Autor Thema: Sind schlanke Systeme gut für lange, progressive Kampagnen geeignet?  (Gelesen 2505 mal)

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Offline Zed

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Ich bin (A)DnD-sozialisiert, die Systemfamilie, die nicht als regelleicht gilt. Ich hänge wohl wegen dieser Prägung dem Dogma an, dass regelleichte Systeme sich nicht gut für lange, sich im Machtlevel entwickelnde Kampagnen eignen. Denn für mich gehören zu einer langen Kampagne spürbare Aufstiege und Weiterentwicklungen der Charaktere, die die Möglichkeiten der Figuren erweitern (analog zu DnDs Level 1-20). Ich kenne zuwenig regelleichte Systeme, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass diese die Progression der Charaktere gut modellieren.

Nehmen wir als Beispiele doch diese schlanken Systeme:

In diesem Thread haben 17 Tanelornys folgende Systeme als "regelleicht" eingeordnet:

DSA 1
Knave 1e
Engel Arkana
PtbA
Fate

und First Orko hat in dem Thread noch folgende Systeme klarifiziert und ergänzt:

I Regelleicht
(entweder als Spielende sehr einfach und als SL maximal mittel, oder umgekehrt oder beides)

Dread
Geh nicht in den Winterwald
Itras By
Wanderhome
Sea Dracula
Ten Candles
Honey Heist
Ratten!
Feng Shui
Tricube Tales
Tales from the Loop
Tales of Equestria (My Little Pony)
The Pool
Polaris
Wushu
Turbo Fate

Seid so nett und zerstört oder bestätigt meinen Glaubenssatz.  8)

Offline Isegrim

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DSA 1

Das ist ein Beispiel, dass man ein regelleichtes System mit deutlicher, lang dauernder Progression haben kann. Ich kann mir vorstellen, dass viele neuere Systeme das nicht unbedingt hinkriegen. Die sind sehr fokussiert (was DSA1 nicht ist), und eine Reihe Forumsmitglieder sagten, die taugen eher für One- oder Few-Shots, was offensichtlich das Gegenteil ist. Aber ein Gesetz scheint es nicht zu sein. Vielleicht eher, dass Leute, die lange Kampagnen haben wollen, eher zu anderen als regelleichten Systemen neigen. DSA1 war damals in den 80ern für viele die einzige verfügbare bzw bekannte Option, da nimmt man halt das, während es heute tausend Schwergewichte gibt, die deren bedürfnisse vielleicht besser erfüllen.
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Offline Sgirra

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Es kommt echt auf die Erwartungshaltung an. Wenn Weiterentwicklung der Figuren gleichbedeutend mit mechanischer Entwicklung in Höhe und Breite ist, kann die Antwort eher Nein sein. Gleichzeitig habe ich lange Fate, PbtA und Year Zero-Kampagnen gespielt oder geleitet (oder leite sie immer noch), und da waren/sind die Figuren auch nach Jahren noch nicht am Ende (Coriolis geht bei uns ins fünfte Jahr mit überwiegend denselben Figuren wie am Anfang). Allerdings ist Progression für uns nicht gleich Spielwertsteigerung, sondern eben und vor allem auch narrative Figurenentwicklung.
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Offline Arldwulf

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Kurze Antwort: Ja, deine Überlegungen würde ich so teilen.

Regelleichte Systeme haben üblicherweise weniger Werkzeuge um längere Runden zu spielen, insbesondere was die Individualisierung der Charaktere und detaillierte Ausprägung angeht. 

Das betrifft auch das Powerlevel - aber natürlich nicht nur. Auch bei sehr langsamer Progression oder Wachstum in der Breite oder im Rahmen anderer Perspektiven (Rolle in der Welt, Charakterentwicklung etc.) bieten Regelwerke mit mehr Optionen genau dies. Mehr Optionen. Die gleichzeitig auch helfen können zu inspirieren.

Man kann dazu natürlich noch eine Anmerkung machen. Im Rollenspiel ist grundsätzlich und unabhängig vom Regelwerk natürlich alles möglich. Und darum bedeutet so etwas auch nicht, lange, progressive Kampagnen seien mit regelleichten  Systemen nicht möglich.

Man hat nur weniger Hilfsmittel.
« Letzte Änderung: 4.04.2024 | 12:42 von Arldwulf »

Offline nobody@home

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Persönlich würde ich ja erst mal hinterfragen, warum die Kampagne unbedingt lang sein soll. :)

Denn bei Viele-Stufen-Aufstiegssystemen wie (A)D&D und einigen anderen Klassikern ist die Länge ja im Prinzip Selbstzweck: man soll klein anfangen und sich hochackern, und weil besagtes Hochackern genau so-und-so angelegt und verregelt ist, dauert das dann halt und muß diese Dauer dann auch mit (prinzipiell eigentlich x-beliebigem) Inhalt gefüllt werden. Und entsprechend läßt sich auch eine D&D-Kampagne praktisch ohne jede Änderung am System verkürzen, indem man beispielsweise festlegt "Okay, wir spielen bis Stufe 6 und dann hören wir auf".

Und umgekehrt lassen sich auch in einem System mit weniger ständigem Drehen am Charakter-Hamsterrad meiner Ansicht nach durchaus lange Kampagnen spielen, wenn man das möchte. Nur, wenn da die Motivation durch "Ich will meinen nächsten Powerup!" nur in abgeschwächter Form zum Tragen kommt oder gar ganz wegfällt, dann muß eben der Kampagneninhalt selbst in die Bresche springen und das Interesse der Gruppe am Weiterspielen wachhalten...ich weiß nicht, ob beispielsweise jede Kaufkampagne das ohne die XP-Jagd-und-Level-Up-Komponente so leisten würde. ;)

Offline Arldwulf

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Nur, wenn da die Motivation durch "Ich will meinen nächsten Powerup!" nur in abgeschwächter Form zum Tragen kommt oder gar ganz wegfällt, dann muß eben der Kampagneninhalt selbst in die Bresche springen und das Interesse der Gruppe am Weiterspielen wachhalten...

Das sicherlich - doch hier sieht man halt durchaus einen Vorteil der Progression. Und das ist schlichtweg Plausibilität. Wenn ich am Anfang der Kampagne schon die gleichen Mittel hätte wie am Ende könnte ich auch direkt den BBEG umhauen, die Welt ist gerettet, Ende der Geschichte.

Lange Kampagnen benötigen Progression. Es muss dabei nicht einmal zwingend eine Progression sein welche durch Anstieg im Powerlevel gezeigt wird, auch Mittel wie die Rolle des Charakters in der Spielwelt, Ausrüstung oder Charakterentwicklung sind möglich.

Aber irgendeine Art von kontinuierlicher Weiterentwicklung braucht es, sonst ergibt das Grundkonzept der Geschichte halt keinen Sinn mehr.

Regelschwere Systeme (in diesem Kontext sind dabei Systeme mit hohem Detailgrad gemeint, nicht solche mit komplizierten Regeln) haben hierbei den Vorteil viele verschiedene Optionen nutzen zu können um Charaktere individualisieren zu können. Und um Charakterindividualisierung geht es letztlich, den Unterschied zwischen dem Charakter zu Beginn und jenem am Ende.
« Letzte Änderung: 4.04.2024 | 13:04 von Arldwulf »

Online aikar

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Naja, auch OD&D/Sword & WIzardry ist ja z.B. regelleicht und durchaus auf langes Kampagnenspiel mit Charakteraufstiegen ausgelegt.

Und auch Fate kennt Machtzuwachs in Form von Fertigkeitspunkten und neuen Stunts.

Die Frage ist eher: Wie häufig und wie feingranular will man den Machtzuwachs?

5 neue Spezialfertigkeiten und Zauber bei jedem Stufenaufstieg alle drei Abenteuer oder +X Punkte auf Y Fertigkeiten nach jedem Abend können ultra-schlanke Systeme natürlich inherent liefern.

Aber ich habe auch schon Aussagen gehört, dass D&D nicht für (endlos) langes Kampagnenspiel geeignet wäre, weil man bei Stufensystemen ja irgendwann das "Ende" erreicht.
Es ist alles eine Frage der Perspektive.

Lange Kampagnen benötigen Progression. Es muss dabei nicht einmal zwingend eine Progression sein welche durch Anstieg im Powerlevel gezeigt wird, auch Mittel wie die Rolle des Charakters in der Spielwelt, Ausrüstung oder Charakterentwicklung sind möglich.
Aber irgendeine Art von kontinuierlicher Weiterentwicklung braucht es, sonst ergibt das Grundkonzept der Geschichte halt keinen Sinn mehr.
Progression im Sinne von Veränderung bieten auch die leichtgewichtigen Systeme praktisch alle.
Aber für viele Spieler:innen gehört der Powerlevel-Anstieg halt dazu.
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Offline Feuersänger

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Persönlich würde ich ja erst mal hinterfragen, warum die Kampagne unbedingt lang sein soll. :)

Das ist aber überhaupt nicht die hier gestellte Frage und wäre eher was für einen eigenen Thread.

Kampagnen können aus vielen Gründen lang gewollt sein, zB damit sich die Charaktere ordentlich entwickeln können (auch abseits der Regelwerte) oder weil halt einfach die Story episch ist und nicht an einem Nachmittag abgefrühstückt.

--

Zur Eingangsfrage: so ziemlich alle regelleichten Systeme, die _ich_ ausprobiert habe, haben sich für Kampagnenspiel als ungeeignet erwiesen.
Dass die SCs in solchen Systemen meist enorm schmalspurig sind, ist dabei nur ein Aspekt. Meist ist einfach das System nicht ausreichend belastbar für all die Dinge, die in so einer Kampagne passieren können, und es kommt früher oder später aufgrund irgendwelcher Regelartefakte mit kreischenden Bremsen zum stehen.

Ob das jetzt auf alle im OP genannten Systeme zutrifft weiss ich nicht, weil entweder gar nicht oder nur kurz angespielt.
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Offline Arldwulf

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Es ist alles eine Frage der Perspektive.
Progression im Sinne von Veränderung bieten auch die leichtgewichtigen Systeme praktisch alle.

Klar. Nur halt weniger. Mit geringerer Regelunterstützung.

Offline bobibob bobsen

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Die hier aufgestellte These das Kampagnen interessant sind weil es eine SC progression gibt macht mich traurig.
Meine Motivation ist immer eine spannende Geschichte zu spielen, nicht meinen SC von Stufe 1 auf sehr hoch zu bringen.

Offline First Orko

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Kurze Antwort - ein klares: Jain;D

Lange Antwort: Wie immer kommt es auf Erwartungen, Vorlieben und Spielfokus an. Grundsätzlich hast du ja mit "progressiv" eine naheliegende Antwort vorweggenommen, denn natürlich eignet sich dafür ganz explizit nur ein System, welches Progression anbietet. Zugrunde liegt für so eine Spielweise u.a. das Motiv der Heldenreise - allerdings meist reduziert auf den Aspekt der "Verbesserung" des Charakters, während eigentlich (wenn wir mal ehrlich sind) bei Dauerkampagnen kein echtes, innerliches Wachstum stattfindet in dem Sinne, das Motivation, Überzeugung, Ziele und Umfeld der Figuren sich selten relevant ändern: Man hat seine Gruppe (manchmal wird einer ersetzt) und reist durch die Abenteuer-Weltgeschichte. Innerhalb gewisser Grenzen kann sich ein Charakter zwar entwickeln, wird sich aber bspw. kaum irgendwo länger niederlassen - einfach weil er dadurch die Kernmotivation des Spielenden "Ich will beim nächsten Abenteuer dabei sein!" unterlaufen würde.

Jetzt kann man natürlich den Spielfokus mehr auf diese inneren Werte legen und ableitend von persönlichen Motivation der SC (gemeinsam) überhaupt erst Abenteuer entwickeln, die diese Art der Charakterveränderung möglich machen und sogar fördern. In so einer Spielweise verliert die Werteprogression an Bedeutung, kann in Grenzfällen sogar hinderlich sein: Wenn ich zum Beispiel recht detailliert Charakterdramen ausspiele mit viel wörtlicher Rede, findet das quasi in Echtzeit statt. Gemessen an typischen Szenarien, wo auch mal Tage in wenigen Minuten vergehen, tun SC in der Spielzeit verhältnismäßig wenig - und doch will man ja (in einem entsprechenden System) vielleicht Erfahrungspunkte? Gibt ja auch Systeme, die für jede Sitzung pauschal Punkte vergeben. Im schlimmsten Fall habe ich dann einen SC, der 2 Stufen aufgestiegen ist und ein Dutzend Fertigkeiten verbessert hat, während man ingame nur eine Hochzeit durchgespielt hat  ;D *

Zugegeben ist das ein sehr konstruierter Fall, soll aber verdeutlichen, dass Ingame-Zeit und Progression idealerweise zusammen passen sollten. Verändere ich die Spielweise also, dass ich weniger Ingame-Zeit habe, spielt Werteprogression eine immer untergeordnete Rolle bis hin zu einem sehr konkreten Spielfokus oder sogar einem definierten Spielziel. In Honeyheist geht es darum, den Honig zu klauen - in einer Sitzung. In Ten Candles geht es um das Scheitern der SC - in einer Sitzung. In Wanderhome kann man schonmal mehrere Sitzungen damit zubringen, bis alle am Ende irgendwo ein Zuhause gefunden haben. Fate und PbtA sind dagegen durchaus auf längerfristige Charakterentwicklung eingestellt, ohne dass man spürbar "besser" wird und sich ggf. sogar voneinander entfernt - vielmehr verändern sich über die Zeit und Erlebnisse die Figuren und erhalten teilweise nur mehr bzw. andere Optionen, mit Situationen umzugehen.

Darüber hinaus brauchen simplere Systeme weniger Aufmerksamkeit von Beteiligten, es müssen seltener Regeln nachgeschlagen oder diskutiert werden und man bleibt mehr im Spielgeschehen involviert. Das sind Vorteile, die einem auf "innere Progression" fokussierte Kampagnen begünstigen können. Sie stehen dem auf jeden Fall nicht mehr im Wege, als komplexere Systeme.

Am Ende ist aber die Frage, ob sie gut geeignet sind, mit der Gegenfrage zu beantworten: Welche Art von Progression ist denn gemeint?

Einige der genannten Systeme können gut oder besser geeignet sein, als große Systeme. Andere dagegen sind gar nicht geeignet. Umgekehrt verlieren große Systeme mit langfristiger Progression ihre Stärke, wenn sie für kurze, schnelle Runden, Oneshots oder Minikampagnen genutzt werden.
It's repetitive.
And redundant.

Discord: maniacator#1270

Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Online aikar

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Die hier aufgestellte These das Kampagnen interessant sind weil es eine SC progression gibt macht mich traurig.
Meine Motivation ist immer eine spannende Geschichte zu spielen, nicht meinen SC von Stufe 1 auf sehr hoch zu bringen.
Das sei dir unbenommen. Aber ich habe über die Jahre den Eindruck gewonnen, dass du da da eher die Ausnahme bist.
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Offline felixs

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Die hier aufgestellte These das Kampagnen interessant sind weil es eine SC progression gibt macht mich traurig.
Meine Motivation ist immer eine spannende Geschichte zu spielen, nicht meinen SC von Stufe 1 auf sehr hoch zu bringen.

Beides schließt sich ja nicht aus.

Ich sehe es zwar auch so wie Du, mein Hauptziel ist auch, eine interessante Geschichte zu spielen, aber gleichzeitig kann man ja anerkennen, dass die Weiterentwicklung der Spielfiguren in eingen Genres zu den Konventionen gehört und entsprechend (oder aus anderen Gründen) gewünscht wird. Zumindest sehe ich nicht, dass die Weiterentwicklung der Spielwerte einer Spielfigur der Geschichte schadet. Beides muss halt zusammenpassen - so oder so.
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Offline nobody@home

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Das sicherlich - doch hier sieht man halt durchaus einen Vorteil der Progression. Und das ist schlichtweg Plausibilität. Wenn ich am Anfang der Kampagne schon die gleichen Mittel hätte wie am Ende könnte ich auch direkt den BBEG umhauen, die Welt ist gerettet, Ende der Geschichte.

Wenn es denn nur die eine Geschichte um den einen umzuhauenden BBEG gibt -- dann ja. Aber das ist dann halt auch inhaltsseitig eine ziemlich einfallslose Kampagne, denn schließlich könnte ich dieselbe Handlung auch im Rahmen eines einzigen Abenteuers haben, ohne sie erst künstlich auf Länge aufblasen zu müssen. ;)

In der Praxis würde ich mich bei einer auf "länger" angelegten Kampagne deutlich eher an einschlägigen Medien im ausdrücklichen Serienformat als Vorbild orientieren (Fernsehserien in "real" und Zeichentrick, Comics, Groschenromane...), die ja auch ohne stetigen persönlichen Machtzuwachs seitens ihrer Hauptpersonen meist kein Problem damit haben, genügend Abwechslung bieten, um ihre Fans bei der Stange zu halten. Wenn ich davon nicht genug abkupfern kann, um dasselbe auch im Spiel zu schaffen, und die Progression unbedingt dazu haben "muß", damit's fluppt, dann wird diese nämlich ungemütlich schnell zu einer Form von Krücke...und da mag zwar hier und da absolut ihren Nutzen haben, dauerhaft angewiesen sein will ich auf sie aber nicht.

Offline KapitänOffensichtlich

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Sind schlanke Systeme geeignet? Ja. Für alles. Nichts zu danken!

Vor allem SeaDracula. Wir spielen damit Boston Legal, aber reine Musicalfolgen

Offline Arldwulf

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Wenn es denn nur die eine Geschichte um den einen umzuhauenden BBEG gibt -- dann ja. Aber das ist dann halt auch inhaltsseitig eine ziemlich einfallslose Kampagne, denn schließlich könnte ich dieselbe Handlung auch im Rahmen eines einzigen Abenteuers haben, ohne sie erst künstlich auf Länge aufblasen zu müssen. ;)

Aufblasen muss man dort gar nix, es ist nur ein Beispiel für langfristige Ziele. Letztlich geht es genau darum, ob ein Regelwerk in der Lage ist eine Geschichte welche sich um langfristig erreichbare Ziele dreht zu ermöglichen und mit Regelhilfen zu unterstützen.

Dass ich auch Geschichten mit episodisch erreichbaren Zielen oder Geschichten mit kurzfristig erreichbaren Zielen spielen kann ist davon ja unbetroffen.

Ich glaube es macht wenig Sinn hier zu fragen warum man denn so etwas spielen wollen würde, am Ende geht es eher darum zu fragen mit welchen Regelwerken und wie diese bei dieser Art von Geschichten unterstützen können.
« Letzte Änderung: 4.04.2024 | 13:58 von Arldwulf »

Offline nobody@home

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Aufblasen muss man dort gar nix, es ist nur ein Beispiel für langfristige Ziele. Letztlich geht es genau darum, ob ein Regelwerk in der Lage ist eine Geschichte welche sich um langfristig erreichbare Ziele dreht zu ermöglichen und mit Regelhilfen zu unterstützen.

Dass ich auch Geschichten mit episodisch erreichbaren Zielen oder Geschichten mit kurzfristig erreichbaren Zielen spielen kann ist davon ja unbetroffen.

Ich glaube es macht wenig Sinn hier zu fragen warum man denn so etwas spielen wollen würde, am Ende geht es eher darum zu fragen mit welchen Regelwerken und wie diese bei dieser Art von Geschichten unterstützen können.

Langfristige Ziele sind nur deshalb langfristig, weil man sie kurzfristig eben nicht erreichen kann -- das hat aber mit einem Protagonisten-Hochpowern erst mal grundsätzlich gar nichts zu tun. Schließlich muß ich, um ein Ziel am anderen Ende der Welt zu finden, wenn ich nur ein Segelschiff habe und den Weg noch nicht kenne, auch nicht erst zwingend den Überschalljet und GPS erfinden.

Offline Zed

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Die hier aufgestellte These das Kampagnen interessant sind weil es eine SC progression gibt macht mich traurig.
Meine Motivation ist immer eine spannende Geschichte zu spielen, nicht meinen SC von Stufe 1 auf sehr hoch zu bringen.
@nobody und alle, die die Ausgangsfrage schwierig/traurig finden:

Meine Frage geht mit voller Absicht die Richtung "Kampagnen, in denen die Charaktere ihren Machtlevel weiterentwickeln". Bitte bleibt hier bei dieser Frage.

Macht aber gerne einen eigenen Thread mit einer für Euch geeigneteren Ausgangsfrage auf.  :)

@bobibob bobsen
Ich spiele mit meiner Runde seit Mitte der 90er in derselben Kampagne. Sogar über Systeme hinweg: Erst einem microliteartigen System, dann dem (uns zu tödlichen) RuneQuest und seit Mitte der Nuller Jahre in DnD-3.5. Jetzt sind alle SCs 19. Stufe, und unsere Kampagne steuert auf ein großes Finale zu. Szenen, die wir vor fast 30 Jahren gespielt haben, werden wieder aufgegriffen und ergeben für die SCs plötzlich einen neuen, "letzten" Sinn. Sehr alte Feinde und Verbündete tauchen wieder auf und sind nun vielleicht neue Verbündete oder neue Feinde.

Man könnte mir für zukünftiges Spiel andere Systeme nahelegen, aber die Ausrichtung an derart lange Kampagnen würde ich niemals gegen One- oder Few-Shots eintauschen wollen.

Oder kurz: Auch meine Motivation ist "immer eine spannende Geschichte zu spielen", nur dass für mich ein wichtiger Teil der Geschichte auch aus der Langfristigkeit und dem Machtanstieg folgt.
« Letzte Änderung: 4.04.2024 | 15:05 von Zed »

Offline Arldwulf

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Langfristige Ziele sind nur deshalb langfristig, weil man sie kurzfristig eben nicht erreichen kann -- das hat aber mit einem Protagonisten-Hochpowern erst mal grundsätzlich gar nichts zu tun. Schließlich muß ich, um ein Ziel am anderen Ende der Welt zu finden, wenn ich nur ein Segelschiff habe und den Weg noch nicht kenne, auch nicht erst zwingend den Überschalljet und GPS erfinden.

Durchaus. Aber selbst in diesem Beispiel ist ein Unterschied zwischen dem Charakter zu Beginn und dem bei Erreichen des Ziels. In diesem Fall halt - "Hat ein Segelschiff und weiß wohin dies segeln soll".

Alles erst einmal nichts was regelleichte Systeme nicht könnten, natürlich. Regelschwere Systeme würden hierzu aber mehr Details hinzufügen. Bieten Hilfsmittel um dies weiter auszugestalten. Und genau dies ist der Punkt: wenn man am Ende der Kampagne fragt worin sich der Charakter weiterentwickelt hat so kann man anhand der Systeme halt auch eine Antwort darauf geben welche sich bei regelleichten und regelschweren (im Sinne vieler Details) unterscheiden.

Offline nobody@home

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@nobody und alle, die die Ausgangsfrage schwierig/traurig finden:

Meine Frage geht mit voller Absicht die Richtung "Kampagnen, in denen die Charaktere ihren Machtlevel weiterentwickeln". Bitte bleibt hier bei dieser Frage.

Na, da kann ich zumindest eins sagen: natürlich eignen sich dann Systeme nicht, die das Spezialziel Machtlevelweiterentwicklung nicht "angemessen" unterstützen. Hat natürlich seinerseits nur bedingt mit der Kampagnenlänge zu tun, denn wenn ich den Aufstieg einfach nur im hinreichenden Turbogang durchdrücke, dann kann ich auch beispielsweise innerhalb von zehn Sitzungen von Stufe 1 bis 20 kommen (einfach jeweils einen Levelup gegen Mitte und einen am Ende des Spielabends einlegen). Insofern, denke ich, vermischt die Ausgangsfrage da einfach zwei Konzepte, die ursächlich so nicht zusammengehören.

Offline Quaint

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Nicht alle regelleichten Systeme sind für lange, progressive Kampagnen geeignet. Es gibt sie aber schon. DSA 1 wurde ja schon genannt.
Ich denke wenn man einfach mehr bewegliche Teile und Stellschrauben hat, dann gibt es auch einfach mehr Möglichkeiten irgendwo etwas zu verbessern.
Man muss aber auch sagen, dass sowas wie DnD mit seinen Leveln eine sehr extreme Charaktersteigerung hat. Das geht ja von "Angst vor einem Goblin" bis hin zu "Götter und Erzdämonen vermöbeln". Und wenn das der Maßstab ist - ja so eine extreme Progression haben nicht viele Systeme, und auch nicht viele regelleichte Systeme.
Besucht meine Spielkiste - Allerlei buntes RPG Material, eigene Systeme (Q-Sys, FAF) und vieles mehr
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Offline Arldwulf

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Den Machtlevel selbst kann man eigentlich recht gut von der Frage nach Regeldichte trennen.

Wenn ich sage Paul wird vom Lehrling zum Erzmagier so geht dies prinzipiell natürlich auch in einem extrem regelleichten System.

Wo sich regelleichte Systeme von regelschweren unterscheiden ist bei der Frage wie diese neue Rolle im Spiel dargestellt wird und wie viele Zwischenstufen dazu mit wie viel Charakterindividualisierung angeboten werden.

Kurzum in der Frage: wie genau unterscheidet sich der Charakter von seinem früheren selbst?

Hier haben regelschwere Systeme (wie gesagt nicht im Sinne "kompliziert", sondern eher im Sinne "Regeldicht, Umfangreich") Vorteile indem sie mehr Hilfsmittel anbieten um Charaktere sowohl auf gleicher Progressionsstufe als auch über Progression hinweg zu differenzieren.
« Letzte Änderung: 4.04.2024 | 16:21 von Arldwulf »

Offline Zed

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Wenn ich sage Paul wird vom Lehrling zum Erzmagier so geht dies prinzipiell natürlich auch in einem extrem regelleichten System.
Bislang wurde hier DSA 1 (mit Einschränkungen) genannt und OD&D:

Naja, auch OD&D/Sword & WIzardry ist ja z.B. regelleicht und durchaus auf langes Kampagnenspiel mit Charakteraufstiegen ausgelegt.
Und ich denke, bei diesen Beispielen kann ich mitgehen.

Es kommt echt auf die Erwartungshaltung an. Wenn Weiterentwicklung der Figuren gleichbedeutend mit mechanischer Entwicklung in Höhe und Breite ist, kann die Antwort eher Nein sein. Gleichzeitig habe ich lange Fate, PbtA und Year Zero-Kampagnen gespielt oder geleitet (oder leite sie immer noch), und da waren/sind die Figuren auch nach Jahren noch nicht am Ende (Coriolis geht bei uns ins fünfte Jahr mit überwiegend denselben Figuren wie am Anfang). Allerdings ist Progression für uns nicht gleich Spielwertsteigerung, sondern eben und vor allem auch narrative Figurenentwicklung.
Spannend! Kannst Du das noch näher ausführen? (Ich habe jedoch gar keine Erfahrung mit den genannten Systemen, daher brauche ich DAU-Erläuterungen.)

Offline Arldwulf

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Bislang wurde hier DSA 1 (mit Einschränkungen) genannt und OD&D:
 Und ich denke, bei diesen Beispielen kann ich mitgehen.

Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht ob ich diese nennen würde, da beide schon eine sehr viel größere Spannweite an regeltechnischer Charakterindividualisierung (zumindest für manche Charaktere) vorsehen als spätere regelleichte Regelwerke.

Und schon sehr früh z.B. im D&D Bereich auch Aspekte wie die Regeltechnische Umsetzung von sozialem Aufstieg, beispielsweise durch Gefolgsleute und Burgen, Diebesgilden und dergleichen hineinkamen welche es so in vielen regelleichten Systemen nicht gibt.

Aber es sind halt immer Abstufungen und teilweise sind die Spiele auch aufgrund ihrer Themen schwer vergleichbar.

Was man wohl sagen kann ist, dass Systeme mit hoher Charakterindividualisierung und der Möglichkeit diese im Laufe des Spiels anzupassen für längere Kampagnen besser geeignet sind.

Offline Fillus

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Es gibt auch bei vielen regelleichten Spielen, sogar die ohne Stufen oder Klassen, Möglichkeiten den Charakter mechanisch weiterzuentwickeln. Das ist dann nur losgekoppelter. Zum Beispiel über die Ausrüstung, magische Gegenstände, etc.

Das kann sogar soweit gehen, dass der Charakter ein Lager hat und sich für jede "Mission"  am sinnigsten Ausrüstet. Gibt genug Gegenstände sie einem in eine Richtung drücken können und es so auch möglich ist die "Standardrollen" mal zu tauschen aller "Heute bin ich der Tank".

Außerdem, wenn sie die Charakterstärke eher über die Items definiert, ist das Geld auch mehr wert. Wenn diese in häufigerer Zahl, aber spezialisierter sind oder sogar nur einige Male benutztbar sind, Seinen wir ehrlich, in Spielen die D&D, Pathfinder und Co, wird das Geld zur Nebensache.


Ich bin zwar auch der Meinung, mit umfangreichen Spielen, kann man die längeren Kampagnenspielen, was aber auch daran liegt das man Kleinteiliger besser wird. Und auch da, viele der umfangreichen Spiele funktionieren mechnaisch nicht mehr so gut wenn es in die höheren Stufen kommt. Warum gibt es keine offiziellen Kampagnen für D&D5 über Stufe 15 (Nein, diese verrückte Magier x Etagen zusammengeschusterte Megadungeon Dings ist für mich keine Kampagne). So oder so müssen also bei der SL oder den Spielern Komrpomisse eingegangen werden.

Die Entwicklung was das Rollenspiel angeht, würde ich auch nicht unbedingt gleich setzen.
Da gibt es die Entwcklung des Charakters durch die Geschehnisse im Spiel und dann die, welche durch die mechanischen Steigerungen zustande kommen. Wenn es gut läuft, werden beide miteinander verknüpft. Wenn nicht, dann kann der Charakter auf Stufe 3 plötzlich ganz andere Dinge aus dem Nichts.

Aber, ohne es wertend zu meinen, sind diese mechanischen Verbesserungen auch einfach Hilfestellungen was das Rollenspiel angeht. Also die Idee samt Verbesserungen geben einem sozusagen einen Masterplan für das Rollenspiel an die Hand, während man in vielen kleineren Systemen viel mehr selbst ausarbeiten muss. Daher kann es bei den leichteren Spielen auch passieren das man sie da verrennt, manchmal nicht weiter wiß wie der Charakter sich entwickeln soll. Aber das wird denke ich nicht so oft passieren.