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[AD&D 2.5E] Von Feuer und Düsternis – Erzählungen aus Euborea

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Jenseher:
Um Edda waberte eine Blase von Dunkelheit. Alles Licht wurde dort verschluckt und erzeugte bei ihr eine unnatürliche Form des Sehens. Die Schatten nahm sie wie Strömungen wahr. Kraft ihrer schattenmagischen Fähigkeiten konnte sie als einzige die totale Schwärze vollständig durchblicken. Vor ihr ragte die natürlich geformte Höhle auf, deren behauene Auswuchtungen mit Bretterverschlägen abgetrennt waren. Aus einem doppelflügeligen Portal sah sie vielfarbiges, schwaches Licht wechselnder Farben strömen. Hinter der geöffneten Türe eines Bretterverschlages konnte sie Fässer und Kisten erkennen. Schreie gellten hallend durch die Kaverne und übertönten die seltsame Musik von Flötentönen aus der Tiefe. Vor einer hölzernen Türe hatte sich die Schar von Anhängern des Azathoth gesammelt. In den Augen der Kultisten war Überraschung und teilweise Panik zu erkennen. Sie leisteten den gebrüllten Befehlen des augenscheinlichen Anführers Folge. Der ältere Mann hatte schneeweiße, schulterlange Haare und hell-blaue, fast weißliche Augen. Die Haut seines Gesichtes war gerötet und eingefallen, wie von einem stärkeren, länger anhaltenden Sonnenbrand. Sein Plattenpanzer war von leuchtenden Runen bedeckt und über seinem Kopf trug er eine goldene Haube. Als Edda ihren Blick zu den beiden Kriegern mit den Bastardschwertern gleiten ließ, die mittlerweile von der Eisenplatte abgelassen hatten, hörte sie die zischelnde Stimme von Neire: „Folgt mir!“ Sie spürte Neire neben sich und schritt in die Höhle. Auch Heergren kam mit ihr, in der sich bewegenden Dunkelheit. Der Nachtzwerg hatte seine Augen geschlossen und seinen Mund weit geöffnet. Schweißperlen waren auf seiner Glatze zu sehen. Ab und an schnalzte er mit seiner Zunge, als könne er durch die Geräusche und deren Reflektionen sehen. Der Kampf brach los, als sie sich den Sonnenpriestern näherten. Der Anführer holte einen klaren Kristall hervor und sprach. „Leuchte und scheine hell.“ Damit beschwor er einen schmalen Strahl gebündelten Lichtes, der die magische Dunkelheit durchbrach. Sein Begleiter mit der vielfarbigen Robe rief seine Macht hervor und die Farben begannen zu tanzen sowie zu wachsen. Dann hörte Edda, wie Neire seine Kräfte hervorrief. Er warf dem Strahl des Anführers sein Schattenfeuer entgegen. Das Licht wurde für einen Augenblick zurückgedrängt und das rötliche Schattenfeuer erfasste den Hohepriester. Edda hörte das Bersten der darauffolgenden Explosion. Sie sah, wie der Panzer von Lardrik Wermgard anfing zu glühen und sich in seine Haut fraß. Dann wirkte sie ihre Schattenmagie. Sie beschwor einen Blitz aus invertiertem Licht, der die Kultisten erfasste. Der Hohepriester wurde augenblicklich zerfetzt. Edda sah die grausame Auswirkung. Stücke von Fingern wurden abgerissen und seine hell-blauen Augen zerplatzen. Auch die Gestalt in der leuchten Robe sank, zwar zuckend, aber tot, zu Boden. Unter dem Murmeln von Gebeten und einem wachsenden Licht in der Mitte der Höhle, sah Edda eine zunehmende Ungläubigkeit – gar Panik – in den Augen der Azathoth Anhänger. Einige bewahrten ihre Fassung, doch sie wichen in Richtung der hölzernen Türe zurück. Auch die Wachen hatten ihre Bastardschwerter erhoben und liefen auf die hölzerne Türe der gegenüberliegenden Seite zu. Sie bewegten sich weiter und sahen den letzten Priester durch die Türe flüchten. Als sie an den Eingang des Bretterverschlages gelangten, konnte Edda in das Innere sehen. Dort, in der Auswuchtung der größeren Höhle, waren Regale am Felsen angebracht. Sie erkannte Schriftrollen und Bücher sowie Betten und Tische. In der Mitte des Raumes führten die Stufen einer steinernen Wendeltreppe in die Tiefe. Von unten hörte sie die chaotischen Flötentöne. Von dort drang auch Licht herauf. Jedoch drang die Dunkelheit unaufhaltsam in den Raum und griff nach der übernatürlichen Helligkeit. Die beiden Priester, die sich dort aufgebaut hatten, sahen sie nicht und blickten sich panisch um. Einer murmelte Gebete. Der andere hatte seinen Streitkolben zum Schlag erhoben. Heergren schlug neben ihr zu. Mit tödlich geplanter Präzision hatte er seine Axt geführt. Nur einen Augenblick später stach sie selbst durch den Plattenpanzer des anderen Sonnenanhängers. Es war nicht die Tödlichkeit der Hiebe, die ihre Gegner zu Fall brachte. Ihre Widersacher versuchten krampfhaft zu atmen und ihre Venen verfärben sich schwarz. Dann brachen beide unter der Wirkung des Giftes zusammen. „Deckt mir den Rücken. Ich schleiche voran.“ Edda hörte Neires zitternde, zischelnde Stimme von der Treppe. Sie drehte sich und blickte zurück. Sie sah keine Wachen mehr und sie hörte nur noch die Flötenmusik. Doch da war noch ein anderes Geräusch. Mal wie ein Rauschen, mal wie ein Grollen, drang es aus der Tiefe zu ihr hinauf.

Neire schlich die Wendeltreppe nach unten. Er hatte die Dunkelheit, die von Eddas Opal ausging, verlassen. Er hüllte sich in seinen Tarnmantel aus Schatten. Mit jeder Rundung wurden das dumpfe Grollen und das Rauschen lauter. Auch die Flötentöne waren jetzt übernatürlich stark schallend. Seine feinen Ohren hörten noch ein anderes Geräusch. Es war der magische Singsang eines Gebetes. Neire kannte die Formeln, die fast beendet waren. Er hatte sich auf eine Öffnung eines Ganges zubewegt, hinter der er die Silhouetten zweier Gestalten warten sah. Das Licht kam von dort und war bereits blendend hell. Als Neire den Zauberspruch erahnte, sprang er augenblicklich zurück und rannte nach oben. Keinen Moment zu spät. Hinter ihm formten sich lange, rotierende Schwerter und Messer, die die Luft durchschnitten. In das Grollen und Pfeifen brach das Zischen und Klingen von Metall. Er kniete sich auf den Stufen nieder und harrte der kommenden Dunkelheit. Dann wurde er eingehüllt und er sah Edda neben sich. Wortlos deutete er auf die Wand aus rotierendem Stahl. Edda nickte und wirkte einen Zauberspruch. Ihre Schatten flossen langsam über die Klingen und lösten sie auf. Als die Gefahr gebannt war, schlich sich Neire abermals vor und ließ den Rest des Schattenfeuers frei, den er im Körper trug. Der Strahl traf den Wirker der Klingenwand und zerfetzte seinen Körper. In der nachfolgenden Explosion wurden auch die beiden Gestalten verletzt, die sich als schattenhafte Umrisse vor dem Licht abzeichneten. Erst jetzt konnte Neire weitere Details erkennen. Der Tunnel eröffnete sich schon bald auf eine Kreuzung. Der geradeaus weiterführende Gang endete an einer Plattform – im Eingang einer viel größeren Höhle. Von dort drang das gleißende, weiße Licht hervor, das auf seiner Haut brannte. Von dort hörte er auch die Flötentöne. Seine Ohren täuschten ihn nicht. Als die Explosion den Flötenspieler erfasst hatte, der auf der Plattform stand, änderte sich die Melodie. Die Masse von weißlichem Feuer, die sich in der Mitte der Höhle befand, begann zu wabern. Als ob sie aus ihrer Fassung ausbrechen wollte. Sie wurde von einem Torus aus Kristall und Nei’ilurum gehalten, der über vier Angeln befestigt war, die Stäben in alle vier Himmelsrichtungen hinfortführten. An einem jeden diese Enden musste sich eine Plattform befinden, auf der ein Flötenspieler stand. Das Innere des Torus konnte Neire nicht ansehen. Es drohte seine Augen vollständig zu verbrennen. Es war ein Teil der immerwährenden Explosion – ein Teil der Sonne aller Sonnen – die dort tobte. Das Licht brannte auf seiner Haut, wie das elektrisierende Kribbeln der Wärme eines brennenden Sternes. Ein Stern der vor ihm fortwährend explodierte, doch dies auf einer anderen Ebene tat. Es war, als wäre nun bereits ein Teil in diese Welt gedrungen. Es war, als würde die Explosion durch die Flötentöne besänftigt. Als ob die Struktur des Torus wie ein vielfach verstärkender Klangkörper für die Musik wirken würde, welche die Sonne in einer Art Schlafzustand hielt. Für einen Augenblick starrte Neire in das Licht und die Stimme von Jiarlirae war fern. Er wurde vereinnahmt von der Essenz des tobenden Gottes. Dann hörte er das plumpe Aufschlagen eines Körpers und sah wie Heergren seine Axt aus dem Schädel des Anhängers zog. Auch der Flötenspieler hatte die Gewalt vernommen und blickte sich zögerlich um. Er war, wie die anderen Musiker auch, in hell-weiße Gewänder gekleidet. Sein Kopf war völlig haarlos und seine Haut war rötlich verbrannt. Seine Augen waren jedoch weiß-in-weiß. Der Flötenspieler sah sie nicht - er war blind. Panik und Terror zeichnete sich in seinem Gesicht ab. Doch er drehte sich wieder um und spielte weiter seine Melodie. Die Feuermasse beruhigte sich und wurde in den Torus gebannt. Jetzt war auch Edda neben ihm erschienen. Sie hielt sich die Hand vor die Augen, die begonnen hatten zu tränen. Das glühende Feuer ließ ihre Dunkelheit verdampfen. Das Licht war stärker, als alles, was Neire zuvor gesehen hatte. Sie schlichen sich in die Schatten des Tunnels; heraus aus dem Licht. Dort gewann ihre Dunkelheit wieder an Macht und verdrängte den Schein. Dort warteten sie auf die beiden verbleibenden Wachen, deren Schritte sie aus der Ferne nahen hörten. Das Licht hatten sie zwar gebannt. Doch die Töne der wirren Musik der Tiefe setzten ihren Geistern zu.

~

Neire schwebte lautlos am Flötenspieler vorbei. Der heilige Anhänger Azathoths erkannte seltsamerweise seine Präsenz. Er drehte seinen Kopf und verzerrte hasserfüllt sein Gesicht. Er ließ nicht ab von seinem Flötenspiel. Neire hielt sich die Hand vor die Augen. Er dachte nicht zurück an den Kampf mit den beiden Wachen. Die Krieger waren hilflos gewesen in der Dunkelheit und zu dritt hatten sie sie niedergemacht. Sie hatten in einer Lache von Blut gestanden und sich Worte in die Ohren gebrüllt. Sie hatten nicht gewusst, was sie tun sollten. Dann hatten sie die erste Erschütterung gespürt, die durch den Stein ging. Die Festung über ihnen hatte in ihren Grundmauern gezittert und sie hatten gewusst, dass der Angriff der Riesen begonnen hatte. Neire hatte über die Instrumente, den Klang und den portalförmigen Torus nachgedacht. Dann war der Hass auf das Heiligtum seine Furcht überkommen und er hatte sich in das Innere bewegt. Er dachte an das Innere Auge von Nebelheim, das größte Heiligtum dieser Welt. Er dachte an die Gesänge der Yeer’Yuen’Ti, an die rauschenden Feste und hohen Opferungen. Er hatte gewusst was zu tun war. Er zog seine Hand zurück und blickte in das Licht. All seine Kraft nahm er zusammen. Er wirkte seine schwarze Kunst. Neire beschwor schattenhafte Magmageschosse, die er auf die schwächsten Punkte der Struktur lenkte. Dort, wo die vier Verstrebungen in den Torus mündeten. Mit einem Bersten explodierte die glasartige Substanz. Für einen Augenblick schwebte der Torus noch. Dann senkte er sich herab und fiel zu Boden. Kristall zerbrach in tausend Stücke. Neire schaute nun auf die innere wabernde Masse. Es war, als wollte sie sich aufbäumen. Als wollte sie alles verschlingen. Das Feuer spie punktförmige Entladungen, strahlende Funken und gleißendes Licht. Farbenprächtige Formen und helle Blitze. Dann wurde es kleiner, es wurde schwächer. Wie eine Kreatur, die sich, nach Luft schnappend, im Tode windet. Mit dem letzten Strahl setzte die Dunkelheit ein. Das Flötenspiel war leiser geworden und endete mit einem letzten Ton. Neire schwebte in die Mitte und schaute die Flötenspieler an. Sie ließen ihre Instrumente sinken und ihre Gesichter zeigten eine Mischung aus Trauer, Verzweiflung und Hass. Tränen rannen aus ihren leblosen, verbrannten Augen. Bis auf die Erschütterungen im Stein war nichts zu hören. „Verzagt nicht, meine Brüder. Ihr werdet euer Lied weiterspielen. Es wird schöner und prächtiger sein, als je zuvor. Frohlocket, denn ihr werdet der Schwertherrscherin, der Dame des abyssalen Chaos, der Königin von Feuer und Dunkelheit, der Herrscherin über die acht Schlüssel in die brennende Düsternis jenseits der Sterne, der höchsten Göttin selbst dienen. Azathoth ist schwach und vergänglich. Eine farbenfrohe Verpuffung in der glühenden Dunkelheit ihrer Herrlichkeit. Ihr werdet ihr und ihrem kommenden Heiligtum dienen, denn ich bin ihr Prophet und meine Verkündung ist eine glorreiche Zukunft für euch.“ Die Stille nach Neires Rede war kurz, dann fing der erste Spieler an zu brüllen. Alle Trauer und Verzweiflung waren einem verrückten Hass gewichen. Neire befürchtete, dass sie sich in die Tiefe stürzen würden - unfähig ihn zu erreichen, unfähig ihn zu zermalmen. Er erkannte die blinde Hingabe zu ihrem schwachen Gott. Schmerzen strömten durch Neires Kopf und die Welt wurde scharlachrot. Er schaute sie an durch die Augen des Jensehers. Einen nach dem anderen. Er sprach zu ihnen, gestärkt durch die anhaltenden Gebete seiner Herrin. „Verzagt nicht, meine Brüder. Glaubt mir. Euer Lied ist noch nicht zu Ende gespielt.“ Die Schreie wurden weniger und verstummen schließlich. Dann erhob eine Gestalt ihre knarzende Stimme. Verzweiflung und Trauer schwebten weinerlich mit. „Welche Instrumente werden wir spielen?“ Eine andere stimmte ein. „Welche Lieder werden wir spielen? Wir kennen nur dieses eine Lied.“ Neire hob besänftigend seine Hand. Obwohl sie ihn nicht sehen konnten, spürten sie seine Geste. „Ihr werdet neue Lieder lernen, das Spiel auf neuen Instrumenten. Ich werde euch lehren. Doch ihr müsst mit euren Brüdern zusammenspielen. Wie die Unendlichkeit der Dimensionen achtfach gefaltet ist, so wird auch euer Lied von acht Spielern erklingen.“ Die Stille war diesmal länger. Dann sprach eine der Gestalten. „Wir sind blind, doch wir sehen durch unsere Musik. Wir werden neue Lieder lernen. Zu Acht werden unsere Instrumente noch schallender sein, wir werden noch weiter sehen können.“ Neire lächelte und nickte. Die Augen des Jensehers hatten einen Funken Hoffnung in die Geister der Flötenspieler gepflanzt. Ein Funke umgeben von den Geheimnissen der Dunkelheit. Er dachte an die seltsamen Lehren der Anhänger und bemitleidete sie um ihre blinde Suche nach der Auflösung allen Seins. Jetzt gab es Hoffnung für sie. Die Dualität von Flamme und Düsternis war mit ihnen und IHRE unendlichen Geheimnisse waren greifbar.

Jenseher:
Edda, Neire und Heergren hatten nach dem Gespräch mit den Musikern die Tiefe verlassen. Edda hatte den Opal der Dunkelheit unter ihrer Kleidung versteckt und so waren sie in den oberen Teil des Heiligtums der Azathothanhänger zurückgekehrt. Dort hatten sie die Räume durchsucht. Sie hatten einige Schätze, Vorräte und vier schlafende Musiker gefunden. Die Musiker hatten so tief und fest geschlafen, dass sie nicht durch den Kampfeslärm wachgeworden waren. Neire hatten ihnen zugeflüstert: „Erhebt euch, denn das Lied muss fortgeführt werden.“ Sie waren sofort wachgeworden, hatten ihn nicht als einen Eindringling wahrgenommen und geantwortet: „Und unsere Musik wird weiterspielen, auf dass er fortwährend schlummert.“ Neire hatte abermals die Augen des Jensehers benutzt und auch sie verzaubert. Er hatte ihnen von der Göttin erzählt und befohlen in den Tiefen zu warten. Dann waren sie eine Wendeltreppe hochgeschlichen, die sie hinter einem der Bretterverschläge entdeckt hatten. Die Geräusche des Flötenspiels und des Grollens aus den Tiefen waren zwar vollständig verschwunden gewesen, doch hatte der Stein ab und an unter schweren Erschütterungen gezittert. Nach einer Zeit waren sie in einen kleinen Raum gelangt, der in völliger Dunkelheit lag. Dort hatten sie den komplexen Mechanismus von Zahnrädern gesehen, der um ein Schlüsselloch angebracht war. Nachdem Neire und Edda an dem Mechanismus gehorcht und keine direkte Gefahr gehört hatten, war der Schlüssel Lardrik Wermgards von Neire benutzt worden. Die Räder hatten sich begonnen zu bewegen und das geheime Portal war leise in die Wand geglitten. Sie hatten bemerkt, dass sie auf der Rückseite eines Gemäldes erschienen waren, dass sie vorsichtig zur Seite gehoben hatten. Sie waren dann durch die Tiefen der Festung geschlichen und hatten den Saal, in dem noch immer die Bildnisse der alten Herzöge von Berghof zu sehen gewesen waren, verlassen. So waren sie über die Wendeltreppe in die nächst höhere Ebene gekommen, wo Neire damals die schlafenden Hyänenkreaturen gemeuchelt hatte. Jetzt hörte Neire, der vorgeschlichen war, gedämpfte Stimmen aus dem Burggemach. Er lugte in den steinernen Raum, in dessen Fackellicht er zwei Tische mit Stühlen stehen sah. Auf den Tischen konnte Neire knöcherne Würfel, Humpen und einige Goldmünzen erkennen. An der gegenüberliegen Türe standen fünf Krieger, gekleidet in Kettenhemden. Neire konnte die unbedeckten Köpfe der jungen Burschen sehen. Ihre Gesichter waren bleich vor Angst. In diesem Augenblick war da wieder das dumpfe Grollen eines Einschlags zu hören, das von einem diesmal größeren Zittern gefolgt wurde. Staub rieselte von Decke und Wänden hinab. Dann hörten sie alle das laute Jammern von Schmerzen und einen Todesschrei aus der Ferne. Die jungen Soldaten schauten in Panik nach oben. Ein Krieger mit dunkelblonden Haaren und einem Topfschnitt flüsterte. „Was war das? Was war das?“ Ein anderer mit braunen Haaren und einem bäuerlichen Gesicht antwortete. „Bei den Göttern, das muss ein Turm gewesen sein.“ Andere wurden noch unruhiger, dann fragte ein dritter. „Was sollen wir tun? Wird die Feste standhalten.“ Der Älteste der Gruppe, ein muskulöser junger Mann mit rot-blonden, schulterlangen Haaren, grünen Augen und einer leicht gekrümmten Nase, sagte: „Kommt schon… die Feste wird standhalten. Sie hat immer standgehalten. Wieso sollte sich das ändern?“ Die anderen Burschen nickten, während Neire bereits einen Spruch murmelte. Sie waren nicht überzeugt und als sie den glühenden Funken sahen, der sich über sie senkte, war es bereits zu spät. Die Explosion zerfetzte zwei der Burschen. In dem Feuer und der Druckwelle verlor Neire für einen Moment die Übersicht über das Gemach. Als sich der Rauch verzog konnte er erkennen, dass zwei Krieger aufs Schwerste verwundet waren und nur einer sich hinter einen Tisch hatte ducken können. Die Krieger blickten sich jetzt panisch um, husteten Blut und versuchten die Flammen zu erlöschen, die auf ihnen brannten. Sie schrien aus lauten Kehlen. „Wir werden angegriffen. Hier unten!“ Kaum waren die Stimmen verhallt, da hörte Neire Schritte aus der ungeöffneten Türe kommen. Er ahnte Edda und Heergren hinter sich und schlich durch den Rauch des Raumes. Das Chaos eines Kampfgetümmels brach aus, als weitere Krieger und zwei Ritter mit Lanzen in den Raum drangen. Ihnen stellten sich Edda und Heergren. Neire meuchelte die beiden Ritter mit hinterhältigen Angriffen und mit seinem tödlichen Gift. Edda und Heergren machten weitere der Wächter nieder. Doch der Strom an Wachen schien nicht abzuebben. Erst als der Nachschub versiegte und der Boden von einem Dutzend Leichen bedeckt war, schrien die verbliebenen Wachen. „Hexerei, schwarze Kunst. Wo sind sie?“ Neire wechselte seine Position und griff aus den Schatten an. Als ein weiterer Leib blutüberströmt zu Boden sackte, rief einer der Krieger mit überschlagender Stimme. „Wir sind verflucht, rette sich wer kann.“ Ein anderer pflichtete bei „Hexenbrut und Teufelstanz, wir sind verflucht.“ Dann flüchteten sich die letzten Wachen und verschwanden die Wendeltreppe hinab. Edda stach zwar noch einem jungen Burschen in Bein, doch er humpelte verzweifelt schreiend weiter. Sie waren von Leichen umgeben, doch der Kampf um die Adlerfeste tobte weiter.

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Neire kauerte sich in die Dunkelheit der Wendeltreppe. Der lange Kampf und die Hervorrufung schwarzer Kunst zehrten an seinen Kräften. Er versuchte, so gut wie es ging, seinen Atem zu verlangsamen. Er hörte die stampfen Stahlstiefel von oben hinabeilen. Er durfte nicht entdeckt werden, was oder wer auch immer dort hinabstürmte. Neire dachte an das, was ihnen nach ihrem Kampf im Burggemach widerfahren war. Sie waren durch die Tür in den großen Aufenthaltsraum gelangt, in dem einst die Hyänenkreaturen ihr Siegesfest gefeiert hatten. Auch von den neuen Besatzern war das Gemach augenscheinlich als Speiseraum benutzt worden. Ein großer Kessel mit Suppe hatte über einem Kohlefeuer gestanden. Die teils noch vollen Teller hatten auf ein abruptes Ende der Mahlzeit hingedeutet. Sie hatten durch die Schießscharten auf ein von Wehrmauern umgebenes Podest geschaut, auf dem ein zerstörtes und ein umgestoßenes Katapult gestanden hatten. Steinsplitter und Brocken waren überall verteilt gewesen. Sie hatten auch eine übel zugerichtete Leiche gesehen, deren Kopf von einer Urgewalt zermatscht wurde. Auch hatten hier und dort abgerissene Körperteile herumgelegen. In der Ferne, auf dem Gebirgskamm, der das Tal überragte, waren Feuer und die Umrisse von kolossalen Kreaturen zu sehen gewesen. Doch auch auf der Plattform unter ihnen hatten sich einige wackere Verteidiger zum Gefecht versammelt. Zwei Wächter versuchten gerade das umgeworfene Katapult wieder aufzurichten. In einem anderen Bereich des Podestes hatten zwei Verteidiger gestanden, die eindeutig keine Krieger gewesen waren. Der eine hatte kurz geschorene, rot-braune Haare an den Seiten des Kopfes und einen Umhang aus Seide gehabt. Er war fettleibig gewesen und hatte Armschienen aus Kristall und einen Ring getragen. Der andere war jünger gewesen und hatte ein schlankes, schmales, fast mädchenhaftes Gesicht und schulterlange blonde Haare gehabt. Er hatte Armschienen aus Gold getragen, hatte einen Ring und einen Stecken im Gürtel gehabt. Sie hatten die Wachen aus dem Hinterhalt und von oben angegriffen. Neire hatte eine weitere Magmaexplosion beschworen, die fast die gesamte Plattform erfasst hatte. Der fettleibige Verteidiger, der gerade einen Zauber gewirkt hatte, war in der Explosion gestorben, während der jüngere schwer verwundet zur Seite gehumpelt war. Einem der beiden Krieger hatte die Feuersbrunst einen Arm abgerissen und er war über die Brüstung geschleudert worden. Edda hatte dann einen invertierten Schattenblitz beschworen und den jüngeren Verteidiger getötet. Die Wache war währenddessen in das Innere der Festung geflüchtet. Als sie keine weiteren Krieger mehr gesehen hatten, waren sie auf die Wendeltreppe zurückgekehrt und Neire war vorangeschlichen. Dann hatte er die Schritte gehört, die von oben nahten. Er hatte noch darüber nachgedacht, sein Gift auf seinen Degen zu streichen, doch dafür war keine Zeit mehr gewesen. Jetzt lauerte er in den Schatten, hielt verkrampft seine Waffe in der rechten Hand. Dann tauchte die Gestalt in der Rundung auf. Es war ein Hüne, fast so groß wie Bargh und gekleidet in einen Plattenpanzer. Auf dem Panzer prangte das Symbol des Adlers, der eine Sonne mit stilisierten Strahlen in seinen Klauen hielt. Die Rüstung schien das Licht nicht zu reflektieren. Die Gestalt trug eine Stahlmaske, die dem Gesicht nachgeformt war und eine Mundöffnung sowie zwei Augenschlitze hatte. Dort sah Neire kalte blaue Augen. Der Krieger, bei dem es sich um Ulf Kalthand handeln musste, hielt einen gewaltigen Zweihänder, dessen Spitze sich in zwei Richtungen aufspaltete. Auf der Klinge waren goldene Runen zu sehen, die in der Düsternis glühten. Neben einem Ring erkannte Neire einen weißlichen Waffenrock, der mit chaotischen Sonnen bedeckt war und von einem Gürtel gehalten wurde. Neire zitterte vor Angst. Hatte ihn Ulf Kalthand gesehen? Als der Führer der Adlerfeste an ihm vorbeihastete, stieß Neire ihm den vergifteten Degen in den Rücken und flüsterte. „Alles ist zwecklos… Lardrik Wermgard und alle seine Anhänger sind tot.“ Der Degen bohrte sich mit einem Quietschen durch zwei anliegende Metallplatten und drang tief in den Rücken hinein. Doch das Gift schien nicht zu wirken. Kalthand hielt in seinem Sturm inne und drehte sich langsam um. Durch die Maske sprach er, während er das Schwert zum tödlichen Schlag erhob. „Ihr seid ein Narr, wenn ihr das denkt. Ihr werdet sehen, was wahre Macht ist.“ Der Krieger mit der Stahlmaske wollte Neire zermalmen, doch Neire war schneller. Er murmelte Worte der Macht und schleuderte Geschosse aus düsterem Magma auf seinen Widersacher. Der Lärm von Detonationen erfüllte die Wendeltreppe. Kalthand wankte zwar zurück, doch er richtete sich wieder auf. Dann sah Neire Edda heranstürmen. Sie stieß dem Krieger ihr Kurzschwert mit der von Widerhaken besetzten Klinge in den Rücken. Zwei Streiche führte sie präzise und als Ulf Kalthand sich gerade umdrehen wollte, begann er Blut zu röcheln. Der massive Leib sank auf die Knie. Neire trat vor und zischelte verachtungsvoll: „Ihr seid der Narr, Ulf Kalthand. Ihr sterbt wie Wermgard. Ihr sterbt hier und jetzt, während wir durch die brennende Düsternis dieser Welt reiten werden.“ Wut wandelte sich in Angst, als Neire die Worte sprach. Er blickte auf das zitternde Antlitz, auf das Blut, das Kalthand aus der Maske hervorhustete. Keine Worte kamen, doch die kalten blauen Augen waren weit aufgerissen vor Furcht. Dann verklärte sich der Blick und der Führer der Adlerfeste brach kopfüber auf den Stufen zusammen.

„Amria, kommt hervor! Ulf Kalthand ist tot. Es ist vorbei. Kommt hervor, wenn ihr leben wollt.“ Neire war an die Öffnung herangetreten. Sie hatten die Leiche des Kommandanten liegenlassen und sich weiter nach oben geschlichen. Dann hatte Neire hinter dem Portal, das sich in der rechten Wand der Wendeltreppe auftat, ein aufgeregtes Atmen von mehreren Kehlen gehört. Eine Zeitlang herrschte Stille, dann kam die Antwort. „Wer seid ihr, der ihr es euch erdreistet uns hinterrücks niederzumachen. Ihr hättet uns helfen können. Ich kann nur Feigheit in euren Taten sehen, keinen Ruhm. Sobald wir uns ergeben würden, würdet auch ihr uns töten. Sollen wir doch lieber im Kampfe sterben.“ Die Stimme war lieblich, wie die, die sie von Amria in Dreistadt gehört hatten. Doch in ihrem Klange war auch kalte Entschlossenheit. Jetzt steckte Neire seinen Degen hinfort, bewegte sich aber nicht. Er sprach, gestikulierend, wie als würde er seinen Gegenüber sehen. „Ulf Kalthand ist tot, Amria. Und habt ihr euch jemals gefragt, wem er wirklich diente? Habt ihr euch jemals gefragt, wohin die Boote fuhren, die ihr auf dem Fluss vor der Adlerfeste gesehen hattet?“ In der Pause, die Neire ließ, hörte er ein unruhiges Schaben, wie von Stiefeln. „Habt ihr euch jemals gefragt wo die Ernten und die Vorräte herkamen, welche die Bürger von Dreistadt so wohl genährt haben. Woher das Gold von Oordrin kam? Habt ihr euch je gefragt, wieso sie jeden Flüchtling aufnehmen und wieso sie ihre Einwohner mästen?“ Wieder waren da nur Stille und keine Antwort. „Habt ihr euch je gefragt, wo die Bürger waren, die plötzlich verschwanden aus Dreistadt. Verließen sie alle die Stadt? Wollen sie vielleicht doch mit Gold bezahlt werden für ihre Arbeit?“ Hinter sich hörte Neire Heergren spucken und flüstern. „Waah, diese Bastarde… nichts ist umsonst im Leben und für Gold kann sich alles kaufen.“ Neire warf Heergren einen strengen Blick zu, fuhr dann aber weiter fort. „Amria, ich gebe euch die Antwort. Ich sage euch, was Ulf Kalthand und die anderen im Schilde führten. Sagt euch der Name Lardrik Wermgard etwas? Hohepriester Wermgard? Nein? Nun Wermgard ist weit gereist. Aus dem Nordosten, noch hinter dem Orumanischen Reich kam er hierhin. Doch er kam und fand seine Bestimmung hier. In seiner Heimat war er bereits zum Tode verurteilt worden. Als Anhänger des Sonnengottes Sunnadom pflanzte er seinen treuen Anhängern die Sonne ein. Junge Anwärter verbrannten von innen zu Asche. Dort, aber vielleicht auch in seinem Gefängnis, muss es gewesen sein, dass die dunkle Macht zu ihm sprach. Sie erzählte ihm von der Sonne unter den Sonnen, der immerwährenden Explosion in der Leere. Es ist der unheilige Gott Azathoth, der einst diese Welt vernichten sollte. Dazu schuf Hohepriester Wermgard ein Heiligtum unter der Adlerfeste. Fettgefressene Bürger aus Dreistadt wurden mit Booten zur Adlerfeste gebracht und geopfert, bis Azathoth stark genug wäre, Euborea zu vernichten. Sie wurden durch einen Trichter in einen Schacht geworfen, der wiederum in die beschworene Essenz von Azathoth führte. Kalthand wusste davon, denn er war auf dem Weg hinab, um Hilfe zu holen. Wermgard und seine Anhänger sind jedoch tot. Wir haben sie getötet und …“ Neire hatte seine Rede noch nicht beendet, da unterbrach Amria ihn. „Woher kann ich wissen, dass ihr die Wahrheit sprecht? Ich hatte schon lange meine Zweifel, doch woher weiß…“ Jetzt trat Edda neben Neire und erhob ihre Stimme. „Ihr könnt ihm glauben Amria, denn Neire hat mich einst gerettet. Woher sollten wir aber wissen, dass ihr nicht mit Kalthand unter einer Decke steckt? Woher sollten wir wissen, dass die Soldaten der Festung nicht der Sonne unter den Sonnen dienen?“ Es folgte eine Zeit der Stille, doch Neire und auch Edda konnten ein Flüstern der Soldaten hören. „Vielleicht hat er recht. Kalthand war mir schon immer unheimlich,“ sagte einer. Ein anderer antwortete. „Wo war er die ganze Zeit, dieser Kalthand? Er war fast nie hier. War er immer in seinem Gemach?“ Ein dritter sagte. „Wer war er eigentlich, Kommandant Kalthand?“ So ging das Gespräch weiter, bis sie wieder die laute, klare Stimme von Amria hörten. „Genug des Ganzen, ich habe mich entschieden. Die Wahl liegt bei euch, Wächter der Adlerfeste. Die Schlacht ist verloren, die Feste ist gefallen. Zusammen haben sie es geschafft. Euer Dienst ist hiermit beendet. Entscheidet selbst, ob ihr euch in ihre Hände begebt.“ Wieder folgte eine Zeit der Stille, bis sie die ersten Schritte hörten. Im Fackellicht des Gemachs, das bis in die dunkle Wendeltreppe drang, sahen sie den ersten Wächter. Der Krieger war älter, hatte blonde, bis zu den Ohren reichende Haare und einen breiten Kiefer. Er war in einem ledernen Wams gekleidet, nickte ihnen ängstlich zu und sprach mit krächzender Stimme. „Freies Geleit, sagtet ihr?“ Neire nickte und sprach. „Euch soll nichts passieren, Krieger. Doch ihr wart mit einer bösen Macht im Bunde – wissentlich oder unwissentlich. Daher seid ihr nicht frei von Schuld. Weiter sollt ihr dienen als Wächter der Adlerfeste. Die Riesen werden euch nichts antun, ihr habt mein Wort.“ Der Mann nickte und stieg die Stufen hinab. Nach und nach kamen die verbleibenden Verteidiger der Adlerfeste hervor und gingen an ihnen vorbei. Dann steckten Neire und Edda ihre Waffen hinfort und schritten in das Fackellicht des Burgraums. Ein Feuer brannte in einem Kamin und auf schweren Tischen eines dunklen Holzes standen Humpen und Teller. In der Ecke wachte Amria, gekleidet in ihren stählernen Plattenpanzer. Die muskulöse Frau hielt ihr runenbesetztes Schwert in der Hand und nickte Neire grimmig zu. Neire betrachtete das kantige, sonnengebräunte Gesicht mit der einst gebrochenen Nase. Er breitete die Hände aus und wollte auf sie zugehen. Amria schüttelte jedoch ihren, von schulterlangen braunen Haaren umrahmten Kopf und erhob ihr Schwert. „Nein, ich habe bei meinem Leben geschworen die Adlerfeste zu verteidigen.“ Neire nickte, lächelte und kam zu einem Halt. „Das könnt ihr immer noch machen, Amria. Neben eurem Leben biete ich euch an, als Kommandant über die Feste zu wachen. Ihr habt Unrecht getan, indem ihr dieser bösen Macht dientet und ihr sollet Buße tun.“ Amria dachte einen Augenblick nach bevor sie antwortete. „Ihr mögt Recht haben mit Ulf Kalthand. Ich habe mir viele Fragen gestellt, doch es war mir egal. Solange ich nur diese ehrenvolle Aufgabe hatte, habe ich sie mit Freuden erfüllt. Aber wer wird über die Adlerfeste herrschen? Wem würde ich dienen?“ Wieder trat Edda neben Neire und erhob das Wort. „Amria, es gibt doch so viel mehr im Leben, als zu dienen. Vielleicht gibt es eine verborgene Liebe, die in Dreistadt auf euch wartet. Vielleicht ist da ein Bäcker, der euch besonders gerne mag?“ Amria grummelte, als wolle sie ihre Gedanken hinfort wischen wollen. Neire fuhr weiter fort, bevor sie antworten konnte. „Es ist Meister Halbohr, dem ihr dienen würdet. Er wird der Herrscher über die Lande sein. Ein General von einzigartigem taktischem Geschick, man sagt, ein militärisches Genie.“ Jetzt war es Neire der lächelte und er versuchte ein Grinsen zu verbergen. So sprachen Edda und Neire mit Amria und vergaßen, dass die Erschütterungen der Belagerung aufgehört hatten.

Jenseher:
„Kommandantin… wer sind die? Was soll das?“ Edda betrachte die drei verletzten Soldaten, die Amria von der letzten Katapultstellung eingesammelt hatte. Sie hatte aus der Ferne die Befehle gehört, die Amria gebrüllt hatte. Sie hatte die Worte „Hinunter mit euch, das ist ein Befehl“ vernommen. Sie selbst hatte mit Neire und Heergren im Burggemach auf Amria gewartet, während die Kommandantin zu ihren Soldaten geschritten war. Jetzt humpelten zwei junge Burschen und ein älterer Mann durch den von Fackeln erhellten Raum. Sie alle trugen Lederpanzer und Langbögen über den Schultern. Das Holz ihrer Fernkampfwaffen schimmerte kostbar, durch eingelassene goldene Filamente. Edda vernahm den Geruch von Pech, der mit ihnen kam. Von den Burschen hatte einer tiefe, blutige Striemen im Gesicht. Der andere hielt sich die Seite, die dunkelrot verfärbt war. Der Fuß des älteren Kriegers, der fast vierzig Winter alt war, war in einem unnatürlichen Winkel abgespreizt und er wurde von einem der Burschen gestützt. Edda kannte die Art von aufmüpfigen Söldnern aus ihrer Zeit in Vintersvakt. Sie verdrängte die unschönen Gedanken, doch ihre Wut wollte nicht weichen. Der Soldat mit der blutdurchtränkten Rüstung schaute sie herablassend an und sie erhob ihre Stimme in Richtung Amria. „Ihr solltet sie züchtigen Amria, denn sie verstehen nur diese Sprache. Handelt, denn gebt ihr dem Narren einen Finger… so will er ganze Hand.“ Der Bursche mit den kurz geschorenen dunkel-braunen Haaren und dem unscheinbaren Gesicht blieb jetzt stehen. Er zog die blutverklebte Hand von seiner Hüfte und zeigte auf sie. „Wer seid ihr, Mädchen?“ Eddas Wut verstärkte sich und sie hätte ihn am liebsten hier und jetzt getötet. Doch sie beherrschte sich und sprach zu Amria. „Ein Tölpel unter euren tapferen Kriegern, denn er weiß nicht, wie er mit der Dame von Hohenborn sprechen sollte.“ Bei diesen Worten stieß der Soldat einen abfälligen kehligen Laut aus und spuckte auf den Boden. Edda wendete sich wieder am Amria. „Ihr habt sie nicht im Griff, Amria und das muss sich ändern.“ Die Anführerin mit dem stählernen Plattenpanzer baute sich vor dem Soldaten auf. Das Licht der Fackeln spiegelte sich übernatürlich stark in dem Metall. Das Symbol des Adlers, der die Sonne in seinen Klauen trug, funkelte auf der Brustplatte. Amria überragte den Burschen um mehr als einen Kopf. Sie sprach kein Wort, sondern gab ihm eine klatschende Ohrfeige. Der Schlag war so hart, dass der Soldat taumelnd auf seine Knie brach. Auf der bleichen Haut seiner Wange zeichnete sich der rote Abdruck Amrias Hand ab, als er sich langsam erhob. „Ihr solltet ein Auge auf ihn werfen Amria. Vielleicht steht er mit Kalthand im Bunde und wusste von den Geheimnissen unter der Festung.“ Edda versuchte ein Lächeln zu verbergen, denn sie hatte erreicht, was sie wollte. Amria aber schüttelte den Kopf, als sie den Krieger unsanft in Richtung der Wendeltreppe stieß. „Hinab mit euch. Geht zu den anderen und wartet dort.“ Dann drehte sich die Kommandantin mit den schulterlangen rot-braunen Haaren und dem sonnengebräunten, vernarbten Gesicht zu ihr um. Edda betrachtete Amrias einst gebrochene Nase, als sie sprach. „Er? Mit Kommandant Kalthand im Bunde? Nein… dafür ist er viel zu unerfahren und viel zu dumm.“ Edda nickte Amria zu. Dann schritten sie hinab in die Tiefe, wo sich die verbleibenden Verteidiger versammelt hatten.

Es war als würde sie ertrinken. Als würde sie nach Luft schnappen und doch nur Wasser atmen. Das Gefühl von Ohnmacht hatte sie überkommen, als die Fremden die Festung von innen heraus überfallen hatten. Sie hatte sich ihnen stellen wollen, hatte kämpfen wollen. Amria hatte bereits ihren heldenhaften Tod vor Augen gehabt, als sie die zischelnde Stimme von Neire gehört hatte. Die Worte des jungen Propheten hatten eine tiefe Unsicherheit in ihr hervorgerufen. Sie fühlte sich so, als würde die gesamte Welt über ihr zusammenstürzen. Sie traute sich nicht zu fragen, was sie getan hatte. Es kam ihr so vor, als ob dann alles nur noch schlimmer werden würde. Ja, sie hatte Ulf Kalthand und Oordrin schon lange nicht mehr getraut. Zu merkwürdig waren die Geschehnisse in Dreistadt gewesen. Zu seltsam war das Verhalten von Ulf Kalthand, den sie nur selten gesehen hatte. Amria wollte sich in der Dunkelheit verstecken und schlafen. Sie wollte verschwinden, unter die Erde – für ein, vielleicht zwei Monate oder gleich ein paar Jahre. Bis alle vergessen hatten, welch unrühmliches Ende ihre Dienstzeit genommen hatte. Doch sie sah das Gemach vor sich, in dem sich ihre Soldaten versammelt hatten. Im Fackellicht der steinernen Bögen standen die Überlebenden. Sie waren unruhig und sie verlangten nach Antworten. Sie war ihnen eine Antwort schuldig. Amria schloss die Augen und nahm ihren Mut zusammen. Sie atmete tief ein und aus. Dann öffnete sie ihre Augen und sprach. „Soldaten… die Adlerfeste ist gefallen. Ihr alle habt tapfer gekämpft. Es ist nicht euer Fehler. Wir waren zum Scheitern verdammt. Wir waren es vielleicht von Anfang an. Wenn es stimmt, was die Fremden erzählt haben, gibt es eine Falschheit tief unter der Feste. Sie sagten, abscheuliche Dinge wären dort passiert. Unter unserem Mantel des Schutzes. Vielleicht ist es gut, dass wir den Kampf verloren haben. Vielleicht ist es gut so… Wir gedenken heute unserer Kameraden, die ehrenvoll gekämpft haben und gefallen sind. Wir werden sie nicht vergessen. Sie haben nicht umsonst die Hallen dieser Festung mit ihrem Blut getränkt. Ich werde jetzt mit den Fremden hinabsteigen in die Tiefe. Ich werde mir selbst ein Bild machen, von dem, was dort vorgefallen ist.“ Sie machte eine Pause und holte ein weiteres Mal Luft. „Ich habe mit den Fremden verhandelt und das Wichtigste erwirkt. Es ist euer aller Leben, das es zu schützen gilt. Also geht zu euren Familien, der Kampf ist…“ Amria spürte, dass Neire neben sie getreten war. Sie roch sein seltsames süß-modriges Parfüm. Der Junge warf seine gold-blonden Locken zurück und schüttelte mit dem Kopf. „Tssh, tssh… nein. Es ist nicht ganz die Wahrheit, die ihr erzählt Amria. Sagt ihnen, dass sie sich vergangen haben. Dass sie dem Bösen gedient haben, wissentlich oder nicht. Sie sollten Buße tun. Ihr Leben ist sicher, wir haben es versprochen. Doch sie werden weiter als Soldaten der Adlerfeste dienen.“ Amria nickte und führte fort. „Ihr habt es gehört. Sollte es wahr sein was sie sagen, so stehen wir in ihren Diensten. Sollte es nicht stimmen, dann gewähren wir ihnen keine Gnade. Bei den Göttern!“ Ein kurzer Augenblick herrschte Stille, dann rief ein Soldat. „Mit wem habt ihr diesen Pakt geschlossen, Kommandantin? Wer sind sie und wem dienen sie?“ Amria wollte gerade antworten, doch Neire kam ihr zuvor. „Mein Name ist Neire. Ich bin nur ein Kind, ein Kind der Flamme. Doch ich sehe Dinge im Feuer und in den Schatten. Manche sagen, es ist die Zukunft, die ich sehe.“ Jetzt herrschte atemlose Stille. Neire fuhr fort. „Und noch etwas… Ich selbst schloss keinen Pakt mit Amria. Ich selbst diene Meister Halbohr. Mit ihm schloss Amria den Pakt. Auch wenn Meister Halbohr jetzt nicht hier ist. Er ist der General, der über diese Lande herrschen wird. Halbohr ist bekannt als das militärische Genie, das er wirklich ist.“ Amria betrachtete Neire, als er sprach. Sie fragte sich, ob es für den fast übernatürlich hübschen Jungen ein Spiel war, das er hier spielte. Der Jüngling grinste bei seinen letzten Worten. Amria hörte lautes Gerede ausbrechen. Die Soldaten unterhielten sich angeregt. Einer sagte: „Meister Halbohr, ich habe von ihm gehört.“ Ein anderer antwortete. „Ich habe einst gekämpft mit ihm. Er ist grausam und brutal, doch er ist ein großer Feldherr.“ Ein dritter lachte. „Arndor, ihr redet wieder so dummes Zeug, wie auch Meister Halbohr nur ein Märchen ist.“ Amria schaute in die Gesichter ihrer Männer, dann schrie sie aus voller Kehle. „Ruhe, Soldaten! Ihr werdet hier warten, bis ich wieder zurück bin. Versorgt eure Wunden und nehmt Speise und Trank zu euch. Verlasst nicht die Festung und bewacht das Eingangsportal. Die Riesen sind noch in der Nähe.“ Danach wandte sie sich um und stieg mit den Fremden in die Tiefe. Sie folgte der Wendeltreppe und konnte schon bald nichts mehr sehen. Auf ihre Frage nach Licht, entzündete Neire eine Fackel. So gelangten sie in das verborgene Untere der Adlerfestung. Neire zeigte ihr die steinernen Höhlen. Der Jüngling rief die Musiker hervor, die sie mit toten weißen Augen anstarrten. Neire zeigte ihr auch den Leichnam Wermgards. Die Musiker erzählten ihre Geschichte und sie sprachen von den fettgefressenen Bürgern von Dreistadt. Auf Neires Frage, wieso sie ihrem Gott nicht Katzen oder Hunde verfütterten, antworteten die Musiker lachend. Sie bemerkten, dass wohl niemand Ratten äße, wenn er das saftige Fleisch von Lämmerwänsten vorgesetzt bekäme. Amria wurde schlecht und sie wollte die Musiker hier und jetzt hinrichten. Doch Neire verneinte. Er sagte, er hätte den Musikern ein Versprechen gegeben – wie er es ihr selbst gegeben hatte. Amria verspürte kein Mitleid, kein Verständnis. Sie bejahte, die Musiker zu verschonen. Jedoch wuchs das Gefühl von Zorn und Wut in ihrem Inneren. Es verdrängte Verzweiflung und Hilflosigkeit. Fast unbewusst fasste Amria einen Entschluss. Sie würde über die Adlerfeste herrschen. Sie würde dienen, doch die alte Amria sollte es nicht mehr geben. Die Menschen um sie herum waren dumm, aufmüpfig und verfressen. Sie hatten ihr Schicksal vielleicht verdient. Sie würde mit eiserner Faust führen. Nur so konnten sie geformt werden. Wenn sie dann einst von ihr geformt worden waren, würde sie sie um sich versammeln. Es würden ihre Kameraden sein – im Geiste und auf dem Schlachtfeld. Nur so würde die Adlerfeste in altem Ruhm erstrahlen. Sie würde die Höhlen verschließen lassen und der Ort dieser Schande sollte durch neue Ehre und Stärke vergessen werden. Es sollte ihre Ehre, ihre Stärke sein, die sie wieder herstellen würde – koste es, was es wolle.

~

Neire, Edda und Heergren hatten nach ihrer Absprache mit Amria die Adlerfestung verlassen. Sie waren durch Raum und Zeit in das Lager der Hügelriesen gereist. Dort hatten sie im Zelt der orkischen Sklaven einen Tag gerastet. Die Hügelriesen hatten sie zwar bemerkt, hatten sie aber in Ruhe gelassen. Sie hatten dann den Gesprächen der Riesen gelauscht, die sie aus ihrem Zelt beobachtet hatten. Auch Edda hatte die Sprache der grobschlächtigen, zumeist fettleibigen Kreaturen immer besser verstanden. Die Riesen hatten sich über die Schlacht von Horknar unterhalten. Einige hatten auch über Kulde gesprochen und sich über seine Einfältigkeit lustig gemacht. Doch einige Frauen unter den Hügelriesen waren von Kulde angetan gewesen. Sie hatten lüstern über seine Größe spekuliert. Über seine Muskelkraft und dem, was sich wohl zwischen seinen Beinen befand. Jene Riesinnen hatten aber nicht zu den intelligentesten ihrer Rasse gehört. Als der Tag verstrichen und die Nacht hereingebrochen war, hatten sie zwei Orkspäher gesehen, die erschöpft und keuchend das Lager betreten hatten. Die beiden waren von einem älteren glatzköpfigen Hügelriesen mit fliehender Stirn und platter Nase in Empfang genommen worden. Der Riese war mit einem kruden Schwert bewaffnet und seine affenartigen Arme hatten fast den Boden berührt. Er hatte einen gewaltigen Bauch gehabt und eine verrostete Kettenrüstung getragen, die er sich wie eine Toga übergeworfen hatte. Als die Orks ihm auf die Frage nach dem Ausgang der Schlacht nicht sofort geantwortet hatten, hatte er einen zur Seite geschlagen. Der Ork war einige Schritt weit geschleudert worden und kopfüber im Schlamm gelandet. Der andere hatte angsterfüllt gestammelt. Er hatte berichtet von der siegreichen Schlacht. Er hatte aber auch von hohen Verlusten berichtet. Von einst 16 Hügelriesen waren wohl nur fünf auf dem Rückweg. Der große Hügelriese hatte den Ork hinfort gejagt und gemurmelt: „Es war sinnlos. Warum hat er sich darauf eingelassen.“ Einige Zeit später waren schließlich die Hügelriesen um Horknar aufgetaucht und in das sumpfige Zeltlager einmarschiert. Einige Trauben von Gaffern hatten sich im Licht der flackernden Fackeln versammelt und dumpfe Schreie der Begrüßung gegellt. Die Nacht war mittlerweile fortgeschritten und der warme Meereswind war abgekühlt. Insekten schwirrten um Neire, Edda und Heergren, die ihr Zelt verlassen hatten. Sie wateten durch den stinkenden Schlamm. Sie sahen Kulde, in seinen Bänderpanzer gekleidet. Der junge, große Riese hob gerade seinen Morgenstern und schrie grunzende Siegeslaute. Kulde reckte seinen Kopf in die Höhe. Seinem Gesicht war der Unterbiß, die fliehende Stirn und die kleinen, in den Höhlen versunkenen Augen anzusehen. Sein Körper war übersäht von neuen, roten Narben. Wunden, die auf wundersame Weise verheilt waren. Andere Riesen folgten Kulde. Sie trugen teils bösartige Verletzungen. Zwei Kreaturen hatten üble Brandwunden. Die beiden schritten auf ein Zelt zu, aus dem einige Frauen hervorgetreten waren. Als Kulde seine Gefährten sah, zeigte er mit einem breiten Grinsen seine bereits fauligen Zähne. Er blickte Edda an und rief lachend. „Meine Dame. Wir siegreissh. Wir gute Kämpfa.“ Sie hatten sich mittlerweile auf der Mitte des Platzes getroffen, als Edda antwortete. „Ich hätte nichts Anderes von euch erwartet Kulde Kopfstampfer. Ihr seid ein großer Krieger und ihr habt auch diesen Kampf gewonnen.“ So standen sie inmitten des zertretenen Morastes. Sie sahen die Ruine des alten Bergfriedes dunkel in den Nachthimmel aufragen. Riesen waren aus ihren Zelten hervorgetreten und beobachteten sie.

Jenseher:
Dann war die schlürfende Stimme von Horknar. Die Gestalt war nur unwesentlich kleiner als die der Hügelriesen und ging gebückt. Horknar hatte seinen kleineren linken, verkrüppelten Arm angewinkelt. Er beugte seinen Kopf mit dem offenen Kiefer vor. Aus dem runden Gesicht, das von dicken schwarzen Haaren eingerahmt wurde, schauten ein grünliches und ein kränklich-gelbes Auge hinab. Die krumme Nase und die blumenkohl-ähnlichen Ohren unterstrichen seine Hässlichkeit. „Kulde hat gut gekämpft, aber der Kampf war verlustreich,“ sprach Horknar, der Neire und Edda anstarrte. „Wieso habt ihr euch zurückgezogen, Meister Horknar? Die Adlerfeste war bereits gefallen.“ Horknar baute sich nun über Neire auf. Als er antwortete, zog er schlürfend sein Maulwasser hinauf. „Ich habe es euch doch gesagt Neire. Ich bin nicht an der Festung interessiert. Nur euch zuliebe habe ich sie nicht schleifen lassen. Aber sagt, Winzling! Wart ihr erfolgreich? Habt ihr die Besatzung getötet?“ Neire war die Angst anzusehen, als Horknar ihn bedrohte. Zitternd antwortete der Jüngling. Er duckte sich im Schlamm. „Fast alle Soldaten sind tot. Einige ergaben sich und jetzt dienen sie Meister Halbohr.“ Der Speichel Horknars sabberte auf Neire hinab, als der missgestaltete Riese abfällig grunzte. „Ihr dient also Meister Halbohr? Soso… Ich ahnte es bereits, doch dachte ich nicht, dass er eine solche Schwäche zeigen würde. Was ist, wenn sie euch in den Rücken fallen? Ihr hättet sie lieber töten sollen, dieses unwerte Ungeziefer.“ Neire nickte, sagte dann aber. „Meister Halbohr scheint andere Pläne zu haben. Und was euch angeht, Meister Horknar: Ich habe eure Zukunft gesehen.“ Horknar beugte sich noch weiter hinab und zeigte seine fauligen Zähne. Neire nahm jetzt all seinen Mut zusammen. „Die Vision zeigte mir Kulde Kopfstampfer, den Anführer dieses Stammes. Er wird glorreiche Schlachten schlagen, wenn er General Halbohr dient. Aber da wart auch ihr, Meister Horknar. Ihr dientet Kulde Kopfstampfer, ein Schatten in seinem Ruhm, gleichwohl durchschrittet ihr die Flammen des Krieges gemeinsam mit Kulde. Jedoch sah ich auch euren Leichnam. Es war der Horknar, der nicht dienen wollte. Der den Ruhm wollte, für sich allein. Welcher Horknar möchtet ihr sein, Meister Horknar. Entscheidet euer Schicksal, bevor es über euch entscheidet.“ Hass fraß sich in Horknars Gesicht, doch dann erhob er sich lachend. „Dienen unter Meister Halbohr? Wo ist er, Wicht? Ich habe den großen Heerführer noch nicht gesehen.“ Horknar blickte dann Kulde an und spottete. „Unter Kulde Kopfstampfer dienen? König Kopfstampfer meintet ihr wohl, hahaha. Kulde, der König der Hügelriesen, hahaha.“ Auch Kulde lachte mit Horknar, bevor er plötzlich still wurde und sich umblickte. Im Lichte der an langen Baumstämmen angebrachten Sturmfackeln waren die Schatten der Menge zu sehen, die in debiler Weise auf das Geschehen glotzten. Wieder erhob Horknar seine Stimme. „König Kopfstampfer… dieser Name… Kopfstampfer an sich… ich meine… schaut ihn euch doch an, Wicht!“ Neire antwortete zitternd und zischelnd. „Spottet nicht über Kulde, Horknar!“ Horknar lachte noch lauter. „Hahaha, niemals würde ich über Kulde Kopfstampfer spotten. Was für eine Vision ihr nur hattet, ihr liegt falsch. Kulde könnte nicht mal eine Horde von Ziegen anführen, dieser dumme Bastard. Geht Kulde und beglückt ein paar von den Weibern, die es auf das abgesehen haben, was dort zwischen euren Beinen baumelt. Kämpfen könnt ihr schließlich und ihr habt es euch verdient.“ Kulde starrte Horknar mit seinen kleinen schwarzen Augen an. Sein schwarzes Haar klebte von Schweiß an seinem Kopf. Er schien den Sinn der Worte erfassen zu wollen. So sah es fast aus, als wäre Kulde traurig. Dann richtete sich Neire auf im Schlamm. Seine Worte waren scharf – das Lispeln seiner Zunge war stärker geworden. „Kulde ist mein Freund, Horknar. Mein getreuer Freund. Niemand spottet über meinen Freund. Tötet ihn Kulde!“ Kulde brauchte einen Augenblick, doch dann fing er an zu brüllen. Er hob seinen Morgenstern zum Angriff. Die Riesen gafften jetzt und es waren einige Rufe zu hören. Horknar riss sein schwarzes Schlachtermesser hervor, doch Kulde war schneller. Dreimal schlug er mit dem Morgenstern zu. Unter einem Angriff konnte sich Horknar noch ducken, doch die beiden anderen Schwünge zerschmetterten seine Rippen und seinen linken, verkrüppelten Arm. Dann war da wieder die Stimme von Neire. „Ihr hättet eure Zukunft haben können, doch jetzt endet euer Leben.“ Der Jüngling beschwor seine schwarze Kunst. „Bei IHRER Flamme und Düsternis, verflucht sollt ihr sein Horknar.“ Die Worte der Macht drangen zu dem verkrüppelten Riesen und Schatten griffen nach ihm. Er erstarrte zitternd, unfähig sich zu bewegen. Kulde brüllte und schlug wieder und wieder zu. Selbst als der Körper von Horknar tot in den Schlamm gefallen war, ließ er nicht ab. „Kulde will Köpfe stamfa, jaaaaah…“ schallte der Schrei über den Platz. Der letzte Streich des Morgensterns rammte in Horknars hässliches Gesicht. Der Schädel brach knackend auf und Gehirnmasse spritzte in alle Richtungen heraus. Kulde richtete sich auf und schrie seinen Siegesruf. Keiner sah, wie Blut und Schlamm sich vermischten, als das Sumpfwasser in den zertrümmerten Schädel von Meister Horknar floss.

In seinem Siegestaumel hörte Kulde plötzlich die vertraute Stimme. Mehrfach hatte Neire nach ihm gerufen. „Kulde… Kulde… hebt mich auf eure Schulter!“ Der Hügelriese langte hinab, packte Neire sanft mit seiner linken und setzte ihn auf seine Schulter. Er spürte den kleinen Körper seines menschlichen Freundes und hielt seine Hand dort, da er befürchtete, Neire würde hinabfallen. Kulde hörte Neires Stimme deutlich an seinem Ohr. „Jubelt Kulde, denn ihr habt gesiegt. Sagt ihnen, dass ihr der neue Anführer seid.“ Kulde dachte über die Worte nach, die er nicht ganz verstand. Dann riss er seinen Morgenstern hoch und brüllte. „Kulde issht Anführer. Kulde Kopfsshtamfa Anführer!“ Er sah die Menge jubeln. Krieger und Frauen hatten sich um den Platz versammelt. Auch einige Orks waren zu sehen. „Sagt ihnen, dass Horknar unfähig war. Sagt ihnen, dass ihr die Schlacht um die Adlerfeste gewonnen habt.“ Wieder hörte Kulde Neires Stimme in seinem Ohr und versuchte den Sinn der Worte zu ergründen. Dann brüllte er: „Kulde issht Anführer. Horknar sshwach und tot. Kulde Adlerfesshte gesshampft. Kulde Sssieger.“ Wieder jubelten ihm einige der Hügelriesen zu, doch andere hatten die Arme verschränkt und schüttelten ihre Köpfe. „Sagt ihnen, dass ihr jeden herausfordert, der an euch als Anführer zweifelt.“ Diesmal verstand Kulde die Worte Neires und rief. „Wer will ssheifeln hier… Kulde wird Kopf sshtampfa.“ Kulde hob wieder seinen Morgenstern und brachte einen gutturalen Grunzschrei hervor. Die meisten Riesen beeindruckte er damit, doch der glatzköpfige Alte, der zuvor den orkischen Späher hinfort geprügelt hatte, trat hervor und rief. „Ihr wollt unseren Stamm führen, Kulde Kopfstampfer? Ihr mögt viele Schlachten geschlagen haben, doch führen könnt ihr nicht.“ Kulde trat einen Schritt hervor und baute sich zum Kampf auf. Wut und Hass tobten in ihm. Keiner sollte ihm den Ruhm des Anführers nehmen. Dann geschah etwas, was er nicht verstand. Der alte Riese legte sein krudes Schwert in den Schlamm und kniete sich nieder. Er senkte seinen Kopf und rief dann. „Ich habe mich geirrt. Kulde Kopfstampfer wird unser Anführer sein. Verzeiht mir meinen Zweifel.“ Auch ein weiterer Zweifler machte es dem Alten nach und kniete sich nieder. Kulde blickte sich um und sah für einen Augenblick Neires Augen auf seiner Schulter rötlich schimmern. Dann kam die dritte Gestalt auf ihn zu und brüllte. „Ich werde mein Haupt nicht beugen. Sollte ich den Kampf gegen Kulde gewinnen, werde ich Anführer sein.“ Sein Widersacher war etwas älter als er selbst, viereinhalb Schritt groß und trug eine verrostete Eisenstange. Der Riese hatte eine aufgedunsene rote Knollennase, kleine schwarze Augen, eine fliehende Stirn und krauses schwarzes Haar. Kulde empfing den übergewichtigen Hünen mit schweren Hieben seines Morgensterns. Er hörte Rippen knacken, sah Blut aufspritzen. Dann griff ihn der Riese an. Die Eisenstange rammte gegen den Bänderpanzer. Kulde wankte zwar, doch er spürte keinen Schmerz. Er schlug die Gestalt mit zwei wuchtigen Angriffen nieder. Der letzte Schlag drückte die Brust des Eisenstangenschwingers ein, der rücklings zu Boden sackte und im Schlamm versank. Kulde löste seinen Blick von dem übel zugerichteten Leichnam, in dessen Loch in der Brust jetzt Schlammwasser hineinströmte. Er schrie und jubelte. Er sah die beiden knienden Riesen in den Jubel einstimmen. Dann hörte er wieder eine Stimme. Neire hatte seine Schulter verlassen und schwebte nun neben seinem Kopf. Er flüsterte. „Kulde… sagt ihnen, dass ihnen eine glorreiche Zukunft bevorsteht. Sagt ihnen, dass sie bald aufbrechen werden in den Norden. Im Tempel des Jensehers wird ihr neues Zuhause sein.“ Kulde verstand die Worte und brüllte: „Zukunft von Hügelriesshen glorreissh. Im Tempel von Jenssheher neues Zuhaushe finden, neues Reissh.“ Kulde jubelte weiter. Er hörte, dass die Riesen gutturale Grunzgesänge anstimmten. Die Worte hallen durch den Küstensumpf. „Kopf-stam-pfer… Kopf-stam-pfer… Kopf-stam-pfer“.

~

Edda erinnerte sich an die letzten Wochen zurück. Sie sehnte sich nach Neire und strich sich über ihren Bauch. Sie spürte jetzt deutliche Bewegungen von dort kommen. Sie hatte bereits vermutet, dass etwas nicht mit ihr stimmte. Sie hatte gemerkt, dass seit einiger Zeit ihre Blutungen ausgesetzt hatten, obwohl sie den Mond hatte wechseln sehen. Sie hatte Neire noch nicht erzählt, dass sie ein Kind von ihm trug. Er hatte sich am Morgen nach ihrer Siegesfeier von ihr verabschiedet und war verschwunden. Zuvor hatte er noch die letzten störrischen Riesen mit den Augen des Jenseher überzeugt. Das Fest danach war ein primitives Sauf- und Fressgelage gewesen, zu dessen Ende sich Kulde neben sie gesetzt hatte und behutsam durch ihre Haare gestreichelt hatte. Edda hatte ihm dann gesagt, dass es als Sieger sein Recht und seine Pflicht sei, sich einige der Riesinnen auszuwählen. Als Kulde sie mit einem hohlen Blick angestarrt hatte, hatte sie gelacht. Sie hatte ihm gesagt, er solle die Nacht mit ihnen verbringen und er werde schon sehen was passiert. Kulde hatte genickt und ihr zum Abschied einen Kuss auf den Kopf gegeben. Dann war er mit einigen wänstigen Weibern im Zelt des toten Horknar verschwunden. Sie waren einige Tage danach aufgebrochen. Die Luft war heiß und schwül geworden und so war sie froh gewesen, dass sie den Brackwassersumpf hinter sich gelassen hatte. Auf ihrem Weg durch die Berge hatten die orkischen Späher weitere versprengte Lager von Frauen und Kindern der Hügelriesen gefunden, die bereits von Horknar gehört hatten und auf dem Weg zu ihm gewesen waren. So war sie mit Heergren gewandert, vor oder hinter dem Tross. Kulde hatte sie auch eine Zeitlang getragen, doch ihr wachsender Bauch war kein Hindernis gewesen. Es war die Übelkeit gewesen, die ihr zugesetzt hatte. Edda hatte bemerkt, dass Heergren die Kreaturen jeden Tag gezählt hatte. Zuletzt waren es 29 ausgewachsene Männer, 24 Frauen und 35 Kinder gewesen, die ihnen folgten. Von den Kindern waren noch viele im Säuglingsalter gewesen. Sie hatten den See von Gladnir im Westen umrundet und immer wieder ihre orkischen Späher ausgeschickt. Jetzt überquerten sie die ansteigenden Grasebenen von Berghof. Edda konnte schneebedeckte Gipfel in der Ferne aufragen sehen. Da war auch die schroffe Silhouette der Irrlingsspitze. Edda betrachtete den Berg und das Leid ihres Herzens, die schwere Last, die sie mit sich trug, verwandelte sich in ein vertrautes Glücksgefühl. Sie dachte an die Heimkehr in den Tempel des Jensehers. Sie sehnte sich nach den trauten Flammen von Neires Göttin Jiarlirae, die auch ihre Herrin geworden war. Sie dürstete nach den Schatten der Akademie Schwarzenlohe - ihrer Akademie Schwarzenlohe.

Jenseher:
Im Zelt aus Tierhäuten war die Luft nebelig von Rauch. Neire betrachtete die Glut des Feuers, die lange Fäden in allen Rottönen zog. Seine Stimmung hatte sich gebessert, nachdem er reichlich von dem vorzüglichen Wein getrunken hatte. Zudem hatte er sich eine Daumenspitze von Grausud auf das Zahnfleisch unter seiner Oberlippe gerieben und der Rausch hatte sofort eingesetzt. Im Schein der Flammen konnte er Kulde erkennen, der gerade schallend lachte. Der neue Anführer der Hügelriesen schlug sich dabei auf die Unterschenkel, was ein lautes Klatschen von Fleisch verursachte. Neben Kulde saßen zwei seiner Frauen, Horghla und Åter'gid, die sich an Kulde kuschelten. Alle drei waren halbnackt und nur mit Lendenschürzen aus Fell bekleidet. Schweiß und verschmierter Fleischsud rannen von ihren Körpern hinab. Horghla war von gewaltigem Körper. Auf ihrem großen Wanst ruhten zwei kolossale Brüste, über die bei jedem Lachen eine wellenförmige Bewegung ging. Sie hatte zudem breite Oberschenkel und voluminöse Hüften. Ihr rundliches, hässliches Gesicht war von braun-glattem, fettigem Haar umgeben, das ihr bis auf die Brust hinabhing. Ungeniert kratzte sich Horghla hin und wieder an verschiedenen Körperstellen. Åter'gid hingegen hatte hell-braunes Haar, das sie zu zwei seitlichen Zöpfen geflochten hatte. Sie war nicht ganz so fettleibig wie Horghla und etwas kleiner. Ihr rundliches Gesicht war von debilen Zügen gezeichnet. Sie hatte eine platte Nase und disproportioniert eng liegende, bernsteinfarbene Augen, die aus ihren Höhlen gedrückt wurden. An ihrem Hals war eine lange Narbe zu sehen, so als hätte einmal jemand versucht ihre Kehle aufzuschneiden. Auf der anderen Seite des Feuers lagerten die Gäste Gruschuk, Gulgra und Hyrge, die der Anführer Kulde eingeladen hatte. Gruschuk hatte sich wenig verändert, seitdem sie den Tempel des Jensehers in Richtung der Kristallnebenberge verlassen hatten. Das schüttere krause Haar des jungen Riesen war weiter gewachsen und bedeckte spärlich die Narbe seines abgeschnittenen rechten Ohres. Er war größer und muskulöser geworden, doch hier und dort waren die Ansätze von Fett an seinem Körper zu sehen. Gulgras bereits zuvor schon dickliches rundes Gesicht war weiter aufgequollen und sah nun noch zurückgebliebener aus. Sie trug ihr gelocktes dunkles Haar jetzt offen, so dass die Narbe ihres fehlenden rechten Ohres nicht zu sehen war. Sie war nicht dick, jedoch waren ihre zuvor schon gewaltigen Brüste noch mächtiger geworden. An einem Busen hielt sie den Säugling, den sie mit Gruschuk gezeugt hatte. Hyrge hatte bereits die Größe eines fünfjährigen Menschenkindes und saugte begierig die Milch seiner Mutter. Zuvor hatte der hässliche Säugling geschrien und dabei sein, von einer Hasenscharte verunstaltetes Maul aufgerissen. Neire ließ sich auf das Fell zurücksinken, lächelte und schlang seinen Arm um Edda. Sie beide waren an diesem Abend von Kulde eingeladen worden, die Errichtung der Zelte der Hügelriesen zu feiern. Nach ihrem Marsch aus dem südlichen Sumpf jenseits des Schilds war der Stamm, der einst Meister Horknar gedient hatte, in den Höhlen hinter der Feste Nebelgard einquartiert worden. Diese Höhlen waren damals beim Tunnelbau der unterirdischen Verbindung aus dem Tempel des Jensehers nach Nebelgard entdeckt worden und seitdem unbewohnt gewesen. Jetzt hatte sich der Stamm Kulde Kopfstampfers in provisorischen Zelten niedergelassen. Die Hügelriesen wurden außerdem von Granrig Hellengrub unterstützt, der ihnen bei der Errichtung einer kleinen Höhlenfestung half. Ein Teil der Hügelriesen arbeitete unter der Aufsicht von Granrig, während der andere Teil zu Arbeiten in die Feste Nebelgard abkommandiert worden war. Neire ließ die Gedanken an Nebelgard und den Tempel des Jensehers verfliegen, gab Edda einen Kuss und betrachtete trunken die versammelten Riesen. Gruschuk schaute Kulde fasziniert an, während er sich das fettige Haar nach hinten strich. „Und dann Kulde, was war dann? Was war nach dem Tod von Horknar?“ Kulde hörte langsam auf zu lachen und hob den rechten Arm, den er zuvor um Horghla gelegt hatte. Seine kleinen schwarzen Augen betrachteten das Feuer, während er zu sprechen begann. Neire konnte die Narbe seines abgeschnittenen Ohres unter dem dünnen braunen Haar erkennen. Durch den ausgeprägten Unterbiss war sein Sprachfehler bei Zischlauten deutlich zu hören. „Nach Horknar? Kulde Kopfsshamfa fragen nach Kriegern… Krieger sshweifeln an Kulde, hahaha. Rieshe kam bei Kulde. Rieshe sshweifeln an Kulde. Kulde dann sshamfa Kopf, hahaha. Rieshe dann tot im Schlamm, hahaha.“ Wieder lachte Kulde auf und schlug sich auf seine Schenkel. Horghla und Åter'gid stimmten mit einem Kichern in Kuldes Lachen ein, während Gruschuk weiter fragte. „Ihr habt ihn getötet Kulde? War er ein großer Krieger?“ Jetzt war es Åter'gid, die schneller antwortete. Sie rollte ihren Oberkörper auf Kulde und schaute ihm in die Augen, während sie sprach. „Es war Hondruk. Kulde tötet ihn damals. Hondruk kein großer Krieger, aber schlau, sehr schlau, hihi.“ Åter'gid packte Kulde am Hals und zog sein Gesicht mit der fliehenden Stirn und der platten Nase zu ihrem. Dann gab sie ihm einen tiefen Kuss, bevor sie sprach. „Hondruk schlau, aber nicht stark wie Kulde. Hondruk auch nicht groß wie Kulde, hihihi.“ Åter'gid warf einen ihrer geflochtenen Zöpfe mit einer Kopfbewegung über die Schulter und zeigte dabei kichernd auf Kuldes Lendenschurz, der sich langsam und wie von Geisterhand hob. Neire reichte Edda gerade ein Glas Wein, doch er hörte Edda lachen, als sie sagte. „Nicht so groß wie Kulde? Was kann sie nur damit gemeint haben, Neire?“ Als sie das Glas mit dem Wein sah, verzog sich aber ihr Gesicht und sprach. „Mir ist heute nicht nach Wein Neire. Nach dem ersten Glas wurde mir bereits schlecht. Ich glaube, ich sollte mich einmal erheben.“ Neire hörte die Riesen weiter lachen und anzügliche Bemerkungen über Kulde und seinen Lendenschurz machen, der wiederum schuldbewusst in Eddas Richtung blickte. Dann fragte Neire. „Wollen wir eine Runde gehen, meine Liebe? Wir haben uns die Höhle und die Zelte noch nicht angeschaut.“ Edda nickte und lächelte ihn an. „Lassen wir Kulde, Gulgra und Gruschuk eine Zeit allein. Ich habe die Höhle bereits in eurer Abwesenheit gesehen, Neire, aber ich möchte sie euch zeigen.“ Neire nickte und half Edda auf. Dann verließen sie das Zelt Kuldes. Sie sagten ihnen, dass sie wiederkommen würden, doch sie erhielten keine Antwort. Kulde hatte sich mit Horghla und Åter'gid bereits in einem Liebesspiel hingegeben. Auch Gruschuk war sichtlich erregt und hatte seinen Arm um Gulgra gelegt. Die Mutter schüttelte ihn aber wütend ab und säugte weiter ihren missratenen Sprössling Hyrge. Als sie das Zelt von Kulde verlassen hatten, hörten sie hinter sich ekstatische Grunz- und Stöhnlaute.

Große Zelte waren in der natürlichen Höhle zu sehen. Das rötliche Licht von Feuerkäfern, die gefesselt in metallenen Käfigen von der Decke hingen, erhellte die Kaverne in unnatürlichem Schimmer. Da war auch das flackernde Licht einiger außerhalb der Zelte liegender Kochfeuer, das sich im Wasser des kalten unterirdischen Sees spiegelte. Das Rauschen des Flusses, der das kleine System von unterirdischen Hohlräumen durchfloss, war deutlich zu hören, unter den diffusen Hintergrundgeräuschen von sonoren Stimmen und dem Gebrauch von Werkzeugen. Neire hatte Edda auf einen Stein gesetzt, der am Rande des Sees aufragte. Sie waren etwas abseits des Zeltlagers, wo der Geruch nach Kochfeuern, Müll, Urin und Fäkalien geringer war. Unweit von ihnen wuchsen einige Unterreichspilze, die das weiß-bläuliche fluoreszierende Licht ihrer Lamellen in magischer Schönheit über das Wasser warfen. Neire war an Edda herangetreten und strich ihre Haare zurück. Dann blickte er sich um und betrachtete die Höhle. „Es ist viel geschehen, seitdem ich euch im Lager der Riesen verlassen hatte. Doch ich glaube, dass Kuldes Stamm sich hier wohlfühlen wird.“ Edda nickte und folgte seinem Blick, doch Neire fühlte, dass ihr etwas auf dem Herzen lag. Er schaute sie fragend an, betrachtete ihr feines Gesicht mit der schneeweißen Haut. Ihre Augen schimmerten nachtblau im Zwielicht der Höhle. „Sie haben sich hier bereits eingefunden, Neire. Die Arbeiten scheinen voranzugehen“, sagte Edda und drehte ihren Kopf in Richtung des neu geschlagenen Lochs in einer der Höhlenwände. Dort bemerkte Neire die Schatten riesiger Gestalten, die im Licht einiger Fackeln große Steinbrocken hervortrugen. Edda drehte sich wieder zu ihm um und legte den Zopf ihres schwarzen Haares auf ihren Rücken. „Es ist nicht das, was mir Sorgen bereitet. Auch in der Akademie Schwarzenlohe kommen wir gut voran. Wir können uns nicht über mangelnde Bewerber klagen. Es ist etwas anderes, was mich bedrückt.“ Neire kniete sich nieder vor Edda und nahm ihre Hände in die seinen. Aus der Entfernung war für einen Augenblick ein Aufstöhnen aus Kuldes Zelt zu hören, das sich zu einem kurzen Höhepunkt steigerte. Ein flüchtiges Lächeln strich über Eddas Gesicht, dann wurde sie wieder ernst. „Ich wollte es euch schon länger sagen Neire, doch ich wusste nicht wann. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt.“ Neire blickte hinauf zu ihr und wartete beharrlich. Edda nahm behutsam seine verbrannte linke Hand und legte sie auf ihren Bauch. „Ich trage euer Kind, Neire. Fühlt, wie es sich bewegt.“ Neire spürte die Wärme, die aus dem Leder ihrer Kleidung strömte. Er lächelte und legte ein Ohr an Eddas Bauch. Da war Bewegung, Leben, das sich in ihr regte. Es musste das Wunder Jiarliraes sein, denn das was er hörte, konnte er zuerst nicht deuten. Dann erinnerte er sich an die Bücher der Anatomie und der heilenden Lehren zurück, die er damals in Nebelheim studiert hatte. Er hob den Kopf und sagte. „Ich höre die Schläge zweier kleiner Herzen in eurem Bauch. Es sind Zwillinge, die dort heranwachsen. Es muss das Geschenk unserer Herrin sein, Edda. Es muss so sein, so denkt doch an die Dualität von Feuer und Dunkelheit.“ Edda strich durch seine gold-blonden Locken und zog seinen Kopf wieder zu sich heran. So lauschte Neire einige Zeit dem schnellen Schlagen der zwei Herzen. Dann richtete Neire seinen Kopf auf und zog den Ring hervor, den er aus einer seiner Gürteltaschen hervorholte. Das kostbare Stück war aus einem Diamanten geschnitten worden. In seinem Inneren glühte ein rötliches Band wie ein Faden. „Ich war viel zu beschäftigt mit Dreistadt, der Adlerfeste und der Vorbereitung der Hochzeit von Königin Hulda und Jarl Eldenbarrer. Was sagt ihr Edda, wenn die Hochzeit zu einer doppelten wird? Wie die Dualität uns Zwillinge schenken wird, sollen sich zwei Paare vermählen. Was sagt ihr zu unserer gemeinsamen Zukunft, die bis in das Jenseits des Todes, das Jenseits der Sterne und bis in das ewige Reich Jiarliraes halten wird? Bei diesem Ring, den unser getreuer Anhänger Bargh aus einer fernen Welt eroberte und der euch beschützen soll, frage ich euch Edda von Hohenborn. Wollt ihr meine Frau werden?“ Neire blickte Edda in die Augen. Sie lächelte nur und nickte. Neire schob ihr sanft den Ring über den Finger und flüsterte. „Dann soll es so sein, es werde so sein und es wird so sein. Jetzt und immerdar!“ Er umarmte Edda und küsste sie. Dann wischte er behutsam die Tränen hinfort, die aus ihren lieblichen Augen flossen. Noch lange saßen sie dort und betrachteten den werdenden Teil des Tempels des Jensehers. Nirgendwo sonst waren sich Schöpfung und Vergänglichkeit in übernatürlicher Schönheit und ewiger Liebe so nah gewesen.

~

Es war kälter geworden und der erste Schnee war auf die unfertigen Mauern der Feste Nebelgard gefallen. Sie hatten einige Tage damit verbracht das Fest vorzubereiten. Jetzt brannten Feuer auf den Zinnen und der Nebel hatte sich auf geisterhafte Weise gelichtet. Es war in den Abendstunden aufgeklart und ein Himmelsglühen von rotgoldenem Licht überflutete das Firmament. Über den Zinnen der Burg schimmerten die felsigen Gipfel im ersten Schnee. In der Luft des Hofes lag der Geruch von Feuern, gebackenem Brot und gebratenem Fleisch. An verschiedenen Stellen der Festung hatte Neire Stände aufbauen lassen, auf denen Spanferkel, Jungbullen, Lämmer und ganze Rinderhälften auf Spießen geröstet wurden. Auch die Bevölkerung in der Stadt unter ihnen sollte feiern. Neire hatte das Fest mit Königin Hulda von Isenbuk geplant. Die Königin hatte einige Einfälle gehabt und war ihm eine große Hilfe gewesen. Im Inneren des Burghofes war der Anblick besonders prächtig. Vor dem noch nicht ganz fertigen Hauptgebäude, welches die Ausmaße hatte, Riesen ein- und ausgehen zu lassen, hatten sie eine Bühne auf Fässern aufbauen lassen. Von hier blickte Neire und Jarl Eldenbarrer hinab auf die Menge, die sich im Burghof versammelt hatte. Zur Feier waren ausgewählte Gäste eingeladen worden. Neben Bürgern und Dienern aus Nebelgard, hatten sich auf einer Seite die Feuerriesen und auf der anderen Seite die Hügelriesen versammelt. Auch die Anführer der Orks waren zu sehen und hatten eine Gruppe gebildet. In dem Licht von Feuer und Fackeln schimmerten die blutroten, langen Banner, die von den Burgwänden hingen und Neires schwarze prophetische Runen Jiarliraes zeigten. Die Gäste hatten ihre Waffen abgelegt. Nur einige ausgewählte Feuer- und Hügelriesen patrouillierten bewaffnet und in Rüstungen die Burgmauern. Neire war aufgeregt und nervös. Er schaute in den dunklen Tunnel hinter sich, der in das Hauptgebäude und den Berg führte. Doch er konnte die beiden Bräute nicht sehen. Hulda von Isenbuk und Edda von Hohenborn mussten sich irgendwo in den Mauern befinden. Mit ihm waren eine Reihe seiner getreuesten Anhänger. Neben Eldenbarrer, dessen Bänderpanzer poliert und geölt im Licht glänzte, wusste Neire Daera Düsterung, Mordin von Noresfyring, Hauptmann Heergren Nuregrum, Leutnant Granrig Hellengrub, Kulde Kopfstampfer, Gruschuk der Grausame, Gulgra, Tochter von Nomrus sowie Odzor und Gorlag um sich. Neires Stimme zitterte als er sich an die Menge wendete. „Anhängerinnen und Anhänger von Jiarlirae, Suchende der Geheimnisse von Flamme und Düsternis…“ Neires Worte verhalten im Gemurmel und Gebrabbel der Menge. Er schaute zu Jarl Eldenbarrer, der sich ein Schild geben ließ, sein schwarzes Schwert, die Flamme von Thiangjord, vom Rücken nahm und mit klingenden Geräuschen von Metall für Ruhe sorgte. Neire wiederholte die Worte. Er war jetzt sicherer, als er fortfuhr. „Ich spreche zu euch als Prophet Jiarliraes. Als Prophet, der die Zukunft gesehen hat. Ich glaube an euren Kampf- und Opfergeist. Ich glaube an das, was wir gemeinsam erreicht haben. Weil wir nach den Geheimnissen unserer Herrin streben, brauchen wir die Wahrheit. Und die Wahrheit will ich euch heute Abend nicht verheimlichen.“ Neire machte eine kurze Pause und hörte das Gebrüll der versammelten Anhänger. Sie alle streckten ihm ihre Fäuste und Schwertarme entgegen. „Heute Abend feiern wir ein besonderes Fest. Es ist die Vermählung zweier Liebender. Jarl Eldenbarrer, Eroberer der Feste Sverundwiel, hat Hand angehalten um Königin Hulda von Isenbuk, einstige Gattin von Dunrok von Isenbuk. Die Königin hat das Angebot angenommen und heute Abend werden wir die Trauung der beiden bezeugen und feiern.“ Wieder stockte Neire, denn der jubelnde Lärm der Gruppe von Feuerriesen verschluckte alle Worte. Als Jarl Eldenbarrer ein weiteres Mal für Stille gesorgt hatte, fuhr Neire fort. „Wir feiern außerdem eine zweite Vermählung an diesem Abend. Ich selbst bat um die Hand von Edda von Hohenborn, die aus dem tiefen Süden von Vintersvakt stammt. Sie gab mir ihr Jawort und horcht: Sie trägt zwei Kinder in sich, ein Geschenk und ein Zeichen Jiarliraes.“ Die Menge jubelte frenetisch. Einige warfen ihre Bierkrüge in die Luft und der Lärm war ohrenbetäubend. Neire sah ein Lächeln im glatzköpfigen Gesicht von Eldenbarrer. Als er wieder zu hören war, sprach Neire weiter: „Die Trauung liegt nicht in meiner Hand. Der höchste Priester nach mir, Mordin von Noresfyring, wird die Zeremonie führen.“ Mordin, der gekleidet war in eine karmesinrote Robe mit goldenen Chaosrunen, trat hervor und verbeugte sich vor der Menge. Dann blickte Mordin den Jarl sowie ihn an und nickte ihnen zu. Mordin, der sein langes rot-blondes Haar offen trug, wendete seine funkelnden grünen Augen in Richtung des Tunnels und rief. „Führt die Bräute heran, die Hochzeit kann beginnen.“ Wieder war da ein Jubel, als die Menge die Prozession betrachtete, die aus dem Inneren des Hauptgebäudes hervorkam. Im Lichte von Fackelträgern schritten Königin Hulda und Edda heran. Die Königin war von einigen ihrer Feuerriesinnen umgeben. Sie trug ein rotes langes Kleid, das einen tiefen Einschnitt besaß und ihre Brüste nur spärlich bedeckte. Die Königin hatte sich geschminkt, so dass die Warzen und Geschwüre ihrer linken Gesichtshälfte kaum sichtbar waren. Aber selbst jetzt war ihr Gesicht, mit der Ratten-ähnlich zulaufenden spitzen Form, aus dem zwei dunkle, schweinsartige Augen hasserfüllt dreinblicken, hässlich anzusehen. Ihr verfilztes rötliches Haar hatte Hulda geordnet, so dass sie, für ihre Verhältnisse, einen noblen Eindruck machte. Edda hingegen wurde begleitet von einigen ihrer Schülerinnen der Akademie Schwarzenlohe. Sie trug ein schwarzes Rüschenkleid und ein Diadem aus Sternensaphiren. Sie hatte sich ihr schwarzes Haar mit Saphir-geschmückten Silbernadeln zu einer Haarrebe gesteckt. Unter ihrem Kleid zeichnete sich deutlich die Wölbung ihres Bauches ab. Hulda und Edda wurden auf das Podest geführt, wo sie sich neben Eldenbarrer und Neire aufstellen. Dann bat Mordin die Brautjungfern das Tier zu bringen. Von ledernen Fesseln gehalten, zogen sie den riesigen Hirsch heran, dessen Geweih mit den Fäden schwarzer Seite geschmückt war. Das Tier blökte lautstark und mit seinen schwarzen Augen blickte es sich angstfüllt um. Huldas Riesinnen zogen den Bock zur Opferschale, die sie auf der Mitte des Podestes platziert hatten. Die Menge verstummte, als das Tier seine Position erreicht hatte und Mordin hervortrat. Der Priester hatte einen Dolch gezogen. Mordin packte den Hirsch an seinem Hals, wendete sich dann aber zur Menge um. „In den Schatten liegen die Geheimnisse unserer Herrin. Sie sind die Essenz - Leben und Seele, die einst in das Reich Jiarliraes eingehen werden.“ Mordin durchstieß den Hals des Tieres. Der Priester begann die Kehle zu durchschneiden. Ein Schwall von schwarzem Blut floss in die Schale und die zuckenden Bewegungen wurden langsamer. Auch die kehligen Schreie, die der Hirsch von sich gab, erstarben. Als das edle Tier zu Boden brach, hob Mordin wieder seine Hände. „Es ist ihre Essenz, die der Schatten, die mit euch sein soll.“ Mordin beugte sich über die Schale und tauchte seine Hände in das Blut. Dann ging er zu ihnen und sprach zu jedem der Brautpaare. „Empfanget den Teil ihrer Essenz, der euch Glück und Ruhm bringen möge.“ Dabei spritzte Mordin das frische Blut in ihre Gesichter. Danach schritt Mordin wieder zur Schale und tauchte seine Hände ein. Als er sie hervorzog begann das Blut in seinen Händen an zu brennen. Eine Magmaflamme tanzte über der schwarzen Flüssigkeit – warf lange Schatten. Es war das düstere Feuer Jiarliraes, das Mordin beschworen hatte. An die Menge gewandt sprach er. „Sehet und erfahret die Flamme unserer Herrin. Ohne die Schatten gibt es die Flamme nicht und ohne die Flamme wird es die Schatten nicht geben.“ Dann wendete sich Mordin Eldenbarrer und Hulde zu. Das Licht des Feuers spiegelte sich in ihren Augen, als sie sich zu ihm hinabbeugten. „Greift nach Schatten und Düsternis unserer Herrin, um euch für immer zu binden.“ Beide Feuerriesen hatten sich hinabgebeugt und griffen mit Daumen und Zeigefinger in die Schattenflammen. Sie zogen dort zwei glühende Ringe hervor, die aus schwarzem, Glas-ähnlichem Ne’ilurum Stahl geschmiedet waren. Sie begannen sich aufzurichten. Dann stülpten sie sich gegenseitig die brennenden Ringe über die Finger. Mordin war zu Neire und Edda geschritten und reichte ihnen die Schattenflamme. Die Menge hatte bereits begonnen die Vermählung von Eldenbarrer und Hulda zu feiern. Neire und Edda hörten die Worte aber deutlich, die Mordin zu ihnen sprach. „Greift nach Schatten und Düsternis unserer Herrin, um euch für immer zu binden.“ Sie traten zusammen und lächelten sich gegenseitig an. Dann griffen sie beide in das düstere Feuer, das von dem schwarzen Blut aufstieg. Sie beide spürten die heißen Flammen prickeln. Da war kein Schmerz. Auch sie zogen zwei Ringe aus Ne’ilurum hervor, die vor Hitze rötlich glühten. Neire steckte Edda den Ring über den Finger ihrer linken Hand, während Edda Neire den Finger über seine linke Hand steckte. Da war der Geruch von verbranntem Fleisch, als das glühende Metall sich die Haut fraß. Doch auch jetzt spürten sie keinen Schmerz. Für den Augenblick hatten sie die grölende Menge vergessen, die sie feierte. Sie küssten sich tief und innig. Dann traten sie zusammen und strecken gemeinsam ihre linke Hand in die Höhe. Eldenbarrer und Hulda taten es ihnen gleich. Eldenbarrer hob sein schwarzes Schwert in den Himmel und schrie. „Ich gratuliere Neire und Edda von Nebelheim zu ihrer Hochzeit. Als euer neuer König und Anführer, König Eldenbarrer, verkünde ich meine Vermählung mit Königin Hulda. Das Fest ist hiermit eröffnet.“ Die Menge brüllte und feierte sie. Mordin hatte sich zur Opferschale zurückgezogen und segnete die Anwesenden. Der Priester tauchte laublose Eichenzweige in das Blut des Hirsches und versprengte die Tropfen. Sie sahen, wie der tote Körper des Bocks hinfort gezogen und für die Schlachtung vorbereitet wurde. Dann war die Menge um sie herum und berührte sie. Sie alle wollten teilhaben, wollten den Segen der Göttin spüren. Neire und Edda nahmen die Glückwünsche entgegen. Sie aßen und tranken. Sie beantworteten die Fragen ihrer Anhänger. Später zogen sie sich in Neires schwarzen Turm zurück, während das Fest weiterging. Eine Zeit standen sie so am Fenster und umarmten sich. Sie betrachten die Feuer und die Feiernden unter sich. Noch bevor die Mitte der Nacht erreicht war, entzündeten sie eine Vielzahl von Kerzen und Fackeln. Sie entledigten sich ihrer Kleidung und beteten gemeinsam im Kreis von Schatten und Licht. Erst danach widmeten sie sich ihrer gemeinsamen Hochzeitsnacht.

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