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[Deadlands] Savage West Solo Play
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Als die blaue Stunde gerade vorüber ist und die Morgendämmerung beginnt, kriechen die beiden Männer unter ihren Decken hervor, während May B. gerade ein kleines Feuer entfacht hat. Die Luft hat einen merkwürdigen, aufgeladenen Geschmack, wie als wären die Elemente immer noch in Aufruhr seit dem Orkan.
"Gut dass sie endlich wach sind", sagt May B. leise, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen, ihre Finger sind noch klamm, "irgendetwas stimmt nicht. Unsichtbare Kräfte sind hier irgendwo in Bewegung geraten."
Byrd gähnt: "Nicht schon wieder unsichtbare Kräfte! Mit solchen sind wir schon kurz vor Dodge aneinander geraten, was, Shadrack?"
"Halten Sie den Rand, Mister Byrd."
"... oder haben uns zumindest eingebildet, mit ihnen aneinander geraten zu sein!"
Shadrack mustert griesgrämig aber dennoch neugierig die Hexe: "Unsichtbare Kräfte? Wie kommen Sie darauf, Miss? Welche Art der Kognition sagt Ihnen das?"
May B. raunt angespannt: "Sie wissen seit gestern schon mehr als genug über meine Künste. Lassen Sie uns kurz aufwärmen, und dann schnell wieder Leine ziehen."
Dann ist es Zeit für die Orakelwürfel um zu bestimmen, ob meine Wild Cards zuerst eine Chance bekommen die Bedrohung zu bemerken, oder ob die Bedrohung zuerst sie bemerkt! Die Würfel zeigen an: Ersteres, so ein Glück, also lasse ich alle Notice würfeln.
Byrd ist scheinbar noch im Halbschlaf; Shadrack hat aber eine fünf und hebt lauschend den Kopf. May B. erzielt eine dicke, fette 19, und zuckt zusammen: "Hören Sie das? Dieses Klappern aus dem Gebüsch im Osten ... Knochen, die gegeneinander reiben ... viele Knochen, und teilweise morsch ... kein Tier und kein Mensch bewegt sich in solchen Mustern und macht dabei solche Geräusche!"
Als gerade alle hektisch ihre armseligen Ausrüstungsstücke an sich gebracht, die Pistolen gezogen, und die Hüte aufgesetzt haben, hört man es ganz deutlich, und die Geräuschquelle hat auch die drei Menschen gehört und nähert sich rasselnd! Merkwürdige Gliedmaßen machen schwere Schritte durch das Unterholz, trockenes Geäst teilt sich, und die Augenhöhlen bleicher Schädel scheinen auf die drei hinab zu starren!
Der Bone Fiend! Eigentlich müsste er noch einen zentralen Longhorn-Rinderschädel auf den "Schultern" sitzen haben, um der Beschreibung im Deadlands-GRundbuch gerecht zu werden, aber der Körperbau des Dings ist eh immer in Bewegung.
Es ist ein Bone Fiend! Alle Wild Cards würfeln angesichts der rasselnden Knochenmasse gegen Furcht, nur Byrd schafft es. für die anderen beiden würfle ich auf der Furcht-Tabelle: Shadrack erbleicht und ist Distracted, May B. schreit heiser auf, wirbelt instinktiv herum, und flieht in blinder Panik.
Die Orakelwürfel sagen, sie bewegt sich nicht nur außer Sicht, sondern es kommt noch doller: Sich überschlagend kullert sie einen Kiesabhang hinab. Immerhin nimmt sie keinen Fatigue-Schaden durch den Absturz.
Shadrack weicht zitterig zurück und versucht eine Hex-Formel zu verwenden, aber bringt noch nicht genügend Fassung auf dafür bei dem grotesken Anblick. Der Bone Fiend wälzt sich krachend und knirschend näher, und schleudert als Multi-Action kleine, scharfkantige Knochensplitter auf die beiden Männer; nur Byrd wird getroffen, und auch er erhält nur ein paar Schrammen, aber der wirbelnde Staub und die Schrapnelle nehmen beiden kurz die Sicht. Im Zurückweichen feuert Byrd versuchsweise einen seiner Friedensstifter in die wirbelnde Knochenmasse ab. Er macht mit einem glücklichen Wurf satte 29 Schaden; er erwischt also ein paar zentrale Rückenwirbel, und Teile der Kreatur fliegen auseinander ... und dann zerbricht das ganze grauenvolle Konstrukt in zahllose Einzelstücke und klappert in den Staub!
Schon ist die Erscheinung besiegt. Byrd wirbelt kunstvoll seine Pistole herum und steckt sie wieder in den Holster.
"Das war ... wirklich ein spektakulärer Treffer!", krächzt Shadrack und starrt ungläubig auf das zerlegte Monstrum hinab.
"Miss, Sie können wieder rauskommen!", ruft Byrd, und schaut in die Richtung in der May B. verschwunden ist.
Rex Shadrack schafft einen Occult-Wurf, als sein angewiderter Blick über die Knochenhaufen schweift: "Ich weiß, was das ist ..."
Byrd keucht aufgekratzt: "Haben Sie etwa von dem Ding auch im Tombstone Epitaph gelesen?! Hey, ist das 'ne verdammte Marionette? Da sind doch bestimmt irgendwo Strippen dran, die das verdammte Ding bewegt haben!"
Gedämpft sagt Shadrack: "Keine Schnüre ... ich würde das als Psychokinese bezeichnen, was es angetrieben hat. Ein unsichtbarer Manitou, der keinen einzelnen Leichnam bewegt, sondern einen ganzen Knochenhaufen. Habe draußen in Utah davon gehört bei den Rail Wars ... Nevada Smith soll da mal einen besiegt haben. Habe aber nie erfahren, auf welche Weise."
"Na, ist doch ganz einfach, Chef: Eine blaue Bohne gegen eine tragende Stelle! So wie eben. War eigentlich ganz einfach!"
May B. taumelt staubbedeckt und mit aufgeschürften Ellenbogen wieder heran, die Colts in den Händen. Sie macht große Augen, hat sich jedoch wieder eingekriegt.
Shadrack keucht: "Fragt sich nur, wo im Orkangebiet so viele Tierknochen auf einmal herkommen! Sehen Sie ...!", und er bückt sich und hebt ein einzelnes Schienbein auf, wedelt demonstrativ damit, "die meisten Knochen sind verkohlt! Wahrscheinlich haben überlebende Farmer die vielen Tierkadaver nach dem Unwetter gesammelt und verbrannt, damit jetzt nicht auch noch Seuchen ausbrechen! Und das hat diesem Manitou verdammt nochmal seine Bauteile gegeben ...!"
Byrd verzieht angeekelt das Gesicht, und sagt gedämpft, "und Sie fassen das auch noch an", aber eher zu sich selbst.
May B. zieht ungläubig die Augenbrauen hoch, und ruft: "Weg da, Shadrack! Hinter ihnen!"
Und siehe da, in die Brustkörbe und Wirbelsäulen und Gebeine ist erneut Bewegung gekommen! Knarrend setzt das Monstrum sich wieder zusammen!
Ungläubig heben die drei Wild Cards die Köpfe, als ihre Blicke auf den Longhorn-Rinderschädel gerichtet bleiben, der sich krachend und bröckelnd wieder über sie erhebt. Shadrack hechtet weg von den Knochen, spricht blitzschnell Deflection aus auf alle drei, und diesmal gelingt es sofort. May B. reckt durch das Hitzeflimmern hindurch beide Hände dem Bone Fiend entgegen, mit abgespreizten Zeigefingern und kleinen Fingern, und verlangsamt die Bewegungen des Monsters, macht es mit Sloth schwerfällig, es bewegt sich nun knarrend und ächzend, beinahe wie in "Stop Motion". Alle drei weichen zurück, Byrd feuert, und wird erneut von den Knochensplittern gestreift, als der Bone Fiend versucht, sich gegen May B.s Hexenspruch zu stemmen und näher zu kommen. Er kann sich von dem Bann jedoch nicht befreien; die Hexe hebt die Hände abwehrend höher und murmelt angestrengt vor sich hin. Aus den Knochen formt sich eine krude Sense, welche von mehreren Armen gehalten wird, und es holt weit aus und schlägt damit nach May B., aber seine reduzierte Bewegung reicht nicht ganz, um sie zu erreichen! May B. schreit dennoch entsetzt auf. Sie gestikuliert erneut, und schickt einen ihrer bläulichen Blitze nach dem Monster aus, die mehrere Rückgrate und Schädel zersprengen. Erneut zerfällt der Bone Fiend in tausend Einzelteile!
"Das wird ihn wieder nicht lange aufhalten!", ruft Shadrack, aber in dem Moment entdeckt er die Schwachstelle in dem Knochenberg.
(Spoiler-Entwarnung: Da ja möglicherweise auch Leute mitlesen, die Deadlands irgendwann mal als Spieler erleben wollen, spoilere ich hier mal nicht alle Details, und schreibe diese Schwachstelle hier nicht hin! Sie ist im DL-Grundregelwerk zu finden, auf Seite 158 bei den Spielwerten des Bone Fiend!)
Alle drei Wild Cards rennen los, und schlittern nun Seite an Seite den staubigen Kiesabhang hinab, den May B. eben noch blindlings hinab gekullert war. Hinter ihnen erhebt sich krachend der Bone Fiend in der Staubwolke und poltert ihnen nach, nun befreit von dem Hexenbann (und mit Pace 8, er ist schneller als die Gejagten und wird binnen Sekunden zu ihnen aufholen). Knackend formieren seine Knochenteile eine noch größere Nahkampfwaffe, diesmal eine zackenbewehrte Keule so lang wie ein Lampenpfosten. Im Schlittern ballert Byrd auf die von Shadrack zugerufene Stelle, aber verfehlt. Die überlange Keule saust knapp an ihm vorbei und wirbelt Kies und Staub auf, die in alle Richtungen fliegen. Bevor Shadrack sich im Kies überschlägt hat er für eine Sekunde noch das Ziel im Auge, und präzise drückt er im Sturz darauf ab. Der zentrale Bereich der Schreckensgestalt explodiert, und dann werden all seine Bestandteile unkontrolliert in alle Richtungen verteilt! Scharfkantige Tierknochen fliegen in alle Richtungen! Zahlreiche Prellungen und Schnitte machen alle drei Wild Cards Shaken, aber glücklicherweise nicht mehr als das. Zitterig und verdreckt lesen sie sich am Fuß des Hanges aus dem Kies auf.
"Klasse, jetzt hat jeder von uns ihn einmal kalt gemacht, Pardners! Mister Shadrack aber endgültig, wie's aussieht!", lacht Byrd begeistert, seine aufgesprungene Unterlippe blutet.
"Wie zum Teufel ist dieses Ding hierher gekommen? Hat einfach die Sturmkatastrophe es angelockt?!", keucht May.
"Könnte sein, dass sogar dieses Ding eigentlich ein geheimes Werkzeug in den Rail Wars ist", bringt Shadrack hervor.
"Wenn meine Mädels sowas im Gepäck gehabt hätten für Barricade, hätte ich davon gewußt!", sagt May.
Shadrack stakst mit sichtlich weichen Knien den Kieshang wieder ein paar Schritte hinauf, und hebt erneut etwas auf. Sein Lederhandschuh hält etwas, das aussieht wie ein Kettchen, oder Rosenkranz.
"Kommt Ihnen das bekannt vor, Byrd?"
"Ja da wird ja der Hund in der Pfanne verrückt! Ein Rosenkranz aus Hühnerknochen, ganz der Stil von Mister Sundown!"
"Wer ist das?", verlangt May B. zu wissen.
"Das komische Kerlchen war von der Bayou Vermillion-Eisenbahn! Vor Dodge haben wir dem ordentlich in die Suppe gespuckt!"
Shadrack nickt: "Das hier wird seine Rache sein."
Byrd: "Den haben wir jetzt auch wieder an den Hacken kleben, glauben Sie?"
"Unwahrscheinlich, aber möglich. Vielleicht hat ihn auch nur das Katastrophengebiet wie magisch angezogen. Denken Sie, was ich denke, Byrd ...?"
"Na klar, Pardner: Nach so einem Schrecken wär ein deftiges Frühstück angebracht, vorzugsweise Porridge!"
May B. zischt: "Hier sind ziemlich viele Leute abgekratzt während des Orkans. Wenn die gottverdammte Bayou Vermillion hier ist ... wollen sie sich vielleicht eine kleine Armee aus denen erschaffen."
"Wir sollten der Spur des Knochen-Haufens folgen, vielleicht führt sie uns direkt zu dem pomadierten Knilch!", sagt Byrd grimmig.
May B. schüttelt den Kopf: "Quatsch, wir sollten zusehen dass wir Land gewinnen! Haben Sie zugehört? Ihr pomadierter Knilch hat möglicherweise eine Streitmacht aus lebenden Toten!"
Advances
Nach dieser Session advancen meine drei wackeren Helden wieder. Sie bekommen folgende Neuerungen:
Byrd: Common Bond-Vorteil
Shadrack: Fan the Hammer-Vorteil
May B.: Stealth ➜ W8 und Survival ➜ W6.
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Ich betrachte meinen Plot vom letzten Mal als abgeschlossen: Die Wild Cards haben sich zusammengerauft, und bilden vorerst eine Gemeinschaft, ein neues gemeinsames Ziel haben sie auch. Was ist denn eigentlich mit meiner laufenden
Queste: Herausfinden, was Ernest Amblins geheime Pläne sind (Clue Target: 1\3)?
Ist die durch das Aushorchen des behexten Viehtreibers Oswald fortgeschritten? Die Clue-Tabelle aus FlexTale sagt gerade so eben, ja! Shadrack weiß bereits, dass es der "Court" ist, in den Ernest Amblin Zutritt sucht, und die ominösen Herren aus der verschollenen Wells-Fargo-Kutsche sind garantiert dessen Agenten. Also war Amblins Plan im Kern, diese Agenten in Barricade zu treffen nach der Schlacht um das Wegrecht, möglicherweise, um direkt daraufhin in die Geheimgesellschaft aufgenommen zu werden, wenn dem Professor und seinen Mitverschwörern gefällt was sie vorfinden! Nur noch ein letzter Hinweis fehlt!
Queste: Herausfinden, was Ernest Amblins geheime Pläne sind (Clue Target: 2\3)
Meine SCs sehen also zu, dass sie Syracuse, Kansas, erreichen. Die Landstraßen werden langsam belebter: Planwagen und Reiter wollen weg aus dem Sturmgebiet, und sind ebenfalls unterwegs nach Syracuse, oder in etwas weiter weg gelegene Städtchen.
Schwein gehabt, was die Amblin-Gang betrifft, denn laut den Orakelwürfeln holen die Cowboys nicht unterwegs zu den SCs auf.
Ich lose daraufhin ein Random Event aus, und bekomme Communication of technical Recent Events. Dann würfle ich für den Szeneineinstieg: Ich bekomme An NPC Acts Suddenly. Als dann:
Meine Wild Cards lassen sich schließlich von einem der Planwagen mitnehmen. Einige der Leute schauen das Halbblut May B. recht skeptisch an, aber viele andere haben jetzt gerade einfach größere Sorgen als sich Fremdenfeindlicheit hinzugeben. Von den Siedlern erfahren sie unterwegs das Neueste: An den Gleisstrecken von Union Blue und Black River, die von Dodge City in diese Richtung führen, sind heute vereinzelte Draisinen mit Bewaffneten gesehen worden, die wohl das Krisengebiet für die Eisenbahnen auskundschaften sollen, und jetzt die bestehenden Gleisstrecken patrouillieren. Wenn auch langsam und nur mit Muskelkraft, aber besser als nichts, um die Schergen der jeweiligen Eisenbahn-Rivalen davon abzuhalten, die Ruhe nach dem Sturm zu nutzen, um die Gleise ihrer Gegner hinter Dodge zu beschädigen.
Niemand ist scharf darauf, die Great Rail Wars mit Draisinen auszukämpfen, aber zum Kundschaften geht's
Es heißt, eine dieser Draisinen solle sogar eine Gatling Gun aufmontiert haben. Die bürgerkriegsartigen Zustände setzen also bereits wieder ein; das Land, das auch gemeinhin "Bloody Kansas" genannt wird, ist nichts anderes gewohnt. Nur wenig später werden sicherlich erste kleine Versorgungs- beziehungsweise Kampfzüge mit schwereren Geschützen von Dodge aus die Gleise entlang geschickt werden, um nach und nach die Kontrolle über die Gegend wiederherzustellen.
May B. sieht sehr angespannt aus, als sie davon hört. Auch den beiden Männern ist klar: Die Hexe muss diese Draisinen und Züge unbedingt meiden, und bald sicherlich auch die größeren Siedlungen und Trails, um nicht der US-Armee oder wieder den Agentinnen von Black River in die Hände zu fallen.
Dann ist es Zeit für den NSC, der spontan agiert, wie beim Abenteuereinstieg ermittelt:
Als der Planwagen und die Pferde gerade eine kurvige Straße herab rattern, wirft sich plötzlich eine Gestalt davor, mit ausgebreiteten Armen.
"Miss Wickett!", ruft sie aufgeregt.
Die Kutscher und Reiter behalten mit Mühe ihre Gäule im Griff, und bringen den Planwagen zum Stehen, bevor er mit der Person zusammenprallt, die da auf die Landstraße gesprungen ist. Leute fluchen und schimpfen, Pferde wiehern nervös, aber die Siedler vergessen ihren Ärger, als sie sehen, wer da vor ihnen steht: Ein blondgelocktes Engelchen, wenn auch schmutzig und in zerschlissenem Rüschenkleid, die Frisur sitzt schief und die Korkenzieherlocken sind zerzaust. Sie scheint am Ende ihrer Kräfte zu sein.
"Miss Wickett!", keucht sie erneut, und versucht, zwischen den vereinzelten Reitern hindurch zur Kutsche zu gelangen.
"Joycelyn ...!", bringt May B. verblüfft hervor.
"Seht nur! Das ist Joycelyn Lancaster! Joycelyn Lancaster aus Barricade!", ruft einer der Reiter.
Sofort bemühen sich die Siedler auf dem Planwagen, der zerrupften Sängerin an Bord zu helfen. Diese umarmt May B., als wäre diese eine verlorene und nun endlich wiedergefundene Verwandte. May schaut umso mehr verdattert drein. Dann geht ihr auf, dass Joycelyn technisch gesehen aber auch noch zur Black-River-Eisenbahn gehört, und es großen Ärger für sie bedeuten könnte, von der Sängerin wiedererkannt worden zu sein!
"Ich bin so froh, dass Sie hier sind, Miss Wickett, ich hatte schon allen Glauben daran fahren lassen, noch einmal ein bekanntes Gesicht zu sehen, oh mein Gott, es ist ja alles so schrecklich, der Sturm hat ja alles weggewirbelt, ich habe seit Tagen nicht geschlafen, ich hätte niemals, niemals herkommen dürfen, in diese trostlose Einöde, alles sieht immerzu gleich aus, und mein Gaul ist tot!", sprudelt es aus Joycelyn heraus.
May B. streicht Joycelyn über den Kopf, und bringt ein eloquentes "na, na, alles halb so schlimm" hervor, sie ist gänzlich überfordert in der Rolle der Trösterin.
Tatsächlich liegt ein gesatteltes Pferd am Straßenrand zwischen den kargen Büschen. Ein paar der Siedler gehen hin und besehen es sich, es ist nicht tot, aber so gut wie.
"Bist Du die ganze Zeit über geritten?!", fragt May B. mit einem Blick an der Plane vorbei nach draußen.
Flennend nickt Joycelyn an ihrer Schulter.
Sorgenvoll kommentiert einer der Leute von draußen: "Da ist nichts mehr zu machen! Sie hat es zu Schanden geritten! Sie wiegt zwar nicht viel, aber die Erschöpfung, und die Hitze ... die haben dem Gaul den Rest gegeben."
"Schade drum, ist scheinbar ein wertvolles Tier. Wir werden es erschießen müssen", sagt ein anderer traurig.
Man einigt sich darauf, wenigstens das Pferdefleisch mitzunehmen, es ist noch ein ganzes Stück bis Syracuse bei dem Tempo des Planwagens. Joycelyn bekommt von dem allen gar nichts mit, sie klammert sich an May B. und ihre Tränen durchnässen deren Hemd. Die Hexe lässt sich eine Wasserflasche reichen und flößt ihrer Bekannten etwas davon ein.
"He, Miss! Fragen Sie sie doch mal, ob sie 'Green Grow the Lilacs' für uns singen kann!", raunt schließlich einer der Siedler ihr hoffnungsvoll zu.
"Halten Sie bitte die Fresse!", raunt May B. zurück.
Joycelyn fällt kurz darauf in einen benommenen Schlaf. Ein paar der Siedlerfrauen vergöttern die junge Dame ganz offensichtlich ebenfalls, und scheuchen die meisten der anderen Mitreisenden raus aus dem Inneren des Planwagens, damit genüg Platz ist, damit sie sich hinlegen kann. Alle Pferde die nicht eingespannt sind werden doppelt besetzt, damit niemand zu Fuß nebenher gehen muss und die ganze Truppe dadurch noch langsamer wird. Shadrack und May B. werden gemeinsam auf ein Pferd gesetzt. Shadrack nutzt diese Gelegenheit, um leise zu sagen: "Sie stecken ja voller Überraschungen, Miss Wickett! Jetzt sind Sie auch noch die Busenfreundin von der großen Joycelyn Lancaster!"
"So so. Sind Sie etwa auch ein Verehrer, Shadrack? Waren Sie etwa jüngst in Chicago?"
"Ich war die letzten Jahre fast nur in Utah, da treten Sängerinnen von etwas handfesterem Wesen in den Saloons auf. Aber als Mister Byrd und ich neulich in Barricade ankamen, war Miss Lancaster offenbar die heißeste Nummer der ganzen Stadt! Wie kommt es wohl, dass ein Persönchen wie sie so großes Vertrauen zeigt, ausgerechnet wenn es jemanden wie Sie sieht, Miss Wickett?"
"Ich habe nun mal ein vertrauenserweckendes Gesicht, Sie Penner."
"Miss, ich verbitte mir dumme Witzchen und kecke Sprüche! Dafür ist bei uns Mister Byrd zuständig, der spannt damit meinen Geduldsfaden schon zu genüge!"
"Ich kann so keck sein wie ich will!"
"Und ich kann richtig unangenehm werden, wenn mein Geduldsfaden gespannt ist", knurrt Shadrack und klingt gefährlich wie ein räudiger Wolf dabei.
"Ja, ist ja gut. Ehrlich gesagt weiß ich's nicht genau. Ich habe nie ein Gespräch Auge in Auge mit Miss Lancaster geführt. Hab' mich nie getraut. Sie ist ein wenig ... ein Idol von mir."
"Das sah aber eben anders aus, eher anders herum. Lügen Sie auch nicht?"
"Miss Lancaster kennt bestimmt nicht mal meinen vollen Namen! Sie hatte in Barricade besseres zu tun als sich mit Leuten wie mir zu beschäftigen. Wir kennen uns nur aus der Big Barricade Bar, wo sie aufgetreten ist."
May B. würfelt Persuasion gegen Shadracks Notice mit einem ordentlichen Raise, und ist daher momentan nicht für ihn zu durchschauen.
Syracuse, Kansas
Kleinstadt am Rand des Katastrophengebiets: Furcht-Level 3
Endlich erreichen die Flüchtlinge in dieser Nacht Syracuse. Es ist eine Stadt von der Größe von Barricade, jetzt sind die Straßen dunkel, nur noch in wenigen der Holzgebäude brennt Licht, wie Herbergen und dem Stagecoach Office. Shadrack dehnt sich, und kramt in seinem schmutzigen Mantel nach seiner Pfeife.
"Wir machen es jetzt als erstes wie Miss Lancaster und holen Schlaf nach! Mir ist nach einem gefederten Bett, einem Badezuber, und allen Annehmlichkeiten die dieses Drecksloch zu bieten hat! Ich miete uns Hotelzimmer", sagt er.
Byrd lacht: "Aha, der Mann mit der dicken Brieftasche! Prima, Chefchen, danke. Ich hätte ansonsten diesen Heukarren da genommen, sieht auch sehr einladend aus."
"Ja, ja. Ich miete Sie natürlich nicht im selben Hotel ein wie mich. Wenn ich schon die Hotelkosten für alle trage, dann geht es für Sie beide in die Bretterbude da hinten, das muss reichen. Und Sie schlafen nicht auf einem Heukarren, Byrd, das erinnert mich zu sehr an unser erstes Zusammentreffen! Am Ende wachen Sie außerhalb der Stadt wieder auf. Und ich brauche Ihre Fähigkeiten ab morgen früh."
"Na, das ist aber knauserig", murrt Byrd mit gespielter Verstimmtheit, "und denken Sie auch bitteschön an die Dame, Ladies haben empfindsame Rippen, das ist nichts für harte Herbergsbetten!"
May B. spuckt Luca kunstvoll genau vor die Stiefelspitzen, und sagt, "Lassen Sie mal meine Rippen meine Sache sein."
"Sie hätten nicht den Clown spielen sollen in New York, dann wären Sie ebenfalls engagiert und ausgezahlt worden von Union Blue! Ich hatte es Ihnen ja gesagt", versetzt Shadrack mit einem fiesen Lächeln.
"Ich hatte es ja nicht böse gemeint mit den Herren von dem Club! War einfach noch etwas verpennt zu dem Zeitpunkt dieses Treffens! Aber was machen wir denn mit der Miss Lancaster? Nicht doch, Shadrack, die können Sie aber nicht in der Bretterbude einquartieren. Dann fällt die Miss uns ja endgültig vom Stengel!"
May B. zuckt die Schultern: "Wenn diese Siedlerinnen sie überhaupt je wieder hergeben, die wollten Joycelyn ja am liebsten gleich adoptieren!"
Shadrack knurrt genervt: "Die Missy ist doch reich und berühmt! Die findet schon was. Oder fühlen Sie sich am Ende etwa doch für die verantwortlich, May Wickett?"
"Lassen Sie mal auch Miss Lancaster meine Sorge sein", sagt May bestimmt.
"Haben Sie denn Geld?"
May blinzelt zögerlich, und faucht dann: "Ich ... ich habe keinen verdammten Dollar mehr seit der Flucht, Sie Schweinepriester! Ich kann Ihnen ja im Nachhinein die Moorhühner von gestern verkaufen!".
Shadrack winkt ab: "Schon gut, ich zahle auch für Miss Lancaster. Immerhin ist die kein Pleitegeier wie Sie beide, und kann es mir später zurückzahlen. Los jetzt, ich bin hundemüde!"
"Trinken wir noch einen Schnaps, so als Schlummertrunk?", fragt Byrd in begütigender Stimme.
Rex Shadrack rollt die Augen und zündet sich im Gehen seine Pfeife an.
GM Move: Advance a Plot
In der Lobby der winzigen Herberge sind noch recht viele Reisende wach. Alles scheint recht stark belegt zu sein, meine SCs werden nicht die einzigen Leute sein, die aus der Gegend von Barricade hierher kommen auf Durchreise. An der Rezeption wenden sich ein paar dunkelhäutige Reisende in Ponchos und Lederkleidung nach Byrd und Wickett um, als diese eintreten. Es scheint dort einen kleinen Streit zu geben. Die Gesichter der Reisenden sind fragend, und etwas verwirrt.
"Wir haben eben keine Zimmer mehr für solche wie Sie!", sagt einer der Rezeptionisten gerade.
"Eben haben Sie noch gesagt, Sie haben überhaupt keine Zimmer mehr! Obwohl die Leute eben noch eines gekriegt haben! Was stimmt nun?"
"Werden Sie jetzt etwa frech?! Werden Sie ja nicht frech! Achten Sie ja auf Ihren Ton!", warnt der eine Rezeptionist.
Die Reisenden sind zwar beinahe wie Weiße gekleidet, aber es sind offensichtlich Indianer.
May B. und Byrd schieben sich mit an den Tresen, Byrd's Augen funkeln bereits und er hat das schelmische Lächeln aufgesetzt, wie so oft, wenn er jemanden in die Pfanne zu hauen gedenkt.
Der Rezeptionist ist alldieweil offensichtlich froh, das Streitgespräch mit den Indianern beenden zu können, und wendet sich demonstrativ Byrd zu: "Und wie kann ich Ihnen helfen, Gentleman?"
"Gibt es noch zwei Zimmerchen, am besten mit rippenfreundlichen Betten? Wir hatten ja eine Reservierung, aber wir haben sie verloren!"
"Das macht gar nichts, Sir, das macht gar nichts! Ein paar Zimmer sind noch frei, das sind dann wahrscheinlich die von, äh, Ihrer verlorenen Reservierung. Wie dem auch sei, bitte sehr. Das macht vier Dollar."
May B. bezahlt mit dem Geld von Shadrack, und Byrd schiebt derweil schmunzelnd die Zimmerschlüssel den Ureinwohnern rüber, "bestens, das waren die beiden Zimmer, die wir für unsere Freunde reserviert hatten. Und haben Sie womöglich noch zwei, für uns selbst hatten wir leider keine Reservierung! Wir dachten, wir treffen erst morgen im schönen Syracuse ein! Und am besten auch mit rippenfreundlichen Betten, die Rippen der Dame sind ebenfalls recht empfindsam!"
Byrd wirft zwei Höchstzahlen in Folge und erzielt eine 18 als Persuasion-Resultat! Die beiden Rezeptionisten sind so verblüfft von seinem Manöver und seiner Freundlichkeit, dass sie einfach wortlos spuren.
Einer der anderen Reisenden sieht Byrd und Wickett von der Seite an, und bedenkt sie mit einem Lächeln, das zuerst verhalten ist und dann breit wird.
☆
Auf dem kleinen, windschiefen Balkon an der Gebäudefront kommen die vier ins Gespräch miteinander, die Ureinwohner bieten einen Flachmann an, und Byrd nimmt ihn erfreut an: "Fassbrause, ich liebe Fassbrause!"
"Wohin geht die Reise für Sie?", fragt einer der Indianer.
"Am Liebsten raus nach Kalifornien", sagt May.
"Hey, das ist ja gar keine Fassbrause, das ist ja Schnappes! Umso besser!", sagt Luca, trinkt, und gibt den Flachmann weiter.
"Oh! Kalifornien! So wie wir auch. Dann geht Ihr auch nach Gomorra?"
May fragt verwirrt, "'Gomorrah'? Ist das nicht ein Ort in der Bibel?"
Der andere Ureinwohner zuckt die Schultern: "Das ist für uns nicht von Belang! Es ist eine Stadt, am Rand des Great Maze!"
Byrd sagt gut gelaunt: "Ah, ich kapiere! Dann seid Ihr Schürfer! Habt Ihr schon einen Claim da irgendwo?"
"Nein, Mister. Wir sind keine Schürfer. Eher Siedler. Es zieht alle nach Gomorra."
May meint, "hab' ich noch nie gehört. Was meinen Sie damit, es 'zieht alle nach Gomorra'? Wenn es um's Great Maze geht, dachte ich, es zieht alle zur City o' Lost Angels."
Einer der beiden Ureinwohner sieht zögerlich aus, er entgegnet, "Nein, Gomorra ist der Punkt, an dem alles zusammenkommt. Alle Kräfte versammeln sich dort. So sagen es die Medizinleute von Joseph Eyes-Like-Rain."
Der andere fragt May: "Du bist auch eine Rothaut, nicht? Hast Du denn noch nicht davon gehört? Von Joseph's Vision?"
May schüttelt verunsichert den Kopf, weiß nicht, was sie sagen soll.
Byrd schmunzelt: "Gomorra, das klingt nach einem malerischen Städtchen, dem malerischen Namen nach zu urteilen! Hab' es aber noch nie auf 'ner Karte eingezeichnet gesehen!"
"Das ist auch kein Wunder, es ist eine Boomtown. Es war noch vor einem Jahr nicht viel mehr als ein Zeltlager."
May fragt neugierig, "Und wer ist dieser Joseph?"
"Bist Du denn keine Sioux? Hast Du noch nie von ihm gehört?"
Sie schüttelt den Kopf: "Ich hab' mein ganzes Leben unter Weißen verbracht!"
"Wir sind auch keine Sioux, wir sind Comanche. Aber Joseph Eyes-Like-Rains Botschaft erreicht nach und nach alle Stämme! Es ist wie mit den Alten Wegen, und dem Geistertanz!"
"Und der ruft ... alle möglichen Leute in Gomorra zusammen?", fragt May konfus.
"Alles kommt in Gomorra zusammen, alles, es ist das Auge des Sturms", sagt der eine Indianer, der andere nickt.
May B. sagt gebannt: "Ich weiß fast nichts über die Alten Wege oder den Geistertanz. Könnt Ihr ... mir mehr erzählen?"
Einer der beiden lacht: "In Kalifornien dann!"
Byrd lacht auch: "Wir wollen aber nach Denver! Wir zwei beide sind Söldner im Eisenbahnkrieg!"
"Spielt keine Rolle!", lacht der eine Comanche weiter, und greift nach dem Flachmann.
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GM Move: An NPC Takes Action. Interessant, was die Tabelle da angibt. Vielleicht agiert diesmal ein NSC per Brief ...!
Am nächsten Morgen kommen die Wild Cards ausgeschlafen und gebadet in der Lobby von Shadrack's Hotel zusammen, um zu frühstücken und ihren Schlachtplan auszuhecken. May B. ist die letzte, die eintrifft. Sie sieht aus als wäre sie ziemlich durch den Wind.
Der Frühstücksraum von Shadrack's Hotel
"Nanu, was ist denn mit Ihnen, Miss? Oh nein, ich weiß schon, das Bett war am Ende doch zu hart für Ihre zarten Rippen."
"Stecken Sie ihre Nase in einen Pferdearsch, Byrd! Ich habe das hier eben von einem der Hotelfuzzis bekommen!", und sie legt ein gefaltetes Blatt Papier auf den Tisch.
Byrd greift danach, aber Shadrack ist schneller.
May setzt sich und flüstert: "Der verwünschte Amblin ist bereits hier! Oder zumindest weitere seiner Schergen. Er will mich treffen, und natürlich alleine!"
Shadrack grimassiert.
May fährt flüsternd fort: "Er weiß natürlich, dass Sie ihm wieder das Fell über die Ohren zu ziehen versuchen werden, wenn er zulässt, dass Sie mitkommen! Ich soll da laut dem Schrieb alleine hinkommen!"
Byrd linst auf Shadracks Blatt: "'Friedensangebot' ... 'will nur reden' ... na, da schlägt er doch einen ganz vernünftigen Tonfall an, wie ich finde! Glauben Sie, das kleine Schlitzohr hält Wort?"
May B. zischt: "Er wird ganz sicher seine Männer versteckt dort postieren! Er weiß, dass ich ihn wieder behexen könnte bei der Gelegenheit!"
Shadrack murmelt: "Ach so, dann verstehe ich auch diesen Absatz hier: 'Um das Anbehalten allen Schuhwerks wird höflichst gebeten, wie auch um das Tragen von Kniestrümpfen', ich dachte zuerst, das wäre so eine versaute Vorliebe oder sowas."
May B. pustet sich schmollend eine schwarze Locke aus der Stirn: "Quatsch, versaut. Ich hatte ja nichts mit dem. Ich hab' ihn halt behexen müssen, um in Barricade die Pläne von Euch Union-Blue-Arschgeigen herauszubekommen. Möglicherweise hat sich mittlerweile was bei ihm im Oberstübchen verrenkt deswegen."
Shadrack schaut die Hexe lauernd an: "Kann sowas denn passieren bei Ihren sogenannten Künsten ...?"
"Dass mal ein Opfer dadurch überschnappt? Nicht unbedingt, aber na ja, 'der Seele seltsam' Spiel', Sie wissen schon. Haben die Witchita Witches oft genug erlebt, dass angehexte Liebe zu echter Liebe geworden ist, oder zumindest zu Obsession!"
Byrd: "Na, und was macht man dann in Wichita mit so einem?"
May zischt ärgerlich: "Na was wohl, die locken so einen in die Wildnis und knallen ihn ab! Was glauben Sie, wie nervtötend unerwünschte Verehrer sind! Das ist alles ein gefährliches Spiel, was da läuft!"
Shadrack setzt ein dünnes Lächeln auf: "Ernest Amblin liebt gefährliche Spiele. Wie auch dieser Brief hier beweist! Was auch immer er wirklich empfindet Ihnen gegenüber, Miss Wickett, wir werden es zu unserem Vorteil ausnutzen."
May B. grummelt: "Aber die müssten doch alle noch irgendwo beim einstigen Barricade sein! Amblin und seine Gang, auf der Suche nach den Arschlöchern aus der vermissten Wells-Fargo-Kutsche! Diese Reaktion kommt viel zu schnell! Wir sind gestern abend erst in Syracuse gesehen worden. Kein Mensch kann so schnell kommunizieren!"
Shadrack nickt: "Kein normaler Mensch. Aber es gibt Kartenlege-Techniken für sowas. Mit Gedankenübertragung können Huckster über Meilen hinweg miteinander in Kontakt sein."
May: "Dann bedeutet das, dass Amblins Leute hier in Syracuse tatsächlich bereits aktiviert wurden, und uns kommen gesehen haben. Die müssen auf Zack sein wie verdammte Kettenhunde! Dann hat er den Brief nicht selbst geschrieben, sondern schreiben lassen. Darum nennt er auch noch keinen Treffpunkt, sondern bittet erst um meine Rückmeldung! Vielleicht will er Zeit schinden, so lange er noch gar nicht selbst vor Ort ist!"
Shadrack nickt bedächtig: "Von dem allen wäre auszugehen."
May fährt fort: "Dann rücken Sie jetzt endlich raus damit! Was sind das für Leute? Was für Huckster sind denn derartig miteinander vernetzt?! Ich dachte, ihr seid alle verschissene Einzelgänger, weil ihr keinem anderen traut, allem voran nicht euch gegenseitig!"
Shadrack schaut aus verengten Augen zwischen Wickett und Byrd hin und her, und eine Schweißperle erscheint auf seiner Stirn.
"Die Dame hat nicht unrecht, Chefchen! Wenn wie Ihnen helfen sollen, Amblin umzulegen, müssen Sie uns früher oder später mal verklickern, warum!", flüstert Byrd.
Shadrack sieht sich nervös im Frühstückssaal um, um zu sehen, ob auch keiner mithört. Dann flüstert er: "Hoyle's Schüler, Miss Wickett, sind nicht so grotesk waghalsig, dass sie ihre Kräfte dafür einsetzen würden, eine gottverdammte Eisenbahnlinie zu betreiben, wie Ihre Herrin Mina Devlin es tut! Aber natürlich gibt es Zusammenschlüsse von Huckstern, wo denken Sie denn hin. Der wichtigste Nordamerikanische ist der "Court", also der "Hof", benannt nach den Hofkarten in einem Pokerspiel. Sie beide schweigen darüber wie Gräber, verstanden? Allein diesen Begriff zu kennen kann einem zum Todesurteil gereichen in der okkulten Unterwelt! Ich denke, dass auch Ernest Amblin seine kriminellen Verbindungen erweitern will, um künftig als Mitglied des Court zu agieren. Ich weiß fast nichts über diese Organisation, ich habe meine Technik vom Weißen Bullen des Südens gelernt, und der hatte nichts mit dem Court zu schaffen. Ich weiß jedoch, dass die Organisation auf diesem Kontinent ein besonderes Ziel hat: Das Reckoning des Schamanen Raven voranzutreiben."
Kurz schweigen alle am Tisch. Shadrack tupft sich die Stirn mit seinem Einstecktuch, seine langen Finger zittern leicht.
"... Na dann frisch ans Werk, Pardners! Schnappen wir uns den Hallodri!", raunt Byrd enthusiastisch.
"Wir müssten nur rausbekommen, wer heute früh die Nachricht für mich abgegeben hat, dann kennen wir auch schon einen der Mittelsmänner", schlägt May B. vor.
Shadrack knurrt: "Wenn die sich finden lassen, fresse ich einen Hexenbesen. Und wenn doch, sind es nur ahnungslose Marionetten. Ich will Amblin dran kriegen, und genauestens zum Court befragen, deren Organisationsstruktur, Treffpunkte, Übergabeorte, Schwachstellen. Verdammt nochmal, ihre Schwachstellen. Noch besser wäre es sogar, diesen Professor und die anderen beiden in die Finger zu kriegen, das werden Agenten des Court sein, die Amblin testen sollen."
May B. sagt zögerlich: "Ich stimme meinetwagen ... diesem angeblichen Friedensangebot zu. Soll er einen Treffpunkt dafür schicken, dann wissen wir, wo wir zuschlagen können. Aber ... Sie beide helfen mir dabei, klar? Sie machen keinen Rückzieher, wenn's dabei an irgendeinem Punkt brenzlig wird!"
Byrd lacht Wickett an: "Abgemacht, Miss, und versprochen! Mister Shadrack hier und ich sind sowieso nur dann zufrieden, wenn's brenzlich ist!"
Jemand kommt durch den Schankraum und macht direkt Halt neben dem abgelegenen Tisch der drei. Shadrack zuckt nervös zusammen, und alle schauen auf: Es ist aber Joycelyn. Ganz wie aus dem Ei gepellt sieht sie immer noch nicht wieder aus, aber zumindest hat sie seit gestern ihre Fassung wiedergefunden.
"Guten Morgen, Miss Wickett! Guten Morgen die Herren", haucht sie.
Luca Byrd nötigt Joycelyn, mit zu frühstücken, immerhin müsse sie wieder zu Kräften kommen. Währenddessen berichtet diese von ihrer Flucht aus dem Orkangebiet. May B. hört ihr aufmerksam zu und betrachtet die Sängerin mit einer Mischung aus der alten Bewunderung und Befremden.
"... Na, dann sollten wir mal schauen, dass wir Sie von Denver aus zurück nach Chicago bekommen!", sagt Byrd ermunternd.
"Aber Mister Byrd, an eine weitere Zugfahrt über den halben Kontinent sollte man erst einmal gar nicht denken!", widerspricht May B. schnell, "wir geben schon gemeinsam auf Miss Lancaster Acht!" (Ihr gelingt dabei ein Persuasion-Erfolg.)
Joycelyn bedenkt sie mit einem dankbaren Blick: "Oh ja, das wäre, mit Verlaub, mein Wunsch."
☆
Rex Shadrack hat Research auf W4, und er beginnt am Morgen eine Recherche in Syracuse, um alle Spuren von Amblin zu entdecken, die dieser hier bisher hinterlassen hat. Mit einem Erfolg erfährt er von einigen Cowboys und Laufburschen, die für Shadrack ersichtlich in Amblins Auftrag gehandelt haben in den letzten Monaten. Der Zusteller des Briefes an May ist ...
... und dazu befragen wir mal die Tabellen bei One Page Solo Engine: Diese umreißen den Kurier als einen mystischen Spezialisten mit ungewöhnlichem Equipment, der Feinde der SCs körperlich schützen will. Das klingt nicht nach einer bloßen Marionette wie Shadrack erwartet hatte, sondern einem gut vorbereiteten Zuarbeiter des Court!
Damit ist Rex Shadrack den Tag über beschäftigt. In der Zwischenzeit gehen Luca und May B. auf Shadracks Wunsch (und mit seinem Geld) neue Klamotten kaufen, neue Munition, und schon einmal etwas Proviant für die Zugfahrt nach Denver. Wer weiß, wie kurzfristig man aufbrechen werden muss.
Byrd fragt unterwegs: "Vorhin klang es ja so, als wollten Sie die kleine Joycelyn gar nicht gehen lassen! Ist da was dran? Wäre sie nicht sicherer im heimischen Chicago?"
May raunt: "Sie können das nicht wissen. Joycelyn war als Werkzeug der Black-River-Eisenbahn nach Barricade geschickt worden!"
"Ach was! Du junge Dame sieht so aus als wüsste sie nicht einmal, wie man Hocuskultismus richtig buchstabiert!"
"Mein einziger Vorteil ist gerade, dass die Eisenbahn mich für tot oder verschollen hält, erinnern Sie sich? Nachdem sie in Chicago oder sonstwo Back East aufkreuzt, werden die Häscherinnen von Black River wieder Kontakt mit ihr aufnehmen. Ein falsches Wort von ihr, und sie kann mich platzen lassen wie einen reifen Pickel! Selbst wenn sie es nicht will, sie braucht sich nur zu verplappern."
"Igitt. Aber was wollen Sie tun, Miss Wickett? Die Kleine den ganzen Weg mit nach Kalifornien schleppen, damit sie nicht noch einmal den Wichita Witches über den Weg läuft?"
"Weiß ich noch nicht. Erst einmal, ja. Sie glaubt immerhin, ich bin ihre einzige übrige Verbündete!"
Byrd runzelt die Stirn: "Waren Sie denn überhaupt wirklich Verbündete in Barricade?"
"Schwer zu sagen. Wir hatten eben beide zu gehorchen. Wir waren, glaube ich, beide viel zu eingeschüchtert um darüber nachzudenken!"
"Na, dann ist es ja gut, dass Sie jetzt beide da raus sind!"
May B. schaut Luca skeptisch an: "Sind wir denn schon wirklich ganz da raus? Fühlt sich gerade nicht so an."
"Joah, na ja, jedenfalls haben Sie ja jetzt auch noch uns. Keine Sorge, Miss. Man wird Sie schon nicht platzen lassen!"
"Na dann prost!"
"Gut dass Sie's sagen, Miss, apropos prost: Wir müssen Mister Shadrack von seiner Kohle noch eine Flasche Whiskey kaufen für die Zugfahrt demnächst! Aber vom Feinsten! Er gibt es ja nicht zu, aber er reist gar nicht gerne ohne!"
Advance
An dieser Stelle bekommt außerdem Joycelyn Lancaster ihren ersten Advance als Teil des Aufgebots. Sie war ja auch in ein Loyalitäts-Verhältnis zur Black-River-Eisenbahn gedrängt worden. Ich verwende diesen Advance, um ihr den Nachteil Loyal (Black River) weg zu kaufen. (Bei May B. hatte ich diesen Nachteil in Enemy umgewandelt, das passt hier weniger, weil Joycelyn nicht tief verwickelt war in die Strukturen dieser Eisenbahngesellschaft.)
Schalter:
Am liebsten wollen meine Wild Cards ja den Dude in die Zange nehmen, der am Morgen den Brief überbracht hat. Laut Rex Shadracks Nachforschung ist er in Syracuse bekannt als "Fast-Shuffle Jones". Das Würfelorakel sagt, dass er in den nächsten Stunden weder auf irgendeinem Weg durch die Stadt von meinem Aufgebot beschattet werden kann, noch in einem öffentlich zugänglichen Gebäude abzupassen ist. Der vermaledeite Kerl achtet echt darauf, unangreifbar zu sein!
Mit innerem Widerstreben übergibt daher May B. abends das Antwortschreiben dem Rezeptionisten in ihrer Absteige: Sie stimmt darin dem Treffen mit Amblin zu und erklärt sich bereit, sich ohne ihre Reisebegleiter einzufinden. Und ihr Knöchel-Tattoo bedeckt zu halten ...
Shadrack lungert zeitgleich wie zufällig vor der Absteige herum, raucht Pfeife und mischt scheinbar gelangweilt seine Karten, bis der Rezeptionist spät abends heraus kommt. Dann spricht Shadrack Boost Trait auf sich selbst aus, um seinen Stealth-Würfel auf einen W10 zu erhöhen. Den Power Modifier namens Shroud baue ich auch noch in Shadracks Formel ein, dadurch verstärken sich die Schatten um ihn her auf geisterhafte Weise, und geben ihm zusätzlich +1 auf Stealth-Würfe.
Dadurch kommt er auf eine satte 18 gegen die vier des Hoteliers; mein Huckster ist buchstäblich selbst wie ein Schatten. Der Beschattete geht in eins der bürgerlichen Wohnhäuser an der zentral gelegenen Hamilton Street. Shadrack kann nicht mit ins Innere schlüpfen, denn dort ist es zu hell erleuchtet (das sagen mir die Orakelwürfel), also späht er durch ein Fenster hinein. Im Inneren befindet sich eine Wohnstube, an einem Tisch sitzen mehrere Männer und ein paar Frauen, es wirkt lediglich wie ein häusliches Treffen unter Freunden. May B.s Antwortschreiben wird allerdings hier von dem schäbigen Hotelier weitergereicht, und am Tisch interessiert gelesen.
Den Ton scheint dabei ein Kerl mit rötlichem Schnauzbart und Melonenhut anzugeben, der einen graublauen Poncho trägt. Er benutzt immer nur seine linke Hand, wie Shadrack auffällt, die andere Hand bleibt stets unter dem Poncho verborgen. Das muss dann wohl dieser Fast-Shuffle Jones sein.
GM Move: Add a Random Event to the Scene
Das Zufallsereignis ist Seek social Rumors, jemand sucht nach Gerüchten. Hm, laut Würfelorakel sind es nicht etwa Städter, die Gerüchte über meine Wild Cards suchen. Ich entscheide, dass im Umkehrschluss jemand etwas über Fast-Shuffle Jones herausbekommen will, also quasi dabei am selben Strang zieht wie Mister Shadrack gerade. Aber was für Individuen sind das? Mein NPC Generator spuckt aus: Mystical Lord with an obvious physical trait who wants to socially Protect the physical PCs. Meine Fresse, meine Wild Cards bekommen anstatt neuen Feinden ausnahmsweise mal unerwartete Hilfe! Das ist eine ganz neue Erfahrung für sie ...!
Also:
Eine Flüsterstimme dringt aus den nächtlichen Schatten an Rex Shadracks Ohren: "Barmherziger, wenn das nicht der gute alte Rex W. Shadrack ist! Nur nicht erschrecken, Pardner!", die Stimme klingt vergnügt und beinahe koboldhaft, ein alter Mann.
Shadrack erschrickt total, wirbelt instinktiv herum und zieht blitzschnell beide Pistolen.
Der immens dicke Mann in dem grauen Anzug ihm Gegenüber beginnt sofort zu verschwimmen, sein Bild verdoppelt sich und ein Schwindelgefühl stellt sich ein.
"Hören Sie auf, herumzuposen, Rex! Na, mal wieder einen über den Durst getrunken? Sie können ja gar nicht gradeaus gucken ...! Geschweigedenn, mich abknallen, Sie paranoider Hitzkopf!"
Shadrack knurrt leise: "Hören Sie auf, mich zu hypnotisieren! ... Sind etwa Sie das, Sneyers?!"
Der gut gelaunte Dicke raunt: "Höchstselbst, mein Lieber! Na, stecken Sie schon die Waffen weg! Habe mir schon gedacht, an einen wie Sie sollte man sich besser nicht von hinten anschleichen ohne Lebensversicherung. Irre ich mich, oder sind Sie noch schneller mit ihren verdammten Pistolen geworden?"
Shadrack nickt zögerlich, steckt seine Waffen zurück in die Holster. Sofort wird das Bild von dem großen dicken Anzugträger klar. Er hatte Deflection verwendet, um sich unscharf werden zu lassen. Beide Männer treten unauffällig weg von dem Gebäude und lassen jeder nun auch den Verdunkelungs-Zauberspruch fallen, der sie beide in die Schatten gehüllt hatte.
"Winfred Sneyers, ist das denn die Möglichkeit!", knurrt Shadrack halblaut.
"Ganz recht, mein guter Rex W.! Wussten Sie etwa nicht, dass ich in diesem schönen Städtchen das Amt des Major übernommen habe? Demnächst lasse ich die Wahlplakate ankleben für meine zweite Amtszeit! Ich hatte schon mit wenigstens einem Anstandsbesuch von Ihnen und ihrer Gruppe gerechnet!"
Shadrack, verblüfft: "Ich hätte niemals gedacht, dass es Sie in die Politik zieht, Sneyers. Als wir noch im Dienst der Wasatch standen, haben Sie doch ganz andere Töne angeschlagen!"
Winfred Sneyers kichert schelmisch, dass sein Doppelkinn hüpft: "Nun ja, irgendein Feld muss der Mensch sich nun einmal suchen, dass er zu pflügen vermag! Und Fähigkeiten wie die unseren bedürfen eines angemessen großen Feldes, nicht wahr! Ich wollte immer in mein geliebtes Kansas zurück. Es überrascht mich übrigens kaum, dass Sie unserem notorischen Pokerspieler Fast-Shuffle Jones nachspionieren! Ich habe das meinerseits bereits getan. Wissen Sie, was er derzeit so treibt?"
Shadrack senkt seine Stimme noch mehr, und sagt: "Er dürfte zum Court gehören. Er ... arbeitet derzeit mit einem Huckster namens Ernest Amblin zusammen. Sie erinnern sich vielleicht an den, von damals. Amblin ist kurz davor, ebenfalls in den Court einzutreten. Wir wollen dem ganzen Klüngel hier in Syracuse an den Kragen!"
"Löblich, löblich, Rex! Immer noch ganz der Alte, immer noch derselbe Bluthund wie in Utah! Aber wenn Sie was gegen diese Falschspieler unternehmen wollen, brauchen Sie Hilfe. Ich kann kaum zulassen, dass Sie und Ihre Compadres mein kleines Syracuse in eine verdammte Schießbude verwandeln. So wie Sie's zuletzt in Barricade gemacht haben sollen, nicht wahr, bevor der Scheiß-Orkan losgebrochen ist!"
Shadrack nickt ernst: "Sie sind ja gut informiert, Winfred."
Sneyers kichert wieder, und entgegnet, "Das ist immerhin meine Hauptaufgabe, und ich nehme sie sehr ernst!"
Schalter:
Winfred Sneyers, Bürgermeister von Syracuse
Mein Aufgebot findet sich eine Stunde später zusammen in der Bürgermeister-Villa zu einem späten Nachtmahl mit exquisitem Wein auf Winfred Sneyers Einladung hin.
Byrd mampft wie ein Scheunendrescher, äußerst unmanierlich, abgesehen davon, dass er immer nett bitte und danke sagt. May B. wirkt ziemlich überfordert, sie kennt die bessere Gesellschaft nur vom Internat und Mina Devlins Besitzungen, und hat das unangenehme Gefühl, man könne ihr insgeheim ans Leder wollen. Shadrack stellt den beiden Winfred Sneyers vor als einen seiner damaligen Verbündeten aus seiner Zeit als Söldner der Wasatch-Eisenbahn bei Salt Lake City. Sneyers kichert vergnügt und mischt kunstvoll nebenher seine Pokerkarten.
"Ist denn Syracuse voll mit Huckstern?", traut sich May B. zu fragen.
Sneyers schmunzelt: "Aber mitnichten, meine junge Dame! Ich war lange Zeit der einzige hier, der die Kunst des Kartenspiels wirklich durchleuchtet hat. Der von Ihnen gejagte Klüngel um Fast-Shuffle Jones kam erst vor ein paar Wochen hinzu. Und jetzt Sie natürlich."
May schnaubt verächtlich: "Ich bin keine gottverdammte Hucksterin! Black River heuert solche Leute nur an, wenn sie nicht genug eigene Spezialisten zusammen bekommen!" (Sofort beißt sie sich auf die Zunge, da hat sie sich vor vermeintlichem Ehrgefühl verplappert, ich gebe ihr einen Chip für ihren Impulsive-Nachteil.)
Sneyers lacht auch sogleich leise, und hebt anerkennend sein Glas, jetzt hat er eine klare Vermutung, was May für eine ist.
Zu May B.s bedröppeltem Blick sagt er tröstend: "Wir sind hier unter Compadres, wir können ganz offen reden!", wie eingangs schon einmal.
Byrd sagt verschmitzt: "Das wäre aber mal was Neues, wenn Mister Shadrack offen redet!"
Sneyers bestätigt: "Rex hier ist eben nicht einfach einer wie ich, ein bloßer Freund von Denksportaufgaben, der Hoyle's Buch der Spiele decodieren konnte! Er hat seine Fähigkeiten von einem Hexslinger gelernt, und diese Lehren haben ihn innerlich reichlich aufgerüttelt!"
Byrd nickt schmatzend: "Klaro. Die Weiße Kuh."
Shadrack wirft Byrd einen sehr ernsten Blick zu, und sagt warnend: "Das gehört nicht so recht hierher, meine Herren. Ich versuche jedenfalls seither, mir einen besseren Überblick über den okkulten Untergrund Amerikas zu verschaffen. In Fast-Shuffle Jones und seinem Auftraggeber Ernest Amblin haben wir drei und Winfred einen gemeinsamen Feind. Wir wollen diese Verschwörer dran kriegen, Winfred hat verständlicherweise Sorgen um die Sicherheit seiner Wählerschaft. Richtig, Herr Bürgermeister?"
Sneyers wiegt seinen großen Kopf: "Syracuse hat gute Chancen, zu einer Black-River-Stadt zu werden, wenn diese Eisenbahn hinter Dodge City das Rennen gegen Union Blue macht. Ich weiß natürlich, was zuletzt in Barricade geschehen ist ... bevor der verdammte Orkan alles politische Tauziehen am Schluss obsolet gemacht hat. Derartige Konflikte wünsche ich mir nicht für Syracuse. Aber wenn Black River schließlich hier das Rennen macht, werde ich ihnen das Wegrecht erteilen, und dann sind gewisse Veränderungen zu erwarten. Erst einmal mehr Frauenrechte, wogegen nichts spricht. Aber eben auch einen rapide wachsenden Schwarzmarkt. Auch für gewisse esoterische Objekte und für exotische Schmuggelware! Und dann vermehrte abergläubische Gerüchte, und schließlich Gewalttaten. In solcherlei Klima würden sich auch weitere vagabundierende Huckster — und der Court — sicherlich wohl fühlen."
May B. schaut finster, und sagt, "Das ist in nächster Zukunft aber nicht zu erwarten. Der Wirbelsturm hat wahrscheinlich ordentlich Sand ins Getriebe von Black River und Union Blue gestreut. Das dauert lange, bis eine von denen eine neue Gleisstrecke von Dodge City aus hierher verlegt bekommt ... ohne, dass die jeweils andere Eisenbahn solche Gleise rechtzeitig wieder sprengen lässt."
Rex Shadrack knurrt, "Aber der Court ist jetzt gerade bereits dabei, ein Problem hier in der Stadt zu werden. Wenn die bekommen, was sie wollen, wird bald alle langfristig geplante Politik zum Teufel sein!"
Sneyers lächelt, und sagt, "Ich helfe Ihnen in Ihrer Sache selbstredend, meine Herren, und meine junge Dame. Fast-Shuffle mit seinem falschen Arm und seinen windigen Zielen habe ich schon länger auf dem Kiecker! Die Frage ist nur, wie entfernen wir den aus dem Bild, ohne wirklich hässliche Tricks gegen ihn verwenden zu müssen! Mir liegt offiziell nicht mehr gegen ihn vor, als der bloße Verdacht auf Falschspiel."
Byrd: "Na so was, im Zug von New York aus haben wir ein paar arme Galgenvögel gesehen, die mit dem Strang zu rechnen hatten, weil sie hocultistische Texte geschmuggelt hatten!"
Shadrack grummelt, "Okkulte Texte heißt das."
Byrd: "Ja, ja, eben! Kann man den lieben Fast-Shuffle Jones nicht des hocultistischen Schabernacks bezichtigen! Teufelsanbetung und so."
Sneyers winkt ab: "Aber ein Klima der Hexenjagd will ich in meiner Stadt nicht gerne erschaffen, aus eigenem Interesse, wie Sie vielleicht verstehen! Erst hängen wir einen komischen Huckster als Teufelsanbeter auf, und dann suchen die Bürger unmittelbar bereits nach dem nächsten, und schwuppdiwupp sind wir die nächste City o' Lost Angels! Da lehne ich dankend ab!", und er lacht meckernd.
"Na wunderbar", faucht May B., "in wenigen Tagen muss ich mich mit Amblin treffen an irgendeinem lauschigen Plätzchen, ohne die Möglichkeit, ihm mit meinen Künsten das Hirn weich zu kochen. Und Sie lehnen lieber dankend ab als sich in irgendeine Gefahr zu begeben!"
Sneyers lenkt kichernd ein: "Oho, aber aber, junge Dame! Wo denken Sie hin! Winfred Sneyers lässt Sie nicht im Regen stehen, keine Bange! Das müsste ja mit dem Teufel zugehen, wenn man so einen tollen Titel wie den des Bürgermeisters nicht mal nutzen könne, um einem alten Freund und dessen Freunden zu helfen!"
Shadrack lächelt dünn, und fragt: "Und was haben Sie dabei im Sinn?"
Das soll mal das Kartenorakel für mich entscheiden. Ich frage die Karten wie bei einem Random Event, und bekomme, Seek History.
Sneyers hebt die Schultern, und antwortet: "Über unseren guten Fast-Shuffle ist wenig herauszubekommen, außer, dass auch er sich mal in Salt Lake City herumgetrieben hat. Aber wenn ich jetzt, sagen wir mal, meine ganzen Leute auf Ernest Amblin ansetze, und ein paar Steine umdrehen lasse bezüglich seiner Vergangenheit, dann fördern die ganz gewiss das eine oder andere zu Tage! Der Kerl war Union-Blue-Söldner, nicht wahr. In dem Metier kommen auch mal Gesetzesverstöße zusammen."
May B. wirft ein: "In Barricade war er bereits des Falschspiels bezichtigt. Und immerhin hat er eine Bande um sich geschart, die waren in Barricade lupenrein, aber anderswo nicht!"
Sneyers kräht gut gelaunt: "Na sehen Sie, na sehen Sie! Da kommt schon was zusammen. Und wenn sich Ernest Amblin Syracuse nähert, wird womöglich schon mein guter Freund William Barker ihm entgegen reiten. Der ist US Marshal, und ganz scharf auf Prämien für das Einbuchten von schlimmen Fingern!"
Na fein, damit ist der Plan gemacht! Mayor Sneyers schickt seine schnellsten Reiter aus, um in Dodge City und Umgebung mal ein paar neugierige Fragen zu Amblins Person und seinen Männern zu stellen. Währenddessen setzt Sneyers schon mal einen Brief an US Marshal Barker auf. Mit etwas Glück kann mein Aufgebot Amblin das Handwerk auf ganz konventionelle Weise legen; Shadrack muss nur Gelegenheit finden, ihn auszuquetschen, bevor man den Gegenspieler ins Kittchen steckt.
GM Move: An NPC takes action. Das dürfte mit Fast-Shuffle Jones zusammenhängen, der ja Amblins Mann vor Ort ist.
Ich habe noch eine Idee, um für etwas Dramatik zu sorgen, und anstatt auf das nächste Advance a Threat-Ergebnis zu warten, entscheide ich mich schlichtweg, das Ereignis einfach stattfinden zu lassen. Aber der Reihe nach:
Am nächsten Mittag haben die Wild Cards sich in der weitläufigen Lobby von Shadracks Hotel zusammengefunden. Dabei sehen sie eine größer werdende Gruppe sich vor dem Hotel sammeln und ohne Eile miteinander reden. Alle spähen argwöhnisch nach draußen.
"Revolverhelden ...?", fragt May.
Shadrack raunt: "Der da mit dem graublauen Poncho und dem Melonenhut, das ist unser Mann. Der Überbringer des Briefes gestern abend. Dieser Fast-Shuffle Jones."
Joycelyn Lancaster löst sich aus der kleinen Traube ihrer Verehrer an dem andern Tisch im Schankraum und kommt unsicher herüber: "Glauben Sie, die da draußen machen uns Ärger, Miss Wickett?"
"Ja, ich glaub' schon", raunt May B. ängstlich, den Blick auf die Straße geheftet. Sie tastet unwillkürlich nach ihrem Staubmantel, der neben ihr auf dem Sofa liegt; unter dem Mantel sind ihre Pistolengürtel versteckt.
Auf dem staubigen Vorplatz beginnt Fast-Shuffle Jones schließlich durch das Licht der Mittagssonne zu stolzieren, ungeachtet der Pöbler, die ihn nicht zu mögen scheinen. Er schiebt seinen Bowler keck auf die Seite, pafft mit großkotzigem Grinsen an seinem Zigarillo, und tritt durch die Schwingtür in die Hotellobby. Brave Bürger rufen ihm von der Straße Profanitäten nach. Fast-Shuffles Revolverhelden-Freunde dort draußen scheinen die Aufgebrachten beschwichtigen zu wollen, mit einer Mischung aus Begütigungen und unterschwelligen Drohungen.
"Sieht aus als wäre Fast-Shuffle alles andere als beliebt bei den guten Leuten von Syracuse", schmunzelt Byrd, der entspannt an den Tresen gelehnt herumsteht, und sich keinerlei Befürchtungen anmerken lässt.
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