Autor Thema: Entstehung von Story in unterschiedlichen Herangehensweisen im Rollenspiel  (Gelesen 3274 mal)

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Offline Blechpirat

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"Auch ein Fußballspiel erzählt eine Story", so meine Frau.

Ihre These: Wir gucken Fußball, weil ein Spiel eine Geschichte erzählt. Dabei gibt es gute (7:0) und schlechte (0:7) Geschichten, langweilige (0:0 ohne Torchance) und spannende Geschichten. Folglich entsteht eine Geschichte auch ohne die ausdrückliche Intention, eine Geschichte zu erzählen. (Ich lasse jetzt mal weg, dass viele Medien natürlich versuchen, jeweils ein Narrativ rund um einen Club/ein Spiel/individuelle Spieler aufzubauen. Fußball wurde schon geguckt, bevor es im Fernsehen gezeigt wurde.)

Dem setze ich jetzt mal einen Kinofilm entgegen: Der tritt typischerweise in der Absicht an, mir eine Geschichte zu erzählen. Hier liegt also die Intention vor.

Dennoch kann ein Fußballspiel spannender/unterhaltsamer/interessanter sein als ein Kinofilm.

Genug der Vorrede, kommen wir zum Rollenspiel:

Viele SL planen bewusst eine Dramaturgie. Beispiel aus der Troubleshootersrunde vom Treffen, wo ich ein Kaufabenteuer als Vorlage hatte: Erst ein bisschen Kennenlernen/Charaktervorstellung (im Spiel), dann Ermitteln (mit Actioneinlagen), dann große Action im Finale, dann Ende. Sehr normal, kennt vermutlich jeder so.

Andere machen das unbewusst, etwa weil es bestimmte Genrekonventionen gibt, an die sie sich halten, weil sie Heldenreise / 3-Akt / etc kennen oder weil sie gute Erfahrungen mit bestimmten Formaten haben.

Manche Systeme helfen dabei: Fate z.B. hilft den PCs, am Anfang Ärger auf sich zu nehmen (um Fatepunkte zu generieren), die sie dann am Ende rocken lassen - ein bestimmter Spannungsbogen wird also mechanisch unterstützt. D&D (zumindest in den mir vertrauten jüngeren Varianten) hat eine Heldenreise über das Levelsystem eingebaut. Es hat zudem über die Minion/Leutnant/Boss Struktur einen Spannungsbogen, den fast alle Videospiele übernommen haben, weil er so gut ist.

Ich frage mich jetzt - kann es im Rollenspiel überhaupt eine Geschichte geben, die sich nur aus dem Konflikt ergibt, oder ist es der Methode Rollenspiel immanent, dass der SL - vielleicht unbewusst - durch die Gestaltung der Spielwelt die Story fördert/in eine bestimmte Richtung drängt/dramaturgisch anlegt?

(Die offensichtliche Antwort (Klar, SL-lose Spiele) könnt ihr euch ersparen. Da wird die Funktion des Erzählers typischerweise umverteilt, sie entfällt nicht.)

Mir wäre kein Beispiel bekannt. Die Forderung, die Würfel nicht zu drehen ist ein Schritt dahin, die emergente Geschichte eines Fußballspiels zumindest in Teilen ins Rollenspiel zu holen. (Ich kam bei der Lektüre von https://www.tanelorn.net/index.php/topic,125294.0.html drauf). Aber in Reinform passiert das wohl selbst bei der krassesten Sandbox nicht - oder fehlt mir da die Erfahrung mit bestimmten Spielstilen?

Offline Maarzan

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Natürlich geht das.
Das Fußballspiel ist ja auch nur Konfliktansetzung und dann alle nach denselben Regeln das austragen.

Entsprechend reicht ein Startkonflikt und dann können sich die Spieler über ihre SC damit auseinander setzen.
Bei proaktiven Spielern braucht es nicht einmal den Startkonflikt, den bauen sie auch noch selber und der SL "reagiert" nur noch als neutraler Darbieter der Spielwelt.

Manche Spieler brauchen nicht mal einen Konflikt, sondern kommen mit Barbiespiel einkaufend und ihre aktuelle Position beleuchtend oder auch nur Spielelemente befuddelnd gut über die Runden.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline KhornedBeef

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Sehe ich wie Maarzan.
Der Unterschied zum Fußball ist vielleicht, dass man am Anfang üblicherweise mehr zuweist als mechanische Rollen, d.h. Beziehungen und Motivationen, in der korrekten Annahme, dass das interessante Geschichten fördert. Aber nicht einmal das ist ein Muss.
Eine Hexploration mit lauter weirdem Kram würden doch auch genug Leute spielen?

Und das Fußballspiel erzählt womöglich nur deshalb eine Story, weil die Teilnehmer Menschen sind und Dinge tun, die nicht in den Regeln stehen.
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
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Ich vergeige, also bin ich.

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Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Maarzan

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Nimm Wrestling und MMA.
Bei beiden kommt eine Geschichte heraus und es kann theoretisch sogar in zufälligen Einzelfällen die (staffage außen vor) identische sein.
Aber die Erwartung der Beteiligten an Sportler wie Offizielle sind eben grundsätzlich unterschiedliche, das eine ist ausdrücklich eine bestimmte Art Unterhaltung, das andere Sport. 
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Offline Rhylthar

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Ich bin da bei @KhornedBeef.

Gerade eine Hexploration, die vollständig (wenn möglich) vorher ausgearbeitet wurde inkl. möglicher plausibler Wenn-Dann-Verbindungen...dann entsteht die Story alleine durch die Handlungen der Spielenden.

Würde man wohl am besten daran erkennen, wenn man eben jene Sandbox mit einer anderen Gruppe parallel spielen würde; die Storys könnten komplett voneinander abweichen.

“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

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Offline 6

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Emergent Narrative oder Emergent Storytelling ist der Begriff, den Du suchst, Blechpirat. :)
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Offline Blechpirat

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Gerade eine Hexploration, die vollständig (wenn möglich) vorher ausgearbeitet wurde inkl. möglicher plausibler Wenn-Dann-Verbindungen...dann entsteht die Story alleine durch die Handlungen der Spielenden.

Ich finde das nicht vergleichbar. Hexploitation füllt ja die Karte aus Elementen (z.B. Monstern, NSCs, Gebäuden, Landschaften, etc) die nicht frei von Genre-Erwartungen und anderen dramaturgischen Elementen sind. Kurz: Die wenigsten Zufallstabellen enthalten langweilige Kohlfelder, eigentlich würfelt man ja nur aus den "spannenden" Elementen - und "spannend" ist ja eine dramaturgische Kategorie.

Offline Rhylthar

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Ich finde das nicht vergleichbar. Hexploitation füllt ja die Karte aus Elementen (z.B. Monstern, NSCs, Gebäuden, Landschaften, etc) die nicht frei von Genre-Erwartungen und anderen dramaturgischen Elementen sind. Kurz: Die wenigsten Zufallstabellen enthalten langweilige Kohlfelder, eigentlich würfelt man ja nur aus den "spannenden" Elementen - und "spannend" ist ja eine dramaturgische Kategorie.
Wie kommst Du darauf?

Vielleicht reden wir auch aneinander vorbei, aber ich rede von einer Hexploration, bei dem die Hexfelder im Vorfeld ausgearbeitet wurden. Da ist dann das "Kohlfeld" einfach mit drin und ob es da nun Zufallsbegegnungen gibt...nun ja, warum denn nicht?
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Offline 1of3

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Gerade eine Hexploration, die vollständig (wenn möglich) vorher ausgearbeitet wurde inkl. möglicher plausibler Wenn-Dann-Verbindungen...dann entsteht die Story alleine durch die Handlungen der Spielenden.

Ich weiß nicht, ob das jetzt widerlegt, was Blechpirat fragt.

Denn, wenn wenn ich ein Szenario ausarbeite, dann doch wahrscheinlich so, dass die Inhalte meinen wie auch immer gearteten ästhetischen Ansprüchen genügen. Ich mache ja nichts, was mir nicht gefällt. Und hoffentlich habe ich auch mein Regelwerk entsprechend ausgewählt, dass es eben solche Ergebnisse liefert, die mir in den Kram passen. Und dann sind die Geschichten, die da rauskommen, eben solche, die ich für ansprechend halte.

Also habe ich "durch die Gestaltung der Spielwelt" (Blechpirat) bestimmte Stories gefördert.

Also ein typisches Beispiel, wenn man auf PC Endless Legends spielt, dann gibts da ein Volk, das aussieht, wie die Aliens aus Alien. Und die haben immer Sob Stories für ihre Aufträge. Jemand hat ihnen die Eier geklaut und so. Nun muss man diese Aufträge nicht machen. Die Dörfer kann man abbrennen. Aber die Designer fanden diese Aufträge bei diesen Leuten wohl irgendwie gut, und wenn man für die Augenlosen also Aufträge annimmt, dann bringt man ihnen die Eier wieder. Das ist dann zweifellos eine andere emergente Geschichte, als wenn man Alien vs. Predator spielt.
« Letzte Änderung: 28.02.2023 | 14:17 von 1of3 »

Offline Blechpirat

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Emergent Narrative oder Emergent Storytelling ist der Begriff, den Du suchst, Blechpirat. :)

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Offline tartex

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Ich denke schon, dass man einfach mit Landkarte und Zufallstabelle spielt, es eine rein emergente Story ist. Selbst vorbereiteten Encountern würden für mich da noch reinpassen, solange sie nicht bestimmte Events triggern.

Trigger-Beispiele: "gerade als ihr um die Ecke kommt, vollenden die Beschwörer das Ritual und ein Dämon erscheint". Ein Einzel-Event ist aber auch noch keine Erzählung. Dafür müssen schon zwei Events verknüpft werden.
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Offline tartex

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Emergent Narrative oder Emergent Storytelling ist der Begriff, den Du suchst, Blechpirat. :)

Er hat doch im Eingangspost eh "emergente Geschichte" geschrieben, oder verpasse ich was?
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Offline nobody@home

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Grundsätzlich kann das Leben natürlich Geschichten erzählen, und entsprechend kann das ein beliebiges Spiel als Teil des Lebens ebenso. So weit kein Problem.

Nur über die Qualität der Ergebnisse kann man sich dann halt gegebenenfalls streiten -- und das wird dann zwangsläufig subjektiv, weil die Erwartungen des "Publikums" das nun mal ihrerseits auch sind und das Leben an sich als "Verfasser" keine eigene Qualitätskontrolle betreibt. ;)

Offline Rhylthar

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Zitat
Denn, wenn wenn ich ein Szenario ausarbeite, dann doch wahrscheinlich so, dass die Inhalte meinen wie auch immer gearteten ästhetischen Ansprüchen genügen. Ich mache ja nichts, was mir nicht gefällt. Und hoffentlich habe ich auch mein Regelwerk entsprechend ausgewählt, dass es eben solche Ergebnisse liefert, die mir in den Kram passen. Und dann sind die Geschichten, die da rauskommen, eben solche, die ich für ansprechend halte.

Also habe ich "durch die Gestaltung der Spielwelt" (Blechpirat) bestimmte Stories gefördert.
Vielleicht der Schritt zurück.

Es fing mit Fußball an. Dauert 90 Minuten, zu Beginn spielen 11 vs. 11, 1 Ball. Rest ist offen. Die "Story" bleibt immer gleich (mehr oder weniger).

Natürlich hat meine Welt feste Ankerpunkte in der Hexploration. Die wären für alle gleich. Aber die Story da ergibt sich doch da, genau wie beim Fußballspiel, durch die Interaktion mit der Welt.

Wenn also Gruppe A beschließt, auf Hexfeld 37 auf dem Bauernhof vor der Stadt zu nächtigen, während Gruppe B beschließt, in der Stadt in einem Gasthaus einzukehren, dann wird sich die Story bei (als Beispiel) einem Städtebrand für beide gänzlich anders entwickeln.

Oder verstehe ich hier gänzlich was falsch?
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Offline Jiba

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Ich spiele mal den Advocatus Diaboli.  ;)

Mir ist klar, dass Emergent Narrative ein Begriff ist, der in aller Munde ist. Ich fand ihn allerdings stets ein wenig, wie soll ich sagen, überstrapaziert. Und zwar insofern, dass der Begriff "Story" schon einige Eckpunkte hat, die man in den sogenannten "Emergent Narratives" nicht finden können.

Können Stories aus Elementen entstehen, die miteinander interagieren und so einen Arc bilden? Ja.

Können sie es manchmal nicht? Auch ja.

Emergent stories entstehen nachträglich durch die Funktionsweise unseres Gehirns, das unbedingt alles in logische Abfolgen, Kausalketten und bedeutungsreiche Geschehnisse zergliedern will. The story emerges... sie entsteht in komplexen Spielsystemen dadurch, dass ich den zufälligen Elementabfolgen eine zuschreibe.

Manchmal, und das finde ich vergessen wir gerne, entsteht aber nicht eine Story, sondern etwas, was ich eine experience nennen würde. Wenn ich z.B. GTA spiele, so richtig open-worldig, ohne auch nur ein wenig die narrativen Inhalte an mich heranzulassen, dann habe ich zwar ein Spielerlebnis, aber eine Story kommt nicht heraus. Wir brauchen schon etwas, was unserem Gehirn signalisiert: "Hey, hier findet eine Narration statt". Das sind dann zum Beispiel Lore-Texte oder Dialoge, die Teile der Welt einordnen oder in sich selbst kleinere, dramatisch aufgebaute (also: Mit Einleitung, Mittel und Schluss versehene) Stories erzählen. Im Rollenspiel können derartige Elemente auch allein von den Spielern kommen, klar.

Aber ich weigere mich, jede offene Welt als einen Generator für Emergent Stories zu bezeichnen. Und selbst in entsprechend ausstaffierten Welten, kommt es noch viel auf den Spieler an, was er als Story empfindet.

Dementgegen werden dramaturgisch durchkomponierte, entwickler-getriebene Geschichten in der Regel vom Rezipienten auch mit großer Zuverlässigkeit als Geschichten erkannt. Man kann diese Geschichten vielleicht für gut oder schlecht halten, aber man hat doch keinen Zweifel daran, dass es Geschichten sind.

Wenn ich in meiner eigenen Erinnerung forsche, dann kann ich im Videospielbereich interessanterweise lediglich die entwickler-getriebenen Stories wiedergeben, die ich gespielt habe. Bei den emergenten beschränkt sich die Wiedergabe darauf, interessante Einzelmomente wiederzugeben. Beim Rollenspiel formen sich die emergenten Inhalte präziser und kohärenter zu einer erinnerungswürdigen Geschichte, die man anderen auch erzählen kann.
« Letzte Änderung: 28.02.2023 | 14:24 von Jiba »
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline 1of3

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Ich denke schon, dass man einfach mit Landkarte und Zufallstabelle spielt

Geht denn das? Also auch, wenn ich mir hier jetzt Sachen auswürfle, mach ich da doch Fleisch dran oder? Ab irgendeinem Punkt übernehme ich mit Narration nach meinem Gusto?

Offline Arldwulf

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Um mal beim Fußballspiel zu bleiben: Auch dort ist ja einiges an Vorplanung und Analyse im Vorfeld am Werk. Einstudierte Spielzüge und Laufwege sind genauso wichtig wie das reagieren auf die Taktik der gegnerischen Mannschaft.

Welche Art von Geschichte ein Fußballspiel haben wird ist durchaus oft auch vorab bekannt, beispielsweise kann es der Trainer einer eher Mannschaft auf eine Abwehrschlacht mit einzelnen Nadelstichen anlegen oder eher auf ein hohes Offensivpressing.

Dies ist auch nicht nur eine Entscheidung auf Basis von Erfolgswahrscheinlichkeiten, sondern auch eine Frage des bewusst gewünschten Spielstils und der Auswahl der (Mit-) Spieler.

Gibt da also durchaus einige Analogien zum Rollenspiel - am Ende auch nicht überraschend, schließlich sind es beides Freizeitgestaltungen in der Gruppe in denen verschiedene Spielrollen eingenommen werden und vielfältige Aktionen und Entwicklungen möglich sind.

Offline 6

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Er hat doch im Eingangspost eh "emergente Geschichte" geschrieben, oder verpasse ich was?
Jo. Er wollte wissen, ob es Möglichkeiten dieses emergenten Storys zu erzählen und der Link gibt ne Menge Beispiele dafür
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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@jiba: Auf der anderen Seite habe ich ne Menge Filme gesehen und Rollenspiele gespielt deren Geschichten ich ehrlich gesagt nicht mehr kenne. Von daher finde ich erinnerungswürdig als Kriterium für eine Geschichte nicht ziwlführend.
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Offline Zed

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Ich frage mich jetzt - kann es im Rollenspiel überhaupt eine Geschichte geben, die sich nur aus dem Konflikt ergibt, oder ist es der Methode Rollenspiel immanent, dass der SL - vielleicht unbewusst - durch die Gestaltung der Spielwelt die Story fördert/in eine bestimmte Richtung drängt/dramaturgisch anlegt?
Bei mir ist es eindeutig eine Mischung aus "selbstwachsender Geschichte" und "dramaturgischer Anlage" bzw "dramaturgischer Improvisation". Mal habe ich als SL einen Ansatz, der wahrscheinlich über ein Dutzend Sessions geht, mal habe ich einen Abenteueransatz, der nur bis zur nächsten Sitzung reicht.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Wir spielen aktuell die Mischung aus "selbstwachsender Geschichte" und "dramaturgischer Anlage". Im Augenblick erleben wir ein "Emergent Narrative" - super Begriff, 6! Mein "Spielleitern auf Sicht" aufgrund der Vorbereitung nur für den nächsten Spieltag zeigt mir, dass wir aktuell deutlich auf der Seite einer "selbstwachsenden Geschichte" sind. Aber die Voraussetzungen für diese Geschichte sind Konfliktparteien, die schon lange gesetzt sind - hier stehen meine Gruppe und die Götter versus den Göttergegner. Der improvisatorische Anteil kommt dadurch ins Spiel, dass meine Gruppe eine neue Konfliktlinie innerhalb der "eigenen Mannschaft" aufgemacht hat, einer Linie, der ich gerne folge ohne zu wissen, wo sie hingeht.

Offline Jiba

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@jiba: Auf der anderen Seite habe ich ne Menge Filme gesehen und Rollenspiele gespielt deren Geschichten ich ehrlich gesagt nicht mehr kenne. Von daher finde ich erinnerungswürdig als Kriterium für eine Geschichte nicht ziwlführend.

Das war auch kein Kriterium, sondern ein Umstand, der mit bemerkenswert erschien, in meiner Erinnerung. Alles vor diesem Abschnitt ist aber doch als Argument valide: Entwickler-getriebene Geschichten werden für gewöhnlich als Geschichten identifiziert, emergente Geschichten nicht unbedingt. Ich würde sogar sagen, dass sie nicht zuverlässig entstehen.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

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Offline Blechpirat

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Vielleicht der Schritt zurück.

Es fing mit Fußball an. Dauert 90 Minuten, zu Beginn spielen 11 vs. 11, 1 Ball. Rest ist offen. Die "Story" bleibt immer gleich (mehr oder weniger).

Natürlich hat meine Welt feste Ankerpunkte in der Hexploration. Die wären für alle gleich. Aber die Story da ergibt sich doch da, genau wie beim Fußballspiel, durch die Interaktion mit der Welt.

Wenn also Gruppe A beschließt, auf Hexfeld 37 auf dem Bauernhof vor der Stadt zu nächtigen, während Gruppe B beschließt, in der Stadt in einem Gasthaus einzukehren, dann wird sich die Story bei (als Beispiel) einem Städtebrand für beide gänzlich anders entwickeln.

Oder verstehe ich hier gänzlich was falsch?
Gut, dass du den Schritt nochmal zurück machst, denn offenbar verstehen wir uns noch nicht.

Zum Fußball - die Story ist ja nicht 11 gegen 11 für 2x35 Minuten, sondern eine Fußballstory ist "Provinzclub besiegt die Bayern" oder "Wir haben uns in der Kabine tief in die Augen gesehen und dann konnten wir den Rückstand aufholen" oder "Fußballhelden A und B kicken ihr Team zum Sieg" - ich bin nicht gut in Fußball, aber die Gefühle beim Fußball kommen eben daraus, dass wir aus dem Gekicke auf dem Platz im Kopf eine Geschichte machen. Trotz ständig gleicher Randbedingungen offenbar oft genug eine neue Geschichte, dass Millionen Leute jede Woche zusehen. Die Story bleibt also NICHT gleich.


Offline Rhylthar

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Gut, dass du den Schritt nochmal zurück machst, denn offenbar verstehen wir uns noch nicht.

Zum Fußball - die Story ist ja nicht 11 gegen 11 für 2x35 Minuten, sondern eine Fußballstory ist "Provinzclub besiegt die Bayern" oder "Wir haben uns in der Kabine tief in die Augen gesehen und dann konnten wir den Rückstand aufholen" oder "Fußballhelden A und B kicken ihr Team zum Sieg" - ich bin nicht gut in Fußball, aber die Gefühle beim Fußball kommen eben daraus, dass wir aus dem Gekicke auf dem Platz im Kopf eine Geschichte machen. Trotz ständig gleicher Randbedingungen offenbar oft genug eine neue Geschichte, dass Millionen Leute jede Woche zusehen. Die Story bleibt also NICHT gleich.
Deswegen "Story" in ""; ich meinte natürlich Rahmenbedingungen der Story. (und es sind 45 Minuten!) ;)

Bei einer Hexploration ist es aber doch ebenso. Die Rahmenbedingungen sind gesetzt, aber die einen erleben evtl. "Den großen Brand von Arminsfurt" (in der Stadt), die anderen "Wie ein Phoenix aus der Asche - Die Wiedergeburt von Arminsfurt".

Exkurs:
Im Abenteuer "The Two-headed Serpent" erzählen die Autoren von den Abläufen in ihren Testgruppen. Die waren zum Teil so vollkommen unterschiedlich, von der reinen Detektivgeschichte bis hin zum Gonzo-"Wir kapern die Mi-Go-Technologie!"-Ablauf, dass ich sagen würde: Doch, Geschichten können sich einfach so entwickeln!
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Offline Eismann

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Möglicherweise ist es noch basaler: Da Menschen dazu neigen Korrelation gerne mal als Kausalität zu interpretieren und scheinbare Muster im Chaos zu finden, können sich selbst aus ein paar zufällig aneinander gereihten Ereignissen Geschichten entwickeln.

Offline Zed

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Möglicherweise ist es noch basaler: Da Menschen dazu neigen Korrelation gerne mal als Kausalität zu interpretieren und scheinbare Muster im Chaos zu finden, können sich selbst aus ein paar zufällig aneinander gereihten Ereignissen Geschichten entwickeln.
Stimmt. Was dagegen arbeitet ist, wenn die Spielenden sich bei Sandboxspielen wie Skyrim (oder bei einer Tabletop-Spielleitung, die sich nicht die Arbeit macht, ihre Kampagne in groben Zügen zu skizzieren) dessen bewusst sind, dass sie eigentlich nur Zufallsbegegnungen nach- und nebeneinander erleben. Dieses Bewusstsein schadet zumindest bei mir hart der Illusion, dass meine Figur eine "große Geschichte" erlebt.

Offline 6

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Das war auch kein Kriterium, sondern ein Umstand, der mit bemerkenswert erschien, in meiner Erinnerung. Alles vor diesem Abschnitt ist aber doch als Argument valide: Entwickler-getriebene Geschichten werden für gewöhnlich als Geschichten identifiziert, emergente Geschichten nicht unbedingt. Ich würde sogar sagen, dass sie nicht zuverlässig entstehen.

Die Entwickler von z.B. Papers, please dürften da anderer Meinung gewesen sein. :)
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Die Entwickler von z.B. Papers, please dürften da anderer Meinung gewesen sein. :)

Das mögen sie gewesen sein. Aber ich bleibe dabei: Sie entstehen nicht zuverlässig. Und: "Papers, please" is not exactly an open world game. Ich würde sogar sagen, es ist an sich ziemlich linear aufgebaut. Der Spieler kann sich weder frei bewegen, noch Gameplayaspekte ignorieren.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

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Offline Eismann

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Stimmt. Was dagegen arbeitet ist, wenn die Spielenden sich bei Sandboxspielen wie Skyrim (oder bei einer Tabletop-Spielleitung, die sich nicht die Arbeit macht, ihre Kampagne in groben Zügen zu skizzieren) dessen bewusst sind, dass sie eigentlich nur Zufallsbegegnungen nach- und nebeneinander erleben. Dieses Bewusstsein schadet zumindest bei mir hart der Illusion, dass meine Figur eine "große Geschichte" erlebt.
Mja, das ist die andere Seite der Medaille. Merke ich zumindest bisweilen bei prozedural generierten Spielinhalten wie No Man's Sky oder Minecraft. Man kann versuchen sich das zu eigen zu machen und im weißen Rauschen seine eigene Geschichte zu erzählen. Aber das kann ich eben auch mit einem Blatt Papier, dafür brauche ich nicht unbedingt ein Spiel.

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Open World Game kommt jetzt von Dir. Ich überlege gerade wie das Fussballbeispiel in Deine aufgelisteten Kriterien rein passt.
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Gut, dann formuliere ich es mal anhand des Fußballbeispiels:

Wissen wir genau, dass Fußballspiele von den Zuschauern grundsätzlich als Geschichten wahrgenommen werden, oder nicht?

Ich persönlich vertrete die Position, dass sie das nicht unbedingt werden. Während "Das Wunder von Bern" von den Meisten ganz selbstverständlich als eine Geschichte wahrgenommen wird.
« Letzte Änderung: 28.02.2023 | 15:26 von Jiba »
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

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Gut, dann formuliere ich es mal anhand des Fußballbeispiels:

Wissen wir genau, dass Fußballspiele von den Zuschauern grundsätzlich als Geschichten wahrgenommen werden, oder nicht?

Ich persönlich vertrete die Position, dass sie das nicht unbedingt werden. Während "Das Wunder von Bern" von den Meisten ganz selbstverständlich als eine Geschichte wahrgenommen wird.
Gegenfrage (sorry): Ersetzen wir Mal Fussball durch Wrestling. Wird dadurch das Geschehen im und um den Ring als Geschichte wahrgenommen? Und falls ja, wieso glaubst Du dass ein Fußballzuschauer das Fussballspiel anders wahr nimmt?
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Offline RackNar

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Ich wurde zwar nicht gefragt, aber der deutlichste Unterschied ist mMn, dass es beim Wrestling darum geht eine Show (Story?) abzuliefern. Beim Fußball geht es ums Tor schießen - egal wie.
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Offline Jiba

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Gegenfrage (sorry): Ersetzen wir Mal Fussball durch Wrestling. Wird dadurch das Geschehen im und um den Ring als Geschichte wahrgenommen? Und falls ja, wieso glaubst Du dass ein Fußballzuschauer das Fussballspiel anders wahr nimmt?

Weil es nicht den Fußballzuschauer gibt. Vorausgesetzt sind Dinge wie Regelkenntnis, Affinität zum Sport, allgemeine Anlage zum "narrativen Denken", etc. etc.

Ein mitreißendes Fußballspiel löst sicherlich bei allen einigermaßen fußballaffinen Zuschauern Emotionen aus. Aber ein Geschehen wird dadurch nicht zur Geschichte. Es wird zunächst erst einmal zu einem Erlebnis.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

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Offline Suro

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Ein paar lose Gedanken zum Thema:

Klar verhält sich Rollenspiel anders zu "Fiktionen" oder "Erzählungen" als Fußballspiel.

Fiktion ist wesentlich Teil von Rollenspiel: Fiktionale Inhalte (Spielwelten, Charaktere, Ereignisse) sind notwendigerweise Teil von Rollenspielen und erzählerische Tätigkeiten (fiktionale Inhalte und Handlungen beschreiben) sind notwendigerweise Teil von Rollenspiel. Um Fußball zu spielen, muss ich weder erzählerisch tätig werden, noch muss ich dafür fiktionale Inhalte vor- und aufbereiten.

Gemeinsam ist aber beiden, dass man über den Spielvorgang im Nachhinein (oder auch im Vorhinein oder währenddessen) Geschichten erzählen kann.

Im Rollenspiel beeinflussen die vorbereiteten Inhalte und das Erzählen als Teil des Spiels die Geschichten und daher sind "rein emergente Erzählungen" im Rollenspiel nicht in der gleichen Weise vorhanden.

Trotzdem gibt es Unterschiede hinsichtlich der Emergenz bei unterschiedlichen Weisen, Rollenspiele zu spielen: Wenn der Plot des Abends von vorneweg ausgearbeitet wird oder andere Vorbereitungen die möglichen Ereignisse im Spiel stark einschränken, ist da nicht mehr so viel Platz für Emergenz.* Wenn nicht so viel Einschränkendes vorbereitet ist, und die Geschichte, die hinterher erzählt wird, hauptsächlich von den im Spiel aus den Handlungen der Beteiligten, Zufallselementen usw. abhängen, ist mehr Raum für eine emergente Erzählung.

*Komplizierter wird das ganze natürlich dadurch, dass es nochmal einen Unterschied gibt zwischen dem, was sich im Rollenspiel in der fiktionalen Welt ereignet hat und dem, was man über den Spieleabend erzählen kann. "Die Abenteurer haben die Stadt Ixlipuff von den Hobgoblins befreit." ist eine Erzählung über das Rollenspiel; "Hans ist um 10 eingeschlafen und Hilda musste den Barbaren weiterspielen" eine andere. Beide Seiten interagieren natürlich ("Hans hat einen völlig unwahrscheinlichen Crit gewürfelt"/"Barbar Barbaros hat mit einem völlig unwahrscheinlichen Glück mit einem Schlag den Drachen erschlagen"). Kompliziert.

Edit - Zum Punkt von Jiba. Da geht es ja um den Unterschied zwischen Ereignis und Nacherzählung des Ereignisses, oder? Das ist imho Teil des Unterschieds zwischen Rollenspiel und Fußballspiel den ich oben versucht habe zu fassen: Rollenspiel erzeugt notwendigerweise Ereignisse in einer fiktionalen Welt, und das Ereignis Rollenspiel hat daher notwendigerweise einen fiktionalen Output. Fußballspiel hat nur einen fiktionalen Output, wenn jemand tatsächlich eine Geschichte über das Spiel erzählt. Ob und was tatsächlich über einen Rollenspielabend erzählt wird, mag aber stark vom  notwendigen "fiktionalen Output" abweichen bzw. darüber hinausgehen (ähnlich wie beim Fußball).
« Letzte Änderung: 28.02.2023 | 15:52 von Suro »
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Offline Haukrinn

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Mal abseits (Abseits!, höhö) der Fußballgeschichte, wo ich deiner Frau klar widersprechen würde (Für Geschichte ist die Intention, eine Geschichte zu erzählen, nämlich eine notwendige Bedingung).

Und ja, klar geht das im Rollenspiel. Emergentes Storytelling ist beispielsweise der zentrale Aspekt von pbta (Play to find out what happens). Das Erzeugen von Wendungen, Hindernissen und Konflikten ist hier explizit in Regeln gegossen.

Im klassischen Rollenspiel so etwas konkret zu verantworten finde ich dagegen schwierig. Der Sinn der Regelmechanik ist dort ja in aller Regel nicht "erzeuge Geschichte", sondern "löse unklare Situationen auf". Wie beim Fußball erzählt sowas für sich genommen aber keine Geschichte. Die entsteht erst durch die Einbettung in den nicht verregelten Teil und die (meist nachträgliche) Interpretation des entstehenden Gesamtgemenges. Story (also zumindest die brauchbare Sorte) ist eben nicht einfach eine bloße Hintereinanderreihung von Geschehnissen, sondern etwas, das zusätzlichen Kleber als verbindendes Element benötigt. Dieser Kleber muss keineswegs von der SL kommen. Ein paar schlaue Zufallstabellen und einige Hexfelder produzieren sie für sich genommen aber ganz bestimmt nicht.
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Im Groben was der Suro schreibt.
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Offline Suro

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Mal abseits (Abseits!, höhö) der Fußballgeschichte, wo ich deiner Frau klar widersprechen würde (Für Geschichte ist die Intention, eine Geschichte zu erzählen, nämlich eine notwendige Bedingung).

Und ja, klar geht das im Rollenspiel. Emergentes Storytelling ist beispielsweise der zentrale Aspekt von pbta (Play to find out what happens). Das Erzeugen von Wendungen, Hindernissen und Konflikten ist hier explizit in Regeln gegossen.

Im klassischen Rollenspiel so etwas konkret zu verantworten finde ich dagegen schwierig. Der Sinn der Regelmechanik ist dort ja in aller Regel nicht "erzeuge Geschichte", sondern "löse unklare Situationen auf". Wie beim Fußball erzählt sowas für sich genommen aber keine Geschichte. Die entsteht erst durch die Einbettung in den nicht verregelten Teil und die (meist nachträgliche) Interpretation des entstehenden Gesamtgemenges. Story (also zumindest die brauchbare Sorte) ist eben nicht einfach eine bloße Hintereinanderreihung von Geschehnissen, sondern etwas, das zusätzlichen Kleber als verbindendes Element benötigt. Dieser Kleber muss keineswegs von der SL kommen. Ein paar schlaue Zufallstabellen und einige Hexfelder produzieren sie für sich genommen aber ganz bestimmt nicht.

Ich glaube es gibt da nochmal einen Unterschied zwischen "Ergebnisoffen eine Geschichte erzählen/schaffen" und "Etwas spannendes erleben, das man im Nachhinein als Geschichte erzählen kann". Emergent Storytelling , sowie ich 6s Definition oben verstehe - und wie es auch zu dem Fußballbeispiel passt - ist eher letzteres (auch wenn die Definition aus dem Videospiel-Kontext kommt, und da natürlich Fiktion und die Absicht, den Spielenden eine Geschichte erleben zu lassen, auch schon wieder anders gelagert ist, als beim Fußball).

Ersteres, das ergebnisoffene Geschichten-Erzählen bzw. -Schaffen habe ich bei Hexploration wohl wirklich weniger als beim PbtA-Spielen, da der Spielinhalt weniger die Erzähltätigkeit ist. "Emergent Narratives" kann ich aber wohl bei beidem gleichermaßen haben - wobei mir bei "gleichermaßen" schon der Kopf weg tut, weil man da nochmal darüber nachdenken müsste, wie ein mehr oder weniger an Emergenz nochmal genau aussieht.
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Offline Haukrinn

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Ermergenz besagt an dieser Stelle ja vor allem, dass die Story aus dem Spiel entsteht (und nicht nebenher). Spannend ist da die Frage, welche maßgeblichen Elemente eine Story ausmachen und ob ich garantieren (oder zumindest die Wahrscheinlichkeit maximieren) kann, dass diese Elemente alle nicht nur vorkommen, sondern auch in einer sinnvollen Relation zueinander stehen.

Reinem Sandboxing (ebenso wie Fußball) würde ich diese Fähigkeit zum Beispiel absprechen, denn da ist das rückblickend Erzählte nur bedingt tauglich, die entsprechenden Maßstäbe einer Story auch zu erfüllen. Insbesondere habe ich hier auch keine Emergenz. Story ist kein Ergebnis der Geschehnisse, sondern sie ist ein Ergebnis der (in aller Regel selektiv gestalteten) Nacherzählung der Geschehnisse.
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Offline Maarzan

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Man muss sich halt mal im Zuge solcher Diskussionen entscheiden, welche Art "Geschichte" man dann meint: Geschichte rein nach: "Da passiert was" und "bessere" Geschichte, also mit gezielt Geschmackskriterien erfüllend.
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Offline tartex

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Reinem Sandboxing (ebenso wie Fußball) würde ich diese Fähigkeit zum Beispiel absprechen, denn da ist das rückblickend Erzählte nur bedingt tauglich, die entsprechenden Maßstäbe einer Story auch zu erfüllen. Insbesondere habe ich hier auch keine Emergenz. Story ist kein Ergebnis der Geschehnisse, sondern sie ist ein Ergebnis der (in aller Regel selektiv gestalteten) Nacherzählung der Geschehnisse.

Und warum soll reines Sandboxing keine Emergenz haben? Du meinst mann kann es nicht sinnstiftend nacherzählen?  :think:

Ein Leben ist auch kein Spiel, trotzdem kann man super Biographien - sogar mit 3-Akt-Struktur - schreiben. Denn genau wie du sagst: immer greift die "selektiv gestaltete[...] Nacherzählung der Geschehnisse."
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Offline Haukrinn

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Und warum soll reines Sandboxing keine Emergenz haben? Du meinst mann kann es nicht sinnstiftend nacherzählen?  :think:

Ein Leben ist auch kein Spiel, trotzdem kann man super Biographien - sogar mit 3-Akt-Struktur - schreiben. Denn genau wie du sagst: immer greift die "selektiv gestaltete[...] Nacherzählung der Geschehnisse."

Nein, das spreche ich nicht ab. Aber wenn es nacherzählt ist, ist es eben nicht emergent.
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Offline Suro

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Ermergenz besagt an dieser Stelle ja vor allem, dass die Story aus dem Spiel entsteht (und nicht nebenher). Spannend ist da die Frage, welche maßgeblichen Elemente eine Story ausmachen und ob ich garantieren (oder zumindest die Wahrscheinlichkeit maximieren) kann, dass diese Elemente alle nicht nur vorkommen, sondern auch in einer sinnvollen Relation zueinander stehen.

Reinem Sandboxing (ebenso wie Fußball) würde ich diese Fähigkeit zum Beispiel absprechen, denn da ist das rückblickend Erzählte nur bedingt tauglich, die entsprechenden Maßstäbe einer Story auch zu erfüllen. Insbesondere habe ich hier auch keine Emergenz. Story ist kein Ergebnis der Geschehnisse, sondern sie ist ein Ergebnis der (in aller Regel selektiv gestalteten) Nacherzählung der Geschehnisse.

Sehe ich auch so, das ist das, was ich oben mit dem "fiktionalem Output" des Spielens laienhaft betitelt habe. Ich bin nur nicht sicher, ob das schon alles klärt - "Emergent Storytelling/Narrative" mag als Begriff schwierig sein, aber er ist in dem Kontext denke ich schon so gemeint, wie ihn das Fußballbeispiel versinnbildlicht. Vergleiche hier einen journalistischen Artikel zur "Emergent Narrative" in Minecraft. Da geht es um das Erleben von (hier doch wieder fiktionalen) Ereignissen, die im Nachhinein vom Spielenden als Story erlebt und interpretiert werden (können!), nicht um das intentionale Erzählen.

Und die Frage, wie sich das intentionale Erzählen im Rollenspiel zu dem nacherzählbaren Erleben des Spiels verhält, ist finde ich unabhängig davon, wie wir jetzt "Story" definieren, ganz interessant :)
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Offline tartex

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Nein, das spreche ich nicht ab. Aber wenn es nacherzählt ist, ist es eben nicht emergent.

Emergent ist die Kette von Ereignissen, die dann zu einer Erzählung transformiert wird. Ich finde das ist ein bißchen i-Tüpfelreiterei, denn wenn du nur das als emergente Story zulässt, was als fertige Erzählung aus der Black Box raus kommt, dann müssen wir ja einfach einen anderen Namen für den das Endergebnis des nächsten Schritts finden.

Ich glaube allerdings dass diese Kette bei dem Begriff "emergente Erzählung" schon immer mitgedacht war.
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Offline Haukrinn

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Emergent ist die Kette von Ereignissen, die dann zu einer Erzählung transformiert wird. Ich finde das ist ein bißchen i-Tüpfelreiterei, denn wenn du nur das als emergente Story zulässt, was als fertige Erzählung aus der Black Box raus kommt, dann müssen wir ja einfach einen anderen Namen für den das Endergebnis des nächsten Schritts finden.

Ich glaube allerdings dass diese Kette bei dem Begriff "emergente Erzählung" schon immer mitgedacht war.

Ja, ich tue mich tatsächlich immer wieder damit schwer, wenn andere Fachrichtungen sich an Begriffen wie Emergenz und Synergie bedienen und dann die ursprüngliche Bedeutung ver- oder sogar umdrehen.  :)
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Offline tartex

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Ja, ich tue mich tatsächlich immer wieder damit schwer, wenn andere Fachrichtungen sich an Begriffen wie Emergenz und Synergie bedienen und dann die ursprüngliche Bedeutung ver- oder sogar umdrehen.  :)

Blöde Frage, aber auf welche Fachrichtungen beziehst du dich denn? Würde mich gerne flächendeckend weiter über Emergenz informieren.
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Offline Haukrinn

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Blöde Frage, aber auf welche Fachrichtungen beziehst du dich denn? Würde mich gerne flächendeckend weiter über Emergenz informieren.

Ich würde sagen, keine Fachrichtung verwendet den Begriff so wie die Literaturwissenschaft oder wo immer dieser Artikel auch herkommt. In den Struktur- und Naturwissenschaften ist die Verwendung durchweg einheitlich, und Psychologie und Soziologie ziehen da soweit ich weiß auch mit.
Und so abgedroschen das klingt, die Begriffsdefinition bei Wikipedia ist ein guter Einstieg.  :)
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Offline Eismann

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Dazu aus dieser Quelle: http://www.zaboura.de/Dokumentation_NextLevel15_Kreativwirtschaft.pdf
Seite 14: "In Spielen lassen sich dabei zwei Grundprinzipien unterscheiden: Emergenz und Progression. In emergenten Spielen tauchen spontan immer wieder neue, unvorhersehbare Situationen auf: Es gibt für den Spieler nicht eine, sondern viele Möglichkeiten. In progressiven Games muss der Gamer hingegen einen vorgegebenen Weg „richtig“ absolvieren. Emergente Spiele haben einen tendenziell hohen, progressive Spiele einen tendenziell geringen Wiederspielwert. Am Beispiel von Spielen wie dem bekannten „Half-Life“ zeige sich aber, dass auch lineares Storytelling spannend sein und zum Wiederspielen animieren könne. Ein gutes Game brauche auch nicht zwingend 17 mögliche Enden, wenn eines gut gemacht sei."

Offline Isegrim

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Ich frage mich jetzt - kann es im Rollenspiel überhaupt eine Geschichte geben, die sich nur aus dem Konflikt ergibt, oder ist es der Methode Rollenspiel immanent, dass der SL - vielleicht unbewusst - durch die Gestaltung der Spielwelt die Story fördert/in eine bestimmte Richtung drängt/dramaturgisch anlegt?

PvP, mit der SL als wirklichem "Schiedsrichter" zwischen zwei Parteien? Ist im RPG natürlich eher die Ausnahme, kommt im LARP aber oft vor, meist ohne entscheidenden Ausgang. Ich hab auch schon auf einem Schlachtfeld gestanden, wo 200-250 Leute es ausgebattelt haben, mit unparteiischer SL. Ich würd sagen, da ist Geschichte entstanden (wenn auch nur ne Fußnote im den Großen Annalen der Mittellande...).

"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides