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Weltengeists Savage Worlds Blog
Weltengeist:
--- Zitat von: Vasant am 1.04.2021 | 10:42 ---Mich würde so ein Blogbeitrag auf jeden Fall interessieren! Auch, woher diese Vorstellung kommt – denn mein Eindruck ist, dass man es eben aus anderen klassischen Rollenspielen so kennt und deshalb auch hier so haben will.
--- Ende Zitat ---
Dann schreib ich da demnächst mal was dazu. :d
--- Zitat ---Ja, eigentlich hätte man das dann auch im Regelbuch komplett als Baukasten auslegen und die verfügbaren Arkanen Hintergründe ausdrücklich als Beispiele darstellen sollen.
--- Ende Zitat ---
Offen gestanden habe ich die arkanen Hintergründe im GRW auch immer genau als das verstanden: als (Klischee-)Beispiele dafür, wie man das gestalten kann. Nicht umsonst werden die ja in so gut wie jedem Setting-Band abgeändert oder um neue Varianten ergänzt, um das Spielgefühl des jeweiligen Settings abzubilden. Wobei ich gegen einen "Arcane Background"-Baukasten im GRW eigentlich auch nichts hätte, aber den gibt es ja nicht wirklich.
Weltengeist:
#9: Das Kind im Setting-Bonbonland
Okay, okay, ein "Blog" sollte gelegentlich auch mal einen neuen Eintrag enthalten. Aber durch den Lockdown und den zwischenzeitlichen Zusammenbruch meiner Runden (die eine pausierend, die andere komplett eingestellt) habe ich eben auch nicht mehr gespielt und hatte damit auch wenig zu erzählen. Inzwischen aber hat sich doch mal wieder was getan, daher hier ein Update - allerdings geht es (zum dritten Mal hintereinander) noch immer um das Thema "Settings".
Einer der Gründe, warum ich vor anderthalb Jahren auf "Savage Worlds" umgestiegen bin, war das Versprechen, dass man damit sehr viele verschiedene Settings bespielen kann. Nun, ich liebe Settings (auch viele verschiedene), und ich hasse es, für jedes davon neue Regeln zu lernen. Daher schien es naheliegend, mich auf ein Regelwerk einzuschießen, das ich ohne großen Aufwand an ganz viele Settings anpassen kann.
Was ich dabei leider übersehen habe ist, dass es eben doch mit Arbeit verbunden ist, Savage Worlds auf neue Settings anzupassen. Klar, wenn es ohnehin ein SaWo-Setting ist, ist die Sache einfach. Wenn man aber ein systemfremdes Setting klauen und "savagen" möchte, dann muss man Zeit und Arbeit investieren. Manchmal findet man einen Conversion Guide im Netz, mit viel Glück ist er für die SWADE, und ganz manchmal entspricht er sogar den eigenen Vorstellungen (überraschend oft aber nicht, habe ich festgestellt). Meist aber endet die Sache (zumindest bei mir) damit, dass ich die Conversion doch selbst basteln muss. Nicht alles auf einmal, Schritt für Schritt reicht, aber trotzdem. Zeit und Arbeit eben. Was bei mir leider beides beschränkte Ressourcen sind.
Was sich aber als noch viel schlimmer herausgestellt hat (und das ist eher mein persönliches Problem als eines von Savage Worlds): Damit, dass ich mir eingeredet habe, ich könne ja jedes Setting bespielen, habe ich mich ständig für neue Settings begeistert. Das klingt so cool, das auch, und schau mal da - ist das nicht geil? Früher gab es wenigstens noch die Limits "Geld" und "Platz", um Leute ohne Selbstbeherrschung am unkontrollierten Kaufen zu hindern, aber irgendwann hat die Menschheit PDFs und BundleOfHolding erfunden, und das war's dann für mich. "Kind im Bonbonland" ist mein Begriff für das, was in den letzten Jahren mit meinen Rollenspielanschaffungen passiert ist.
Ich habe letzte Woche mal Inventur gemacht. Über 130 spannende Settings liegen mittlerweile auf meiner Festplatte oder in meinem Bücherregal. In Worten: Einhundertdreißig. Klingt pathologisch? Ich habe da so einen Verdacht. Und vor allem hat es natürlich auch nicht funktioniert. Um ein Setting wirklich auszureizen (jedenfalls so, wie ich mir das vorstelle), muss man sich ja auch eine Zeitlang damit beschäftigen. Und je mehr Settings man rumliegen hat, zwischen denen man hin- und herhüpft, desto weniger kriegt man das hin.
Zwei Dinge haben mich letztlich gerettet. Das eine ist eine Tischrunde, die derzeit erfreulich stabil läuft und die auch gerne weiter ihre laufende Kampagne (ein Eigenbau namens "Wilde See") spielen möchte. Höflich, aber bestimmt. Nein, Weltengeist, wir brauchen gar nicht schon wieder was Neues. Wir sind sehr glücklich mit unseren Figuren, lass uns doch einfach damit weiterspielen. Manchmal braucht der Mensch andere Menschen, die ihn an Dummheiten hindern.
Für meine "sonstigen Rollenspielprojekte" (primär eine Gelegenheitsrunde, die gerade entsteht, plus gelegentliche Kurzgeschichten), habe ich dagegen die Zahl der Settings radikal reduziert. Besonders begeistert bin ich derzeit von Eberron, gerade weil ich mich damit endlich mal richtig intensiv auseinandergesetzt habe. Ich habe es in die Sommerferien mitgenommen. Ich habe Kurzgeschichten dazu geschrieben. Ich habe Romane dazu gelesen. Ich habe Kaufabenteuer durchgesehen. Ich habe sogar Let's Plays auf Youtube angeschaut. Und mit jedem solchen Baustein, der auch wieder was mit Eberron zu tun hat, wird mein inneres Bild des Settings konkreter, farbiger und detailreicher. Und nur so bekomme ich das, was ich mir von einem exotischen Setting eigentlich wünsche: Ein Gefühl für das Ganze, eine Welt, in die man wirklich eintauchen kann und die nicht nur aus ein paar mit breiten Pinselstrichen gezeichneten Klischees besteht. Jetzt freue ich mich darauf, damit erst einmal eine Weile zu spielen. Ausschließlich. Was ein völlig neues Gefühl ist. Drückt mir die Daumen.
Weltengeist:
#10 High-Tech-Waffen
(Junge, ist das lange her, dass ich hier was geschrieben habe. Aber ja, ich spiele immer noch Savage Worlds, nur wegen der ganzen krankheitsbedingten Ausfälle in meinen Gruppen irgendwie nicht mehr so viel wie früher...)
Mal ein neuer Gedanke, und zwar zum Thema High-Tech-Waffen. Es fing damit an, dass wir uns überlegt haben, Starfinder mit Savage Worlds zu bespielen. Da stellt sich natürlich die Frage, wie man die ganzen High-Tech-Waffen darstellt. Ein Blick in den Science Fiction Companion zeigt ganz schnell, dass die Spielbalance eine komplett andere wird. Waffen mit 3d10 Schaden sind keine Seltenheit - die machen dank explodierender Würfel im Schnitt 18 Punkte Schaden, wobei noch deutlich höherer Schaden keine Seltenheit ist (die W'keit für 24 oder mehr Punkte Schaden liegt immer noch bei über 20%). Und die Rüstungswerte liegen irgendwo zwischen +4 und +8, bei Power Armor auch schon mal bei +16. Wenn man sich überlegt, wie leicht es ist, auch kompetente Gegner mit Schusswaffen zu treffen, dann wird schnell klar: hier fällt ganz schnell das ganze gewohnte Gefüge der Savage-Worlds-Regelmechanik auseinander. Wer getroffen wird und keine superhohe Rüstung hat, kassiert im Nullkommanichts einen Haufen Wunden und würfelt ums Überleben.
Für unsere Gruppe haben wir das Problem gelöst, indem wir uns geeinigt haben, dass wir einen Bogen um die wirklich hochgerüsteten Waffen und Rüstungen machen - einfach weil alle wissen, dass der Spielleiter sonst mitziehen muss und damit alle Charaktere, die nicht voll auf Kampf ausgelegt sind, nur noch die Köpfe unten halten und zuschauen können. Aber wie macht man das, wenn man eine gemischte Gruppe hat - also ein paar Leute, die echte Tanks mit allem und scharf spielen wollen, und ein paar, die lieber lustige Skittermander oder begeisterte Ysoki-Bastler darstellen?
Klar, das Problem kennt man auch aus jeder anderen Rollenspielrunde - der Gegner, der den Goliath-Paladin in Vollplatte fordern kann, ist für den Gnomenbarden gleich mehrere Nummern zu groß. Aber im SciFi-Bereich wird das Problem einfach nochmal aufs heftigste potenziert, eben weil echte Kriegswaffen und die üblichen Zivilistenspielsachen dermaßen weit auseinanderliegen.
Jetzt habe ich mir gerade das RIFTS-Grundregelwerk für Savage Worlds zugelegt - ein Setting, in dem solche High-Tech-Ausrüstung eine durchaus zentrale Rolle spielt. Und hier machen sich die Autoren zumindest ein paar Gedanken zum Thema (Gedanken, die ich im SciFi Companion auf den ersten Blick nicht gefunden habe). Allerdings erschöpfen die sich für Nicht-Kampfmaschinen auch in Ratschläge aus der Kategorie "Überlass das Kämpfen denen, die das können" und "Spezialisier dich lieber auf nicht-kämpferische Skills, irgendjemand muss die Power Armor des Glitterboys ja auch wieder reparieren". Aber ist das befriedigend, den reinen Sidekick zu spielen und brav zu warten, bis die Action vorbei ist? Oder läuft es darauf raus, dass sich die Gruppe am Ende entscheiden muss, ob alle Mecha-Piloten spielen oder niemand? Eigentlich fände ich das schade, denn irgendwie hat eine bunt gemischte Gruppe wie die Avengers ja was für sich...
Ich habe ja viele, viele Jahre Spielerfahrung, aber für dieses Problem habe ich tatsächlich nie eine Lösung gefunden (einer der Gründe, warum ich traditionell eher Down-to-Earth-Settings bespiele). Habt ihr eine, womöglich gar für Savage Worlds? Wenn ja, würde mich das sehr interessieren...
Isegrim:
Zu Savage Worlds kann ich nicht viel sagen, das System kenn ich nur oberflächlich; aber das gleiche Problem hat man in vielen SF-Settings (bzw eigentlich in allen Settings, wenn man bedenkt, wie tödlich heutige Schusswaffen sind... oder auch nur Schwerter...). Mögliche Ansätze:
1.) Man kümmert sich nicht drum, und gibt den tollen Waffen auch nur Schadenscodes, die man überleben kann. So a la "Bei Star Wars sind Blaster offensichtlich auch nicht schlimmer als heutige Feuerwaffen". Problem: Ist nicht besonders "SF-ig", und alle anderen Waffen sind dann entweder kaum schlechter als das HighTech-Zeug, oder können gar nichts mehr.
2.) Man spielt nur SCs & Plots, in denen die richtig fiesen Sachen keine Rolle spielen, und wenn sie mal auftauchen, haben die SCs halt verloren. Problem: Man spart einiges aus, und sollte sich Gedanken über so Sachen wie Gefangenahme machen.
3.) Man spielt nur SCs, die selber krasse Waffen und Rüstungen haben. Problem: Wieder stark eingeschränkte Auswahl an Plots und SCs; läuft eigentlich auf "Military Mode" hinaus.
4.) Man macht sich ausführlich Gedanken, was Nicht-Kämpfer ohne gute Ausrüstung in Kämpfen sinnvolles beisteuern können. Dafür bräuchts dann Regeln, was Techniker, Sozialtypen oä tun könnten, da die, wie du sagst, nicht mitgeliefert werden. Problem: Eigenarbeit, und sobald die bösen Buben die Nicht-Kämpfer aufs Korn nehmen haben die lichtgeschwindigkeitsschnell enorme Probleme, bzw ebenso schnell gar keine mehr... Hier bedürfte es von SL-Seite entsprechende Rücksicht. Ist zwar im Grunde logisch, dass man erstmal auf die SCs mit den größten Waffen schießt, aber ist halt i-wo ein Vabanque-Spiel.
Man sieht, die wirklich befriedigende Antwort hab ich auch noch nicht gefunden... Und ich hab schon eine ganze Menge in entsprechenden Settings geleitet...
nobody@home:
--- Zitat von: Weltengeist am 8.05.2024 | 20:39 ---Jetzt habe ich mir gerade das RIFTS-Grundregelwerk für Savage Worlds zugelegt - ein Setting, in dem solche High-Tech-Ausrüstung eine durchaus zentrale Rolle spielt. Und hier machen sich die Autoren zumindest ein paar Gedanken zum Thema (Gedanken, die ich im SciFi Companion auf den ersten Blick nicht gefunden habe). Allerdings erschöpfen die sich für Nicht-Kampfmaschinen auch in Ratschläge aus der Kategorie "Überlass das Kämpfen denen, die das können" und "Spezialisier dich lieber auf nicht-kämpferische Skills, irgendjemand muss die Power Armor des Glitterboys ja auch wieder reparieren". Aber ist das befriedigend, den reinen Sidekick zu spielen und brav zu warten, bis die Action vorbei ist? Oder läuft es darauf raus, dass sich die Gruppe am Ende entscheiden muss, ob alle Mecha-Piloten spielen oder niemand? Eigentlich fände ich das schade, denn irgendwie hat eine bunt gemischte Gruppe wie die Avengers ja was für sich...
--- Ende Zitat ---
Na ja, die Avengers sind andererseits auch verflixt unrealistisch. Wo Hawkeye und Thor in ein und derselben Kampfszene beide was reißen können, obwohl der eine doch "nur" ein zugegeben augesprochen guter Bogenschütze mit gelegentlichen Trickpfeilen und der andere ein ausgewachsener Donnergott ist... ;) Und: selbst da sind eigentlich alle Teammitglieder auf ihre jeweils individuelle Weise "Kämpfer". Die meisten von ihnen haben auch noch sichtbar andere Dinge drauf, so daß das weniger auffällt als beim Schreckgespenst der rein eindimensionalen Kampfmaschine, die eben außer Kämpfen überhaupt nichts kann, aber was immer sich vollwertiges Gruppenmitglied schimpft und Kostüm trägt (und also nicht zum "zivilen" Basispersonal ohne Superkräfte gehört, das die Gruppe zumindest in den Comics und zeitweise auch hat), ist auch gleich auf die eine oder andere Weise auf Kämpfe vorbereitet -- schließlich besteht ja eine ihrer Hauptaufgaben genau darin, sich von einem Moment zum nächsten um gewaltbereite Kontrahenten kümmern zu müssen.
Persönlich würde ich auch im Fall von SF&Co. noch ein Stück weit zwischen "Kämpfern" und "Nichtkämpfern" als Rollenverteilung einer- und der reinen Ausrüstung an sich andererseits unterscheiden wollen. Denn da, wo's zwischen Spielercharakteren keine ausdrücklichen Klasseneinschränkungen für Ausstattung gibt, kann natürlich im Zweifelsfall auch schon mal der 08/15-Holokristallsammler, dem eigentlich niemand Gewalt zutrauen würde, den schweren Militär-Antimaterieblaster, den er wie auch immer in die Hände gekriegt hat, mit hinreichend Anstrengung zumindest zu stemmen versuchen und vermutlich auch den Auslöser drücken, wenn das gefährliche Ende ungefähr in die richtige Richtung zeigt...das Kawumm am Zielort ist dasselbe. Ob das nun legal ist und wie die Leute auf der Straße oder in der Kneipe allgemein reagieren, wenn sich jemand mit so einer Knarre mal eben unter sie mischen will, ist dann ggf. noch mal eine andere Sache...
Nichtsdestotrotz habe ich aktuell auch keine Patentlösung anzubieten -- ich selbst habe mich von Systemen, in denen die Ausrüstung gerne mal wichtiger wird als ihr Träger, mittlerweile ohnehin einfach ein Stück weit verabschiedet, aber das bringt natürlich niemandem etwas, der sein Lieblingssystem in gerade dieser Kategorie findet. Könnte spontan höchstens auf dieses Seth-Skorkowsky-Video zum Thema (nicht ganz 16 Minuten, englisch) weiterverweisen, das zumindest mit ein paar anständigen allgemeinen Ratschlägen aufwarten kann.
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