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[Deadlands] Savage West Solo Play
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Im Verlauf des heutigen Tages verebbt endlich die Hitzewelle. Eine angenehme Brise zieht vom Maze her ins Inland, und hilft, die überreizten Temperamente der Städter etwas zur Vernunft zu bringen.
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Die Neuankömmlinge zieht es zuerst zum Stadtrand, um das sagenumwobene Great Maze endlich mit eigenen Augen zu sehen. Der Rand des Stadtgebiets scheint tatsächlich gleichzeitig der Rand der Welt zu sein: Direkt hinter den letzten Baugrundstücken ist durch das Große Beben ein gewaltiges Cliff entstanden. Die fünf Wild Cards stehen dort im Küstenwind und schauen auf das Maze hinaus. Unter ihnen schwappen in leuchtendem Cyanblau die Wogen des Pazifik. Endlose Wasserstraßen ziehen sich zwischen den labyrinthischen Felsnadeln und Steininseln dahin. Genau unter den Betrachtern liegen die geschäftigen Docks von Gomorra, wo große und kleine Handelsschiffe angelegt haben.
"Sehen Sie nur! Von dort pendeln die Schürfer zur Arbeit in ihren Claims, überall im Umland!", sagt May B. fasziniert, "ich kann das Klingen der Spitzhacken aus allen Richtungen hören, bis hier oben!"
"Für mich klingt das alles hier nach klingelnden Kassen!", sagt Joycelyn.
"Nicht gut", sagt John Bloody Knife, "Bleichgesichter-Geld lässt Menschen schlechte Dinge machen. Bleichgesichter-Hacken vergehen sich gierig an der Erde."
"Nehmen Sie's nicht so schwer, Mister Bloody Knife!", muntert Byrd auf, "wir haben jetzt wieder gute Chancen, Ihre Leute wiederzufinden! Und dem ollen Mister Eyes-Like-Rain fällt früher oder später bestimmt was ein, um das alles hier wieder hinzubiegen, was?"
May B. fragt, "Wie biegen wir denn jetzt unsere Angelegenheiten mit den vermaledeiten Blackjacks hin? Was haben Sie sich da heute morgen gedacht, Byrd?"
Byrd kichert: "Ich hab' mir gar nichts gedacht!"
"Hört, hört!", murmelt Shadrack genervt.
Byrd ergänzt, "Ich denke ehrlich gesagt doch nicht im Traum daran, als erstes für diese Miss Sumner die Drecksarbeit zu machen. Das soll die Tante mal schön selber machen!"
Shadrack raunt, "Das haben Sie ihr aber zugesagt! Und wir haben gerade erfahren, dass die Gangster incognito in der Stadt unterwegs sind. Die werden ihr Versprechen, uns alsbald zu kontaktieren, sehr bald in die Tat umsetzen."
Byrd winkt ab: "Ach, papperlapapp, Shadrack! Bis die auf uns zurückkommen, haben wir in dieser schönen Stadt so viele neue Freunde, dass diese Outlaws sich uns nicht mal auf hundert Meter nähern können, ohne tütenweise Backpfeifen zu kassieren! Sie werden schon sehen!"
Shadrack zuckt mit den Schultern: "Hoffen wir's, Sie verdrehter Optimist! Wie auch immer wir in dieser Gegend agieren, Herrschaften, wir müssen es vorsichtig anstellen! Hier scheint sich bereits ein sehr explosives Kräftegefüge entfaltet zu haben ... mit Sweetrock, den Blackjacks, dem Gesetz, und demnächst auch noch diesen geheimniskrämerischen Sioux! Und zu allem Überfluss haben wir unsere Pferde an die Banditen verloren, und können vorerst nicht einfach wieder wegreiten. ... Lässt an Columbus denken."
May B. fragt neugierig: "Columbus?!"
Shadrack lächelt dünn, "Dem soll gesagt worden sein, er solle seine Schiffe verbrennen nach Ankunft in der Neuen Welt, um gar nicht in Versuchung zu geraten, wieder zurückzufahren."
Stadtkarte von Gomorra, circa Spätsommer 1877 (also nächstes Jahr). Zum jetzigen Zeitpunkt ist erst in etwa die Hälfte der hier abgebildeten Gebäude schon gebaut, und die meisten Behausungen sind noch einfache Zeltstädte rings um das befestigte Zentrum.
Das Szenario, welches unsere Helden hier an diesem neuen Schauplatz vorfinden, ist das des ursprünglichen "Doomtown"-Trading Card Games, und beschrieben in diesem (hervorragenden) Quellenbuch für Deadlands Classic:
(Gibt's für sechs Dollar immer noch als pdf zu haben: https://www.drivethrurpg.com/product/1143/Deadlands-Classic-Doomtown-or-Bust)
Muss man aber natürlich jetzt nicht gelesen haben um sich an dieser Story hier zu freuen; was da drin steht, enthüllt sich vermutlich eh nach und nach. Wir werden es ohnehin großzügig durchmischen und verhackstücken mit Story-Elementen aus Shadows of Brimstone, wie ganz am Anfang des Thread bereits geplant.
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Unsere Helden haben eine neue Queste auferlegt bekommen, diesmal von den erpresserischen Blackjacks, um die gemeinsamen Feinde auszuspionieren, die Sweetrock Mining Company. Diese Nachforschung könnte zusammenhängen mit der Massenabfertigung von Angeklagten, welche die Sweetrock im Schnelldurchlauf vom Bezirksrichter zum Galgen durchwinken lassen will. (Das war zwar beim letzten Mal nur so dahin getippt, aber spinnen wir diese Idee doch mal weiter!) Einige der Verdächtigten in dem Fall sind wahrscheinlich tatsächlich Blackjacks! Ob die Wild Cards die Queste abschließen und der Bande wirklich helfen wollen, steht alldieweil auf einem ganz anderen Blatt. Aber sie tun auf jeden Fall gut daran, schon mal damit zu beginnen, denn Rachel Sumner wird bald genug Resultate sehen wollen, und man wird zumindest etwas in der Hand haben müssen, um sie hinzuhalten.
Ich schreibe dem Aufgebot also auf:
Queste: Sweetrocks Machenschaften beim Hängen der Verdächtigen vereiteln (Clue Target 0\5).
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Advances
Alle Wild Cards haben zwischenzeitlich einen Advance verdient.
Shadrack: Nachdem wir ihm den Professional-Vorteil gegeben haben (hier "Legendary Trait"), bekommt er gleich hinterher den Expert-Vorteil (hier dementsprechend "Legendary Expert" genannt) und hat jetzt W12+2 als Shooting-Würfel.
Byrd: Tough As Nails-Vorteil
May B.: New Powers-Vorteil (sie bekommt die Kräfte Fly und Speak Language)
Joycelyn: Common Knowledge ➜ W6 & Taunt ➜ W4
Bloody Knife: John bekommt den Vorteil Trademark Weapon in Form seines beidhändigen Kriegsbeils, nachdem er es in den Wogen des Pazifik gewaschen und seine künftigen untoten Opfer den Naturgeistern versprochen hat, um ihren Ruhm zu mehren.
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Die Wild Cards bekommen ein paar Tage wohlverdienten Leerlauf. Rex Shadrack und John Bloody Knife können sich endlich von ihrer Sattelwundheit erholen und verlieren ihre Fatique-Level. May B. fährt damit fort, die Okkultbücher auszuwerten, die sie während des Orkans in Barricade retten konnte. Niemand anderes als ihre damalige Meisterin Ivanka Darrow muss diese dorthin bestellt haben, denn es sind tatsächlich sehr aufschlussreiche Texte. May B. kann neue Hexensprüche daraus ableiten, eine Verständigungsformel, und sogar ein Rezept für mittelalterliche Flugsalbe, wie diese auf dem Hexensabbath in alter Zeit verwendet wurde. Sie macht sich mit Feuereifer an das Zusammensammeln der Zutaten, um das Gemisch erstmalig ausprobieren zu können. Dies wird jedoch wahrscheinlich das letzte Mal sein, dass sie neue Zauber lernen kann — sie ist hier draußen vom Geheimwissen von Black River endgültig abgeschnitten. Und noch eine abtrünnige Hexe wird sich kaum hierher verirren, die May weitere Einblicke vermitteln kann. (Allerdings vermutet sie, dass sie soeben die Kunst der freien Levitation entschlüsselt hat mit ihrer neuen Flugsalbe, und fragt sich, was man sich überhaupt noch mehr wünschen könne.)
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Das Problem der Unterbringung muss gelöst werden, denn Gomorra hat derzeit weit mehr Menschen als bezugsbereite Gebäudezimmer. Joycelyn will keinesfalls in einem Zelt leben umringt von spuckenden, fluchenden, verlausten, und natürlich versoffenen Schürfern, aber Hotelzimmer sind noch sehr rar. Ein riesiges Holzgebäude befindet sich gerade im Bau, welches "Golden Mare Hotel" heißen soll, wenn es fertig ist, um die wachsenden Besucherströme in Gomorra aufzunehmen. Der Bau wird jedoch noch Wochen dauern. Die Saloons bieten vereinzelte Hinterzimmer und Dachstübchen an, aber für gesalzene Preise, und nur für Gäste, die sich nicht daran stören, dass in den Nebenzimmern die ganze Nacht lautstark gesoffen und rumgehurt wird.
Luca Byrd tut entspannt das, wovon Shadrack ihn bis jetzt abhalten konnte, nämlich landstreichermäßig in Heuschobern und hinter Bretterbuden unter den Sternen zu übernachten, nur mit seinem Schlafsack, und dies scheint ihm völlig auszureichen. John Bloody Knife macht sich rar, er nächtigt seinerseits wieder draußen, in Verstecken in der freien Wildnis. Er hält die Augen offen nach einem Zeichen des Eintreffens der Sioux Union. Shadrack würde sich, wenn auch ungern, vorerst mit einem Zelt in den Zeltstädten zufrieden geben, aber verkündet, dass er zu sehr Gentleman sei, um zu erlauben, dass May B. und Joycelyn dies auch täten. Er hört sich mit gezücktem Portemonnaie genauer danach um, ob es nicht doch irgendwo Mietzimmer in irgendeinem Gebäude gibt. Die Orakelwürfel bescheren ihm ein "ja, und außerdem"-Resultat: Ein namenloses Gästehaus nahe dem Fat Chance Saloon hat gerade drei Einzelzimmer frei, und Shadrack bucht sie sofort.
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Dasselbe Problem besteht natürlich hier wie in den anderen Städten, durch die unsere Wild Cards gereist sind: Güter sind rar und für vieles werden Fantasiepreise verlangt. Alle Wild Cards werden schnelles Geld verdienen müssen.
Joycelyn knüpft noch am ersten Tag in der Stadt Kontakte, um ihre Showkarriere wieder aufzunehmen. Charlie Landers ist nicht der Besitzer des Fat Chance Saloon, er arbeitet dort nur, und Joycelyn bemerkt (mit einem Notice-Erfolg), dass er im Gespräch darüber irgendwie merkwürdig ist, als sie herausfinden will, wer der Besitzer denn ist. Der kleinwüchsige Barmann scheint das Thema umschiffen zu wollen. Natürlich versichert Landers jedoch, er würde sich erkundigen, ob nicht Auftritte für Joycelyn arrangiert werden könnten, man wäre ja närrisch, dies nicht zu tun.
"... Allerdings hat der Fat Chance Saloon bisher nur den ollen Caterwowlin' Willy als Piano-Spieler, dessen Katzenmusik kann man Ihnen, Miss Lancaster, nicht als Begleitung zumuten! Haben Sie zufällig neben den vier Verbrechervisagen von heute mittag auch ihre Band mitgebracht? Sie werden eine Band brauchen, und am besten auch eigene Instrumente."
Der mittelgroße Old Moon Saloon ist weniger kompliziert, und der Betreiber freut sich diebisch, dem Fat Chance Saloon ein Schnippchen zu schlagen, indem er Joycelyn Lancaster als erster einen Gig anbietet. Dafür ist allerdings dessen verpennte Kundschaft und spärliches Interieur wenig geeignet für einen Star von Joycelyns Kaliber.
"Ich werde binnen drei Nächten Ihren Laden schon gefüllt bekommen, Mister", sagt Joycelyn hochnäsig, "bis Monatsende läuft ihr Geschäft so gut, dass Sie ein Anbaugebäude errichten können."
Der Old Moon Saloon
Als dann gibt's einen neuen Szeneneinstieg: Das Zufallsereignis ist hierbei, Technically Harm a social Current Need. Die Complication ist wieder Wouldn't It Suck, If ... Einen Plot Hook erwürfle ich auch, der ist Recover Something Valuable.
Technically Harm a social Current Need: Die Hitzewelle ist ja seit heute vorüber, darum deucht mich, das im Vordergrund stehende gesellschaftliche Bedürfnis der Siedler von Gomorra ist nun Gerechtigkeit, auch im Sinne von Selbstbestimmung — ein Wunsch, den Sweetrock mit Füßen tritt. Im Speziellen durch das Einschalten des Bezirksrichters Steven Gabriel, der dieser Tage mehrere Bürger der Stadt, die der Firma unbequem erscheinen, kurzerhand an den Galgen bringen soll.
Wouldn't It Suck, If ...: Richtig stinken würde ja, wenn Sweetrock irgendwie herausgefunden hätte, dass unsere Helden in Virginia City bereits unbequeme Fragen gestellt haben, um der Bergbaufirma auf den Zahn zu fühlen. Der Pony Express hat also kürzlich einen Eilbrief zugestellt, in dem die vereinzelten Sweetrock-Funktionäre aus Virginia City ihre Kollegen in Gomorra ins Bild setzen. Howard Findley und seine Privatarmee sind also auf das Herumschnüffeln der Wild Cards vorbereitet.
Recover Something Valuable: Dieser Plot Hook dürfte unser erster Schritt bei der Queste sein, das passt gut zusammen. Sagen wir mal, dies ist eine Besitzurkunde, die einer der drei jüngst inhaftierten Gegner von Sweetrock Mining gehabt hat, die ihn entlasten würde und Richter Gabriels mörderische Machenschaften insgesamt stören würde.
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Es ist nun der Abend des dritten Tages seit der Ankunft unserer Wild Cards in Gomorra. Der Old Moon Saloon ist (laut Orakel) nicht viel voller als sonst, trotz der bunten Banderole, die über dem Eingang angebracht wurde, die auf Live-Musik und die Darbietung von Joycelyn Lancaster aus Chicago hinweist. Byrd, Shadrack, May B., und Bloody Knife lehnen an der Bar und lauschen dem Gesang. Joycelyn legt sich richtig ins Zeug, man hört an ihrer Stimme, dass sie findet, dass sie etwas zu beweisen hat. Ihr Klavierspieler kommt immerhin die meiste Zeit über mit der Melodie hinterher, und verspielt sich auch nur ganz selten. (Er ist immer noch um Längen besser als der klapperige Caterwowlin' Willy, der im Fat Chance Saloon auftritt.) Joycelyn erzielt auch locker ein Raise als Performance-Ergebnis, und die Stammkunden sind ganz aus dem Häuschen.
"Wenn wa gewusst hätt'n, dass die Kleine berühmt is', hätt'n wa se behalt'n, und Euch halben Portionen gesagt, Ihr müsst 'nen dickes Lösegeld ausspucken, um ihr'n süß'n Arsch wiederzusehen!", macht plötzlich eine tiefe, raue Stimme neben Bloody Knife.
Der Indianer hat sofort seine Pranke auf dem Griff seines Steinmessers. Shadrack und Wickett greifen nach ihren Pistolen. Gomorra ist eine No Weapons Zone wie andere Städte auch, aber fast überall wird auf diese Regel gepfiffen, so lange keiner von den Law Dogs in Sicht ist.
Der häßliche, trottelig aussehende Muskelprotz von neulich stützt sich an die Bar und mustert die vier mit seinen Schielaugen. Neben ihm steht ein hochgewachsener Californio mit langen, schwarzen Haaren und Lederkluft, welcher ihm die behandschuhte Hand auf den dicken Unterarm legt: "Zurück, Spike! Ich rede, hast Du's schon vergessen?"
May B. zischt, "Schau an, die Kotzbrocken von neulich! Wo habt Ihr denn Rachel Sumner gelassen?"
Der Californio entgegnet mit leichtem, spanischen Akzent: "Wir können hier ganz frei reden, sí? Die Luft ist rein. Haben Sie Steven Gabriel schon bewundern dürfen seit seinem Eintreffen in der Stadt?"
"Das ist dieser Bezirksrichter", sagt Shadrack lauernd, die Hand immer noch auf dem einen Pistolengriff.
"Sí. Gomorra und die meisten umliegenden Siedlungen haben keine eigenen Richter, also muss man auf den Bezirksrichter warten, der seine Rundreisen macht. Wenn man nicht einfach wie früher zur Lynchjustiz greifen will — und das geht nicht mehr ohne weiteres, seit Sheriff Coleman im Amt ist. Also warten Gefangene meistens recht lange auf ihre Verhandlungen. Jetzt, wo Richter Gabriel wieder in der Stadt ist, erhofft sich Sweetrock, dass sie besonders harte Strafen verhängen lassen können, trotz weniger Beweise. Die Bastardos wollen sich ihr Leben leicht machen, und Bezirksrichter Gabriel ist genau ihr Mann dafür."
"Wie sind denn Ihre werten Namen, Sie zwei beiden?", fragt Byrd launig, "hier in der Stadt kann man ja offensichtlich auf die drollige Maskerade verzichten?"
"Maskerade, ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich bin jedenfalls Victor Navarro, der weltgewandte der beiden Navarros. Das hier ist Spike Dougan; mir kam zu Ohren, Sie kennen sich bereits."
"Freut mich mächtich, Ihr Flachpfeif'n!"
Shadrack sagt kalt, "Wir haben noch nichts für Sie, Navarro. Wir hatten damit zu tun, uns in der Stadt zurechtzufinden in den paar Tagen seit unserem letzten Zusammentreffen mit ihrer Gruppe. Wenn Jackson P. Jackson und Rachel Sumner irgendwelche Gefallen von uns einfordern wollen, müssen Sie sich hinten anstellen."
Navarro setzt ein charmantes Lächeln auf, "Oh, no no Señor Shadrack, Sie missverstehen den Grund unseres Hierseins. Wir wollen doch keine Zwischenmeldung von Ihnen einfordern. Wir wollen Sie nur auf Richter Gabriel aufmerksam machen, und Ihnen einen Hinweis zu ihm geben!"
May B. sagt mißtrauisch, "Wir sind ganz Ohr!"
Victor Navarro
Victor Navarro lächelt sie an, "Zwei der drei Angeklagten, die er auf Howard Findleys Wunsch hin in den nächsten Tagen zum Hängen verurteilen soll, sind tatsächlich Jungs von uns. Einer ist nebenher Schürfer gewesen. Die Sweetrock hat vor einer Woche seinen Claim besetzt, und die offiziellen Besitzurkunden aus seiner Behausung schlichtweg verschwinden lassen. Das ist keine neue Taktik für die Firma. Sie verdrehen die Fakten und bezichtigen ihn als den Claim Jumper! Wir haben umgehend die Papiere zurück gestohlen, und daraufhin dem Sheriffs Office zugespielt, um ihn zu entlasten. Dort sind sie jedoch neulich auch wieder verschwunden. Unserer Gruppe sind jetzt gewissermaßen die Hände gebunden, weil die Law Dogs und die Agenten von Sweetrock unsere Gesichter kennen, und uns mit Misstrauen begegnen. Sie allerdings sind neu in der Stadt. Gehen Sie zum Sheriffs Office, finden Sie raus, wie die Leute von Sweetrock diesmal die Besitzurkunden schnappen konnten, und wo sie jetzt sind — und stehlen Sie sie erneut zurück!"
Byrd zuckt gelassen die Schultern: "Kommt mir so vor, als würde die Lösung auf der Hand liegen. In einer Company Town wie dieser tanzt doch das örtliche Gesetz sicher nach der Pfeife der Firma! Die Schießbudenfiguren von Sweetrock werden einfach höflich bei den Schießbudenfiguren von Deputies erschienen sein, und nett und dezent um diese Papiere gebeten haben!"
Navarro schüttelt lächelnd den Kopf: "Genau da vertun Sie sich, Señor Byrd! Das erstaunliche an Sheriff Coleman ist eben, dass er keine Marionette von Sweetrock ist, und er das Gesetz so vertritt, wie es ihm richtig scheint! Sehr zum Leidwesen der Firma. Wir hätten die Urkunden nicht den Law Dogs zugespielt, wenn nicht darauf zu vertrauen gewesen wäre, dass sie diese tatsächlich objektiv auswerten. Mit anderen Worten, die Unterlagen wurden nicht heimlich übergeben, sondern aus dem Sheriffbüro gestohlen!"
Byrd sagt, "Na das ist ja 'n dickes Ding. Und diese Gesetzeshüter lassen sich was klauen, was einem Angeklagten die Haut retten könnte, und fahnden nicht selber danach?!"
Navarro schüttelt bedauernd den Kopf: "Wenn Sie wüssten, wie sehr diese armen Trottel alle Hände voll zu tun haben in unserer Stadt, würden Sie verstehen! Sheriff Coleman hat einfach bessere Dinge zu tun. Der Angeklagte ist ja in seinen Augen immer noch ein dreckiger Blackjack-Gangster! Der mag von der Sweetrock beraubt, entrechtet und betrogen worden sein, aber wenn's ihn treffen sollte, dann können die Gesetzeshüter immer noch damit leben, er ist in ihrer begrenzten Sicht der Dinge ja kein unbescholtener Bürger! Comprende, amigos? Um seine Interessen und sein Leben zu schützen, müssten die Law Dogs schon all ihre Aufmerksamkeit darauf verwenden. Und das würde bedeuten, einen offenen Kampf mit Howard Findley zu beginnen, nichts geringeres als das, und so dumm ist Coleman nicht. Lieber lassen sie diesmal Sweetrock ihren Willen, und kümmern sich um die Interessen der vielen anderen, braveren Bürger, die ebenfalls Ärger mit der Firma haben, aber die nicht im dringenden Verdacht stehen, Blackjacks zu sein."
Byrd zieht die Augenbauen hoch, und sagt, "Dann wollen also wirklich die Law Dogs, die Blackjack-Gang, und die Sweetrock sich einfach nur alle drei gegenseitig in die Pfanne hauen, so heftig es geht, hab' ich das richtig verstanden? So quasi bis einer heult, ja?"
May B. nippt an ihrem Drink, und sagt abwesend, "Irgendwie gefällt mir Ihre Geschichte, Navarro. Ich bin dabei, ich gehe für Sie zum Sheriff's Office und sehe, was sich machen lässt."
"Gracias, señorita guapa!"
May B. sieht Navarro ins Gesicht und ihre Augen verengen sich arglistig: "Wir machen genau diesen einen Job für Sie, und kein Bißchen mehr! Wenn es schief geht, Pech gehabt. Wenn Dritte uns fragen, ob wir was mit Ihrer verdammten Bande zu tun haben, leugnen wir auch alles und nehmen Abstand ein, auch Pech gehabt. Danach sind wir fertig miteinander, egal, wie viele Walkin' Dead Sie neulich für uns weggeschossen haben! Und Sie lassen Ihre Finger aus unseren Angelegenheiten, und Joycelyn Lancaster gucken Sie besser nicht mal schief an. Haben Sie das kapiert, Navarro?"
Er nickt ihr zu, mustert sie eingehend, und sagt dann, "Glasklar! Es ist eine Freude, mit Ihnen Geschäfte zu machen, Señorita Wickett!"
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Am nächsten Morgen steuern May B. und Luca Byrd das Sheriff's Office der Stadt an. Die anderen drei halten sich da erstmal raus, das Aufgebot will nicht auffälliger sein als nötig. Das Sheriffbüro ist ein stabiler Holzbau mit zahllosen Wanted-Postern an der Front, und jeder Menge zugestopfter Einschusslöcher.
Auf der weiten Veranda sind zahlreiche der Deputies versammelt und palavern untereinander. Einige von ihnen tragen stolz ihren Blechstern auf der Brust, obwohl dieser in Städtchen wie Gomorra für manche Desperados bereits als Einladung verstanden werden kann, das Feuer zu eröffnen. Diese Männer d Frauen müssen ziemlich mutig sein, oder eben tollkühn. Alle hier versammelten Hilfssheriffs sind schwer bewaffnet mit allerlei Pistolengurten oder Gewehren, Bowiemessern, Derringern, und Macheten, auch diejenigen, die offensichtlich noch bei ihrem Morgenkaffee sind.
"Tagchen, allerseits!", sagt Byrd laut, als die beiden sich der Veranda nähern.
Grimmige Blicke taxieren die beiden.
"Howdy", entgegnet schließlich einer der Law Dogs.
"Wir stören Sie nur ungern bei Ihrer Kaffeepause, Leute. Sie machen bestimmt gerade Übergabe, oder? Schichtwechsel oder was?"
"Wenn Sie was zu melden haben, machen Sie einfach das Maul auf, Mann", sagt ein großer, fettleibiger Kerl mit Jeanshemd und rotem Halstuch, "wir nehmen uns die Zeit für Sie! Und wenn nicht, dann schieben Sie ab, aber dalli, wir haben keinen Bedarf für kleine Schwätzchen!"
"Oh, hoppala", sagt Byrd freudig, "da muss ich mich ja kurz fassen! Na, eigentlich wollten wir nur wissen, ob wir handwerklich etwas unterstützen können. Wir haben neulich schon gehört, dass es dieser Tage eine Gaudi mit öffentlichem Hängen geben soll!"
"Warum glauben Sie, dass das Ihr Bier ist, Fremder?", fragt der Dicke mißtrauisch.
"Och, na joah, die schöne Miss hier und ich sind zufälligerweise daheim Galgenbauer in Teilzeit gewesen! Ist denn der Galgen, den Sweetrock, oder Sie Herrschaften, oder wer auch immer, auf dem Town Square aufgebaut hat, überhaupt eine zertifizierte Anlage? Sollen wir dem beizeiten mal eine Prüfung abnehmen? Die Erfahrung lehrt, dass das gar nicht schön sein kann für einen, der sich tagelang auf eine maßgeschneiderte Erhängung freut, und dann nicht richtig fällt! Da zappelt so einer schon mal eine Viertelstunde statt fünfzehn Sekunden. Nicht sonderlich human! Oder Klappen, die sich nicht prompt auf den Hebelzug hin öffnen, umso schlimmer, peinlich für alle Beteiligten. Die Miss und ich waren selber schon mal zugegen bei sowas, erst hat das Publikum sich weggepackt vor Lachen, dann die Geschworenen, dann sogar der Verurteilte! Nur eben der Henker nicht, der ist händeringend auf und ab gepest und hat versucht, den Fehler zu finden."
Luca erzielt mit seinem Persuasion-Versuch direkt ein Raise gegen den Dickwanst. Dieser nickt anerkennend, und erwidert, "ein ganz schön plapperhafter Kerl sind Sie ja schon für Ihr Gewerbe, Fremder! Aber das Angebot ist trotzdem gut. Ich hoffe nur, Sie glauben nicht, dass sie damit ein dickes Honorar einstreichen können. Gomorra mag im Ruf stehen, steinreich zu sein, ist aber nicht freigiebig."
Byrd zuckt nonchalant die Schultern: "Eine kleine Milchmädchenrechnung würden wir Ihnen schon schreiben! Aber wir sind beide ziemlich schlecht in der Pultimikation, wir vertun uns ständig zu unseren Ungunsten. Sie kommen da günstig weg."
Der Dicke muss lachen, und erwidert, "Sie müssen sich da sowieso an die Sweetrock Mining Company wenden, Fremder. Die kriegen gerne Rechnungen, wo der Aussteller sich zu den eigenen Ungunsten vertan hat, das kann ich Ihnen flüstern! Gleich nach ordentlich vollen Lorenwagen voller Ghost Rock ist das für Howard Findley das Tollste auf der Welt, wie man hört! Wir hier haben nichts mit dem Hängen zu tun, außer, dass wir den Galgenvögeln Kost und Logis bieten, während sie darauf warten, dass der Bezirksrichter sein Sammelverfahren macht. Und wir haben dafür zu sorgen, dass alles gesittet über die Bühne geht."
May B. fragt neugierig, "Darf man da zugucken bei diesem Verfahren?"
Der Deputy nickt, "Das will ich meinen. Da wir kein Gerichtsgebäude haben, spricht Richter Gabriel normalerweise Recht in einem der Saloons oder Essenszelte. Ist eine Schau für jedermann! Aber machen Sie sich keine großen Hoffnungen auf ein fröhliches Ende der Veranstaltung, Fremde. Richter Gabriel wird von vielen als Hangin' Judge bezeichnet, ein Strangrichter, er verteilt immer gleich Halswickel der unbequemen Art! Passiert normalerweise nicht, dass ein Angeklagter von ihm freigesprochen wird."
"Oho", sagt Byrd, "und das, obwohl man munkelt, einer der Angeklagten diesmal sei ein Schürfer, den die Sweetrock übers Ohr gehauen hat! Ich wollte eigentlich ein paar Dollarchen darauf wetten, dass der olle Richter Gabriel bei dem armen Teufel ein Nachsehen hat!"
Der Dickwanst grinst, "Sparen Sie lieber Ihr Geld, Fremder. Sie reden von Hodgins, der hat sich persönlich mit Sweetrock angelegt. Wenn einem von den dreien der Strick sicher ist, dann ist das Levon Hodgins."
Byrd schmunzelt, "Wir haben aber letzte Nacht beim Saufen erzählt bekommen, dass dieser Kerl, dieser Hodgins, eigentlich nur Schürfer war, und die Sweetrock sich seinen Claim einfach geschnappt hat!"
"So ist das wohl da draußen im Maze mit Konkurrenten, Fremder. Wer nicht an Sweetrock verkaufen will, und zu schlecht ausgestattet ist, um einen Claim gegen eine feindliche Übernahme zu verteidigen, der handelt sich bisweilen mächtig Ärger ein. Sweetrock sagt übrigens das Gegenteil, Levon Hodgins sei in ihren Strike eingedrungen, nicht umgekehrt. Wäre offensichtlich auch nicht das erste Mal gewesen, dass der sowas macht. Hilft aber alles nix, Hodgins wird baumeln, morgen, oder übermorgen. Auf den Bezirksrichter kann Howard Findley sich verlassen."
May B. mischt sich ein: "Aber Moment mal, Pardner. Wenn die Sweetrock Mining Company solche Sachen macht, ist es dann nicht Ihre Pflicht, die aufzuhalten?! Die können doch nicht hinter Ihrem Rücken draußen im Maze unabhängige Schürfer berauben und einfach damit davon kommen!"
"Hey Fremde, Sheriff Coleman ist im Alleingang dafür verantwortlich, dass es in Gomorra überhaupt Gerechtigkeit gibt. Wenn wir draußen vor der Stadt versuchen wollten, jedes krumme Ding, das Sweetrock sich leistet, aufzudecken, wären leider keine Polizeikräfte mehr hier, um den alltäglichen Krawall in den Straßen aufzuhalten!"
Eine junge Frau mit Zöpfen tritt neben den großen Dicken, und taxiert die Fremden misstrauisch: "Sie sind nicht aus Kalifornien, oder? Haben Sie eine Ahnung, was das bedeutet, dass durch das Große Beben vor acht Jahren die Regierung des ganzen Territoriums zusammengebrochen ist? Wir haben da draußen einen chinesischen Kriegsherren namens Kang mit seinen Piratenflotten, General Santa Anna mit einer Plünderer-Armee, und mehr durchgeknallte Ghost-Rock-Schürfer als Sie in einen Sack Flöhe stopfen könnten! Die Truppenkontingente von USA und CSA helfen uns nix, im Gegenteil, die machen alles nur noch schlimmer. Um hier in Gomorra die verdammten Arschlöcher von Sweetrock Mining in die Wüste zu schicken, bräuchten wir aber verdammt nochmal eine Armee. Wenn wir Sternträger uns von Findleys Revolvermännern auf einen Schlag wegballern lassen, versinkt Gomorra umgehend erneut in Anarchie! Und jetzt kommen Sie hier rüber gelatscht, Fremde, und erzählen uns, dass wir unseren Job nicht ganz kapiert haben?"
Ein paar der Deputies applaudieren gemächlich.
"Hendricks findet sich so langsam richtig rein", sagt einer.
Der große Dicke im Jeanshemd meldet sich wieder zu Wort: "Jetzt ist auch mal gut mit den Vorwürfen gegenüber Sweetrock, Fremde. Levon Hodgins ist einer der berüchtigten Blackjacks, okay? Sweetrock mag ihm seinen Claim gestohlen haben draußen im Maze, aber er hat vorher auch ordentlich bei Sweetrock gestohlen mit seinen Banditen-Kumpanen. Die Firma besteht aus Aasgeiern, alles klar, aber ihre Feinde sind auch nicht gerade Knaben aus dem Kirchenchor. Wir können nur hoffen, dass Howard Findley und Blackjack Jackson sich irgendwann gegenseitig weg putzen, dann gibt's eine Chance auf eine Zukunft mit Recht und Gesetz für die Stadt!"
Das war ja schon mal ganz aufschlussreich. Wir haben den Namen von Hodgins erfragt und wissen, dass die Gesetzeshüter ihn in ihrem Kittchen haben. Fragen wir also mal FlexTale, ob dies unser erster Clue ist! Der W20-Wurf sagt, ja! Also war das der erste Schritt bei der
Queste: Sweetrocks Machenschaften beim Hängen der Verdächtigen vereiteln (Clue Target 1\5).
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Als sie mit gespielter Gelassenheit vom Sheriff's Office davon schlendern, raunt May B. ihrem Begleiter zu, "Haben Sie gesehen, es gab neben dem Gebäude einen ollen Bretterverschlag, mit einem Schild dran, wo 'Jail' stand! Das ist wirklich alles andere als ein sicheres Gefängnis! Ich wette, da sind die beiden Blackjacks drin, Hodgins und der andere."
"Hm ...! Denken Sie, was ich denke?"
"Klar, das ist ein Kinderspiel, sich da unbemerkt kurz reinzuschleichen, und Levon Hodgins nach der wahren Geschichte zu befragen!"
"Ach so, was ich dachte, war aber: Prima gemacht, schon fertig die Scharade, jetzt gönnen wir uns ein zweites Frühstück im nächstbesten Saloon!"
"Stellen Sie sich eigentlich immer so dämlich, oder sind Sie wirklich so simpel gestrickt?"
"Beides ein bisschen!"
"Okay, ich sag' Ihnen was, Sie Pappnase: Ich verwende meine Künste, auf die gleiche Weise wie Shadrack das mit seinem Kartentrick so gerne macht, und hülle mich in Dunkelheit. Ich kenne einen ganz ähnlichen Hexenspruch. Niemand wird mich kommen und gehen sehen. Aber dafür müssen wir auf die Nacht warten! Und leider tickt die Uhr, Sie haben ja den Dicken gehört, morgen oder spätestens übermorgen wird die Verhandlung sein!"
"Ja. Oder, Miss May, Sie treten schon zur Mittagsstunde in Aktion! Wir warten nicht auf Dunkelheitseinbruch, sondern nur darauf, dass alles, was einen Blechstern trägt, schön Siesta macht nach dem Mittagessen! Die klapperige Bretterbude, die sich hier Gefängnis schimpft, steht direkt unter diesem großen Baum, da fällt der Mittagsschatten voll drauf! Da können Sie sich unauffällig zum Schatten verwandeln!"
"Okay, großartig. Sie bleiben draußen und stehen Schmiere, Byrd!"
"Na, aber hallo! Und wenn Hodgins Story überzeugt, verhelfen Sie dem umgehend zur Flucht, und wir schieben ab und verstecken ihn draußen in der Prärie! Kurz darauf wundern sich die Gesetzeshüter ganz gewaltig, wenn sie nach ihrer wohlverdienten Siesta ihre Gefangenen durchzählen. Und wir lachen uns hinter ihrem Rücken schlapp! ... Irgendwie gefällt mir diese Stadt hier auf Anhieb!"
"Hier geht's doch genauso zu wie in den ganzen anderen Boomtowns des Westens!"
"Ja, aber es gibt noch weniger Regeln! Jeder gegen jeden, Miss May, und wir Neuen können überall mitmischen, und unsererseits ordentlich Durcheinander stiften!", und er reibt sich schalkhaft die Hände.
May B. grinst: "Und das finden Sie toll?!"
"Sie nicht?"
"Doch, ich auch!"
Die beiden drehen also eine größere Runde durch das befestigte Stadtzentrum, um zur Zeit der Mittagshitze zurückzukommen. Luca Byrds Vermutung scheint sich unterwegs zu bestätigen: Beide bekommen den Eindruck, man könne in diesem Gomorra kaum von A nach B gehen, ohne in Schwierigkeiten zu geraten. Auf der Boxkampf-Bühne am Town Square beispielsweise stolziert der Titelverteidiger auf und ab, lässt die Muskelberge spielen, und fordert zusammen mit seinem untersetzten Manager lauthals Männer aus dem Publikum heraus, zu ihm in den Ring zu steigen. Auf Byrd zeigt er auch und brüllt, "Wenn Du dieses braune Weibsstück da beeindrucken willst, musst Du schon hier rauf kommen und Deinen Mann stehen!", und als der Angesprochene lachend abwinkt, erntet er ein, "Du halbes Hemd!", und geradezu hyänenhaftes Gelächter von allen Seiten. Vor einem Saloon stehen zwei angetrunkene Abenteurer und üben sich im Schnellziehen, als würden sie sich duellieren wollen. Wenn noch mehr Whiskey fließt, tun sie das im Verlauf des Tages vielleicht auch noch. Im Schatten einer Holzplattform auf einer der vielen Baustellen lauert eine halbbekleidete Saloondame mit einem Bowiemesser, ihre blanke Klinge verbirgt sie misstrauisch hinter ihrem Rücken, als sie sieht, dass der Blick der Fremden sie getroffen hat. Am Stadtrand schießen johlende Cowboys auf entlaufene Hühner. May B. muss sich beherrschen, um nicht aus einer Laune heraus auch einen Schuss abzugeben.
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Direkt nach der Mittagessenszeit sind die beiden wieder, wie zufällig, in Sichtweite des Sheriff's Office. May B. manövriert sich zwischen das Gebäude und den kläglichen Anbau, jene Bretterbude mit der Aufschrift 'Jail', und wirkt ihre Kraft Boost Stealth mit Shroud als Power Modifier, in schönster Rex-Shadrack-Manier. Sie erzielt ein dickes Raise, und hat ihr Stealth um zwei Würfel gesteigert. So kann sie ungesehen in den Bretterverchlag hinein schlüpfen.
Hier vegetieren die Gefangenen der Law Dogs in der Mittagshitze. Die Gefangenensammelstelle ist schon ein wenig ausbruchssicherer als vorhin von den Wild Cards gedacht: Da ein richtiges Gefängnis in Gomorra noch nicht gebaut wurde, müssen die Häftlinge zu jedermanns Leidwesen in einem quadratischen Erdloch hocken, das unter dem erbärmlichen Bretterverschlag gegraben wurde. Ein Gitter aus schweren Ästen ist darüber gelegt. Das Gitter an der einen Seite hoch zu hieven erfordert mindestens einen starken Mann, und so ist jeder Toilettengang der Inhaftierten für die Wärter ein Kraftakt. Für die Insassen ist es hier drin noch weniger witzig, sie sind von Lehm beschmiert und mit Handschellen gefesselt, der Schweiß läuft ihnen um diese Tageszeit in Strömen.
May B. zieht es vor, erst einmal ein Schattenumriss im Halbdunkel zu bleiben, als sie sich an den Rand des Grubengitters kauert und hinab linst. Alle fünf Männer hier drin scheinen zu dösen.
"... Ihr armen Schweine!", wispert sie, aber keiner reagiert. Sie scheinen zu benommen von der Hitze und der Schläfrigkeit nach der Gefangenenfütterung.
"Wer von Euch ist Levon Hodgins?", raunt sie also, nun deutlich lauter.
Alle fünf zucken zusammen und schauen nach oben. Sie können natürlich nur einen Hut und eine lockige Haarmähne sehen, als Silhouette.
"Wer will das wissen?", raunt einer der Insassen misstrauisch.
Grund zum Misstrauen haben die Galgenvögel natürlich. May B. braucht also einen Persuasion-Erfolg, um Hodgins zum Reden zu bringen. Das Würfelorakel sagt, es gibt außerdem einen kleinen Abzug durch ihr mysteriöses Auftreten. (Very Attractive und Outsider sind beide unerheblich in dieser Situation, und heben sich eh gegenseitig auf.) Ich bekomme eine vier hin, gerade so ausreichend.
Sie fasst also eilig zusammen: Hodgins Compadres seien in der Stadt, und haben sie auserkoren, um mit ihm zu reden. Er solle ihr erzählen, was wirklich vorgefallen sei mit Sweetrock — jeder Hinweis könnte ihr helfen, die Sache noch einmal zu drehen. Dafür müsse sie aber wissen, woran sie bei ihm sei!
Levon Hodgins erzählt unsicher davon, dass es stimmt: Er reite seit einiger Zeit mit den Blackjacks, und ja, er habe zusammen mit ihnen mehrere Sweetrock-Minen und Ghost-Rock-Transporte überfallen. Dass die Revolvermänner von Sweetrock aber seinen Claim mitsamt der Besitzurkunden übernommen hätten, sei trotzdem ein Verbrechen noch anderen Kalibers: "Die enteignen mich einfach mit Waffengewalt hinter dem Rücken der Law Dogs, und das ist dann okay, weil sie sowieso den größten Einfluss in der Gegend haben, und die dickste Geldbörse. Ich habe geholfen, denen ein paar Handvoll Ghost Rock zu stehlen, und ich soll dafür baumeln? Das nennt man hierzulande Gerechtigkeit?!", raunt er verzweifelt.
May zischt, "Warum haben Sie sich auch mit den verschissenen Blackjacks eingelassen, Hodgins! Ihr Fall wäre viel leichter öffentlich auszuwalzen, wenn sie wirklich nur ein unschuldiger Schürfer wären!"
Hodgins entrüstet sich, "Ach, ich bin doch nur einer von unzähligen! Fälle wie meiner ereignen sich jeden gottverdammten Tag draußen im Maze! Was Sweetrock nicht billig kaufen kann, holen sie sich mit Gewalt. Selbst Jackson P. Jackson ist es nicht anders ergangen, wie jeder weiß! Darum hat er ja die Bande überhaupt erst gegründet."
☆
Die Hexe wusste das jedenfalls noch nicht, behält das aber für sich. Daran, mit Hodgins einfach zu fliehen, wie von Byrd vorgeschlagen, ist nicht zu denken, die übergitterte Grube macht das Unterfangen deutlich schwieriger. Aber ist es ein Clue, dass wir jetzt Hodgins Aussage haben? Das Gefängnis ist ebenfalls ein relevanter Schauplatz, was bei meinem W20-Resultat von neun bedeutet, dies war der nächste Clue für unsere
Queste: Sweetrocks Machenschaften beim Hängen der Verdächtigen vereiteln (Clue Target 2\5).
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