Ich habe ja auch eine langjährige G7-Kampagne hinter mir und
selbstverständlich hat der Charakter eine Entwicklung durchlaufen, so dass ich rückblickend sagen würde: Er ist gewachsen, hat sich verändert über die reinen Werte hinaus!
Der
Fokus der Kampagne lag aber ganz offensichtlich nicht darauf, ob die SC mit den Problemen der Welt interagieren werden - denn das geben die Abenteuer vor: Es gibt Orte, wo
die Gruppe hin muss, Bündnisse, die geschmiedet werden müssen, NSC die überzeugt werden müssen. Offen ist da nur (mehr oder weniger) das WIE - nicht das OB. Und innerhalb dieses WIE gibt es natürlich Potential für inneres Wachstum. Wenn ich jetzt ganz selbstkritisch zurückblicke, dann haben doch meisten Veränderungen des SC zBsp in seiner Weltanschauung, seiner Position zu seiner Kirche usw. aber tendenziell extrinsische Gründe gehabt: Dinge, die IHM passieren und auf die ER reagieren musste.
Bei einem charakterzentrierten Spiel, wo der Plot aufgrund der Entscheidungen der SC überhaupt erst entsteht, gibt es natürlich auch extrinsische Faktoren, aber Zwänge (wie zBsp "Wir spielen jetzt
Alptraum ohne Ende, und das findet in Weiden statt!") sind weniger bindend und die Reaktion des SC kann auch sein: Ignoriere ich, meine Hochzeit ist mir wichtiger! Wenn dann in Weiden schlimme Dinge passieren, weil man nicht da war, hat das schlechte Gewissen ein ganz anderes Gewicht als "Hm Weidener sind doch anders, als ich dachte. Ich muss mein Vorurteil überwinden, da ich ja jetzt in Weiden war weil.. ich da hin musste... weil.. wir da halt spielen wollten".
Im Endeffekt kann man charakterzentriertes Spiel auch als eine Art "soziale Sandbox" verstanden werden, wobei man da den Begriff ggf. sehr weit dehnen muss, je mehr man improvisiert - weil dann ad hoc NSC erstellt werden und sich Plots ergeben und man da eigentlich keine vorher existierende Box hat.
Mit der Charaktererschaffung über Phasen aus Fate Core erschafft man ja beispielweise eine Gruppe, die schon eine Vorgeschichte hat und darüber so wie über die entstehenden Aspekte NSC mitbringt, die damit Teil der sozialen Sandbox werden (können). Greift die SL das konsequent auf und fordert die Aspekte, indem die NSC "antagonistische Dinge" tun, müssen sich die Spielenden mit ihren SC dazu positionieren. Damit nimmt jede Reaktion direkt Einfluss auf ihren Charakter und kann zBsp Überzeugungen wie "Ich bin der beste Schwertkämpfer der Ostküste!" grundsätzlich in Frage gestellt werden, wenn die Gruppe sich aufgrund eines noch besseren Kämpfers zurückziehen muss. Dey Spielery kann sich dann vielleicht sogar überlegen, den Aspekt umzuschreiben und den Charakter damit zu verändern. Ein Plothook könnte sein: "Ich muss den Meister meines Gegner treffen und von ihm lernen!" => eine persönlichere Motivation kann man durch ein Fertigszenario kaum bekommen. Die Herausforderung in dieser Spielweise ist dann nur, die Motivationen der Gruppe aufeinander abzustimmen, das erfordert an der Stelle eine stärkere Aufmerksamkeit durch die Spielenden.
Ich habe im Gegenzug in einer ebenfalls langjährige Kampagne gespielt, wo die SL zwar einen groben Metaplot hatte, die Motivationen der SC aber darin eingeflochten und mit diversen NSC verbunden hat. Damit war (fast) jede unser Entscheidungen in dem Sinne frei, dass wir wussten: Egal was wir tun, es werden sich spannende Entwicklungen, Gefahren und Herausforderungen ergeben! Ich kann das grad nicht genauer beschreiben als oben - aber die Spielweise war irgendwann einfach ganz fundamental anders, als bei einer fertigen Kampagne.
@
First Orko
Man kann auch zum Beispiel in Ner riesigen Sandbox spielen. Da kann es durchaus sein, dass Figuren persönliche Verbindungen knüpfen, zeitweise sesshaft werden, oder immer mal wieder zu einem Stützpunkt zurückkehren.
So wird es zumindest bei uns gehandhabt
Im klassischen Sinne ist eine Sandbox, egal wie riesig, natürlich auch nur ein Angebot der SL, welche bereits vorher definierten Plotorte plaziert hat und damit gibt es natürlich eine Art "soziale Verantwortung" der Gruppe, diese Orte grundsätzlich auch bereisen zu wollen. Das grundsätzliche Problem an herumreisenden SC und ihren Verbindungen ist meiner Ansicht nach, dass die NSC ja nicht alle mitreisen - deshalb würde ich sagen, dass zBsp eine
West Marches-Style-Sandbox um einen zentralen Handlungsort sich sehr gut dafür eignen würde, Plots und SC-Motivationen zu verbinden.