Autor Thema: Kennt/spielt jemand von euch das cthuloide Brief-Rollenspiel "De Profundis"?  (Gelesen 874 mal)

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Online Nodens Sohn

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In meinem Regal steht schon einige Jahre lang dieses recht schmale Regelbändchen und ich würde es gerne einmal spielen. Vor langer Zeit startete ich sogar einen Versuch, der dann leider auf Grund von Zeitmangel eingeschlafen ist. Und Zeit wird für dieses Spiel wirklich gebraucht, auch wenn man sich für dieses Spiel nie treffen und nie online sehen muss.

Für alle die es nicht kennen, ein kleiner Erklärungsversuch: Es ist ein Brief-Erzählspiel des langsam schleichenden Grauens, ganz ohne Spielleiter. Jeder der Mitspielenden übernimmt eine bestimmte Rolle und schreibt seinem Briefpartner Erfahrungen/Erlebnisse aus seiner Sicht und bekommt dann beratende/helfende bzw. ebenso in den Wahnsinn abdriftende Antworten. Eigentlich läuft dieses Spiel in gleicher weise, wie die Geschichten Lovecrafts ab, in denen der Protagonist seinem Freund/Bekannten/dem Professor/usw. in einem Brief schreibt, dass er nun "die Erbschaft des neuen Hauses angetreten ist", "die Grabkammer morgen öffnen wird", "um Hilfe ersucht bei den seltsamen Schriftzeichen, die er in dem Buch gefunden hat" uvm.
Der erst normale/erfreute/heitere und entspannte Briefwechsel verändert meist mit der Zeit seine Färbung und der geistige Verfall scheint auf mindestens einer Seite des Briefwechsels unausweichlich.

Ich hoffe, ich konnte einiger Maßen begreiflich machen, wie dieses cthuloide Spiel funktioniert. Besser kann man es vielleicht hier nachlesen: https://krimsu.de/de-profundis.html oder noch besser https://de.wikipedia.org/wiki/De_Profundis_(Brief-Rollenspiel)

Hätte jemand von euch Lust so etwas auszuprobieren?
Oder kann jemand von euch über seine Erfahrungen mit diesem Spiel etwas berichten?
« Letzte Änderung: 7.11.2021 | 12:48 von Nodens Sohn »

Offline Echsenkoenig

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Hey (=
Ich habe einmal angefangen, das "Regelwerk" zu lesen, vor allem das letzte Kapitel über DeProfundis im Internet.
Wenn man die Idee verstanden hat, ist das Buch selbst auch eigentlich komplett unnötig [emoji28]

Im ehemaligen Unknown Armies Forum haben wir ein von DeProfundis inspiriertes Forenspiel gespielt, in dem wir unsere IT-Mails untereinander im Forum gepostet haben.
Unsere Ideen haben gut ineinander gegriffen und am Ende haben wir Verbindungen zwischen dem Kult des Mithras im Römischen Reich und Walt Disney gezogen [emoji23]
Die Grundprämisse von Unknown Armies ist natürlich eine ganz andere und wo bei Cthulhu im Wahnsinn alles endet, geht es bei Unknown Armies erst richtig los.


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Offline GornOfDagon

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Ich habe dreimal versucht, eine Runde zu starten und in allen drei Versuchen ist das Spiel leider nach etwa einem Monat (und lediglich 1-3 Briefwechseln) bereits eingeschlafen. Ich finde die Idee aber immer noch großartig und wäre auf jeden Fall dabei. Gerade wenn die Schreiber sich Mühe geben und die Briefe authentisch gestalten. Ich habe mich als Leser immer riesig "vorgefreut" und das Öfnen/Lesen des Briefs zelebriert: klassische Musik an, Pfeife gestopft, Scotch bereitgestellt. Dann in den eigenen Charakter hineinversetzt und dann erst den Brief geöffnet. Den Brief-Austausch habe ich heute noch in einer Mappe gesammelt.

Woran scheitert es: Der große Zeitaufwand. Das sollte auf keinen Fall unterschätzt werden. Ein mehrseitiger Brief mit interessantem Inhalt schreibt sich nicht auf die Schnelle. In Zeiten kurzer (und meist aussageloser) WhatsApp Nachrichten kommt es einem noch viel länger vor, wenn viele (und ganze) Sätze ohne Smileys und Löschfunktion per Handschrift und mit einem Füllfederhalter auf das Papier zu bringen sind.

Woran scheitert es noch: Jeder Spieler muss sich selbst stimulieren und sich ganz allein in seine Rolle begeben, den Charakter fühlen. Es gibt keinen Konsum von anderen Spielern am Tisch und keinen Stimmungsaufbau durch die tolle SL. Wie beim Orgasmus ist jeder erstmal selbst dafür verantwortlich, dass der eigene richtig gut wird...  ;)

Aber trotzdem: selbst das Schreiben des Briefs kann unglaublich immersiv sein, wenn man sich entsprechend vorbereitet, in Rolle begibt und sich einfach mal die Zeit nimmt.

De Profundis -  Entschleunigung pur (und Spannung dabei)...

Online Nodens Sohn

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Hey (=
Ich habe einmal angefangen, das "Regelwerk" zu lesen, vor allem das letzte Kapitel über DeProfundis im Internet.
Wenn man die Idee verstanden hat, ist das Buch selbst auch eigentlich komplett unnötig [emoji28]

Eindeutig Jain! Es ist tatsächlich nicht nötig das "Regelwerk" zu lesen - ABER es ist eben in dieser Briefform aufgebaut wie auch das Spiel gespielt wird und zeigt recht schön als Beispiel die Eskalation in Inhalt und Schriftbild. Man bekommt beim lesen des Heftes, ein schönes Beispiel für den schleichenden Wahnsinn der Geschichte.


Woran scheitert es: Der große Zeitaufwand. Das sollte auf keinen Fall unterschätzt werden. Ein mehrseitiger Brief mit interessantem Inhalt schreibt sich nicht auf die Schnelle. In Zeiten kurzer (und meist aussageloser) WhatsApp Nachrichten kommt es einem noch viel länger vor, wenn viele (und ganze) Sätze ohne Smileys und Löschfunktion per Handschrift und mit einem Füllfederhalter auf das Papier zu bringen sind.

Woran scheitert es noch: Jeder Spieler muss sich selbst stimulieren und sich ganz allein in seine Rolle begeben, den Charakter fühlen. Es gibt keinen Konsum von anderen Spielern am Tisch und keinen Stimmungsaufbau durch die tolle SL. Wie beim Orgasmus ist jeder erstmal selbst dafür verantwortlich, dass der eigene richtig gut wird...  ;)

Ja - und das wird sehr oft unterschätzt. Es ist nicht einfach sich diese Freiräume im Alltag zu schaffen. Wie ich ja schon geschrieben habe, ist mir das beim letzten Versuch ebenso passiert, doch fasziniert mich diese Art zu spielen immer noch so stark, dass ich gerne noch einmal einen Versuch wagen würde.
Man könnte ja auch etwas zeitversetzt die fotografierten Briefe hier hochladen, dass für alle Mitlesende der gesamte Briefwechsel zu sehen ist (wenn gewollt!)