücksspiel Spaß, ich möchte im Rollenspiel von den gleichen Elementen Belohnung und Erfolgsempfinden erhalten, wie im Glücksspiel".

Tatsächlich stimme ich mit dir völlig überein, was den elementaren Bestandteil der Erzählung im Rollenspiel angeht. Der taucht aber in der Gleichung der von mir eingangs angesprochenen Spielstilbeschreibung gar nicht auf. Der ist in dem Anspruch der taktischen Authentizität und Tiefe und der Belohnung dadurch, dass System gegamed zu haben, tatsächlich nur Ausstaffierung. Insbesondere, wenn man behauptet, dass auch die erfolgreiche/spannende/authentische/spaßige Erzählung nur durch die korrekte Bedienung der Glücksspielelemente entstehen kann.

Nur am Rande: Poker finde ich ein schlechtes Beispiel für ein "typisches" Glücksspiel. Ja es enthält Zufallselemente. Ja diese Zufallselemente können dafür sorgen, dass Du im entscheidenden Moment aus dem Turnier fliegst. Aber Du als Spieler setzt selber fest wie hoch die Stakes bei jedem Zufallsschritt genau sind und diese Festsetzung machst Du auf Grund vorheriger Abschätzungen der Wahrscheinlichkeiten und des Spielverhaltens der Mitspieler.

Gerade deswegen ist Poker ein perfektes Beispiel für diesen Thread und meine These, weil es sich mit dem aufs Rollenspiel bezogenen Glücksspiel ganz ähnlich verhält. Am Ende ist der Reiz, Poker zu spielen, in vielerlei Hinsicht identisch mit dem Reiz, ein RollenSPIEL zu spielen, dessen Spaß und Spannung sich vorwiegend oder ausschließlich aus dem klugen Einsatz der vom System/Spiel gelieferten Instrumente (Karten auf der Hand), der eigenen Möglichkeiten (taktische Spielzüge, bluffen), das Abschätzen von Wahrscheinlichkeiten des Verhaltens der Spielwelt / des System (Mitspieler) und dem Nervenkitzel des Quentchen Glücks (Würfelwurf) ergibt. Wenn man postuliert, dass Spannung und Spaß ohne diese Elemente nicht möglich oder nicht authentisch ist, betreibt mein sein Rollenspiel in erster Linie wie ein Glücksspiel - und hat auch in erster Linie an diesen Glücksspiel-Elementen Spaß.
« Letzte Änderung: 3.02.2020 | 19:22 von Cynom »

Offline takti der blonde?

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Wer von sich selbst sagt, dass er seinen Spaß im Rollenspiel vor allem oder ausschließlich aus taktischer und strategischer Bezwingung der vom System/Spiel bereitgestellten Herausforderungen und/oder eventuell aus der Spannung des in jeder Hinsicht bindenden Würfelwurfes und des aus diesen Elementen sich ergebenden Erfolgsempfindens zieht, der zieht seinen Spaß in erster Linie aus den Glücksspiel-Elementen des Rollenspiels. Zugespitzt gesagt: der treibt in erster Linie Glücksspiel.

Ich ziehe meinen Spaß vor allem aus taktischen und strategischen Elementen und versuche Situationen herbeizuführen, die keinen Würfelwurf brauchen. Ich habe, überspitzt, Angst vor dem Würfelwurf und finde es gut, das "Deck zu stacken".
So, damit ist das ja widerlegt. :)

Offline Maarzan

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Wer von sich selbst  sagt, dass er seinen Spaß im Rollenspiel vor allem oder ausschließlich aus taktischer und strategischer Bezwingung der vom System/Spiel bereitgestellten Herausforderungen und/oder eventuell aus der Spannung des in jeder Hinsicht bindenden Würfelwurfes und des aus diesen Elementen sich ergebenden Erfolgsempfindens zieht, der zieht seinen Spaß in erster Linie aus den Glücksspiel-Elementen des Rollenspiels. Zugespitzt gesagt: der treibt in erster Linie Glücksspiel.

und

Wer generell behauptet, dass echte / authentische Spannung im Rollenspiel (und daraus resultierend echter Spaß) nur durch die unverfälschte Belohnung taktischer und strategischer Entscheidungen und die unbedingte klimaktische Unberührtheit des Würfelwurfs entstehen kann, der sagt im Grunde nur "ich habe an Glücksspiel Spaß, ich möchte im Rollenspiel von den gleichen Elementen Belohnung und Erfolgsempfinden erhalten, wie im Glücksspiel".


Und diese Aussage ist und bleibt so haltlos.
Das Ganze beinhaltet zwar ein Glücks-/Zufallselement, aber der Anteil ist gegenüber dem Einflussteil, mit welchem die Wahrscheinlichkkeiten entsprechend als taktischem Spielanteil beeinflusst werden, klein bis im Idealfall 0, so dass die pauschale Bezeichnung Glücksspiel ein völlig unhaltbares, konstruiertes Extrem ist.


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Klar geht es um Verhandeln, das Rollenspiel an sich lässt sich als das Verhandeln von fiktionalen Ereignissen beschreiben. Aber ich wundere mich doch sehr über diese gelegentlich auftauchende Vorstellung, dass es so etwas wie objektiv bessere oder schlechtere Argumente (= Pläne, Herangehensweisen, Positionen, etc.) überhaupt gar nicht gäbe, sondern dass es allein darauf ankäme, wer die anderen am Besten belabert. Das ist jedenfalls ganz und gar nicht mein Verständnis.
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Gerade deswegen ist Poker ein perfektes Beispiel für diesen Thread und meine These, weil es sich mit dem aufs Rollenspiel bezogenen Glücksspiel ganz ähnlich verhält.
Warum spielen dann die Pokerspieler nicht einfach nur noch am einarmigen Banditen? Du bekommst ohne Lernaufwand ständig den Kick des Glückspiels.
Da muss ergo schon ein bisschen mehr dahinter stecken, als einfach nur den Kick durchs Spielelement. Meinste nicht?
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Warum spielen dann die Pokerspieler nicht einfach nur noch am einarmigen Banditen? Du bekommst ohne Lernaufwand ständig den Kick des Glückspiels.
Da muss ergo schon ein bisschen mehr dahinter stecken, als einfach nur den Kick durchs Spielelement. Meinste nicht?

Genau. Bei Wikipedia steht z.B. zur Definition von Glücksspiel:
"So gelten in Deutschland bestimmte turniermäßig veranstaltete Spiele wie Skat (siehe Preisskat), Schafkopf (siehe Turnierschafkopf) und Bridge (siehe Turnierbridge) rechtlich nicht als Glücksspiel, sofern das Turnier genügend lang ist."
Poker ist auch kein Glücksspiel, denn sonst könnte man keine KI bauen die dauernd gewinnt.

Bei D&D-artigen Kämpfen sorgen vor allem die Trefferpunkte dafür dass "das Turnier genügend lang ist". Sie sind definitiv näher am Skat als am Roulette.
Allerdings gibt es im Rollenspiel durchaus Dinge die eindeutig den Charakter eines Glücksspiels haben, wie z.B. Save-or-die Fallen.
Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
Im Rollenspiel ist auch hinreichend fortschrittliche Technologie von Magie zu unterscheiden.
Meine 5E Birthright Kampagne: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122998.0.html

Offline tartex

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Zum Thema:

Zitat
Poker liegt daher im Kontinuum zwischen Glücks- und Geschicklichkeitsspiel und seine Klassifizierung als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel bleibt eine politische Frage mit der damit verbundenen Lobbyarbeit und Rechtsunsicherheit. Für den Gesetzgeber sollte bei der Entscheidung zur Regulierung von Spielen ohnehin nicht entscheidend sein, ob das Spielergebnis vom Glück oder vom Geschick abhängt, sondern vielmehr, ob das Spiel sozialschädlich ist. Die nächste Herausforderung ist daher eine Glücksspieldefinition, die alle sozial schädlichen Spiele abdeckt und nicht zu Rechtsunsicherheit führt.

Vgl. hier
Die Zwillingsseen: Der Tanelorn Hexcrawl
Im Youtube-Kanal: Meine PnP-Let's-Plays
Kumpel von Raven c.s. McCracken

Offline Alexandro

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Witzigerweise wollte ich gerade etwas ähnliches sagen: mein Problem ist weniger, dass eine optimierte Probe mit sagen wir mal 85% immer noch eben 15% Verkackrisiko besitzt. Solange man Möglichkeiten hat, die Proben entsprechend zu beeinflussen, ist das ja in Ordnung.
Probleme habe ich zum einen mit Systemen, die von vorn bis hinten so getrimmt sind, dass man gar nicht erst in solche Bereiche kommt, sondern jede Entscheidung letztendlich im Bereich eines Münzwurfs bleibt.
Oder zum anderen mit SLs, die im Prinzip das gleiche machen, nur ohne Regelsystem dahinter.

Wie soll ein SL denn das gleiche wie ein Münzwurf machen, ohne einen irgendwie gearteten Zufallsmechanismus zu verwenden?  :think:

Und nein: das war nicht das, was ich gesagt habe.
Wenn ein System für eine bestimmte Aufgabe sagen wir mal 65% Erfolgschance hat und ich das durch entsprechende Vorbereitung auf 95% bringen kann, dann ist das wertlos, solange der SL die Schwierigkeiten verwaltet und diese nicht kommuniziert. Denn dann weiß ich ja nicht, ob es sich überhaupt lohnt die zusätzliche Zeit/den zusätzlichen Aufwand zu investieren oder ob ich nur "pixelbitching" betreibe und die Wahrscheinlichkeit von 99,5% auf 99,7% hochziehe (oder gar sinnlos Boni aufaddiere, wenn die vorhandenen bereits ausreichen, dass der Wurf in jedem Fall gelingt).

Möglichkeiten das zu vermeiden wäre:
a) die Schwierigkeiten und die ganze Metaebene transparent machen, damit die Spieler genau wissen, wie der entsprechende Bonus jetzt die Wahrscheinlichkeit verändert.
oder
b) das Ganze intransparent lassen, dafür aber die Ergebnisspanne verkleinern, so dass sich die Wahrscheinlichkeiten nicht zu sehr unterscheiden (z.B. alle Wahrscheinlichkeiten liegen, außergewöhnliche Situationen ausgenommen, im "sweet spot" von 70-85%) - bei gleichzeitiger Reduzierung von Boni/Mali und ähnlichen Stellschrauben - und die Ergebnisse dadurch eher erwartbar machen.

Ich muss wohl nicht sagen, welche Methode ich bevorzuge. 8)
Wer beim Rollenspiel eine Excel-Tabelle verwendet, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Offline Maarzan

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Wie soll ein SL denn das gleiche wie ein Münzwurf machen, ohne einen irgendwie gearteten Zufallsmechanismus zu verwenden?  :think:

Und nein: das war nicht das, was ich gesagt habe.
Wenn ein System für eine bestimmte Aufgabe sagen wir mal 65% Erfolgschance hat und ich das durch entsprechende Vorbereitung auf 95% bringen kann, dann ist das wertlos, solange der SL die Schwierigkeiten verwaltet und diese nicht kommuniziert. Denn dann weiß ich ja nicht, ob es sich überhaupt lohnt die zusätzliche Zeit/den zusätzlichen Aufwand zu investieren oder ob ich nur "pixelbitching" betreibe und die Wahrscheinlichkeit von 99,5% auf 99,7% hochziehe (oder gar sinnlos Boni aufaddiere, wenn die vorhandenen bereits ausreichen, dass der Wurf in jedem Fall gelingt).

Möglichkeiten das zu vermeiden wäre:
a) die Schwierigkeiten und die ganze Metaebene transparent machen, damit die Spieler genau wissen, wie der entsprechende Bonus jetzt die Wahrscheinlichkeit verändert.
oder
b) das Ganze intransparent lassen, dafür aber die Ergebnisspanne verkleinern, so dass sich die Wahrscheinlichkeiten nicht zu sehr unterscheiden (z.B. alle Wahrscheinlichkeiten liegen, außergewöhnliche Situationen ausgenommen, im "sweet spot" von 70-85%) - bei gleichzeitiger Reduzierung von Boni/Mali und ähnlichen Stellschrauben - und die Ergebnisse dadurch eher erwartbar machen.

Ich muss wohl nicht sagen, welche Methode ich bevorzuge. 8)

Die Aufklärung der weiteren Wahrscheinlichkeitseinflüsse ist neben den regeltechnisch festgelegten und damit bekannten Einflussfaktoren genau der Spielinhalt, wo sich Situationsverständnis und Regelkunde bei Bau wie Betrieb des Charakters dann zu einer strategie formen, welche quasi idealerweise "sicher" ist, oft aber auch den Nervenkitzel des Restrisikos beinhaltet (oder auch der Hoffnung auf den Glückstreffer).

Wobei ich noch mit aufführen will, dass sich dieser Nervenkitzel gleich anfühlt, unabhängig davon, ob man das jetzt an dem makroskopischen (man hat einen Einfluss übersehen oder falsch eingeschätzt) oder dem mikroskopischen Anteil (dem Würfel als Repräsentant all der anderen kleinen unbenannten Einflussfaktoren) hängt.
Damit kommt der Reiz eben nicht vom reinen Glücksanteil.

Andere Variante:
So betrachtet ist Jenga ein "Glücksspiel". Da ist sicher Fingerspitzegefühl, Beobachtungsgabe udn etwas Strategie bei, aber am Ende weiß man ab einem gewissen Level nie genau, ob es jetzt für den weiteren Stein reicht und der Turm hält- bei Anfängern früher, bei Fortgeschrittenen später - letztlich ein sehr ähnlcihes gefühl wie im Moment, bevor der SL, der Würfel oder beide die Auflösung einer handlung verkünden.
Aber was der Jenga- wie der Rollenspieler entsprechenden Stils ganz und gar nicht wollen ist, dass da einer herkommt und mit "das fände ich jetzt aber cool" den Turm umwirft oder förderlich zurechtrückt.
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Aber was der Jenga- wie der Rollenspieler entsprechenden Stils ganz und gar nicht wollen ist, dass da einer herkommt und mit "das fände ich jetzt aber cool" den Turm umwirft oder förderlich zurechtrückt.
So pauschalisiert ist es definitiv falsch. Das habe ich nämlich bei Rollenspielern des entsprechenden Stils durchaus auch schon anders erlebt. Auch und gerade hier in verschiedenen Diskussionen im Forum.
« Letzte Änderung: 3.02.2020 | 22:33 von 6 »
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline Maarzan

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So pauschalisiert ist es definitiv falsch. Das habe ich nämlich bei Rollenspielern des entsprechenden Stils durchaus auch schon anders erlebt. Auch und gerade hier in verschiedenen Diskussionen im Forum.

?!?
Pauschalisiert?

Mit "entsprechenden Stils" meinte ich Rollenspieler, die Wert auf entweder Simulation oder aber herausforderungsorientiertem Spiel haben.
Passt das jetzt?
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