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Dolmenwood / B/X D&D vs. neuere Editionen

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Guennarr:
Du hast völlig recht und deshalb werde ich den Beitrag zusammenstreichen.

Mein Fehler.

Guennarr:
Sooo: noch mal neu angesetzt und hoffentlich direkter beim Thema:

Ich bemerke in letzter Zeit öfter, dass sich Gruppen begeistert auf OSR-Systeme stürzem – diese versprechen weniger Regeln, sind mal mehr/ mal weniger innovativ und sind sehr oft optisch sehr ansprechend gestaltet.

Dann beim Erstkontakt mit den Regeln folgt oft die Ernüchterung. Und als Grund werden sehr oft in unterschiedlicher Kombination in etwa folgende Punkte genannt:
- mein SC kann zu wenig
- mein SC ist zu verletzlich
- Kämpfen ist viel zu gefährlich!
- Würfeln ist gefährlich (gerade auf Stufe 1 sind Fehlschlagchancen oft hoch)
- Es gibt kein Fertigkeitensystem!

An der Stelle fällt mir immer die Redewendung ein: „Das trennende sind die gemeinsamen Regelbegriffe.“

Denn als Vorläufer insbesondere von 5e gibt es natürlich auf den ersten Blick verdammt viele Übereinstimmungen.

Die erste Ernüchterung sind die wenigen TP eines Stufe-1-SC. Sie diktieren von vorne herein einen wesentlich durchdachteren und vorsichtigeren Spielstil. Kämpfe sollten zweimal überlegt werden. Und es gilt zur Abwechslung _nicht_: Was nicht im Regelbuch beschrieben ist, ist nicht möglich (mit der Begründung versuchten mir jahrelang Leute zu erklären, dass Pathfinder ein reines Kampfspiel sei, und dass Rollenspiel nicht vorgesehen sei). Hier ist es Programm: Das Arsenal ist so groß wie die Fantasie der Spielgruppe! Allerdings beschreiben die OSR-Regelbände nur die Dinge, die mit einem Würfelwurf fix definiert sind. Also lasst doch eure SC die SL zur Abwechslung ins Schwitzen bringen: Versucht Bündnisse zu schmieden, verarscht NSC mir falschen Versprechungen, hetzt ein Monster auf das andere. Denn: Die sind vielschichtiger als in modernen Spielen! Sie haben nicht zig Spezialattacken, dafür besteht nicht ihre einzige Aktion in Kämpfen.

Wer sagt, dass das stimmt? Die Regeln!
Während es in modernen Spielen EP für erlegte Monster gibt, vergeben klassisch angehauchte Spiele in erster Linie EP für Goldmünzen. Daher macht es wenig Sinn, sich als SC auf riskante Kämpfe einzulassen, wenn du einen Goldschatz ebenso gut dem Monster im Schlaf rauben kannst.

Warum sollten sich Spielgruppen auf dieses andere Spielgefühl einlassen?
Es ist befreiend! (weniger Buchhalterei). Es ist schneller (ihr schafft in einer Sitzung deutlich mehr, weil Kämpfe viel kürzer ausfallen als in moderneren Regelsystemen).
Es ist vielfältiger, weil die Befreiung aus dem „jede Begegnung ist ein Kampf“-Korsett viel mehr Abwechslung erlaubt.
Es ist überraschender (weil diese größere Freiheit Abenteuerautor:innen immer wieder zu ganz neuen überraschenden Ideen inspiriert).

Und selbst das fehlende Fertigkeitensystem sehe ich als Vorteil: Der SC ist nicht auf das beschränkt, was auf dem Charakterbogen steht: Es muss nicht zuerst mit einem Blick auf den Bogen überprüft werden, was der SC kann, sondern es wird frei assoziiert: eine Wand – ich möchte sie erklettern. Eine klemmende Tür – ich möchte sie aufstemmen. Merkwürdige Gestalten in der Ferne - ich möchte mich anschleichen. Und in all diesen Fällen reicht die Aussage der Spielenden und die SL entscheidet dann, mit welchem Wurf das erreicht werden kann.

Ja, diese Spiele legen viel mehr Verantwortung in die Hände der SL. Ich beobachte aber, dass OSR-Interessierte meist schon ein wenig (innerlich) reifer und erfahrener sind, sprich: sich auf eine faire und verlässliche Leitung einlassen und nicht versuchen, das Spiel gegen die SC „zu gewinnen“.

/Ende der Predigt, ich glaube, dass ich alle wesentlichen Kritikpunkte abgehakt habe. ;-)

Guennarr:
P.S. Auch das kritisierte Magiesystem fällt in die Kategorie „Mein SC kann weniger“. Wobei ich eher sagen würde: „Gegenüber einem Normalo kann mein SC in besonders brenzligen Situationen ein, zwei Zauber wirken.“

Die klassischen Regeln erzeugen halt nicht auf Stufe 1 Superhelden-Azubis, sondern sehr sterbliche Held:innen. Wer zum Helden wird, hat vorher bewiesen, dass er clever genug ist, mit wenigen TP, wenigen Zaubern und wenigen Sonderfähigkeiten gefährliche Abenteuer zu überstehen. 

klatschi:
Völlig von der Seite rein:

Ja, das stimmt natürlich alles. Und nun? Ich denke, jene, die hier im Forum schreiben und sich mit OSR auseinandersetzen, sind gerade daran interessiert und verstehen deine Einwände.

Es hilft mir aber am Ende nichts, wenn meine Gruppe sagt: Das ist toll, dass OSR ein anderes Spielgefühl bietet, wir wollen das aber nicht. Wir wollen aber das Pathfinder- bzw. D&D 5e-Spielgefühl, wo wir Superhelden in Spe sind und mächtiger - ist mir genau so passiert. Meine Lösung war dann, für dieses Spielgefühl ein System zu finden, das mir auch gefällt und bei dem alle Mitgehen konnten (13th Age).

Meinen Wunsch nach OSR lebe ich dann einfach mit einer anderen Gruppe aus und gut ist's. Ich muss ja nicht jedes Spiel mit jeder Gruppe / mit jeder Person spielen.

EDIT:
Ich bin ja gerade am Lesen des Player Books und bereite mich ein wenig gedanklich darauf vor, wie ich starten will - klar, da fehlen noch die Infos vom Campaign Guide, aber ich frage mich gerade, ob ich vielleicht mit Mortals only anfange und sie kennen halt Gerüchte über Demi-Fey und das dann eher langsam aufbaue. Ich könnte mir vorstellen, dass es leichter ist, in der Welt anzukommen, wenn man sie peu a peu aufbaut...

Guennarr:
Das sehe ich genauso. Also gar kein Widerspruch. Es geht um informierte Entscheidungen.

In dem ursprünglichen editierten Beitrag hatte ich schon den Verdacht geäußert, dass in den genannten Beispielen etwas in der Kommunikation nicht funktioniert hat.

Und ein bisschen 5e / ein bisschen klassische Regeln ist erfahrungsgemäß immer ein Schuss in den Ofen. Die Mischung schmeckt dann meist beiden Seiten nicht richtig.

Am Ende sollte die Runde beiden Seiten Spaß machen. Das kann durchaus bedeuten, dass Gruppe und SL getrennte Wege gehen. Heutzutage ist es viel leichter, eine neue Gruppe – und sei es nur für ein paar Abende – zu finden, um etwas anderes zu spielen.

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