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Rant: Foundation Trilogie
Gondalf:
--- Zitat von: JollyOrc am 7.11.2021 | 18:04 ---
Also, selbst wenn die Geschichte auch nur halbwegs zeitgemäße Geschlechterrollen hätte (was sie nicht hat)
--- Ende Zitat ---
Geschrieben 1950-1952, was hast Du erwartet?
--- Zitat von: JollyOrc am 7.11.2021 | 18:04 ---dann wäre es immer noch eine verdammt schlechte utopische Vision, weil sie als einziges Heil der Menschheit ein undemokratisches, geheimes, und im Endeffekt sogar eugenisch zusammengesetztes Gremium sieht.
--- Ende Zitat ---
Die Zukunft könnte nicht rosig und demokratisch sein?
Dann ist die Geschichte natürlich schlecht.
Klingt nach nicht erfüllter Erwartung..
Irian:
Das "Problem" am Anfang der Geschichte ist ja nicht, dass ein galaktisches Imperium existiert, sondern lediglich, dass es nicht halten wird. Hätte es gehalten, wäre der ganze Plot hinfällig. Von daher reden wir hier sicher nicht von einer Utopie. Teilweise birgt die Kritik also auch ein wenig fehlgeleitete Annahme über das Thema, auch wenn andere Punkte sicher valide und diskussionswürdig sind. "Psychohistorik" ist natürlich nur Technobabbel, der ganze Plot würde genauso funktionieren, hätte er eine riesige Zukunfts-Beobachtungs-Maschine erfunden und so die Zukunft erfahren - wäre das dann auch nur nen Deut plausibler, weil es technischer Unfug ist statt soziologischer? Kaum. Die Prämisse würde ich da persönlich einfach hinnehmen, suspension-of-disbelief eben, und dann den Rest anschauen. Dass Assimov gerade in der Phase nun nicht tiefe Charakterisierung o.ä. hingekriegt hat, ist natürlich durchaus richtig, genauso dass er natürlich Kind seiner Zeit war und damit in vielen Belangen unserer Zeit weit hinterher, klar.
Der Oger (Im Exil):
Ein paar Dinge fände ich noch erwähnenswert.
Zunächst zur Story: Ich habe sie nie als Utopie verstanden. Seldon sieht den Zusammenbruch des Imperiums vorraus, und versucht, das Dunkle Zeitalter zu verkürzen - das es jedoch eins mit viel Krieg und Leid geben wird, ist unausweichlich. Die Mächtigen wollen die Vorhersagen der Wissenschaftler nicht wahrhaben, aber sie treffen ein. (Hmmh, wo habe ich das bloß schon mal gehört? Ja, genau. Klima. Corona. Migrationsbewegungen. Zunahme der Kluft zwischen Arm und Reich.)
Foundation ist auch eine Darstellung des Konfliktes Wissenschaft vs. Machtpolitik. Das ist dieser Tage auch ein heißes Eisen, aber siehe auch weiter unten.Die gerade erscheinende Serie fügt noch das Element der Religion mit ein.
Foundation ist nicht poetisch wertvoll. Weder findet man tiefgängige Charaktere, noch sonderlich viel Action, Plot Twists und Diversität. Es wird eine Idee transportiert, exploriert und entwickelt. (Ich hätte vielleicht einen anderen Namen als Bel Riose gewählt. Andererseits ist er auch nicht so schlimm wie David Weber.)
Zur Psychohistorik: Es ist eine fiktive mathematische Methode zur Vorhersage und auch Beeinflussung zukünftiger Ereignisse.
Algorithmen, die Entscheidungen von Millionen Menschen vorhersagen und beeinflussen können.
Moment, wo habe ich das schon mal gehört?
Facebook. Twitter. Andere soziale Netzwerke. Cambridge Analytica. US-Präsidentenwahl von 2016. Brexit-Referendum. Q-Anon-Bullshit. Coronaleugner. Andere Verschwörungstheoretiker. Der Social Credit Score in der VR China. Trollfarmen in Russland. Prognoseprogramme zur Strafverfolgung und Verurteilung aka Smart Policing. Palantir Technologies. Der gute alte Schufa - Score, von dem kein Normalverbraucher genau weiß, wie er eigentlich berechnet wird.
Alles Mathe, in irgendeiner Form.
Zum Kontext: Asimov vorzuwerfen, er hätte wie ein Autor der 50er-Jahre geschrieben, ist irgendwie schräg. Was war da noch mal?
Ach ja. Das Ende des zweiten Weltkriegs. Der Untergang/das Auseinanderbrechen der Kolonialreiche. Der Kalte Krieg; Die McCarthy-Ära. Verfolgung Intellektueller und Wissenschaftler im Gewande der Jagd auf Kommunisten. Der Tod Alan Turings. Der Boom nach dem Krieg und den New Deal - Reformen.
Heute könnte er das vermutlich nicht mehr so publizieren. Aber ohne ihn wäre vieles andere nicht entstanden.
ghoul:
@Oger: :d
Camouflage:
--- Zitat von: Der Oger (Im Exil) am 10.11.2021 | 08:50 ---Zur Psychohistorik: Es ist eine fiktive mathematische Methode zur Vorhersage und auch Beeinflussung zukünftiger Ereignisse.
--- Ende Zitat ---
Asimov hat mit der Psychologie/Soziologie das selbe gemacht, wie mit der Elektrotechnik und Kybernetik: Er hat die Entwicklungen seiner Zeit (Etablierung der Statistik als zentrales Instrument zur wissenschaftlichen Arbeit in Psychologie und Soziologie) konsequent weitergedacht - "was könnte man alles berechnen, wenn man nur genug Daten und Rechenkapazität hätte". Und auch dann macht er ja selbst immer wieder die Problematik der unvorhergesehenen Konsequenzen und der statistischen Ausreißer zum Thema (Der Mule, das 0. Gesetz. etc.) und zeigt die Grenzen dieser Herangehensweise auf.
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