Ich habe mir das Lego D&D Abenteuer "Red Dragon’s Tale" angeschaut, damit ihr das nicht müsst.
Zu dem 360€ D&D-Lego-Set kann man sich ein 20-seitiges PDF laden, welches Lego offenbar neben den vier Anleitungen mit über 550 Seiten (!) nicht mehr drucken und dem Set beilegen konnte. Wer bei Lego VIP-Mitglied ist, kann sich das aber auch gedruckt zum Versandkostenpreis bestellen.
Das von Chris Perkins geschriebene Abenteuer hat netto 9 Seiten (!), dazu kommen vier Seiten für die vier Pregens, eine Seite mit magischen Gegenständen und zwei leere Seiten für Notizen. Der Rest ist Cover und Impressum.
Positiv finde ich, dass sie explizit sagen, dass man keine D&D-Regeln braucht, um (das Abenteuer) mit Lego zu spielen und auf einer Seite Kurzregeln präsentieren. Charaktere handeln nacheinander und vor den Gegnern. Spieler beschreiben, was sie tun wollen und die SL sagt, ob das klar geht. Man kann angreifen, einen Gegenstand benutzen, sich bewegen oder was anderes machen, wo man dann improvisieren soll. Würfel sind nicht nötig. Wenn Gegner angegriffen werden, verlieren sie nach bestimmten Kriterien 1 bis 3 Punkte, wobei die SL aus dem Bauch entscheidet, ob ein Gegner vielleicht flieht – und wie viele Punkte er überhaupt hat. Bei Spielercharakteren wirft man eine Münze und entweder passiert nix oder der Charakter stürzt. Lebenspunkte gibt es keine. Nach drei Stürzen ist man aber für die Szene raus. Wird der Charakter von einem Zauber attackiert, stürzt er nicht, sondern verliert einen Gegenstand. Kann oder will er nichts abgeben, ist er raus.
Kann man machen, ist dann natürlich nicht mehr D&D, aber in den Händen eines erfahrenen SLs kann man das dann auch mit Anfängern, die noch nie was von D&D gehört haben spielen. Finde ich grundsätzlich gut. Ein unerfahrener SL ist aber glaube ich komplett überfordert. In jedem Fall zeigt es, das man D&D-Regeln eigentlich nicht braucht. In deinem D&D-Set. Nun ja.
Nachteil ist, dass wer mit diesen Regeln spielen will, einen dazu inkompatiblen und völlig unverständlichen (weil unerklärten) Charakterbogen vorliegen hat. Da wollte glaube ich Lego etwas, das keine D&D-Regeln erfordert, aber statt z.B. einfach ein Basis-Set beizulegen (dann hätte das Set eben 370€ gekostet und man hätte auch noch Würfel gehabt) ist es jetzt ein komischer Kompromiss geworden, der sich wie nix halbes und nix ganzes anfühlt.
Man spielt übrigens eine:n Zwergenkrieger:in (es gibt je zwei Köpfe), Elfenzauber:in, Gnomkämpfer:in oder Halborkschurk:in. Ich müsste jetzt nachgucken, bei welcher Stufe Charaktere ca. 30 HP und +3 Proficency haben. Steht nämlich nicht auf dem Charakterbogen.
Kommen wir lieber zu dem Abenteuer.
Das besteht aus sechs kurzen Szenen.
Die Charaktere treffen sich in einem Gasthaus, in dem ein böser Zauberer gerade den Wirt gefangen genommen hat und Böses plant. Die Charaktere essen "Hotwings" und können das Gebäude erkunden und ein Mimic bekämpfen. Danach geht es auf die Wiese, wo ein Eulenbär (ein wirklich gelungenes Modell, IMHO) und drei Riesenspinnen bekämpft werden. Danach steigt man in den Dungeon hinab und bekämpft einen Gallertwürfel. In der 4. Szene (bitte erst die Gebäude bauen, bevor man spielt, gibt das Abenteuer als Tipp) ist man im Keller, wo der böse Zauberer die Gastwirtfamilie eingesperrt hat, und stehen einem Beholder gegenüber, der sich jedoch als Displacerbeast-Haustier herausstellt, noch mal Glück gehabt, man muss nur drei Skelette töten. Danach geht's auf den Turm, um schließlich in Szene 6 dem roten Drachen (ebenfalls ein tolles Modell) zu begegnen. Der will sein Ei zurück. Also wohl eine "die" statt "der". Oder er will nicht, das sie merkt, dass er nicht auf ihr Ei aufgepasst hat. Also schnell den bösen Zauberer besiegen, dey Drachy sey Ei geben und sich freuen, dass man das Abenteuer erfolgreich geschafft hat.
Für die paar Seiten ist das erstaunlich traditionelles OSR-artiges Abenteuer, das sich auf seine Wurzeln besinnt, Monster zu bekämpfen und Schätze einzusammeln, denn da sind einige Artefakte im Gebäude verteilt. Wo einen das Abenteuer alleine lässt, sind die Spieldaten von allen Monstern aus dem Zauberer und dem Wirt. Oder auch auch sonst bei allem, was nach Regeln aussieht wie z.B. Schwellenwerte für Würfelproben.
Kann man damit Spaß haben? Ja, definitiv. Insbesondere wenn man schon das Geld für das Modell auf den Tisch gelegt hat und mehr damit machen will, als es einfach nur in den Schrank zu stellen.
Braucht man es? Auf gar keinen Fall.
Ist es etwas besonderes zum Jubiläum? Ganz im Gegenteil. Selbst wenn es nett im Lego-Stil illustriert ist, finde ich, dass das Abenteuer eine dahin geschluderte Minimallösung ist, die irgendwie für Anfänger geeignet sein soll, diese aber im Regen stehen lässt und D&D auf das simpelste reduziert, was man sich vorstellen kann: Alles totmachen.
Statt das Geld in Influencer zu stecken, die auf YT professionell Spaß verbreiten (was mög Ginny Di für einen Tag kosten? $3000? Bei fünf Influencern sind das $15.000, dazu nochmal die Crew, die das filmt, also zusammen bestimmt $30.000), hätte man auch etwas produzieren können, dass der Phandelver-Kampagne ebenbürdig ist. Wollte oder konnte man wohl nicht…