Pen & Paper - Spielsysteme > GURPS
Erzählt mir bitte von Gurps: Dungeon Fantasy Roleplaying Game
QuantizedFields:
Hey ihr lieben,
ich habe erst gestern von dieser auf Dungeon-Fantasy zugeschnitte Gurps Version erfahren und bin sehr daran interessiert. Beim Überfliegen der Preview auf DriveThru bin ich aber nicht sehr weit gekommen. Ich vermute, ohne jegliches Wissen, wie Gurps funktioniert, kommt man nicht weit. Deswegen würde ich gerne nach euren Eindrücken fragen und auch, ob ihr es den anderen Spielen des Genres bevorziehen würdet, z.B. D&D 5e, Savage Worlds, Pathfinder 2e, 13th Age, Fantasy AGE, etc. Wenn ja, warum? Was kann oder macht Fantasy Gurps besser als die anderen Spiele?
Rev. Bilk:
Das DFRPG nutzt das GURPS System. um ein sehr starkes "Old School"- Feeling hervorzurufen. Die Klassen sind sehr stark an altes D&D angelehnt und der Kern ist simples Dungeon-Gemetzel - so, wie die meisten wohl in den 80ern und Anfangs-90ern gespielt haben dürften. Wem es gefällt wird wohl viel Spaß haben, alle anderen, die Weltenbeschreibungen und Hintergründe suchen, die sie bespielen können, werden hier nicht fündig.
Um es kurz zu fassen: ich habe letztes Jahr mein DFRPG abgegeben.
Woodman:
Der OSR Vergleich passt ganz gut, mit dem Zusatz, das Dungeon Fantasy Roleplaying Game (DFRPG) nicht dem Ansatz folget, viel auf Rulings der SL zu setzen, sondern für möglichst alle typischen Dinge, die man so beim Dungeon plündern tun will auch feste Regeln zu liefern.
Zum System ansich, GURPS ist Level- und Klassenlos, von den genannten Systemen am ehesten mit Savage Worlds vergleichbar, aber deutlich detaillierter als Savage Worlds, jeder Charakter wird über seine Attribute, Vor- und Nachteile sowie Skills beschrieben, und die werden über Punkte gekauft bzw. gesteigert. DFRPG macht jetzt bei Klassenlos eine kleine Einschränkung, als Ersatz für Klassen gibt es hier Templates, das ist eine Auswahl an Attributen, Vor- und Nachteilen und Skills mit ein paar Entscheidungen um einen Charakter nach Art eines Archetypen zu bekommen, DFRPG geht davon aus, das man Charaktere mit diesen Templates baut, man kann aber auch davon abweichen. Und wo wir gerade schon bein der Charaktererschaffung sind, Startcharaktere haben mit den Lvl 1 Charakteren der bekannten D&D artigen Systeme wenig zu tun, sondern starten deutlich breiter und kompetenter aufgestellt.
Auf der anderen Seite steigen zwar die Fähigkeiten der Charaktere mit zunehmender Erfahrung, die Menge der Hit Points bleibt aber recht moderat, was über die Zeit ein anderes Spielgefühl erzeugt.
--- Zitat ---die Weltenbeschreibungen und Hintergründe suchen, die sie bespielen können, werden hier nicht fündig.
--- Ende Zitat ---
Ja DFRPG selber kommt ohne explizites Setting, implizit wird eine generisches Old School artiges D&D Fantasysetting angenommen, es gibt aber ein 3rd Party Setting Nordlond von Gaming Ballistic für das einige Abenteuer sowie Settingmaterial erschienen ist
Hall of Judgement https://www.drivethrurpg.com/product/298463/Hall-of-Judgment-2nd-Edition wäre der 1. Band mit Settingbeschreibung und nem Abenteuer
PS:
Als Hinweis, für Leute die sich mit dem Thema beschäftigen wollen DFRPG ist etwas anderes als GURPS Dungeon Fantasy, letzteres ist eine Reihe von PDFs, die nur als Erweiterung für das normale GURPS funktionieren. DFRPG ist quasi als Zusammenfassung aus den ersten 3 Dungeon Fantasy PDFs und den relevanten Teilen aus dem Basic Set, Magic, Martial Arts und Low-Tech entstanden.
Sosthenes:
Ich hab' etwas gespaltene Gefühle zu GURPS:DF, weil es als Produkt zwar sehr gut gemacht ist, aber sowohl für dungeon crawls als auch für GURPS per se mein Ideal-Power-Level etwas übersteigt. Aber gut, das tun auch andere Games wie 5E oder PF2 sehr schnell.
Zur Entstehungsgeschichte und zum Aufbau: GURPS ist inzwischen in seiner vierten Edition angelangt, wobei die ersten drei davon weitgehend identisch sind. Es war immer ein universelles, stufenloses System. Du machst fast alles mit Fertigkeiten, die du mit 3w6 zu unterwürfeln versuchst. Die Charaktere baut man indem man Punkte für Attribute, Eigenschaften und einige Vorteile (Kampfgeschick, gutes Aussehen) vergibt und ebenso ein paar Punkte für Nachteile (einäugig, ehrlich,jähzorning) bekam. Der "Sweet Spot" bei GURPS lag bei eher "realistischen" Settings und Genres, und es wurden ein Haufen davon produziert. Wenn man in den 90ern in einen Rollenspielladen kam, war da oft ein ganzes Regal voll mit GURPS Hintergrundbüchern, die von allgemeinen Genres und Epochen ("Space", "Fantasy", "Japan") bis zu mehr oder weniger großen Lizensen reichten ("Riverworld", "Conan", "Vampire:The Masquerade").
Mit der vierten Edition hat man dann neben ein paar mitunter substantiellen Aufräumarbeiten (z.B. leiten sich Trefferpunkte nun von Stärke ab, nicht Konstitution) versucht auch Dinge jenseits normaler Fertigkeiten und Vorteile mehr Bedeutenung und Balance zu geben. Sprich "Kräfte", die zum Bauen der besonderen Eigenschaften von Aliens, Superhelden oder auch Magiern genutzt werden können. Wurde also noch "universeller", aber auch vom Umfang her etwas größer. Die beiden Basisbücher haben zusammen so 600 Seiten, und dann kämen erst so Setting-spezifischere Sachen wie Zaubersprüche usw. drauf.
Settings wurden auch weniger geschrieben, die finanzielle Situation sieht einfach anders aus. GURPS ist nicht mehr so beliebt wie in den 90ern, Lizenzen und Drucke sind teuer. Steve Jackson Games braucht das auch nicht mehr, die verdienen sich dumm und dämlich mit den Munchkin-Spielen.
So kamen dann hauptsächlich kleinere PDFs raus. Mini-Settings. Regeln wie man weniger realistische Action Spiele gut macht. Ein System für rituelle Magie für moderne Horror-Settings, usw.
Eins dieser PDFs war dann auch das erste "Dungeon Fantasy". Das Grundbuch ist ja für alle möglichen Spiele geeignet und bietet einen Riesenhaufen an Möglichkeiten an. Wenn ich jetzt "einfach" nur ein typisches Fantasy-Spiel machen will, ist das schon viel wo ich mir meine Sachen raussuchen muss. Statt nun 250 Punkte frei zu verteilen, bot das Dungeon Fantasy PDF damals ein paar Archetypen an, die einem viel Arbeit abnehmen. Will ich nun einen "Barbaren" spielen, dann bekomme ich Standard-Attributswerte, Vor- und Nachteile und einen Haufen von Fertigkeiten. Dann darf ich mir noch eins von zwei Waffenfertigkeits-Paketen aussuchen (Zweihandwaffe oder Schwert&Schild) und dann noch aus vorausgewählten Listen weitere Vorteile oder Fertigkeiten aussuchen und meinen Charakter noch etwas zu feinjustieren, je nachdem ob ich jetzt z.B. ein grimmiger Cimmerier aus den Bergen bin oder ein Wikinger.
Das war sehr beliebt, und es folgten noch ein Haufen weiterer kleiner PDFs die man online kaufen konnte - "Upgrades" für die Charaktere, wie man typische Aktionen in Dungeons macht, neue "Charaktertypen" wie Ninja oder Beschwörer usw.
Und schließlich beschloss man dann eine eigenständige Box zu kickstarten, wo alles schon drin ist, kein Grundregelwerk notwendig wäre. Nur das was man für Fantasy braucht, keine Fertigkeit für Quantenphysik, kein Vorteil mit dem man Laserstrahlen aus seinem Roboterarm schickt. So sind in der Box ein paar relativ schmale Heftchen:
1.) Adventurers (130 Seiten) - Charakterbau, also Templates für alle Charaktertypen (Barbar, Barde, Kleriker, Druide, Heiliger Krieger ("Paladin"), Ritter, Kampfkünstler ("Mönch"), Kundschafter, Swashbuckler, Dieb und Zauberer. Mehrere Rassen (Katzenmensch, Zwerg, Elf, Halb-Elf, Gnom, Halb-Oger, Halb-Ork, Halb-ling), Fertigkeiten und Ausrüstung.
2.) Exploits (114 Seiten) - Regeln. Sehr fokusiert auf das was man in einer Dungeon-zentrischen Kampagne braucht, die größeren Sektionen sind also "In der Stadt", "Im Dungeon" und "Im Kampf". Ich persönlich mag' die sehr zweckdienliche und referenzartige Beschreibung. Da lässt es sich schnell finden wie meine Spieler jetzt ihre Fertigkeiten anwenden um Fallen zu umgehen, Hindernisse zu überwinden usw.. Im Vergleich zu den Grundbüchern viel zweckdienlicher.
3.) Spells (82 Seiten) - Zaubersprüche. Da es keine Stufen gibt, sind Sprüche auch "nur" Fertigkeiten, die aber hoch genügend Anfangen (z.B. Kleriker -> 1 Punkt -> "Mindere Heilung" 15 mit 3w6 ->95% Erfolgschance). Zaubern kostet Erschöpfung, was im Endeffekt heisst dass du in einem Kampf schnell an deine Reserven kommen kannst, dich aber danach vergleichsweise schnell erholst.
4.) Monsters (66 Seiten) - 70+ Monster. Oger, Zombies, Höllenhunde, Drachen, Vampire, Schleime, Eiswiesel, Brennende Schädel. Das meiste was man braucht.
5.) Dungeon (26 Seiten) - Das erste Abenteuer. Ganz passabler Dungeon.
So, urks, schon recht viel geschrieben. Zu den GURPS Regeln gibts sicher einiges zu sagen, ich würds in Deutschland ja immer beschreiben als "Stell dir vor DSA4 würde schnell sein und richtig funktionieren". Generell 3w6, Wert unterwürfeln. DF fängt da schon auf "Experten"-Niveau an, unser Barbar hat dann "Axt 18". Also kann man sich schon einiges an Finten, schlechten Kampfbedingungen, doppelten Angriffen usw. erlauben.
So, ja, von der "Umgebung" her schon recht "old school", aber man fängt auf einem Niveau an, was manche OSR Systeme fast nie erreichen. Kann man sich deswegen leisten, weil die Magier im Vergleich nicht ganz abdriften.
Das mit dem Setting ist so eine Sache. Ja, auch bei D&D Derivaten ist keins dabei, aber da kann man sich leicht eins kaufen das dafür gemacht ist. Andererseits hat man so gut wie alle Regelinfos in der Box und das generelle "Genre" passt gut zur "Norm". Ich würd' also persönlich einfach ein beliebiges OSR- oder D&D-Setting nehmen.
Kardinal:
Ich habe vor Jahren die GURPS DF pdf Reihe für eine sehr unterhaltsame Kampagne benutzt und leite seit 2017 eine Dungeon Fantasy Kampagne, deren erste Sitzungen noch mit GURPS DF gespielt wurden. Die mechanischen Differenzen sind minimal (in-game hatte das zB nur einmal eine "Wechselkurs" Situation wg der unterschiedlichen Münzsysteme zur Folge) und Quellenmaterial kann mühelos von GURPS DF zu DF übertragen werden. Es gibt kein vollständiges fertiges Setting, aber das Nordlond Material ist prima - bald auch mit Bestiary - und ich nutze es als Teil meines homebrew Settings, in das ich auch alle offiziellen Adventures integriere. Wer übrigens mag, der kann auch leicht mit GDF SCs auf unter 150 Pkte. bauen und diese organisch auf DF level wachsen lassen - so bin ich selbst bei der homebrew Kampagne auch verfahren.
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