Autor Thema: Wieso kommt mir die deutsche Rollenspiellandschaft so öde vor?  (Gelesen 11128 mal)

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Offline Prisma

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These: "Die Deutschen" sind im Vergleich spießige Langweiler. Daran liegt es.


Es reicht schon sich bloß Teile der Unterhaltungskultur anderer Länder anzugucken.
 
Frankreich: Comics/"BD" und eine massiv andere Akzepantz und Liebe zur Kultur. Wenn die der Welt mehr verfügbar machen, sind die weltweit erfolgreich. Jede Menge cooler RPG-Kram, kaum Übersetzungen.

Japan: Allein mit den Mangas und Animes haben sie weltweit legendäre Kulturobjekte positoniert. International massivst erfolgreich. Über den RPG-Bereich habe ich da keine gut Übersicht. CoC soll in Japan sehr groß sein.

USA: Die Filmindustrie ist zu recht weltberühmt. Dann noch die Comicszene und -tradition. Auch belletristisch ist so ziemlich jedes Genre - und gerade auch Phantastik - vorhanden. Rollenspielmäßig wohl kaum zu schlagen.


Was hat Deutschland? Vorallem Krimis, Krimis und wieder Krimis. Phantastik wird hier nicht besonders geschätzt und ist am Rande vertreten. Rhodan, Sinclair & Co. sind Archipelle auf weiten Ozeanen. Selbst deutsche Phantastik geht mit einem ausländlischen Pseudonym besser (jedenfalls war das früher so). Es ist aber nicht so, dass "wir" nicht könnten, anscheinend wollen wir nur nicht so recht.
Rollenspielmäßig sind hierzulande durchaus spannende Produkte erschienen, ohne aber den Sprung in die Welt zu schaffen. Leider gibt es da nur wenige Ausnahmen.
Mit einem 7er-Set, stehen ganze Universen offen.

Offline Eismann

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In Deutschland funktioniert das sicher ganz gut, auch da einige Übersetzungen von Rollenspielen für Kinder wie So nicht Schurke, MLP oder Äventyr in den letzten Jahren verschwunden sind. Da gibt es zur Zeit nicht mehr so viel (ja, ein paar gibts noch). In wie weit Hotzenplotz oder Augsburger Puppenkiste international aufgestellt sind, keine Ahnung. Aber sie haben einen gewissen Charme und teils auch ein solides World Building dahinter.

Offline felixs

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Gegenthese: Deutschland verkauft sich unter Wert und leider gelten die Giganten der deutschen Phantastik im eigenen Land nichts. DSA ist ein riesiger Erfolg. Prokop, Steinmüller und Weitbrecht sind Giganten der (SF-) Phantastik.

Frankreich: Comics/"BD" und eine massiv andere Akzepantz und Liebe zur Kultur. Wenn die der Welt mehr verfügbar machen, sind die weltweit erfolgreich. Jede Menge cooler RPG-Kram, kaum Übersetzungen.

Und fast immer mit irgendwelchen Wendungen und Wirrungen, die mir nicht gefallen.


Japan: Allein mit den Mangas und Animes haben sie weltweit legendäre Kulturobjekte positoniert. International massivst erfolgreich. Über den RPG-Bereich habe ich da keine gut Übersicht. CoC soll in Japan sehr groß sein.

Manga und Anime sind schon sehr speziell. Ich kann damit nicht viel anfangen. Teiiweise gefallen mir die Geschichten echt gut, ein anderer Stil würde mir aber besser gefallen.

USA: Die Filmindustrie ist zu recht weltberühmt. Dann noch die Comicszene und -tradition. Auch belletristisch ist so ziemlich jedes Genre - und gerade auch Phantastik - vorhanden. Rollenspielmäßig wohl kaum zu schlagen.

Tjoah... Geschmackssache, echt. Ich kann mit den meisten "typisch amerikanischen" Sachen nichts anfangen.
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Offline Skaeg

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In wie weit Hotzenplotz oder Augsburger Puppenkiste international aufgestellt sind, keine Ahnung. Aber sie haben einen gewissen Charme und teils auch ein solides World Building dahinter.
Hier sehen wir einen Teil des Problems. Wenn irgend wer vorschlägt, deutsches Rollenspiel mit deutschen Themen zu machen: Es kommt unweigerlich so eine plumpe Veralberung als Antwort. Daher mein Zynismus.
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Offline Skaeg

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Manga und Anime sind schon sehr speziell. Ich kann damit nicht viel anfangen. Teiiweise gefallen mir die Geschichten echt gut, ein anderer Stil würde mir aber besser gefallen.

Tjoah... Geschmackssache, echt. Ich kann mit den meisten "typisch amerikanischen" Sachen nichts anfangen.
Ja, aber 95% vom Rest der Welt jeweils schon. Also, was wir hier lernen können: Deutsche Rollenspiele sollten sich nicht nach deinem Geschmack ausrichten, wenn sie international was reißen wollen.
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Offline Eismann

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Hier sehen wir einen Teil des Problems. Wenn irgend wer vorschlägt, deutsches Rollenspiel mit deutschen Themen zu machen: Es kommt unweigerlich so eine plumpe Veralberung als Antwort. Daher mein Zynismus.
Aha... na dann.

Online nobody@home

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Die Frage ist ja: müsste es denn überhaupt etwas originär Deutsches sein?

Ich würde sagen, man kann sich definitiv ein bißchen zu fest in "deutschen Themen" verbeißen, und dann holt das Produkt womöglich selbst in Deutschland nicht so wirklich viele ab -- wer will beispielsweise schon unbedingt ein Rollenspiel über Geister in der Berliner Mauer (und ja, ich weiß, das es da ein reales Buch zu gibt)? ;) Es bräuchte auch nicht zwingend ein komplett neues Regelsystem; das soll niemanden davon abhalten, trotzdem eins zu entwerfen, wenn ihm danach ist, aber das Rad kann man mMn einfach nur so oft sinnvoll neu erfinden und mit dem Aufsetzen auf Regeln, die anderweitig schon Fans haben, lassen sich vielleicht dort schon mal ein paar Kunden abholen.

Was halt nicht schaden würde, wäre, wenn die Autoren tatsächlich von hier wären. Egal, um was es dann in ihrem Produkt genau gehen sollte, ein gewisses Maß an "Lokalperspektive" wäre allein dadurch schon gesichert.

Fluffy

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ich weiss nicht, warum die Deutschen so wenig innovativ sind. Vielleicht erwartet man zu viel von ihnen? Es gibt viele Länder, die im Bereich Rollenspiele nichts hinbekommen. Aus Polen, Spanien oder aus Russland komt auch nicht viel.

Bei Cthulhu Rollenspielen ist erstaunlicherweise China sehr innovativ. Das hat mich überrascht. Aber China investiert insgesamt viel Geld in seine Unterhaltungsindustrie, vielleicht liegt es daran. Das wird sicher ein Grund sein, Deutschland investiert nicht.

Online schneeland

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Was halt nicht schaden würde, wäre, wenn die Autoren tatsächlich von hier wären. Egal, um was es dann in ihrem Produkt genau gehen sollte, ein gewisses Maß an "Lokalperspektive" wäre allein dadurch schon gesichert.

Ja, schon. Das ist ja auch irgendwie der Zweck der ganzen Übung  ;)
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Offline Skaeg

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Bei Cthulhu Rollenspielen ist erstaunlicherweise China sehr innovativ. Das hat mich überrascht.
Das erstaunt und überrascht mich ebenfalls. Japan: Ja, ist mir bekannt, aber China? Links zu ein paar Produkten?
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Offline Kurna

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In Deutschland funktioniert das sicher ganz gut, auch da einige Übersetzungen von Rollenspielen für Kinder wie So nicht Schurke, MLP oder Äventyr in den letzten Jahren verschwunden sind. Da gibt es zur Zeit nicht mehr so viel (ja, ein paar gibts noch). In wie weit Hotzenplotz oder Augsburger Puppenkiste international aufgestellt sind, keine Ahnung. Aber sie haben einen gewissen Charme und teils auch ein solides World Building dahinter.

Der Räuber Hotzenplotz, um das mal als Beispiel zu nehmen, wurde in 34 Sprachen übersetzt. Finde ich nicht wenig.
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Offline Eismann

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Das ist definitiv ein Argument. Ich hatte mal ein Konzept für ein Räuber Hotzenplotz RPG (mit Option es mehr Richtung Schinderhannes zu schieben) angefangen mit Regeln auf Skatbasis (nur eine Ecke einfacher), bin da aber mangels Nachfrage nie allzu weit mit gekommen. Allgemein ist das Thema "Räuber", ob nun Ronja Räubertochter, oder erwachsener Schinderhannes oder Schillers die Räuber in der deutschen Erzählkultur durchaus stark verwurzelt.
Ganz davon ab: Räuber wie auch Leute, die den Räubern nachstellen, bilden rollenspielfähige Kleingruppen, beschäftigen sich viel mit Planung und Problemlösung, und das 18. und 19. Jahrhundert ist jetzt noch nicht sooo durchgenudelt und bietet glaube ich durchaus einen interessanten Hintergrund. Man könnte beispielsweise die französische Besatzungszeit unter Napoleon thematisieren, mit Säbel, Sackpistolen und Musketen.
« Letzte Änderung: 7.05.2023 | 23:49 von Eismann »

Offline YY

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Mehr Vielfalt, die bespielt wird. Das meinte ich mit dem Mainstream-Teil.

Wenn es darum geht, was tatsächlich irgendwo in der Fläche gespielt wird (sagen wir mal: wo die realistische Chance besteht, dass ich halbwegs regelmäßig auf irgendeinem Con oder sonstigen Spieletreff als Spieler teilnehmen kann), fällt wohl alles von den genannten deutschen Spielen raus.

Gleichzeitig fällt aber auch fast alles von den internationalen Beispielen weg, weil die dann auch "nur" toll gelaufene Kickstarter haben, aber in freier Wildbahn nicht anzutreffen sind.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Skaeg

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Gleichzeitig fällt aber auch fast alles von den internationalen Beispielen weg, weil die dann auch "nur" toll gelaufene Kickstarter haben, aber in freier Wildbahn nicht anzutreffen sind.
Hm... nein.
Coriolis und Forbidden Lands z.B. sehe ich regelmäßig auf Treffen und Cons bespielt.
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Offline Boba Fett

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Ich hab noch ne These. Alles was Rollenspiel "interessant" macht, ist gesellschaftlich absolut nicht en vogue.

"Gewalt ist keine Lösung!" heißt es bei uns so schön. Und wenn Gewalt im Kinofilm gezeigt wird, wird die FSK Bewertung gleich hochgewertet.
In Deutschland wird Gun-Porn in Quellenbüchern eher negativ behaftet und kaum einer gibt zu, dass er gern mal darin schwelgt, die Knarren anzugucken.
Hingegen ist das in den Guns'R'USA (dem Rollenspiel-Vorreiterland) gar kein Thema. Da wird die PG Wertung nur aufgehübscht, wenn nackte Tatsachen gezeigt werden...

Soll heißen, in Deutschland ist es verpönt, dass Menschen zu den Waffen Greifen, um ihr Leben oder ihren Fortbestand zu schützen. Hier greift man zum Hörer und wählt 110.
(Und das ist mir in modern Rollenspielen schon mehrfach untergekommen, dass Spieler mit ihren Charakteren überlegt haben, ob sie das Abenteuer nicht dadurch abbrechen wollen, dass sie die Ordnungshüter rufen.)

Und ich habe auch das Gefühl, dass Rollenspiele in Deutschland häufig von Studierenden der Geisteswissenschaften (nicht abwertend gemeint!) verfasst werden und die haben auch nicht selten Hang dazu, Werte und Normen zu vermitteln.
Dementsprechend werden auch Rollenspielsettings und Abenteuer gerne mit moralischen Aspekten verfasst, so dass es tendenziell vielleicht eher um eine gewaltvermeidende Schatzsuche oder Tätersuche geht. Und das wird auch schnell mal langweilig. Und mit unserer romantisierten Vorstellung von "damals" wird es im Setting auch schnell hotzenplotzig.
Wer da ausbricht, greift dementsprechend dann schnell zu fremdsprachlichen Rollenspielen, und bei den ganzen Übersetzungs-Ärgernissen in Deutschland wohl auch eher zum Original.
Das war übrigens nicht immer so. In den 80ern, also noch im kalten Krieg, war es völlig okay, sich stundenlang mit Battlemechs zu befassen oder über Panzer zu diskutieren.
« Letzte Änderung: 8.05.2023 | 07:57 von Boba Fett »
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Offline Raven Nash

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Es gibt viele Länder, die im Bereich Rollenspiele nichts hinbekommen. Aus Polen, Spanien oder aus Russland komt auch nicht viel.
Nun, Polen dürfte durchaus einige RPGs haben, Spanien definitiv. Italien hat einige eigene RPGs, die außerhalb niemand kennt. Mittlerweile bringen sie aber englische Übersetzungen im gleichen KS raus, z.B. Oder Fria Ligan als Beispiel.

Da sehe ich auch das Problem der Deutschen - selber auf Englisch produzieren will offenbar keiner, man wartet auf jemand anderen, der das tut. Und am besten gleich das Vertriebsnetzwerk bereit stellt. Und das Risiko trägt.
Aber, man sollte sich mal bewusst werden, das "Deutsch" weltweit uninteressant ist. Genau wie Französisch, Italienisch, Schwedisch, usw. Man muss also auf Englisch produzieren. Und zwar von vorneherein parallel.
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Offline aikar

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Weil der deutsche Michel sein DSA hat. Und nichts anderes will. Wie oft hab ich jetzt schon junge Rollenspieler getroffen, die in die Szene durch einen Freund kamen, der ihnen DSA beigebracht hat. Und die wollen in gut 90% der Fälle nur DSA haben. Zahlen nur meine persönliche Erfahrung.
Das ist schon lange nicht mehr so. Die Jungen kennen vor allem D&D, DSA hat bei ihnen nicht viel mehr Stellenwert als Midgard.

Zum Thema:
Es wird immer wieder auf den Erfolg der Schweden verwiesen, ich behaupte, das ist eine Illusion. Der "Vorbildhafte Erfolg der Schweden" ist primär ein Erfolg von Free League und ihrem Year Zero System. Sie hatten einen Glückstreffer (Mutant Year Zero) und haben es gut geschafft, am diesem Erfolg anzuknüpfen. Sie sprechen die YZE-Fanbasis mit einer Variante des gleichen Regelkomplexes nach der anderen an, die einzelnen Linien haben dann eine sehr überschaubare Anzahl an Produkten (wodurch man sowohl Fans des Regelsystems als auch Fans unterschiedlicher Genres erreichen kann). Und sie haben inzwischen viel Erfahrung mit Crowdfundings, gerade auch im englischsprachigen Bereich.
That's it.
Die Schweden machen nicht die besseren Rollenspiele (auch wenn ich persönlich YZE sehr mag und klar mehr als DSA, aber das liegt an meinem persönlichen Spielgeschmack). Sie haben einfach nur eine Firma, die einen Gückstreffer hatte und sich jetzt besser verkauft.

Die zweite große europäische "Rollenspielerfolgsfirma", Modiphius (UK), hat wiederum den Vorteil der englischen Sprache. Und auch die publizieren nur verschiedene Varianten ihres 2D20 Systems und abgesehen von Star Trek auch nur mit nur relativ wenigen Produkten.

d.h. wir haben 2 international erfolgreiche europäische Rollenspiel-Firmen mit ihrem jeweiligen Haussystem. Eine davon ist originär englischsprachig. Davon abzuleiten, dass "die deutsche Rollenspiellandschaft öde ist", während andere europäische Länder so viel kreativer wären, ist, einfach falsch.
Es ist einfach wie es schon immer war. Der Rollenspielmarkt ist englischsprachig (viel größerer Markt als einzelne andere Sprachen), der absolute Großteil der Firmen und Systeme kommt aus US und alles andere ist Nische mit ein paar Ausreißern.

Wenn man den deutschen Verlagen etwas vorwerfen kann, dann vielleicht, dass sie kein Talent für den internationalen Vertrieb haben. The Dark Eye kam kurz nach der US-Veröffentlichung auf den US-Cons durchaus gut an, aber offenbar hat man es nicht geschafft, darauf langfristig aufzubauen. Aber die Bewerbung von DSA (Splittermond etc) außerhalb ihrer jeweiligen Communities krankt auch schon im Mutterland. Das ist kein Problem der Systeme, sondern eines des Marketings.
« Letzte Änderung: 8.05.2023 | 08:18 von aikar »
Für Fans von Aventurien, denen DSA zu komplex ist: Aventurien 5e: https://aventurien5e-fanconversion.de/

Offline Boba Fett

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Da sehe ich auch das Problem der Deutschen - selber auf Englisch produzieren will offenbar keiner, ...
Das kann ich so nicht stehen lassen.
Dammi und Kathi (und diverse andere) haben jahrelang über den Verlag RedBrick LLC. unter anderem Earthdawn classic veröffentlicht.
Und international war das durchaus sehr erfolgreich. Nur in Deutschland hat es kaum wer mitbekommen, wenn man unsere :t: Blase mal aus der Wertung lässt.
Dammi macht über Vagrant Workshop auch heute noch viel in englischer Sprache, Equinox oder Earthdawn Age of Legends zum Beispiel.
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Offline Raven Nash

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Das kann ich so nicht stehen lassen.
Dammi und Kathi (und diverse andere) haben jahrelang über den Verlag RedBrick LLC. unter anderem Earthdawn classic veröffentlicht.
Und international war das durchaus sehr erfolgreich. Nur in Deutschland hat es kaum wer mitbekommen, wenn man unsere :t: Blase mal aus der Wertung lässt.
Dammi macht über Vagrant Workshop auch heute noch viel in englischer Sprache, Equinox oder Earthdawn Age of Legends zum Beispiel.
Was meine These ja nur unterstreicht. Wer internationalen Erfolg will, muss auf Englisch produzieren. Ansonsten ist man davon abhängig, dass man den Geschmack von ganz bestimmten Leuten trifft und muss drauf hoffen, dass der sich nicht stark wandelt.
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Offline RackNar

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Weil wir nur meckern, das Haar in der Suppe suchen, anderen erzählen, dass sie auf die falsche Art Spaß habe und es keine wirklich unterstützende Fanbase über das eigene Haussystem hinaus gibt, vielleicht ...
„Ich gebe zu, dass ich mich irren kann, dass Du recht haben kannst und dass wir zusammen vielleicht der Wahrheit auf die Spurkommen werden.“ - Frei nach Popper

Offline Kaskantor

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Also gemacht wurde scheinbar so einiges, ich denke wir können uns also darauf einigen, dass es den meisten Spielen einfach nicht gelungen ist, zu einem großen Wurf zu werden.

Mal abgesehen von DSA hätte wohl SpliMo eine Chance gehabt, zumal das wirklich groß aufgezogen wurde, alleine schon wenn man überlegt, wieviele Autoren da mal dahinter gesteckt haben und wieviele Bücher da rauskamen…wieviele Spiele wurden denn in letzter Zeit noch so aufgezogen?

Zum anderen und das ist meine sehr subjektive Meinung sind wir Deutschen zum Großteil recht verkopft, was Regelsysteme angeht.
Die für uns erfolgreicheren Systeme sind meistens eher komplex/ kompliziert, siehe zb. DSA und SpliMo und auch HeXXen. Wo andere eine Ressourcen-Quelle haben, hat HeXXen aktuell wieviele, 6? Des Weiteren ist bei uns auch Shadowrun und auch PF recht beliebt…

DnD5 (und ich bin schon lange weg davon) hat einfach den Zahn der Zeit erfasst und hat regelseitig echt einen Sweetspot des Mittelcrunches geschaffen. So etwas ist in D scheinbar nicht machbar :) Wenn man sich zb. Die Schweden anschaut, sind die erfolgreicheren Spiele auch eher mittelcrunchig.
« Letzte Änderung: 8.05.2023 | 08:31 von Kaskantor »
"Da muss man realistisch sein..."

Offline Jiba

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Ich hab noch ne These. Alles was Rollenspiel "interessant" macht, ist gesellschaftlich absolut nicht en vogue.

"Gewalt ist keine Lösung!" heißt es bei uns so schön. Und wenn Gewalt im Kinofilm gezeigt wird, wird die FSK Bewertung gleich hochgewertet.
In Deutschland wird Gun-Porn in Quellenbüchern eher negativ behaftet und kaum einer gibt zu, dass er gern mal darin schwelgt, die Knarren anzugucken.
Hingegen ist das in den Guns'R'USA (dem Rollenspiel-Vorreiterland) gar kein Thema. Da wird die PG Wertung nur aufgehübscht, wenn nackte Tatsachen gezeigt werden.

Scheint mir für ein Land voller Schützenvereine und Mittelalterfeste, auf denen Leute sich mit Schwertern beharken, eine steile These zu sein. Gerade angesichts dessen, dass Shooter und Echtzeitstrategie-Games, die diese Inhalte auch enthalten, in Deutschland absolute Renner sind.

Und wenn ich mir hier die Vehemenz der Abwehr anschaue, wenn es um auch nur um eine Messerspitze einer irgendwie gearteten politischen Agenda in einem Rollenspiel geht (außer natürlich es handelt sich um die Agenda des eingeschliffenen, nostalgisch verklärten Gesellschafts-Status Quo der 90er und frühen 00er Jahre) – und diese Abwehr kommt hier ja auch gerade von Geisteswissenschaftlern (Historikern, etc.) – dann halte ich diese These für nicht aufrecht zu erhalten.

Aces in Space ist beispielsweise das "wokeste Woke"-Spiel, was man auf dem deutschen Markt so finden kann (und es ist ein fantastisches Spiel, das noch dazu; das interessanteste Fate-Game seit Turbo Fate)... und darin geht es um Raumpilot:innen, die andere Raumpilot:innen im Weltall mit Geschützen ins Jenseits knallen, nur um dann im SciFi-Insta damit anzugeben.

Mir fiele einfach beim besten Willen kein größeres deutsches Rollenspiel moderner Prägung, abgesehen von den dezidierten Kinderrollenspiele, ein, bei dem die Macher:innen zimperlich mit Gewalt sein sollen. Hexxen, Malmsturm und jetzt jüngst NoReturn... das alles sind brutale Spiele. Und bei Splittermond, DSA, Midgard, what have you, werden auch die Schwerter ausgepackt. Erinnern wir uns an diese jüngst veröffentliche dicke, fette Rollenspielkampagne, die hier mit Begeisterung im Forum aufgenommen wurde? Die spielt im Ersten Weltkrieg!

Deutsche Rollenspiele lehnen sogar, wenn wir das historisch betrachten, eher mehr in die Richtung einer non-pazifistischen, grimdarken Settingfarbe. Die neue deutsche Endzeit mit Degenesis und Engel fielen mir da ein. Oder die deutsche Vorliebe für Krimirollenspiele, die in der Regel mit einem Mord anfangen. Und die deutschen Shadowrun-Bücher zur ADL, die vor schillerndem Gunporn und gewalttätigen Milieus nur so strotzen.

Ja, es gibt eine kleine Nische von, wie es hier impliziert wird "geisteswissenschaftlichen Rollenspielen mit Erziehungsauftrag". Aber die sind die Nische. Und die sind auch keine deutsche Erfindung. Die meisten erfolgreichen Rollenspiele dieser Kategorie stammen aus den USA und UK. Dort hat diese Bewegung, die sich aus der zweiten bis dritten "Forge-Generation" (for lack of a better term) entwickelt hat, auch ihren Ursprung.

Also, nee, dieser Analyse muss ich entschieden widersprechen. Gewalt ist in über 90% der originär deutschsprachigen Rollenspiele immer eine Lösungsoption. Ulisses bringt ja neuerdings sogar für jede aventurische Region ein eigenes "Sword Porn"-Regelheft raus.

Edit: Und von der pauschalen Aussage, dass gewalttätige Konflikte "alles sind, was Rollenspiel interessant macht", halte ich auch nicht viel. Das gehört aber nicht in den Thread.
« Letzte Änderung: 8.05.2023 | 08:42 von Jiba »
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Nodens Sohn

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Mittelcrunchig ist eigentlich eine gute Bezeichnung. Und leider reicht meine Fantasie auch nicht, mir ein weiteres mittelcrunchiges Regelsystem zu entwerfen, das nicht schon auf dem Markt ist. Ich glaube da wurden schon sämtliche Möglichkeiten des einfachen Bestimmens einer Zufallszahl ausgeschöpft (für alles andere gibt es Sonderwürfel, die Vielfältigkeit simulieren). Das wurde auf dem deutschen Markt leider verpennt, bzw. man hatte das mit DSA. Leider wurde da der Trend verschlafen. Aber auch wenn sich DSA geändert hätte, wäre es keine große Konkurenz für D&D geworden. (so meine Meinung)

Offline Aedin Madasohn

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Ich hab noch ne These. Alles was Rollenspiel "interessant" macht, ist gesellschaftlich absolut nicht en vogue.

da ja aus Deutschland stammende Buchvorlagen wie Hotzenplotz genannt wurden, möchte ich mal den Namen eine gecancelten anderen Autors in den Raum stellen:
Karl May

Betrüger, Hochstapler und Jugend-Flausen-in-den-Kopf-Setzer für die Zeitgenossen.
von den wilheminischen Lehrern voller Eifer unterdrückt

das der Adolf sich bei seinen Vorschlägen, wie die Wehrmacht den Bandenkampf zu führen habe, bei Karl Mays Westernbeschreibungen bediente, macht es auch nicht leichter

tja, und heute der Indianer-Häuptling-Skandal-Komplex

wer will da noch spannende Geschichten über eine Freundschaft zwischen zwei Repräsentanten verschiedener - in einem Spannungsverhältnis stehender - Kulturen schreiben, die sich wechselseitig gegen Gegner, Gangster und Ganoven (von beiden Richtungen kommend) DIY beistehen (was ja als blanke Selbstjustiz und Anarchie anzusehen ist, aber 1elf, meine zu belehrende Untertan*innen >;D)? 





Offline Waldviech

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Aces in Space ist beispielsweise das "wokeste Woke"-Spiel, was man auf dem deutschen Markt so finden kann (und es ist ein fantastisches Spiel, das noch dazu; das interessanteste Fate-Game seit Turbo Fate)... und darin geht es um Raumpilot:innen, die andere Raumpilot:innen im Weltall mit Geschützen ins Jenseits knallen, nur um dann im SciFi-Insta damit anzugeben.

Mir fiele einfach beim besten Willen kein größeres deutsches Rollenspiel moderner Prägung, abgesehen von den dezidierten Kinderrollenspiele, ein, bei dem die Macher:innen zimperlich mit Gewalt sein sollen. Hexxen, Malmsturm und jetzt jüngst NoReturn... das alles sind brutale Spiele. Und bei Splittermond, DSA, Midgard, what have you, werden auch die Schwerter ausgepackt. Erinnern wir uns an diese jüngst veröffentliche dicke, fette Rollenspielkampagne, die hier mit Begeisterung im Forum aufgenommen wurde? Die spielt im Ersten Weltkrieg!

Deutsche Rollenspiele lehnen sogar, wenn wir das historisch betrachten, eher mehr in die Richtung einer non-pazifistischen, grimdarken Settingfarbe. Die neue deutsche Endzeit mit Degenesis und Engel fielen mir da ein. Oder die deutsche Vorliebe für Krimirollenspiele, die in der Regel mit einem Mord anfangen. Und die deutschen Shadowrun-Bücher zur ADL, die vor schillerndem Gunporn und gewalttätigen Milieus nur so strotzen.

Danke! Sehe ich auch so! :). Ich denke auch, das dieses "die deutsche Rollenspiellandschaft ist öde" eigentlich nur eine Fortsetzung vom allgemeinen Vorurteil "Deutschland ist piefig" ist.
Barbaren ! Dekadente Stadtstaaten ! Finstere Hexenmeister ! Helden (oder sowas Ähnliches)!

MALMSTURM !