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[Plot+Diary] Ein ganz normaler Ball

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Elantil Enbaran:
Teil 2

Nach einer Weile angeregten Gesprächs machte Baronet Harun mich auf ein Gespräch hinter uns aufmerksam, einige andere Adlige waren offenbar der Meinung, wir wären nicht auf dem Wege zu Count Jusuf. Ehe wir beide dies noch genauer in Erwägung ziehen konnten, stand einer dieser Adligen auf (Baron Raschid al Faridne al-Malik, du weißt schon, der mir vor zwei Jahren diesen geschmacklosen Schmuck schenkte), ging zum Cockpit vor, hatte dort offenbar ein Wortgefecht und wurde dann erschossen. Wir waren erst einmal alle so geschockt, dass Niemand reagierte. Zwei vom „Personal“ gingen dann mit Waffen durch den Gleiter und befahlen Ruhe. Wir waren sowieso alle viel zu geschockt um zu reden, Baroness Fatima fiel in Ohnmacht. Nun, das ist ja normal bei ihr, aber in der Situation auch verständlich. Ich war selbst einer Ohnmacht nahe, besonders weil „unser Bauerntölpel“ Ärger machte. Harun mischte sich dann ebenfalls ein, warum auch immer. Am schlauesten erschien es mir, mich ruhig zu verhalten. Auch wenn Baronet Harun ein beeindruckendes Geschick mit seinem Krummdolch entwickelte. Ich möchte mich nicht unbedingt mit ihm duellieren, denke ich. Wenn es sich vermeiden lässt.
Aber um gewöhnliches Personal handelte es sich bei den Angreifern nicht, soviel war mir mittlerweile klar.
Auf alle Fälle gab es ein ekelerregendes Blutbad, andere Passagiere mischten sich ebenfalls ein. Ich hielt es für klüger mich herauszuhalten. Blut hätte sich auf meinem schönen neuen Kleid auch nicht ganz so gut gemacht. Das war es mir jedenfalls nicht wert. Abgesehen davon befand sich mein Rapier sowieso im Gepäckgleiter. Einer der „Diener“  erstach Baronet Garban bi Janubi al-Malik und brüllte etwas von Intrigant. Merkwürdig, ich hatte von ihm nie etwas Auffälliges gehört. Natürlich wurde der Diener sofort erstochen. Aber es war irgendwie noch mehr von diesem Gesindel an Bord. Anscheinend konnte der „Bauerntölpel“ immerhin schießen, leider auch auf den Piloten. Sehr geschickte Aktion, besonders weil Niemand von uns Anderen fliegen kann/konnte. Aber Baronet Harun erwies sich als Held, ermachte dort im Cockpit irgend etwas, so dass wir zumindest nicht abstürzten. Was in Anbetracht der Lage immerhin etwas war. Also, einen Flug zum Ball hätte ich mir anders vorgestellt. Arme Azhara, arme Aladaya, sie würden sicherlich in Sorge geraten. Aber man würde uns ja wahrscheinlich vermissen. Die Minuten verstrichen recht quälend, bis wir wunderbarerweise dann doch zum Palast kamen und unser Gleiter sogar landete. Dank sei dem Allschöpfer (und Baronet Harun).
Erstmal war mir natürlich nach einem Bad zumute. Azhara war völlig aufgelöst, aber ich konnte sie ja dann beruhigen. Nach dem Bad und neu frisiert ging es mir dann schon wieder besser. Bruder Serenus machte allerdings immer noch einen sehr aufgelösten und kalkweißen Eindruck. Ich glaube, ihn hat dieser Flug mehr mitgenommen als mich. Nun, Ablenkung hatte er so auf alle Fälle.
Der Saal machte einen sehr netten und ausgesprochen stilvollen Eindruck. Sehr exquisite Ausstattung und einige interessante Gemälde. Ich nutze die günstige Gelegenheit Baronet Harun noch einmal für sein beherztes Eingreifen während des Fluges zu danken. Es schien ihm peinlich zu sein?
Dann erschien unser Gastgeber. Also für sein Alter, ich muss sagen, er sah richtig gut aus! Und von sehr einnehmender Ausstrahlung. So Jemand hätte mal um mich freien sollen dachte ich. Oh wenn ich gewusst hätte! Eine kalte Hand greift nach meinem Herzen! Es war besser, dass ich nichts wusste. Count Jusuf.... Hilfe! Ich sollte mit meinem Bericht fortfahren, für Verzweiflung bleibt noch genug Zeit….
Als erstes schritt Count Jusuf zum Auspacken seiner Geschenke. Er scheint Spielzeuge aus der zweiten Republik zu mögen. Das Geschenk des „Bauerntölpels“ war natürlich sehr beleidigend, ein Ritualdolch für Selbstmord, aber etwas anderes hatte ich von diesem ungehobelten Dümmling auch nicht erwartet.
Mein Geschenk erregte Hass und Entsetzten bei den anderen Gästen, der Count brach nach einer 2-3 minütigen Betrachtung in schallendes Gelächter aus und bedankte sich explizit bei mir. Also hatte er tatsächlich Humor, wie ich gehofft hatte. Das hätte ja auch leicht schief gehen können, ich glaube Mamma und Aladaya waren hierüber besorgt. Oh wie es mich freute, Jemanden zu treffen, der denselben Humor hatte wie ich!
Baronet Harun geleitete mich zu Tisch. Ich hatte das Gefühl, er wollte einigen aufdringlichen Damen ausweichen, so wie ich einige Barone vermied. Außerdem speisten der Großwesir Aman Ibn Hassan  mit uns, meine geliebte Tante, Faatina natürlich, Baroness Farrar Haadi al Buchi al-Malik, Sir Faaroog el-Mustaf al-Malik und Bruder Serenus. Meine liebe Tante fand mein Geschenk gewagt aber durchaus gelungen. Natürlich hatte ich dann ausführlich mit Faatina zu sprechen und zu diskutieren. Wir amüsierten uns besonders über Sir Faaroog und Bruder Serenus, die sich einen Wettbewerb darin lieferten mich mit offenem Mund an zu starren. Zum Glück hatten wir mit Baroness Farrar eine weitere Schönheit an unserem Tisch, so dass sich nicht alle Blicke nur auf mich konzentrierten, was ich zur Abwechslung einmal recht erholsam fand. Für später jedoch erschien es mir ratsam, mich von ihr zu entfernen, damit ich selber besser zur Geltung käme, denn auf den Tanz wollte ich ja nun nicht verzichten.
Der Großwesir klärte uns dann genauer über die Vorgänge während des Hinfluges auf. Offenbar gab es Vergiftungen und ähnliche unschöne Angelegenheiten unter den Beduinen des Baronets Garban. Dieser war offenbar weder nett, noch politisch geschickt.
Viel interessanter aber war, dass der Großwesir bereitwillig auf meine geschickt eingefädelte Anspielung auf die Pferdezucht des Count einging (ich berichtete von den Gerüchten, die man so über ihn verbreitete und erwähnte die Pferde so beiläufig wie möglich), er lud mich sogar ein länger zu bleiben, um einige der Tiere zu besichtigen. Eventuell würde sich sogar ein Ritt ergeben. Es fiel mir schwer mir mein Entzücken hierüber nicht allzu deutlich anmerken zu lassen.
Im übrigen erwähnte meine liebe Tante, dass der Count ihr Cousin sei. Interessant!
Aber die Pferde des Count...! Du kannst dir mein Entzücken denken. Und der Großwesir ging bereitwillig darauf ein. Was mich in Anbetracht der späteren Ereignisse immer noch erstaunt.
Dann sollte der Tanz mit einem Zufallswalzer beginnen. Mir rutschte ja gleich das Herz hinunter, denn mit mindestens einem Dutzend der Barone wollte ich nicht für den Rest des Abends geschlagen sein. Katastrophe! Ich war nur froh, dass wenigstens Baron Raschin nicht mehr zu diesen unliebsamen Gestalten gehören konnte. Vor lauter Panik vor bestimmten Leuten achtete ich wenig auf den Tanz. Aber dann stell Dir vor, wer vor mir stand, als die Musik aufhörte... Count Jusuf! Mit Sicherheit hatte da mindestens der Großwesir seine Finger im Spiel. Wirklich erleichtert war ich erst mal nicht, denn noch wusste ich ja nun nicht, was an diesen ganzen Gerüchten über ihn dran war. Gut, ich hatte den Bonus, dass mein Bild ihn belustigte, aber natürlich wollte ich auch gerne weiterhin einen guten Eindruck hinterlassen, um mir die Chance auf einen Ritt mit einem seiner phantastischen Pferde nicht zu verderben. So etwas bekäme man ja nicht alle Tage. Aber es war dann einfacher, als ich dachte und fürchtete. Er schien recht angetan zu sein von mir, ohne jedoch in ein dümmliches Anstieren zu verfallen. Noch während des Tanzes bot er mir an, mir die Stallungen zu zeigen, was ich natürlich gerne angenommen habe. Aber wenn ich gewusst hätte was kommt, dann hätte ich vielleicht versucht dem auszuweichen oder hätte gar nicht erst mit den leidigen Pferden angefangen. Aber das ist nun zu spät fürchte ich... . Alles ist nun zu spät, oh grausames Schicksal!
Zuerst war es sehr nett, er zeigte mir ausführlich seine Tiere und wir unterhielten uns sehr angeregt über die Zucht. Es war höchst interessant, aber darauf will ich jetzt nicht näher eingehen. Er lenkte dann das Gespräch leider recht geschickt auf meine Freier. Meine peinliche Berührtheit schien ihn dann zu belustigen. Ein Ausweichen war aber auch nicht möglich. Also ging ich notgedrungen darauf ein. ER schenkte mir eine exquisite Haarspange aus Elfenbein mit Gold- und Silberfäden durchwirkt, in Rosenform mit Blättern aus Jade. Nie zuvor bekam ich ein derart schönes und stilvolles Geschenk. Aber dann wollte er unbedingt von mir wissen, ob ich an die Liebe auf den ersten Blick glaube und was ich von meinem Leben erwarte. Was antwortet man darauf? Das hatte mich noch nie Jemand gefragt. Lügen hielt ich für sehr unschlau, da der Count mit seinem Alter bestimmt über eine entsprechende Menschenkenntnis verfügt/verfügte. Vollends ratlos wurde ich jedoch, als er dann plötzlich auf die Knie sank und um meine Hand anhielt, weil er keinen weiteren Tag seines Lebens ohne mich sein wolle. Das ging mir alles zu schnell und plötzlich. Keiner meiner bisherigen Freier war so schnell und so direkt zu mir. So eine Überrumpelungsstrategie! Auf der einen Seite war ich geschockt, auf der anderen aber auch beeindruckt von seiner Zielstrebigkeit.
Auf jeden Fall hatte er Erfolg mit seiner Strategie, wenn er denn wirklich „nur“ um meine Hand anhalten wollte. Bei Jemandem, der so reich und so einflussreich ist, weiß man ja nicht, ob derjenige nicht doch noch andere Ziele im Hintergrund verfolgt. Und ich weiß nicht, ob ich dem gewachsen bin. Gegenüber Jemandem wie Count Jusuf muss ich noch sehr viel lernen, denke ich.
So wie er da vor mir kniete konnte ich nicht ablehnen, auch wenn ich noch immer nicht weiß, ob es schlau war. Er überraschte mich gleich darauf wieder, indem er mir mitteilte, dass Mamma und Pappa schon auf dem Weg hierher seien und wir in zwei bis drei Stunden heiraten könnten. Mein anfänglicher Schock wich bald der Belustigung bei der Vorstellung der Gesichter der anderen Gäste. Aber wer zuletzt lacht...
Und ich muss zugeben, dass mich selten Jemand so beeindruckt hat wie Count Jusuf. Es fiel mir schwer das alles zu realisieren. Es war wie ein Traum. Nie vorher begegnete mir so Jemand.
Als wir weiter durch den Park flanierten, um zum Palast zurück zu kehren, vernahmen wir plötzlich ein Stöhnen und fanden Baronet Harun neben einem der Teiche. Zuerst dachten wir er sei betrunken, doch dann stellte sich heraus, dass er vergiftet worden war. Nach dem zu urteilen was zwischen dem Count und ihm hin und her gesprochen wurde, gab es da wohl eine größere Intrige, in die der Baronet hineingeriet. Offenbar initiiert von einer Erbschleicherin, aber vielleicht war auch der Großwesir beteiligt. Mich grauste es, in welches Schlangennest bin ich geraten? Außerdem fiel mir plötzlich Bruder Serenus ein... . Aber gut, er war und ist nur mein Beichtvater.
Das Gesicht des Baronets, bei der Eröffnung, dass ich die Braut des Count bin, war göttlich! Man muss ja alles mit Humor nehmen, auch wenn mir im Moment nur noch nach Verzweiflung zumute ist.
Am Palast angekommen trennten wir uns von Baronet Harun, um den sich inzwischen auch die Ärzte kümmerten, um Mamma und Pappa zu begrüßen. Ich war gespannt auf ihre Gesichter. Vielleicht hatte Pappa auch etwas geahnt? Zumindest hatte er keine Befürchtungen wegen meines Bildes, also wusste/weiß er vielleicht mehr über den Count, als er mir erzählte? Ich muss ihn einmal fragen, dazu kam ich bisher vor lauter Aufregungen nicht. Wobei es nun aber auch eigentlich egal ist. Als der Count ihn nun jedoch um meine Hand bat, wirkte er sehr überrascht und auch leicht geschockt, aber als ich ihm mein Ja zunickte, schien er sehr erleichtert zu sein. Mamma war völlig außer sich, es war etwas schwierig sie zu beruhigen, vor allem als der Count ihnen dann mitteilte, dass die Trauung schon in zwei Stunden stattfinden solle. Sie waren jedenfalls ebenso überrascht wie ich selbst und genauso überrumpelt. Irgendwie bin ich immer noch durch den Wind von alledem. Es ging alles so schnell und ich wollte doch eigentlich nur ein nettes Abenteuer. Und nun diese Überrumpelung, dann das Glück und jetzt diese bodenlose Verzweiflung...
Wo war ich mit Schreiben?
Count Jusuf ließ den Großwesir kommen, damit er die Gäste um Ruhe und Aufmerksamkeit für die Ankündigung des Count bitten konnte. Die Gesichtszüge der Gäste, als sie mich am Arm des Count sahen, waren schon sehr schön, aber als Count Jusuf dann nach einer sehr schönen Ansage sozusagen die Bombe platzen ließ, gab es eine Reihe von Ohnmachten, sowie allgemeines Entsetzten. Baronet Harun tat sich als Retter der Lage hervor, indem er einen Hochruf auf uns, auf das Brautpaar anstimmte, in den die übrigen Gäste sehr eilig einstimmten. Als der Count unseren Trauungszeitpunkt bekannt gab, war das Entsetzen noch größer. Ich meinte sogar zu sehen, dass der Großwesir zusammensackte. Komisch, da er sich zuerst für uns zu freuen schien. Ich fürchte, ich bin nicht nur im Schlangennest, sondern direkt vor den Mäulern mehrerer Schlangen, die ich gar nicht kenne.
Dann jedoch kam erst einmal ein netter Teil der Nacht: man hatte bereits Gemächer für mich eingerichtet, auch Azhara und Aladaya waren schon geholt worden. Und es gab eine Reihe von Brautkleidern zur Auswahl, sowie Schuhe und Schmuck in allen Variationen. Selten hat mich Jemand so schnell erkannt wie Count Jusuf.
Natürlich gab es Schüsse vor meiner Tür, aber damit hatte ich gerechnet. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, damit die Dienerinnen nicht in Hysterie ausbrächen. Später erfuhr ich, dass es der Großwesir war. Also doch. Nun lebt er nicht mehr... .
An die Trauungszeremonie selbst erinnere ich mich nur nebelhaft. Das war alles etwas viel für mich. Ich denke, eine ganze Reihe Leute war sehr enttäuscht und von Hass erfüllt. Aber in dem Moment war mir das ziemlich egal. Auch glaubte ich mich ja noch beschützt von Count Jusuf. Wenn ich geahnt hätte..., nein es war besser so. So hatte der Count einige glückliche Stunden zum Ende seines Lebens, zumindest hoffe ich, sie waren glücklich, ich hätte ihm so gerne mehr gegeben. Ja, zum Ende seines Lebens, ich kann das nicht schreiben!
Ich weiß nicht wie man Verzweiflung beschreibt!
Es war beim Essen..., wir waren erst vier Stunden getraut, noch nicht mal eine Hochzeitsnacht, da....
Ich weiß nicht, wie ich die Fassung bewahren konnte, um die Benachrichtigung des Dukes zu veranlassen und darum zu bitten, dass dieser eine unabhängige Untersuchungskommission schickt. Auch wenn selbst das wahrscheinlich nicht die Gerüchte zum Schweigen bringen kann. Mit dem letzten Rest meiner Selbstkontrolle veranlasste ich, dass Count Jusuf hier in der Kapelle aufgebahrt wird. Mein Wunsch, die Totenwache zu halten löste einige Verwunderung aus (mehr als meine Tränen jedenfalls). Mamma, Pappa, Tante Balgis und Bruder Serenus sind ebenfalls hier, auch wenn ich ihre Anwesenheit momentan nur wie durch einen Nebel wahrnehme. Ich hoffe, die Wachen, die um die Kappelle verteilt sind, waren dem Count so treu ergeben, dass sie auch mich respektieren. Weniger wegen meines eigenen Lebens, als um meiner lieben Familie Willen. Nein, ich will nicht, dass diese Tagebücher mit den ersten Seiten des achtzehnten Bandes enden, aber im Moment schreckt mein eigener Tod mich wenig. Im Moment hält mich eine ganz andere – nie gekannte – Verzweiflung in ihren Fängen. Ich weiß nicht wie es geschehen konnte, dass Jemand, der soviel älter ist als ich, jemand der so direkt ist, mich derart beeindrucken konnte, in nur wenigen Stunden, dass ich jetzt den Gedanken ohne ihn zu sein nicht mehr ertragen kann, aber es ist geschehen. Mit Count Jusuf an meiner Seite wäre mein Leben nicht der langweilige Alptraum geworden, den ich von der Ehe befürchtet hatte. Nein, ich habe ihn nicht vergiftet, was auch die Leute sagen mögen! Warum hätte ich das tun sollen? Wegen Geld? Was soll ich denn damit, wenn er nicht mehr da ist? Wegen Geld den interessantesten, den beeindruckendsten Mann, der mir je begegnet ist, je begegnen wird, umbringen? Nein, nicht einmal im Wahnsinn! Aber Niemand wird glauben, dass ich, Baroness Nenezareh Ibn Falaschniin Ibn Razime al-Malik, diejenige, die für das grausame Spiel mit ihren Freiern berüchtigt war, die sogar das Herz ihres eigenen Beichtvaters brach (ja, ich weiß, seine Blicke sprachen ja nun Bände genug), ihr Herz an einen Hundertjährigen verlor. Ich verstehe mich ja selbst nicht mehr.
Noch meine ich den warmen Hauch seines Kusses zu fühlen, noch meine ich den sanften Druck seiner Hand an meinem Arm zu spüren, noch meine ich den glücklichen Blick seiner leuchtenden Augen auf mir verweilen zu sehen, und doch liegt da vor mir sein Leichnam und ich weiß nicht mehr wie ich mein Leben ertragen soll. Selbst wenn ich noch lange leben sollte (was hier im Schlangennest unwahrscheinlich ist), werde ich nie mehr Jemanden wie ihn treffen! ER war der einzige, der nicht nur auf mein Aussehen geachtet hat, der auch mich als Menschen darunter wahrnahm und auf mich, auf diesen Menschen einging, anstatt mein Äußeres mit dümmlich-lüsternem Grinsen zu betrachten.
Und mir bleibt nur die Erinnerung an einige wenige Stunden zu voll der Überraschung und des Glücks, um sie fassen zu können... . Oh, Allschöpfer!
Sahrie
Etwas später
Mein liebes Tagebuch,
in meinem Kopf spuken die Bruchstücke eines uralten Liedes oder Gedichtes herum. Den gesamten Text weiß ich nicht mehr, aber das was ich noch erinnere passt zu den chaotischen Gefühlen und Gedanken in mir. Deshalb will ich Dir diese Bruchstücke schreiben (als Dokument für die Nachwelt?).

Now you´re gone
I can feel my heart is breaking
And I can´t go on
When I think of the love you have taken

I never realised my love could be so vine
You´re all I want
Can´t you feel the love in this heart of mine
You´re all that I need
So maybe we can turn back the hands of time,
Maybe we can give it another try,
Just one more time
But now you´re gone
There´s an emptiness closing around me
And I can´t go on
When all I have left is a memory
In the night
I call out your name

I need your love
Much more than I can say
I realise without you
I can´t face another day
You´re all I want
Can´t you feel the love in this heart of mine

Now you´re gone
I can feel my heart is breaking
And I can´t go on,
When all of my love has been taken
…

(Dieser Text stammt aus dem Lied “Now you´re gone” von der Gruppe Whitesnake. )

Mehr fällt mir nicht mehr ein, aber es reicht vielleicht auch. Die Totenwache ist noch lang und mir ist nach inbrünstigem Gebet zumute. Ich werde den Allschöpfer um die Gnade bitten, irgendwo, irgendwie, irgendwann Count Jusuf noch einmal sehen zu können. Vielleicht würde es ihn belustigen, vielleicht auch erfreuen zu erfahren wie  sehr seine Überrumpelungsstrategie zur Eroberung meines Herzens geglückt ist. Und ich würde gerne ihn nur noch einmal...
Sahrie

© by Wiltrud Daniels

Vale waan Takis:
KLingt so als hätte ihr Spass gehabt  ;)
Allerdings ist die Gruppe noch nicht wirklich zusammen, oder?

Vom Fechter hält die Adlige nicht so wirklich viel und gemeinsame Aktionen scheint es auch eher begrenzt gegeben zu haben.

Naja, aber das Spass war da und das ist das Wichtigste. Mich würde die Einschätzung der anderen beiden Spieler auch interessieren, hast du da ein Feedback?

Elantil Enbaran:
Oja, Spaß hatten wir in der Tat.

Zum Thema Gruppe. Zwei Spieler könnte man mit eher geringem Aufwand bewegen zusammenzuarbeiten. Der Dritte trat von vornherein als Egozentrisches Eckel auf. Aber da habe ich auch schon 2 nette Ideen. Auch wenn es relativ schnell zu seinem Ende führen kann, da die anderen Spieler nicht gerade freundliche Gedanken in Bezug auf ihn hegen. Es hätte ja beinahe auf dem Hinflug schon ein Blutbad gegeben.

Die anderen beiden haben sich in die üblichen Äusserungen "netter Abend" und "war ganz ok" geflüchtet. Also keinen weiteren Feedbacks.

Sie hatten aber auch diverse Intrigen zu überstehen. Noch dazu das unser Oberekel beim Mutashi dient und seinen Auftrag so ziemlich versemmelt hat. (Information nicht beschafft, die falschen Leute die falschen dinge mitgeteilt) aber alles in allem sehr nett.

Hinzukommt, Wiltrud war schon immer unsere Chronistin, egal in welchem Rollenspiel, so halten es die Herren gar nicht für nötig mitschriften anzulegen. Pech für sie das Wiltrud jetzt "nur" ein Tagebuch führt und keine Hüterin der Chroniken mehr ist *fg*. Naja zumindest Namen notieren sie sich ab und an.

Ansonsten erwarten alle drei gespannt den nächsten Donnerstag, vorallem unsere schöne Adlige, die mich ja beschuldigt sie in ein tiefes seelisches Loch gestürzt zu haben. Sie träumt sogar schon von unserem Abenteur. Dabei bin ioch doch gar nicht so fies.  >;D

Elantil Enbaran:
So, für alle die Wissen wollen wie es weiterging, hier die weiteren Tagebuch Eintragungen unserer jungen Witwe:

02.09.4996
der Tag der Beisetzung
Mein liebes Tagebuch,
gerade sind wir zurück aus der Wüste. Sie haben ihn jetzt eingeschlossen. In der Stadt der Toten. Das ist so endgültig! Ein Teil von mir hat die ganze Zeit noch gehofft, dass es nur ein böser Traum war, dieser Tod, dass ich aufwache, Jusuf neben mir... Aber nun liegt sein Körper in der Stadt der Toten in einem  kalten Mausoleum, und meine Hoffnung ist gestorben. Und wo ist seine Seele jetzt? Oh wenn ich ihn nur noch einmal sehen und sprechen könnte! Und ich glaube auf die Frage mit der Seele weiß auch die Kirche keine endgültige Antwort. Ich hätte mich gerne mit Jusufs Beichtvater darüber unterhalten, aber dieser ist tot. Er war alt und hat den Schock des Todes seines Herren nicht überlebt. Noch ein Opfer. Von wem oder was auch immer, dem Schicksal wahrscheinlich. Es ist immer noch alles so nebelhaft um mich herum. Mein Kummer schließt mich ein. Wie vieles habe ich in den letzten Tagen übersehen?
Erst später realisierte ich zum Beispiel, dass der Oberbefehlshaber der Wache ebenfalls die gesamte Zeit mit mir in der Kapelle war. Ebenso wie Hakim und Razime. Die beiden hatte ich noch nicht mal auf dem Ball gesehen, und das wo Razime mir doch von allen Brüdern eigentlich am nächsten steht.
Aber angesichts von Jusufs Tod ist alles andere plötzlich so unwichtig geworden. Es interessiert mich alles nicht mehr. Vielleicht wird es später einmal wieder wichtig werden, auch wenn ich mir im Moment nicht vorstellen kann, dass etwas anderes als dieser Kummer wichtig ist. Aber es wäre vielleicht trotzdem sinnvoll wenigstens kurz zu schreiben was geschah, auch um den Kummer und die Verzweiflung in mir zu bekämpfen.
Relativ bald nach Beginn der Totenwache traf Duke Hakim mit Gefolge ein. Er ließ als erstes Tante Balgis zu sich rufen. Wie viel Zeit dann verging weiß ich nicht, aber plötzlich kam Abdul Karasan, der Leibdiener Jusufs zu mir und brachte mir die letzten beiden Seiten Jusufs Tagebuches, die Jusuf in jener Nacht schrieb. Zu diesen Seiten kann ich nichts schreiben, sie sprechen für sich. Ich lege sie hier ein und hoffe, dass Niemand sie findet und liest, dem ich solches nicht ausdrücklich erlaubte.


Auszug aus dem Tagebuch des Count Jusuf el Fadir al-Malik
28.08.4996
Heute ist es also soweit. Die liebe Verwandtschaft wird einfallen. Auch wenn ich darauf geachtet habe, dass nicht alle Verwandten eingeladen werden, ist die Ladungsliste doch recht stattlich geworden. Ich muss zugeben bei dem ein oder anderen Gast habe ich ein Auge zugedrückt, einige wenige wollte ich auch eingeladen wissen. Es sind auch einige darunter, auf die ich etwas neugierig bin. Ein Gast wurde auf Bitten von Balgis eingeladen.
Aman hat alles vortrefflich arrangiert. Ich denke für weitere Höhepunkte muss ich nicht sorgen. Das wird die illustre Gesellschaft schon allein schaffen. Es könnte ein durchaus interessanter Abend werden.

29.08.4996
Ich kann es noch immer nicht ganz glauben. In den wenigen letzten Stunden ist eine ganze Menge geschehen.
Beginnen wir mit den lästigen bis ärgerlichen Dingen. Aman hat sich als weitaus gefährlicher und intriganter herausgestellt als bisher vermutet. Begann der Abend recht nett, haben seine Pläne mir doch einiges an Freude genommen. Er scheint mit der Baroness Farrar Hadi alBuri zusammen zu arbeiten. Es scheint, dass er meinen Einwand ich wolle meinem Großneffen Baronet Harun al Raschid mein Vermögen hinterlassen ziemlich ernst genommen hat. Na ja, das Problem sollte vorerst aus der Welt geschafft sein. Dieser Harun scheint mir nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Das zeigt auch schon sein schnelles Eingreifen auf dem Flug hierher. Bemerkenswert. Sollte ich mich nicht in ihm getäuscht haben? Irgendwie muss ich mich bei ihm revangieren.
Darüber hinaus scheint Aman die Informationen, nach denen ich schon so lange suche, gefunden zu haben. Zu dumm, dass er nicht in der Lage war, sie zu behalten. Baroness Damuk Fiddah alKhamsin hatte wohl etwas gegen ihn in der Hand. Aber auch sie war nicht in der Lage diesen Abend zu überleben. Ziemlich plump von diesem Baronet Hassan Ibn Husseini ap Farum, das muss ich schon sagen. Aber warum ausgerechnet Hemar dafür herhalten musste? Steckt da etwa der Hintermann von diesem Hassan dahinter? Zumindest will dieser Unbekannte den Datenträger, den Damuk von Aman erhalten hat. Dank der Information von Hassan konnte ich diesen Datenträger sofort sicherstellen lassen. Hassan wird nichts davon erfahren und erst recht nicht diesen Datenträger erhalten. Sollte er mich für so dumm halten? Von ihm hätte ich mehr erwartet. Es ist trotzdem sehr ratsam ihn im Auge zu behalten. Eventuell kann ich ihm eine Stellung verschaffen, bei der mir dies möglich sein wird. Hakim schuldet mir noch diverse Gefallen. Ich denke man kann das Lehen dieses Hassan problemlos verlegen lassen.
Lady Dokha hat sich als das Problem, welches ich erwartet hatte, herausgestellt. Nun, das wird bis morgen warten können.
Nenezareh. Es ist unbeschreiblich was ich in ihrer Gegenwart verspüre. Hinter ihrem wunderschönen Antlitz verbirgt sich ein sprühender Geist, ein ganz wundervoller Humor. Wie sehr hatte ich gehofft, dass sie meinen Antrag annimmt und dann hat sie tatsächlich JA gesagt. Wie wundervoll. Mein altes Herz wollte vor Glück bersten. Ich habe ihr eröffnet, dass die Hochzeit noch heute stattfinden soll. Jetzt sind es keine 20 Minuten mehr. Ich kann keinen weiteren Augenblick mehr ohne sie sein. Deutlich habe ich gespürt, dass es ihr ähnlich gehen muss. Hoffentlich hat mich mein Spürsinn in dieser Hinsicht nicht getäuscht. Die Gesichter der Meute waren zum brüllen. Das hatten sie nicht erwartet. Mir schien, dass Nenezareh sich ebenso köstlich darüber amüsierte.
Habe gerade erfahren, dass Aman scheinbar den Kopf verloren hat. Dieser Dummkopf. Was glaubte er mit seiner Aktion erreichen zu können? Wieder ein Problem weniger.
Jetzt wird es aber Zeit. Die Trauung beginnt gleich.

Die Tagebücher der Baronin Nenezareh Ibn Falaschniin Ibn Razime al-Malik

Dann war ich beim Duke. Er war sehr freundlich zu mir und bat mich, ihm alles zu erzählen, ohne etwas aus zu lassen. Ich gab mir Mühe, die Reihenfolge bei zu behalten und nicht zu viel in die Schilderung meiner Gefühle ab zu gleiten, aber die wollte ich natürlich auch nicht verschweigen, damit Duke Hakim ein möglichst vollständiges Bild davon bekommen konnte, wie „meine“ Nacht aussah. Tante Balgis war noch beim Duke als ich kam, doch sie ging dann. Der Duke hat ihr das Lehen von Jusuf übergeben. Zum Glück! Ich hatte schon Angst, ich müsste es jetzt erst mal führen, ehe er Jemand Neues einsetzt. Dafür bin ich zu jung und unerfahren! Und ich will das auch nicht, weil ich bei jedem Stein, jedem Grashalm, jeder Mauerverzierung an IHN denken müsste und daran wie hier alles anfing. Der Duke fand es jedoch nicht angemessen mich wieder Baroness sein zu lassen, er hat mich in den Rang einer Baronin erhoben. Wenn er meint..., ich wäre es auch zufrieden gewesen wieder Baroness zu sein. In jener Nacht sind andere Dinge geschehen, wichtigere Dinge, die nicht mehr ungeschehen gemacht werden können. Ich weiß auch nicht, ob ich sie ungeschehen machen würde, wenn ich es könnte. Ich würde den Kummer und die Verzweiflung loswerden, wieder so sein wie ich vorher war. Sicherlich ganz nett, aber damit würde ich auch die Erinnerung an die Liebe meines Lebens auslöschen, die Erinnerung an die schönsten Stunden, die ich je erlebte. Und wenn Erinnerung das Einzige ist, was ich noch haben kann, dann will ich wenigstens diese behalten. Die Erinnerung an Jusuf, sein Lächeln, seine Augen, seine Stimme, seine Art will ich nie mehr vergessen und auch nicht die Gefühle ungeschehen machen, die ER damit auslöste!
Beim Duke war neben seinem Sekretär auch ein Kuttenträger. Er sah nicht aus wie ein Beichtvater, vielleicht ein reuiger Psioniker? Er bekräftigte meine Worte, jedenfalls so, als ob er wahr und unwahr unterscheiden könne.
Später schloss sich Duke Hakim der Totenwache an. Warum hätte ich Einwände gegen seine Anwesenheit haben sollen? Mit einem Teil meiner Selbst fühlte ich mich sowieso weit weg. In meine Trauer drang nichts ein.
Irgendwann entschloss ich mich dann doch Tante Balgis die Tagebuchseiten von Jusuf zu zeigen, da ich denke, dass die politischen Andeutungen darin für sie wichtig sein könnten, sie deshalb wissen sollte, was Jusuf wenige Stunden vor seinem Tod beobachtete. Sie schien mir auch ganz dankbar dafür zu sein. Hemar ist auch tot, wie sie mir sagte. Wahrscheinlich dieser Hassan... Sie fragte mich, ob ich Baronet Harun auch so einschätzen würde wie Jusuf, was ich durchaus tue. Er war der Erste, der mir nach dem Tod schrieb und mir den Brief in die Kapelle schickte. In dem Brief bot er mir seine Dienste an, der einzige Brief dieser Art, in dem nichts von Heirat und Liebe zwischen den Zeilen stand! Und auf dem Flug hierher hatte er sich ja auch als sehr fähig herausgestellt und netter als dieser Hassan in jedem Fall. Gut dazu gehört natürlich auch nicht viel. Jene Lady Dokha ist verschwunden?!
Irgendwann während der Wache muss ich eingeschlafen sein, doch ich hatte inständig darum gebeten mich auch in diesem Fall bitte in der Kapelle zu lassen. Ich wollte noch so lange wie möglich bei IHM sein, auch wenn er jetzt so nichts mehr davon hatte. Vielleicht seine Seele? Aber diese Frage hatte ich schon. Ich hätte ihm so gerne noch gesagt, dass sein Gefühl in Bezug auf meine Gefühle für ihn richtig war, dass sein Spürsinn ihn hier nicht getäuscht hatte.
Es tut mir so leid, dass sein Beichtvater auch nicht mehr lebt. Ich hätte mich so gerne mit ihm unterhalten! Ich habe Jusuf so wenig kennen lernen können. Und es gibt so viel über das ich mich so gerne mit ihm unterhalten hätte. Wenn uns wenigstens noch ein paar gemeinsame Tage geschenkt gewesen wären. Oh grausames, eiskaltes Schicksal! Wie soll ich so leben?
Irgendwann boten mir die Diener an die Briefe vor zu sortieren, was ich gerne annahm. Diese ganzen Heiratsanträge von all diesen Möchtegerns kann und will ich nicht sehen, sie werden jetzt verbrannt. Beileidsbekundungen möchte ich später lesen. So erreichten mich nur noch wenige Briefe. Einer aus dem Schlangennest, interessanterweise von Baronet Hassan. Angeblich hätte er weitere Informationen zum Intrigennetz des ehemaligen Großwesirs. Tante Balgis meinte, es könnte wichtig sein. Aber ich habe ihm ausrichten lassen, er möge bis nach der Beerdigung damit warten. Wieso muss das alles jetzt sein? Aber meine Trauer glauben wahrscheinlich sowieso nur wenige...
Nach Essen war mir nach dieser Beisetzung nicht zu Mute. Ich fühle mich wie gerädert und werde erst einmal schlafen. Das Schlangennest hat Zeit bis morgen – hoffe ich. So viele Leute wollen mich tot sehen! Aber was ist mein Leben auch noch wert? Jetzt, da der Einzige, der mein Leben lebenswert machen konnte nicht mehr lebt, jetzt nachdem nichts mehr so ist wie es einmal war...
Gute Nacht, Sahrie

Elantil Enbaran:
04.09.4996
Mein liebes Tagebuch,
das Schlangennest ist schlimmer als ich dachte, ich weiß wirklich nicht, ob ich dem gewachsen bin. Ich bin nur froh, dass Abdul Karasan, Jusufs ehemaliger Leibdiener als eine sehr treue Seele herausgestellt hat, der auch vertrauenswürdig ist. Wenn ich irgendwann einmal so weit abgestumpft bin, dass mir nicht mehr bei jeder Nennung SEINES Namens die Tränen in die Augen steigen, soll Abdul mir mehr von Jusuf erzählen.
Wir fliegen gerade zu Jusufs Minen und Industrieanlagen im Süden, die jetzt mir gehören. Aber lass mich ordnen, ich sollte vorne anfangen. Wie Tante Balgis schon sagte, muss ich noch viel lernen, da sollte ich mit Kleinigkeiten anfangen.
Gestern morgen kamen erst einmal die Reeves. Vermacht hat Jusuf mir alles außer den lehenszugehörigen Ländereien und Häusern. Das sind einmal jene oben erwähnten Minen und Industrieanlagen im Süden, sowie ein Stadthaus in Samarkand. Dann gibt es noch einen siebenstelligen Kredit bei den Reeves, den ich abbezahlen muss. Die Einkünfte der Minen und Industrieanlagen reichen wohl, um die Zinsen und einen geringen Tilgungsbetrag zahlen. Anscheinend sind die Bücher etwas durcheinander, ich hoffe nur Benjamin Smythe, mein Verwalter ist dieser Aufgabe gewachsen, oder wächst mit seiner Aufgabe. Ach so, es gibt noch vier Transportschiffe, die im Raum unterwegs sind. Genaues weiß ich darüber bisher aber nicht.
Als dies überstanden war (wie können die Reeves so herzlos sein?) gewährte ich Baronet Hassan seine Audienz. Er behauptet, dass er genauso daran interessiert sei, den entsprechenden Personen das Handwerk zu legen wie ich. Diese Personen sind momentan ohne ihren Geldgeber, den Großwesir und dadurch vermutlich noch gefährlicher. Baronet Hassan teilte mir mit, dass wahrscheinlich alle Leute, die mit den Finanzen Jusufs betraut waren, korrumpiert sind und deshalb ausgetauscht werden müssten, um dem Intrigennetzwerk seine Geldquelle zu nehmen. Dieser Austausch sollte natürlich so schnell und so vorsichtig wie möglich geschehen. Außerdem spielte Baronet Hassan mehrfach auf den Datenträger an, doch ich gab nicht zu erkennen, dass ich davon weiß. Laut ihm ist Abdul Karasan absolut vertrauenswürdig und war von Jusuf eingeweiht. Abdul ist also einer derjenigen, auf die ich mich verlassen kann und werde. Da Baronet Hassan mir nicht wirklich sagen konnte, weshalb ich gerade seinem Ehrenwort Glauben schenken sollte, entließ ich ihn erst mal, um mir die Sache durch den Kopf gehen zu lassen. Aus den Augen lassen wollte ich ihn nicht... Aber wie soll ich dem Ehrenwort eines Bauerntölpels Glauben schenken?
Abdul wusste mehr von dem Datenträger: er war/ist auf dem Weg zu den Minen im Süden. Also beschloss ich doch sofort dahin aufzubrechen. Auf diesem Datenträger sind offenbar Informationen, nach denen Jusuf seit 40 Jahren gesucht hat. Er ist also wichtig. Und ich würde mir sowieso gerne ein Bild von der Situation im Süden machen. Vorher sprach ich noch einmal mit Tante Balgis, sie wird wohl nicht in diesem Netzwerk involviert sein. Jusuf hat ihr wohl vertraut, und ich traue ihr so etwas auch nicht zu, Und irgendwem muss ich auch vertrauen. Ich bin zu jung für das alles, da brauche ich auch Rat und wer wäre da besser geeignet als Tante Balgis?
Ich beschloss sowohl Baronet Harun, wie auch Baronet Hassan mit zu nehmen, letzteren um ihn im Auge zu behalten. Ersteren in der Hoffnung, dass er so ein heller Kopf ist wie gedacht.
Jetzt während des Fluges aber nervt er ein wenig, er will zu viel wissen, ich will ihm nicht zuviel sagen. Ob ich ihm vertrauen kann weiß ich ja auch noch nicht. Doch momentan führt er ein sehr amüsantes Gespräch mit Baronet Hassan. Zunächst fragte Baronet Harun nach dem Buch, dass Hassan gerade liest („Foltern leicht gemacht II“), dann nach Hassans Hobbys. Diese fasste Baronet Hassan als „Konversation, wenn diese fehl schlägt ihre Konsequenzen“, zusammen. Baronet Harun fragte nach: „ Gemein sein -  meint Ihr?“ Sie plänkelten ein wenig, bis Baronet Hassan zugab, dass ab und zu ein kleines Duell durchaus zu seinem allgemeinen Spaß und Vergnügen beitrage. Baronet Haruns Entsetzten darüber, dass dies sein Leben sei,, alles sei, woran er Spaß haben könne, ist recht amüsant. Ich weiß ja nicht, ob das Kartenspiel an und für sich erfüllender ist und nützlicher als das Brüskieren, foltern und duellieren. Und diese beiden sollen mir helfen? Nun wir werden sehen!
Ich habe Angst! Es darf Niemand dort in den Minen etwas von meinen Gefühlen ahnen. Ich muss die dumme, vertrauens-seelige Unschuld vom Lande spielen, um möglichst wenig Verdacht zu erregen. Trauer würden sie mir sowieso nicht abnehmen, aber es tut weh leugnen zu müssen. Oh Jusuf, ich hoffe du verstehst mich, es tut mir leid, dass ich so handeln muss!
Wir kommen an, Sahrie
04.09.4996 abends
Mein liebes Tagebuch,
endlich kann ich die Maske wieder fallen lassen! Alles hier ist so sehr von IHM geprägt, dass es mir ins Herz schneidet. Jeder Einrichtungsgegenstand, jeder Weg im Park ist wie ein Stück von IHM, das ich noch nicht kannte. Wie viel anders wäre es gewesen, wenn er mir alles hätte zeigen können. So ist alles überschattet von Trauer. Und ich fühle mich so einsam ohne ihn, Niemand mit dem ich teilen kann. Früher war ich froh, allein zu sein, Niemandem meine Gedanken und Gefühle erklären zu müssen, außer diesen Seiten hier, doch jetzt sehne ich mich so sehr nach Jusuf. Ich denke er würde mich verstehen, ich glaube wir waren uns ähnlich. War es das, was uns zueinander hinzog? Nun kann ich ihn nie nach seiner Meinung dazu fragen...
Hier angekommen ließ ich nacheinander alle zu mir kommen, um Aufgaben zu verteilen. Mein Verwalter soll sich möglichst unauffällig Einblick in die Bücher der Mine verschaffen, davon versteht er etwas. Für die Bücher der Industrieanlagen brauchen wir Jemand anderes. Ich bat ihn bei den Muster erst einmal einen Hauptverwalter anzuheuern. Später werden wir noch mehr Muster brauchen. Aber ich darf nichts übereilen.
Baronet Hassan versprach ich eine ausführliche Personalliste. Ich bat ihn die jeweiligen Leute zu überprüfen. Man muss seine Angaben dann sicherlich noch einmal testen lassen, ich weiß nicht ob und wie weit ich ihm vertrauen kann und wer seine Hintermänner sind.
Baronet Harun teilte ich nur mit, dass ich einen Verdacht über Veruntreuung von Geldern hätte, und bat ihn auf unauffällige Art und Weise Augen und Ohren offen zu halten und mir Verdächtiges sofort mit zu teilen. Das „Unschuld vom Lande-Spiel“ schien er gleich zu erkennen, ohne dass ich es explizit aussprechen musste.
Den hiesigen Verwalter bat ich eine umfangreiche Besichtigungstour für mich und meine Begleiter zu organisieren.
Abdul versicherte mir dann, dass der Datenträger in Sicherheit sei. Er wollte ebenfalls Augen und Ohren offen halten, um heraus zu finden, wem man wie weit trauen könnte. Außerdem bat ich ihn es mir zu sagen, wenn er Ideen für neue Posten der abzusetzenden Leute hätte, auf denen sie keinen Schaden anrichten können. Mit Umbesetzungen habe ich doch noch gar keine Erfahrung! Wahrscheinlich würde Tante Balgis sich über meine Verzweiflung amüsieren. Und was würde Count Jusuf sagen?
Wir begannen mit der Besichtigung der Mine. Sie ist wesentlich moderner und besser ausgestattet als meine. Nun ja, kein Wunder. Abgebaut werden vor allem Metalle und bestimmte chemische Verbindungen, die dann in der Waffenfabrik gleich weiter verarbeitet werden. Das ist geschickt gelöst, es wird alles selbst hergestellt. Die Waffenfabrik hat sogar ihre eigene Erzaufbereitungsanlagen. Hergestellt werden hier Revolver, Sturmgewehre, Laserpistolen und Laserkarabiner. Die beiden Baronets vollführten auch gleich einige Probeschüsse. Sehr beeindruckende Schießfertigkeiten haben sie. Interessanterweise schießt Baronet Hassan besser als Baronet Harun.
Im Vertrauen teilte der Verwalter mir dann mit, dass es außerdem noch geheime Forschungseinrichtungen gäbe, die nicht so ganz im Sinne der Kirche seien und von denen meine Begleiter deshalb lieber nichts wissen sollten. Abdul hatte mich schon darauf vorbereitet, dass es noch geheime Einrichtungen gibt, von denen der Verwalter wohl auch nur zum Teil wüsste.
Eben hat Abdul mir den Tresor im Arbeitszimmer gezeigt. Dort war/ist der Datenkristall. ‚Er stammt aus der Zeit der zweiten Republik. Leider gibt es hier kein Lesegerät dafür. Laut Abdul hätte es in Jusufs Sammlung möglicherweise etwas gegeben, doch die gesamte Sammlung, acht Zimmer voll, ist spurlos verschwunden. Nun sie hätte sowieso zu Tante Balgis neuem Lehen gehört.
Aber Baronet Hassan wird auch weiterhin nichts von diesem Datenkristall erfahren. Es wird irgendwie eine Lösung geben, wie man ihn auslesen kann.
Erstmal bin ich froh, dass ich diesen Tag, dieses grausame Schauspiel überlebt habe. Ich bin in SEINEM Schlafzimmer, zumindest werde ich jetzt dort zu Bett gehen..... Sahrie

Nachtrag
Mein liebes Tagebuch,
gerade wollte ich das Arbeitszimmer verlassen, da passierte etwas ausgesprochen Merkwürdiges, um nicht zu sagen vollkommen Unerwartetes. Ich weiß noch nicht genau was ich von all dem halten soll und ob ich Sergeant Haiduqh Sho’on vertrauen kann/sollte. Aber es wäre sehr nützlich Consul McGuire zu helfen, Unklarheiten hin oder her. Genau genommen ist Sterben das Schlimmste was mir passieren kann und so tragisch wäre das nun auch wieder nicht. Wenn es so etwas wie ein Leben nach dem Tod geben sollte, dann würde ich mir meinen Tod sogar wünschen, hätte ich doch dann die Möglichkeit Jusuf wieder zu sehen und mehr Zeit mit ihm zu verbringen.... . Es ist mir trotzdem unangenehm solchen Leuten so ausgeliefert zu sein, auf Gedeih und Verderb, ich weiß viel zu wenig! Und vor allem zu wenig über Jusuf und sein Leben.  Noch ein paar Gründe aus denen ich gerne noch mehr Zeit mit ihm verbracht hätte. Stattdessen ist er nun kalt und tot. Und ich bin noch hier mit Problemen, die ich noch nie hatte, mit Gefühlen die ich noch nie hatte und einer Trauer, die schlimmer ist als alles andere. Aber jetzt weiß ich wie das ist mit der Liebe... statt mit Träumen und Glück hat sie mehr mit einem bitteren Lachen zu tun und mit Gefühlen, die einem das Herz zerreißen.
Aber ich komme vom Thema ab, es ist schwierig, wie fing es an?
Ich war gerade auf dem Weg in Jusufs Schlafzimmer, da ertönte plötzlich beim Schreibtisch ein Summton, ein Anruf auf der Privatleitung. Natürlich nahm ich ihn an. Es meldete sich ein Consul McGuire aus Samarkand, der sehr außer sich geriet, als er hörte, dass Jusuf nicht mehr lebt. Um es kurz zu machen: Jusuf war seine letzte Hoffnung, seine Tochter ist entführt worden, wohl schon vor neun Tagen, wenn das Datum der Aufnahme stimmt. Er erfuhr es jedoch erst jetzt. Es ist die siebte oder achte Entführung dieser Art, jeweils Angehörige der Reeves. Die ersten beiden zahlten das geforderte Lösegeld, sahen ihre entführten Verwandten jedoch nicht wieder, die übrigen verzichteten dann schon auf das Bezahlen. Er war völlig verzweifelt, der arme Mann, ich würde ihm gerne helfen seine Tochter wieder zu bekommen. Laut Consul McGuire hatte Jusuf Mittel und Wege und Verbindungen in solchen Fällen ein zu schreiten. Ich versprach ihm zu tun, was ich könnte, mehr jedoch konnte und wollte ich nicht versprechen, da ich mich im Moment ja selber in einer mehr als schwierigen Lage befinde. Er schickte mir dann noch die Aufzeichnung, die er von den Entführern erhalten hatte. Ich sah mir diese ein paar Mal an und suchte dann nach einer Art Adressbuch. In schriftlicher Form hatte Jusuf nichts und die Denkmaschine ist natürlich mit einem Passwort geschützt. Ich muss Abdul fragen, ob er eine Ahnung hat, wer dieses Passwort wissen könnte, oder ob er sich etwas vorstellen kann. Wahrscheinlich nicht, aber vielleicht weiß er, wer in der Lage wäre mir trotzdem Zugang zu den Dateien zu verschaffen.
Damit war ich gerade beschäftigt, als hinter mit plötzlich eine Stimme ertönte: „Guten Abend Mylady. – Nicht schreien!“ Natürlich erschrak ich zu Tode, glaubte ich mich doch allein im Arbeitszimmer. Links hinter mir stand ein sehr hagerer, großer Mann, in einem dunklen Umhang mit vielen Narben und sehr bleich. Er hielt mir ein Messer mit dem Heft nach vorn hin, wollte mich also offenbar nicht angreifen. Trotzdem war ich erschrocken und verwundert. Er behauptete ein enger Vertrauter von Jusuf zu sein. Als Beweis nannte er mir ein Messer, offenbar ein besonderes, das er Jusuf geschenkt habe und welches nun im Kaminzimmer hinge. Er zeichnete mir dieses Messer auf und zeigte es mir später. Außerdem weiß er über alle Überwachungskameras und Scanner Bescheid. Also wenn er kein Vertrauter Jusufs sein sollte, dann ist er in jedem Fall Jemand, der sich hier offenbar sehr oft bewegt hat und sehr genau Bescheid weiß (besser als ich, aber das ist auch keine Kunst). Er nennt sich Sergeant Haiduqh Sho’on und ist eine Art Kopfgeldjäger der Muster. Er hat dort offenbar den Auftrag erhalten das Verschwinden der Tochter von Consul McGuire auf zu klären. Warum auch immer..... Auf jeden Fall hat er mit bekommen, dass der Consul mich angerufen hat. Daraufhin kam er dann über einen geheimen Zugang vom Landefeld (interessant zu wissen) hierher.
ER wies mich darauf hin, dass die Tochter in der Aufnahme der Entführer mit ihren Händen signalisiere, dass sie von al-Sharim entführt worden sei, wahrscheinlich handelt es sich hierbei um einen der Nomadenstämme. Ich werde also einmal mein Lehen aufsuchen müssen. Dieser Sergeant soll mich begleiten. Ich ließ mir dann noch sein spezielles Quartier zeigen (sehr spartanisch), das Jusuf hier für ihn eingerichtet hat. Laut seinen Angaben war er alle paar Monate hier. Er und Jusuf kannten sich seit 15 Jahren, genaueres wollte er mir dazu aber nicht sagen. Schade!
Geheimgänge gibt es wohl noch mehr, bei Gelegenheit wird er mir diese zeigen. Ich denke ich werde darüber auch noch einmal mit dem Sicherheitschef sprechen und die Zugangscodes ändern lassen, wer weiß wo sonst noch plötzlich irgendwelche angeblichen Vertrauten von Jusuf auftauchen und mich zu Tode erschrecken.
Jetzt muss ich endlich schlafen gehen, morgen ist so viel zu arbeiten, ich hoffe ich kann schlafen, seit Jusufs Tod liege ich nachts mehr wach, als sonst etwas,
gute Nacht, Sahrie

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