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Erfahrungsvergabe bei Rolemaster et al - wie macht ihr das?
Günni:
Ich habe Rolemaster in eigenen Welten circa 15 Jahre ganz intensiv gespielt. Zwei Spielleiter-Duos haben jeweils eigene Settings entwickelt, sodass man sich immer abwechseln konnte. Danach wurde das Spielen deutlich seltener. Zuletzt in 2019. Bis heute interpretiere ich die EP-Regeln nach meinen Erfordernissen und musste am Spieltisch so gut wie gar nicht rechnen.
Mein persönlicher Weg:
1. Während des Abenteuers
Ich gebe den Spielern während des Abenteuers für unterschiedliche Aktionen Punkte. Die schreiben einfach mit und können am Ende des Abends summieren.
Manöver
* 100 Punkte: gelungenes Manöver (ab circa mittelschwer) diverser Fertigkeiten wie Reiten, Diplomatie, Wahrnehmung, Runen lesen etc. -> pauschal 100 Punkte
* 200+ Punkte: gelungenes Manöver mit höherem Schwierigkeitsgrad -> ... Ich entscheide spontan, rechne nicht und bin großzügig.
* 500 Punkte: gelungenes Manöver einer Fertigkeit, die der SC zum ersten Mal einsetzt ... Hierzu vermerken sich die Spieler das auf ihrem Charakterbogen oder wir erinnern uns daran. Auch nicht schlimm, wenn hier Fehler passieren. Einfach machen und Punkte verteilen.
Toller Moment
* 100 bis 500 Punkte: super ausgespielt (z. B. auch eigene Defizite wie Ängste, Charakterschwächen etc.), tolle Idee, SC finden etwas heraus, SC macht besondere Erfahrung wie eine Liebelei, wird in den Adelsstand erhoben oder schließt einen guten Deal mit einem Kaufmann ab, wir alle hatten etwas zu lachen, grandioser Fehlschlag wird mit Würde hingenommen, SC überlässt Kameraden altruistisch einen magischen Gegenstand ... whatever! Egoistische Himmelsstürmer bekommen nicht automatisch himmlische Punkte. Wirklich jeder Spieler kommt in den Genuss.
Kampf
Wird ein Spieler verletzt, bekommt er anhand der Klasse des Kritischen Treffers Punkte
* 100 - A
* 200 - B
* 300 - C
* 400 - D
* 500 - E
2. Am Ende des Abends
Reisen
Ich überschlage die zurückgelegten Kilometer und gebe je Kilometer einen Punkt. Bewegen sich die SC durch gefährliches Terrain, erhöhe ich den Faktor auf x2, x3 ... x5. Bauchgefühl basierend auf den bisherigen Erlebnissen der Spieler.
Kampf
* 200 bis ... Punkte: Bezwingungspunkte - Ich rechne selten mit der Formel, die Trefferpunkte, Stufe etc. einbezieht und weitere Faktoren (Zweikampf gibt mehr Punkte als Fernschuss in den Rücken ...), sondern lege stattdessen pauschal einen hohen Wert darüber fest. Die Punkte teile ich auf die Beteiligten auf, vergebe dabei aber nicht nur an SC, die den Gegner verletzt haben. Sondern ebenso in dem Maße an den Spieler, der ein Ablenkungsmanöver zum Verwirren des Gegners arrangiert hat. Entstammt der Widersacher einer Kultur/Rasse, die den SC komplett neu ist, wende ich Faktoren bis zu x5 an.
* variabel - ausgeteilte Treffer - Ich erinnere mich ungefähr daran, wer Kritische Treffer ausgeteilt hat und überschlage dafür grob die Punkte.
Ideen
* variabel - ab 100 Punkte für eine gute Idee, die die Spieler bei der Lösung des Abenteuers weiterbringt. Da ich ihr Spiel damit nicht beeinflussen will ("Wenn ich jetzt Punkte bekomme, sind wir auf dem richtigen Lösungsweg! Weiter in die Richtung!") führe ich während des Spiels häufig eine Strichliste.
Rollenspiel
* variabel - überschlage ich pauschal
Lösungspunkte
* variabel - überschlage ich pauschal
3. Wenig zu merken, kaum Rechnerei
Es sich sicherlich gut erkennbar, dass ich wiederkehrende Punktezahlen (100, 200, 300 ...) verteile. Das System fordert mir kaum Ressourcen ab.
4. Den "Wir-haben-uns-alle-lieb-Trend" finde ich gruselig
Natürlich erhalten Spieler bei mir unterschiedlich viele Punkte. Und sicher ist nicht alles immer fair und objektiv. Wie im richtigen Leben. Wer sich allerdings in das Spiel involviert und Freude dabei hat, bekommt reichlich Punkte. An einem Abend liegt er im Ranking ganz oben, an dem nächsten weiter unten. So what. Dafür gibt es auch gute Gründe: Ein Waldläufer wird auf einem Schiff weniger facettenreich agieren können als ein Seemann und vermutlich weit weniger Punkte einsammeln. Spielt der Waldläufer seine Angst vor dem Wasser und seine Sehnsucht nach seinen tiefen Wäldern jedoch aus und lässt sich auf ein für ihn so fremdes Abenteuer ein, geht er trotzdem ganz bestimmt nicht leer aus. Und dadurch mag das Abenteuer ja auch an Reiz gewinnen. Solange ein Spieler nicht paralysiert dasitzt und den Film an sich vorbeiziehen sieht (und so einen Spieler würde ich nicht haben wollen), sammelt er Punkte.
Den Ausdruck "Bestrafung" finde ich in diesem Zusammenhang falsch. Es geht um Belohnung. Niemand bekommt Punkte abgezogen, sondern jeder Spieler entfaltet sich nach seinen Wünschen. Totale Freiheit! Es ist ein positiver Anreiz, sich über seinen Charakter und seine Gestaltungsmöglichkeiten Gedanken zu machen. Und dabei geht es explizit nicht um Power-Gaming, sondern um genau das Gegenteil. Auch der SC mit den schlechtesten Werten wird in der Welt wirksam.
General Kong:
Das ist doch mal ein praktikables System! Danke fürs Teilen! :d
Günni:
Gerne! :-)
Sosthenes:
Ich bin beim letzten Rolemaster-Spiel auf die Regeln aus RMX umgestiegen, d.h. "Goal Based Experience Points". Auch eine etwas schwammige Geschichte, denn war jetzt das "Minor Goal" des "Überzeugen des Dorfrates" nun "Hard", "Very Hard" oder "Extra Hard" (9 oder 10 Kategorien)?
Aber im Endeffekt für die meisten Abenteuer leicht gemacht, und Individualplots waren meistens "Bonus XP" oder gruppenweite "Minor Goals".
Und beim Verzicht auf Pro-Spieler-XP seh' ich jetzt weniger "Liebhaben" bzw. "Participation Trophy", sondern schlicht und einfach die Vermeidung von zusätzlichem SL-Aufwand. Das ist (für mich) entweder Buchhaltung oder Willkür, beides nicht so mein Ding.
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