Hallo,
da ich über Bedrohungslagen (und den häufig im Munde geführten Begriff der Herausforderung) nachdenke einmal diese Umfrage.
Geht bitte mal in euch und fragt euch: Aus welcher Quelle speisen sich die Hauptkonflikte in eurer Kampagne. Damit meine ich nicht die kleineren Proben und Herausforderungen am Wegesrand, sondern die Gesamtheit dessen, wovon die Charaktere aufgehalten werden. Aus welcher Sphäre kommt der Großteil der Herausforderungen, die die Charaktere bestehen müssen in euren klassischen Fantasysettings.
Klassisch meint hier nicht nur EDO-Fantasy, sondern auch Settings, die in einer vergangenen Welt spielen und auf die die Tropen klassischer, heroischer Fantasy angewendet werden können (also z.B. auch Piraten-Fantasy oder Römer-Fantasy würde ich dazurechnen... auch Settings, in denen es keine Elfen oder Zwerge gibt). Modernere Settings (also alles ab Steampunk aufwärts) lassen wir bei der Betrachtung aus.
Wichtig: Definitionen
Menschen sind alle vernunftbegabten, kulturschaffenden Wesen, die komplexe, menschliche Ziele verfolgen können und menschliche Emotionen haben. Dazu gehören im Grunde alle Fantasyvölker... wobei wir hier argumentieren können, ob Orks, Goblins etc. Monster sind. Ich würde hier folgende Faustregeln verwenden: Monster sind sie dann, wenn sie kein Alltagsleben haben, keine Familien, keine sozialen Dynamiken, die über Boss/Handlanger-Verhältnisse hinausgehen und mit anderen Völkern nicht friedfertig interagieren können. Dabei muss aber dieses Kultur- und Alltagsleben zu sehen sein und eine Rolle bei den Entscheidungen dieser Wesen spielen. Sie handeln vernunftgetrieben und nicht rein instinkgetrieben und haben komplexe Ziele. Das gilt auch für andere monströse Gestalten: Dämonen, die aus alles verschlingenden Tentakeln bestehen, die ohne Unterschied alles Fleisch konsumieren zählt als Monster. Ein ziegenköpfiger Dämon, der dir, zum eigenen Vergnügen oder Vorteil, einen magischen Bohnenbeutel verkaufen will, zählt als Mensch.
Literaturwissenschaftlich gesprochen: Man vs. Man- und Man vs. Society-Gechichten fallen in diese Kategorie... auch Men vs. Gods, solange die Götter keine abtrakten, unpersönlichen Konzepte sind, sondern eben personifiziert. Überhaupt: Wenn die antagonistische Seite in eurer Kampagne aus Kräften besteht, denen ihr das Label "Das sind Personen" oder "Das ist eine Person" verpassen würdet, dann sind das auch Menschen.
Monster sind für mich tatsächliche physische Wesen, die handeln und zweckgerichtete Entscheidungen treffen, allerdings wenig komplex sind. Monster spinnen keine Intrigen und leben auch nicht in kulturschaffenden Gesellschaften. Sie sind im Grunde wilde Tiere und Konstrukte, die zwar ihren Lebensraum haben können, aber keine ausgebreiteten Wertvorstellungen oder Gefühle. Tatsächliche Tiere fallen in diese Kategorie, aber auch künstliche Kreaturen wie Golems oder Automaten, und typische Fantasymonster wie Greifen oder Betrachter. Es kommt in der Bewertung häufig aufs genaue Setting an: In manchen Settings sind Drachen z.B. eher Menschen, in anderen eher Monster.
Ich hoffe die Unterscheidung ist klar: Monster nehmen dieselbe Rolle ein wie Tiere oder ggf. lebendige Waffensysteme.
Natur steht bei mir stellvertretend für alle unpersönlichen Bedrohungen, die aus der Umgebung kommen. Das wären solche Dinge wie Naturkatastrophen und Naturphänomene im weitesten Sinne. Dazu kämen noch die Effekte von harschem Klima (Wüstenwanderungen z.B.; Überleben im Freien) Aber auch unerklärliche, unpersönliche Phänomene, magische oder nicht, können darunterfallen. Weirder, kosmischer, gesichts- und körperloser Horrorshit zum Beispiel. Oder eben auch "das Schicksal" oder unpersönliche Götter. Wichtig ist, dass die Gefahr und Herausforderung daher kommt, dass die Umgebung an sich selbst gefährlich und herausfordernd ist. Es geht hier wie gesagt weniger um Einzelherausforderungen (z.B. "einen Berg im Schneesturm erklimmen"), sondern um das größere Ganze, aufgerechnet ("die Region, in der sich die Helden befinden, wird von Schneestürmen geplagt und das erzeugt Handlungsdruck und Gefahr").
Soziale Probleme durch Gesellschaften gelten hier im Übrigen nicht: Menschliche Gesellschaften oder Herrschaftssysteme, so unpersönlich sie auch wirken mögen, haben in der Regel menschliche Vollstrecker und Könige, die den ganzen Unsinn befohlen haben. Ergo: Das gehört in die Kategorie "Menschen".
Literaturwissenschaftlich: Hier haben wir unsere Man vs. Nature- oder Survival-Geschichten (wenn auch ohne Tiere, denn das sind für mich Monster).
Bitte geht in euch und überlegt ganz ehrlich, was ihr in euren Fantasykampagnen und -abenteuern im Durchschnitt wie gewichtet. Überlegt, ob eine dieser drei Herausforderungsarten in euren Kampagnen die anderen beiden überwiegt und wie die Verhältnisse sind (deswegen gibt es bei mir auch keine völlig neutrale Option). Und schreibt gerne ein paar Zeilen, wie sich das bei euch äußert.
Frohes Beantworten!