In diesem Thread möchte ich nach und nach mein loses Fantasy-Setting für (hoffentlich) eine Reihe von Mythras-Abenteuern vorstellen, die bei der 100-Questen-Gesellschaft erscheinen. Den Anfang macht „Die gute Nadel“.
http://www.100questen.de/index.php/produkte/91-1013-die-gute-nadelDer Thread ist zum einen Werbung, zum anderen eine Art Notizblock für mich - und vielleicht bekomme ich hier ja auch die eine oder andere Anregung (oder vielleicht hat sogar jemand Lust, selbst mal ein Szenario in den Kernlanden anzusiedeln).
Die Kernlande sind für mich ein ziemlich komisches Projekt – eigentlich stehe ich total auf Settings mit starken, gerne unkonventionellen Grundideen. Die Kernlande sind das Gegenteil, eher das, was für mich den kleinsten gemeinsamen Nenner erdiger Low Fantasy darstellt. Sie sind kein durchgestalteter Weltentwurf, sondern eher ein paar allgemeine Prämissen und eine Reihe von in den Abenteuern wiederkehrenden Elementen. Insofern wachsen sie nur mit den Abenteuern, die in ihnen angesiedelt sind (so, wie das z.B. auch bei Aventurien anfangs war; überhaupt ist das DSA der ersten zwei Editionen trotz aller Unterschiede ein starker Bezugspunkt für die Kernlande).
Die Prämissen:Die Kernlande sind an ein märchenhaft-fantastisches, feudalistisches europäisches Mittelalter (natürlich mit den üblichen Ausflügen in die Renaissance) angelehnt. Eine politische Zentralmacht in dem Setting gibt es nicht, sondern mehr oder weniger einflussreiche Fürstentümer und -bünde, Königreiche und Stadtstaaten. Die Grundhaltung ist wie schon geschrieben dabei eine „erdige“: Burgen sind zugig, Kriege sind zumeist kleine, hässliche Angelegenheiten, Helden dürfen gerne eher gerissen als strahlend sein.
Die Kernlande haben kein besonderes Alleinstellungsmerkmal. Die in ihnen angesiedelten Abenteuer sollen leicht für andere herkömmliche Fantasy-Settings angepasst werden können, und Abenteuer für andere solche Settings sollen sich möglichst leicht in die Kernlande integrieren lassen. Sie sind von sich aus kein Kitchen-Sink-Setting; in den offiziellen Kernlande-Abenteuern taucht nicht alles vom Halbling über den Furry bis zum lovecraftianischen Tentakelmonster auf, das Figureninventar konzentriert sich vielmehr stark auf Menschen und Geschöpfe aus der europäischen Märchen- und Sagenwelt. Andererseits spricht nichts dagegen, alles obengenannte in die Kernlande einzuführen bzw. Kernlande-Abenteuer in Kitchen-Sink-Settings zu verwenden. Die Idee ist, dass die Geschöpfe, die in einem erdigen Low-Fantasy-Kontext auftauchen, sich auch in den meisten „bunteren“ Fantasy-Settings zuhause fühlen können, während die Kompatibilität in entgegengesetzte Richtung problematischer ist.
Die Kernlande sind deshalb humanozentrisch – es kann durchaus nichtmenschliche kulturschaffende Völker geben (in „Die gute Nadel“ tauchen beispielsweise Goblins auf), aber sie stehen am Rande des Geschehens. Nichtmenschliche Spielercharaktere würden im Kernlande-Setting wie vorgestellt wahrscheinlich mindestens Exoten sein.
Eine umfassende Geografie für die Kernlande wird nicht festgelegt, sodass es möglich bleibt, in geringer oder größerer Entfernung beliebige andere Länder, Kulturen oder Zivilisationen anzusiedeln und deren Verhältnis zu den Kernlanden frei zu bestimmen. Es ist also kein Problem, den Elfen, Ursuliner oder Ninja aus fernen Reichen zu spielen. (Ehrlich gesagt trage ich mich ja ein bisschen mit dem Gedanken, irgendwann mal eine Parallelreihe unter dem Titel „Die Fernen Reiche“ zu starten, die dann unter dem Motto "Anything goes" steht …).
Elemente des Settings
Theimar – die „Stadt der Abenteuer“ in den Kernlanden. Hafenstadt und Herrschersitz an der Südküste eines losen Bundes von Fürstentümern. Theimar ist ein Umschlagplatz für Handelsgüter ebenso wie für Seuchen, eine Brutstätte der Kriminalität und Ausgangspunkt zahlreicher abenteuerlicher Unternehmungen, beherbergt allerdings auch eine angesehene Universität der Theologie. Über der Stadt ragt ein abweisender grauer Fürstenpalast auf.
(Übrigens: Theimar ist in keiner Weise von Weimar inspiriert. Ich habe keine Ahnung, woher ich den Namen habe …)
Die Cheriskirche – Meine Antwort auf die Frage, wie ein „magiewirkendes Christentum“ aussehen könnte. In „Die gute Nadel“ heißt es über die Cheriskirche:
Die vorherrschende Religion der Kernlande ist die Cheriskirche, ein den Christentum ähnlicher Monotheismus. Allerdings ist die Kirche der Kernlande eher Mysterienkult als Erlösungsreligion. Zentrale Gestalt ist der Heilsbringer Cheris, der seinen erwählten Jüngern das Wissen um den Einen Gott und die Riten brachte, nach denen er zu verehren sei. Die Priester sind die Nachfolger seiner Jünger und damit Teilhaber an einer geheimen Lehre von Riten und Erkenntnissen, zu dem das gemeine Volk keinen Zugang hat und haben soll. Es ist die heilige Aufgabe der Priesterschaft, Geschöpfe der Finsternis zu bannen und mithilfe ihres Geheimwissens die Erlösung aller im Jenseits zu befördern. Der einfache Mensch kann in der Glaubenswelt der Kirche kaum selbst etwas für seine Erlösung tun.
Die Kirche ist eng mit den Herrscherhäusern der Kernlande verbunden und unterstützt deren Herrschaftsanspruch. Sie mischt sich relativ wenig in das Leben des Volkes ein und ist in der Regel auch tolerant gegenüber dem Volksglauben und einfacher Magie – fordert aber, wenn sie in Erscheinung tritt, Gehorsam.
Es existiert eine relativ junge und von der Kirchenführung wachsam beobachtete Strömung, die volksnah und missionarisch eingestellt ist und das Wissen der Kirche unter die Menschen bringen will. Priester dieser Strömung ziehen oft aus, um den Menschen zu helfen, sind aber in einigen Fällen auch für brutale Hexenjagden verantwortlich.
Usmanat: Eigentlich schon ein Reich der Ferne, das als Herkunftsland zwei vorgefertiger SC in „Die Gute Nadel“ auftaucht. Begrifflich natürlich (etwas anachronistisch) angelehnt an das Osmanische Reich, steht Usmanat erst einmal für das magisch, kulturell und militärisch hochentwickelte Land im Orient, das eher belustigt auf den provinziellen Flickenteppich der Kernlande herabblickt.
Inspiration: Literatur
Die folgenden Werke stellen direkte Einflüsse auf meine in den Kernladen angesiedelten Abenteuer und damit auf das Setting dar:
J.R.R. Tolkien, Farmer Giles of Ham
J.R.R. Tolkien, The Hobbit (explizit NICHT Lord of the Rings, weil der zu stark eine „epische“ Richtung vorgibt.)
Astrid Lindgren, Ronja Räubertochter
Cecelia Holland, Dragon Heart
Daniel Ilger, Skargat-Trilogie
Naomi Novik, Uprooted (dt. Das dunkle Herz des Waldes)
Tomi Ungerer, Die drei Räuber