Pen & Paper - Spielsysteme > Year Zero Engine
[Coriolis] Alternativen zu Geschichte, Hintergrund und Entwicklung
Gumbald:
Das wird hier etwas Off-Topic, fürchte ich...
--- Zitat von: Waldviech am 28.01.2021 | 11:31 ---Jupp. Wobei mich das im Rückblick tatsächlich nur sehr wenig wundert - vor allem, wenn ich mir die Mutant-Settings anschaue.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Es scheint außerdem geradezu ein Markenzeichen von Fria Ligan zu sein, erst ein detailiertes und cooles Setting zu etablieren und das dann im Rahmen einer mitgelieferten Kampagne in die Luft zu sprengen:
- Mutant: Genlabor Alpha: Ist die Rebellion am Ende der Kampagne beendet, verlassen die Tiermutanten ihr abgesperrtes Tal. Genlabor Alpha ist nicht mehr. Nahezu sämtliche etablierten Strukturen von vor der Kampagne lösen sich auf. Die SC stolpern verstört und desorientiert in eine völlig neue Welt.
- Mutant: Mechatron: Am Ende der Kampagne zerbläst es die Roboterstadt Mechatron 7. Nahezu sämtliche etablierten Strukturen von vor der Kampagne lösen sich auf. Die SC stolpern verstört und desorientiert in eine völlig neue Welt..
- Mutant: Elysium: Am Ende der Kampagne geht die letzte Menschenstadt Elysium Alpha vollständig in Rauch auf. Nahezu sämtliche etablierten Strukturen von vor der Kampagne lösen sich auf. Die SC stolpern verstört und desorientiert in eine völlig neue Welt.
Alle drei Fälle enden mit der Vernichtung von DEM zentralen Settingelement, nach dem das jeweilige RPG benannt ist. Und siehe: Auch Coriolis folgt diesem Grundprinzip.
Vor dem Hintergrund verwundert es eigentlich weniger, DAS die Coriolis gesprengt wird, sondern eher, dass es schon nach dem zweiten Drittel der Kampagne passiert. Aber wer weiß, was am Ende des dritten Bandes passiert. Vielleicht folgt ein epischer interstellarer Krieg aller drei Horizonte, der mit der weitgehenden Vernichtung aller bekannten Sonnensysteme endet. Danach öffnet sich dann ein Weg in den vierten Horizont. Nahezu sämtliche etablierten Strukturen von vor der Kampagne lösen sich auf. Die SC stolpern verstört und desorientiert in eine völlig neue Welt. ~;D
--- Ende Zitat ---
Was du bei den Mutant-Settings als "Bug" siehst ist da für mich eher ein "Feature".
In meiner langen DSA-Zeit habe ich diverse Kampagnen (als Spieler und SL) begonnen und nur eine Kampagne mal beendet. Und auch wenn es sicher viele Gruppen gibt, die es auch mal schaffen, lange epische Kampagnen zu beenden, so behaupte ich mal keck: Über 50% aller großen Rollenspiel-Kampagnen werden nie zuende gespielt.
Bei Mutant hat man das meines Erachtens vorbildlich gelöst: Alle 4 Grundbücher behandeln einen Kampagennplot mit für die Kampagne relevanten Spezial-Regeln. Und wenn die Kampagne beendet ist (was man in 10-20 Sessions schaffen kann), kann das Spiel in der Zone weitergehen und man kann die Grundbücher miteinander verschmelzen. Am Ende steht dann noch "The Grey Death" bzw. irgendwann auch nochmal "Ad Astra".
Da bin ich eindeutig Zielgruppe: 40+, Familie, Vollzeit-Job.. und dem Rest meiner Spielrunde geht es da nicht viel anders. Wir haben nicht mehr so viel Zeit wie früher und bald sind wir alle tot!!11!!
Coriolis ist da zugegeben etwas anders: Das Rollenspiel ist mehr wie DSA gebaut: Eine große Welt (weitaus weniger detailliert beschrieben), separat veröffentliche Szenarien, die frei gespielt werden können und ein fortlaufender offizieller Zeitstrang mit "offizieller Kampagne", welche die Spielwelt verändert.
Im Gegensatz zu Settings wie DSA können wir bei Coriolis aber nicht erwarten, dass hier jährlich X Szenario- und oder Hintergrund-Bände veröffentlicht werden. Das geben die Ressourcen von Free League schlicht nicht her. Da arbeiten auch nicht so viele Autoren an dem Setting wie es bspw. bei DSA der Fall ist (oder zumindest war, keine Ahnung wie das derzeit ist). Und gerade bei der Kampagne schlägt sich das sicher auch in der Qualität nieder: Gute Grund-Ideen werden da nicht optimal umgesetzt, wenn es daum geht ins Detail zu gehen.
Dazu kommt, dass wir deutschen Rollenspieler vermutlich auch Weltmeister im meckern sind... ;-)
Ich denke, Free League verfolgt hier bei Coriolis einen zweigleisigen Ansatz:
1. Sie sagen immer: "Make it your own!" -> Mach damit was du willst! Du hast eine Sandbox mit massig Tabellen und nur einer groben Beschreibung aber vielen Plot-Hooks, viel Spaß! Wenn dir Infos fehlen, dann warte nicht auf unsere Veröffnetlichungen, denk dir selbst was aus!
2. Sie veröffentlichen eine Kampagne, die aus allen Ecken nur nach Railroading trieft und große Veränderungen im Setting bewirken: Die Zielgruppe ist hier wohl eher bei SLs zu suchen, die sich einen klaren Pfad und einen "spielbaren Roman" wünschen, eben weniger sandboxig spielen wollen. Die Sandbox-Fraktion nimmt sich aus den Kampagnen-Bänden eh, was sie gebrauchen kann und schmeißt den Rest weg.
Aber ja: FL sind super im World-Building, Kampagnen sind wirklich nicht ihre Stärke (Forbidden Lands ist da ein weiteres gutes Beispiel).
Mit der "Schnelligkeit" der Veränderungen habe ich eigentlich kein Problem, eher mit der Umsetzung. Man muss sich halt auch immer überlegen: "Wie lange und wie viel will ich Coriolis spielen"?
FL bringt derzeit jedes Jahr ein Spiel auf den Markt, was mich interessiert, und meine Zeit ist begrenzt. Alleine mit meinem jetzt schon geplanten Content für Coriolis, mit dem ich hoffentlich in Q3 mit "Offline-Sessions" starten kann, bin ich bei zwei längeren Sessions pro Monat vermutlich für mehrere Jahre beschäftigt.
Waldviech:
--- Zitat ---Was du bei den Mutant-Settings als "Bug" siehst ist da für mich eher ein "Feature".
--- Ende Zitat ---
Bitte nicht missverstehen - ich sehe da auch keinen Bug, sondern ein Feature - auch wenn ich meine Beschreibung des Ganzen etwas flapsig formuliert habe. Im Kontext ist dieser Aufbau nämlich durchaus sehr, sehr sinnig.
Von daher wundert es mich aber auch nur wenig, dass andere Fria-Ligan-RPGs designtechnisch, sagen wir mal, "ähnlich ticken", wenn es um Kampagnen geht.
Sgirra:
Coriolis nimmt allerdings noch eine Sonderstellung ein.
Es ist ursprünglich kein Free League-Spiel gewesen, sondern in der ersten Edition von Mattias Johnsson Haake, den man auch als Erfinder und Hauptautor von Symbaroum kennt. Diese erste Edition von Coriolis war jedoch nur in Schweden bekannt. Fria Ligan/Free League heißen überhaupt nur so, weil die Verlagsgründer Coriolis-Fans sind und teilweise dadurch (wieder) zum Rollenspiel gekommen sind. Daher war es ihnen auch wichtig, Coriolis ins Englische zu übersetzen und international bekannt zu machen.
Es ist also unter einer anderen Prämisse entstanden, als andere FL-Settings.
Die erste Edition von Coriolis wurde nie weitergeführt, auch nicht die damals begonnene Kampagne (deren erster Teil nun als Fan-Übersetzung in Englisch vorliegt). Schlicht deswegen, weil Mattias seine Energie auf Symbaroum verwendet hat.
Zuletzt hat die aktuelle Kampagne auch mit Verwerfungen zu kämpfen. Dadurch, dass FL so viele Lizenzen gewonnen hat und neue Spiele rausbringt, ist das Coriolis-Team quasi auf eine Person geschrumpft: Rickard Antroia, der The Last Cyclade im Alleingang geschrieben hat (bei Band 1 ist er einer von sechs Autoren). Ich erinnere mich an den FL-Talk bei der Spiel (mit Mattias und Rickard). Darin erzählt Rickard recht freimütig, dass die zentrale Idee (damals noch geheimgehalten) erst nach Band 1 entstanden sit und dass er Angst hatte, Mattias wurde sein Veto einlegen, da dieser in der Zwischenzeit Teil von FL wurde (um dort Symbaroum abzuschließen). Heute verstehe ich den leicht schmerzhaften Ausdruck in seinem Gesicht, als er sagte, er wäre erst dagegen gewesen, hätte am Ende aber nachgegeben.
Hätte er das mal nicht getan …
Daher passt der im andere Faden angeführte Star Wars-Vergleich schon. Wie bei den Sequels gab es auch bei der Coriolis-Trilogie anscheinend keinen festen Plan. Und Teil 2 wurde von einer Person verantwortet, die sich von der Begeisterung für die eigenen Ideen hat mitreißen lassen, ohne dass jemand feste Grenzen gesetzt hat. ;)
Das führt sicherlich noch mehr vom Thema ab, aber ich finde die Rolle von Coriolis für FL einfach schon länger spannend. 8)
Sarastro:
--- Zitat ---FL sind super im World-Building, Kampagnen sind wirklich nicht ihre Stärke (Forbidden Lands ist da ein weiteres gutes Beispiel).
--- Ende Zitat ---
Diese Erfahrung habe ich teilweise auch gemacht - bei Coriolis und Tales from the Loop.
Es gibt vereinzelt gute Kampagnen, aber dann gibt es auch wieder so Klöpse wie "The Last Cyclade", wo es einfach zu viel wird. Things from the Flood, wo man den Plot von TFT Loop fortgesetzt hat, war auch nicht so mein Ding.
Andererseits sehe ich natürlich, daß ein Verlag von Einnahmen lebt. Und das richtige Maß bei Kampagnen oder Fortsetzungen zu finden, ist ebenfalls nicht einfach bei verschiedenen Käuferinteressen. Ich finde es halt schwierig, wenn aus einem ursprünglich "neutralen" Szenario mit vielen Möglichkeiten sich am Ende doch wieder die "alten" Muster durchsetzen. Dann kann man (statt Coriolis) aber auch Warhammer, Cthulhu oder World of Darkness spielen, wenn man es auf Power, Krieg, Intrigen und finstere Mächte anlegt und dabei in die vollen geht.
Da wäre es vielleicht besser, wenn der Verlag selbst alternative Enden anbietet.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Zum Beispiel bei "Last Cyclade" (Band 2) in der Trilogie "Mercy of the Icons":
A) Coriolis wird zerstört. Eine andere Station übernimmt die Rolle. Also der aktuell offizielle Plot von Free League.
B) Coriolis wird schwer beschädigt. Eine andere Station übernimmt die Rolle und gibt dann wieder die Verantwortung zurück, wenn alles repariert ist. Bonn und Berlin lassen grüßen.
C) Coriolis wird nur leicht oder gar nicht beschädigt, weil der Angriff vereitelt wird. Dann geht alles mehr oder weniger weiter wie gewohnt.
Interessant wäre es gewesen, wenn Free League den Band 2 einfach vor dem Angriff auf Coriolis beendet hätte. Dann hätten sie die drei beschriebenen Szenarien in Band 3 packen und weiter entwickeln können. Und jeder Spielleiter hätte das passende Szenario für sich raus suchen können.
:)
Navigation
[0] Themen-Index
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln