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Gar nicht oder mangelhaft durch RSP bediente Genres/Genrekreuzungen

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KWÜTEG GRÄÜWÖLF:
Das Problem mit den Hobbyhistorikern habe ich gottseidank nicht, denn selbst wenn die in einer Runde bei mir drin wären, kann ich dann immer noch meine Trumpfkarte "Profihistoriker" ausspielen  ;D

Aber mal im Ernst, selbst als Profi hat man Wissenslücken, oder veraltete Kenntnisse, oder irgendwelche Details sind in der Forschung immer noch nicht geklärt usw.
Daher ist mein Ansatz, wenn ich was Historisches leite, dass wir es bei den Details weniger eng sehen.

Gutes Beispiel ist meine langjährige Ars-Magica-Runde. Ars Magica spielt Ende 12./ Anfang 13. Jh., da gibt es die beliebten Zweihänder der Renaissance ja noch gar nicht, die sind aber (ebenso wie Hellebarden, die auch frühestens 150 Jahre später auftauchen) mit Regelwerten da. Da sag ich mir auch, ein SC kann ja einfach abgedrehte Vorstellungen haben, und der mit den Augen rollende Waffenschmied baut ihm dann halt ein völlig überzogenes Schwert.

Wenn man aus einer Runde nicht verbissen eine museale Ausstellung machen will, ist das alles halb so wild.

Ein anderes Thema hingegen: Zeitgeschichtliche Mentalitäten. Leute in der Zeit haben, wenn sie west- und mitteleuropäische Christen sind, durchaus antisemitische Vorstellungen im Kopf. Und auch wenn Frauen da durchaus mehr Handlungsmöglichkeiten haben, als wie man sich das heute vorstellt (Frauen konnten in Städten Meisterinnen werden), sind sie doch eindeutig Männern untergeordnet.

Solche Elemente kann man natürlich unterschlagen und die Zeit damit idealisieren. Ich halte davon persönlich nichts, spreche aber die Spielervorher darauf an, dass ich in der Runde auch diese hässlichen Seiten darstellen werde.

nobody@home:
Wenn ich mir die Diskussion zum historischen Rollenspiel so betrachte, dann frage ich mich, ob ein Teil des Problems nicht vielleicht beim schlichten schnöden Marketing liegt. Der durchschnittliche Nichthistoriker wird sich nämlich, vermute ich, unter den diversen unterschiedlichen Jahrhunderten und Historiker-Schlagworten wie "Völkerwanderungszeit" oft genug gar nichts Konkretes vorstellen können -- der braucht schon seine eingängig bekannten Namen und Ereignisse als Bezugspunkte, damit sich zumindest überhaupt erst mal ein gewisses Anfangsinteresse einstellt...

DonJohnny:

--- Zitat von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 16.02.2024 | 10:56 ---Daher ist mein Ansatz, wenn ich was Historisches leite, dass wir es bei den Details weniger eng sehen.

--- Ende Zitat ---

Absolut richtig. Man darf auf gar keinen Fall den Anspruch haben, wirklich alles korrekt einbetten zu können, dem Anspruch wird man nie gerecht. Irgendwo muss man eine Linie ziehen. Mir hilft es schon immer ungemein mir zu dem Thema ein entsprechendes Buch durchzulesen, ein oder zwei Filme anzuschauen oder ne Doku die ich eh schon gesehen habe, dann kriegt man finde ich für die entsprechende Zeit schon ein ganz gutes Gefühl. Nach der siebenteiligen Megadoku über den amerikanischen Sezessionskrieg die auf arte lief, fühl ich mich dahingehend auch schon ausreichend auf das Thema eingestimmt. Da weiß ich wahrscheinlich dann schon deutlich mehr als die aktivsten unserer Deadlandsspieler.



--- Zitat von: nobody@home am 16.02.2024 | 11:15 --- Der durchschnittliche Nichthistoriker wird sich nämlich, vermute ich, unter den diversen unterschiedlichen Jahrhunderten und Historiker-Schlagworten wie "Völkerwanderungszeit" oft genug gar nichts Konkretes vorstellen können

--- Ende Zitat ---

Ich sehe das Genre der Geschichtsrollenspiele auch eher bei den "interessierten Laien" also schon eher bei einer kleineren Gruppe von Rollenspielern.

Eiserne Maske:

--- Zitat ---Zum einen sind die Vorausetzungen und vorab getätigten Festlegungen wie etwa soziale Beziehungen in unserer Welt unter echten Personen bekanntermaßen komplexer als in einer ausgedachten. 
--- Ende Zitat ---

--- Zitat von: YY am 15.02.2024 | 20:42 ---Geht ja grundsätzlich in beide Richtungen - also einerseits kann man das auch in fiktiven Welten komplex betreiben und andererseits auch in der "echten" (Spiel-)Welt sehr weit reduzieren.

Ich stelle bei den in meinen Augen gelungenen "unmagischen" Spielen jedenfalls fest, dass sich im Vergleich die Autoren "magischer" Settings und Regelwerke gerne sehr stark bei den fantastischen Elementen austoben. Wo das im Vergleich nicht geht, kann und muss man sich eben intensiver mit den mundanen Aspekten auseinandersetzen*. Da zeigt sich für mich immer wieder, dass das allemal genug Spieltiefe hergibt. Es muss ja auch bei Weitem nicht alles verregelt sein, nur weil die Kernfaktoren und Funktionsweisen erklärt werden. Vieles lässt sich dann auch "nur" auf der beschreibenden Ebene mit Leben füllen.
 

*Was die notwendige Recherche und spieltaugliche Aufbereitung angeht, würde ich sogar ein Stück weit mit gehen und das als Königsklasse bezeichnen. Andererseits wälzen auch die Autoren sonstiger Rollenspiele mal ein Fachbuch u.Ä. :think:

--- Ende Zitat ---
Von Regelsystemen habe ich auch nicht gesprochen, da gibt es sicherlich keinen Mehraufwand. Und natürlich kann man die "echte" Welt in ihrer Komplexität reduzieren, ein Beispiel wäre eben das erwähnte James Bond Franchise als Rollenspiel. Das Problem hierbei ist, im Vergleich mit der überwältigenden Wirklichkeit ist James Bond ziemlich langweilig (und ich sehe mir gerne immer wieder mal einen der Filme an). Man lässt sich bei so einer Reduktion eine Menge entgehen, fiktive Welten hingegen bleiben im Vergleich sogar bei auswuchernden Beschreibungen wie DSA oder Perry Rhodan letzten Endes überschaubar.

Darüber hinaus gibt es für mich zumindest wenig Diskussionswürdiges, wenn wir beide weitermachen, laufen wir Gefahr in Rechthaberei zu verfallen. Viele Geeks (und ich habe keine Probleme mit der Feststellung, dass ich auch einer bin) die ich in der Vergangenheit getroffen habe, haben ein Problem damit, dass unsere Fantasy-Nische als Genre qualitativ unter "echter" Literatur oder Kunst angesiedelt wird - ich nicht, ich sehe das genauso. Sich mit der echten Welt auseinanderzusetzen ist einfach schwerer, als eine Welt zu erfinden.

Aber ich will auch weiß Gott niemanden überzeugen, wirklich nicht. Ich sehe auch auf niemanden herab, der das anders sieht.

haste nicht gesehen:
Gibt es eigentlich irgenwo eine Aufstellung von Rollenspielen nach Genre?

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