Autor Thema: These: Kampforientierte Systeme sind ideal für charakterfokussiertes Spiel  (Gelesen 1835 mal)

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Offline Zed

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In diesem Video stimmt der Videocreator der Aussage von Brennan Lee Mulligan (Dimension 20) zu, dass das Vorurteil, dass DnD sich nicht gut für charakterfokussiertes Spiel eignet, falsch ist, im Gegenteil: Brennan Lee Mulligan konzentriert sich bei seinem Spiel nicht auf die Kampfregeln, sondern nutzt die Stärken des Regelwerks, die Dinge zu simulieren, für die er keine eigenen Regeln braucht. Er kann sich dadurch auf die Geschichte und die Entwicklung der Charaktere konzentrieren.

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Ich kann mit dieser These viel anfangen: Mich als DnD-geprägter Spieler hat das System noch nie davon abgehalten, mich mit meiner Gruppe intensiv auf Charakterspiel-Sessions zu fokussieren. Wie ich anderswo schrieb: Von etwa 7 Spielsitzungen sind bei uns ca 3 reine Kampfsessions und etwa 4 ausgespielte Diplomatie und Taktik-/Strategieplanung.

Warum aber nicht direkt Systeme nutzen, die sich mehr auf Diplomatie konzentrieren? Zum einen macht uns auch das taktische DnD-Kämpfen Spaß. Zum anderen ist Teil dieser These ja: Was nicht (gut) geregelt ist, spielt man umso intensiver - das finde ich zumindest nachdenkenswert.

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Online schneeland

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Das Thema rauschte ja an verschiedenen Stellen schon durchs Internet.
In Kurzform:
Mich überzeugt die These nicht, zumindest nicht vollumfänglich - ansonsten wäre ja die Frage: wenn die interessantesten Spielsituationen da entstehen, wo es keine oder nur wenig Regeln gibt, warum dann als kampfinteressierte Gruppe nicht v.a. erzählerisch und allenfalls mit einem Minimalsatz an Regeln an Kampfsituationen herangehen?
Was ich aber für richtig halte: der Verzicht auf Regeln kann das Spiel interessanter machen, wenn die Gruppe bereit ist, entsprechende Situationen auszuspielen und die Bewertung von Handlungen anhand der Beschreibung vorzunehmen (bzw. durch die Spielleitung vornehmen zu lassen) - ganz gleich, ob es dabei um die am Hofe des Königs vorgebrachten Argumente geht, oder das Entschärfen einer Falle. Es ist aber m.E. nicht zwingend, dass es hier auch zu einem Gewinn an Spielqualität kommt, und gerade was soziale Situationen angeht, kann ein entsprechendes Regelwerk ja auch überhaupt erst die Anstöße geben, sich z.B. damit auseinanderzusetzen, dass die eigenen Argumente nicht verfangen und die eigene Spielfigur unter Druck gerät.
Im Endeffekt läuft es also eher darauf hinaus, dass man sagt: die Kombination aus stark verregeltem Kampf und schwach verregeltem sozialen Teil entspricht meinen Präferenzen (und sicher auch ein Stück weit der Tradition in Rollenspielsystemen wie D&D).
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Offline Luxgram

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Es liegt an der Gruppe/dem Spielleiter, meiner Erfahrung nach.

Ich persönliche sehe es genauso, und hab auch schon in Runden gespielt wo wir extrem viel RP hatten und die Kämpfe dann schnell und unkompliziert liefen, weil die Regeln da waren und gut funktionierten, damals war es das 2d20 System.
DnD hab ich persönlich nur einmal gespielt (4er Regeln) und es war grausam. Die Kämpfe dauerten ewig, das RP war nicht vorhanden, IC Unterhaltungen gab es quasi nicht sondern nur Blödeleien am Tisch. Warum? Die spieler hatten eigentlich kein interesse an ihren Charakteren und keiner hatte Ahnung vom System (oder interesse sich damit auseinander zu setzen). Nach der einen Sitzung dachte ich mir allerdings "Ich glaube mit meiner Runde (dich ih zu der Zeit geleitet habe) wäre das super. Kämpfe können cool sein und alles andere braucht keine/wenige Regeln." Damals war es aber dann so, dass meine Spieler das Gefühl hatten ein brettspiel zu spielen, daher haben wir nach einem Test aufgehört und sind wieder zu Splittermond zurück.

Viele Jahre später und jetzt versuche ich es wieder, diesesmal mit PF2e. Ich hoffe dadurch auch in meiner jetzigen kleinen Runde alle unter einen Hut zu bekommen, da dort die Meinung über Charaktere und was RP ist stark auseinander gehen.
Für den Einen sind größere Zahlen gleichbedeutend mit Charakterentwicklung, selbst die Wahl eines Namens für den Charakter ist da schon eher eine lästige Pflicht. Für den Anderen bräuchte es keine Bögen, weil man ja auch einfach nur in der Kneipe sitzen und reden kann und wenn man doch mal würfeln müsste, kann die SL es auch einfach handwedeln.

TL;DR: Meiner Meinung nach kann es so sein, aber da es sich um eine soziale Erfahrung handelt spielen die Menschen die beteiligt sind eine ebenso große Rolle wie das Regelwerk.

Offline 1of3

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Was nicht (gut) geregelt ist, spielt man umso intensiver - das finde ich zumindest nachdenkenswert.

Die Frage ist, was eine Sache regeln heißt.

Eine Regel kann etwas abkürzen. Also sie kann sagen: "Wenn du ein Monster triffst, würfle ob du es besiegst." Dann wird man daran natürlich nicht viel ausspielen.

Eine Regel kann auch zunächst mal, den Blick auf einen Sachverhalt lenken: "Überlege dir, wie dein Charakter üblicher Weise gegen Monster kämpft und gegen welche Monster das besonders geeignet ist."

Ich vermute, wenn Leute sagen, sie wollen dezidierte Regeln für etwas oder eben gerade nicht, sind da solche unterschiedlichen Vorstellungen und viele dazwischen.

Ein paar Beispiele.

- Unter Leuten, die Masks oder Monsterhearts spielen, sind überraschend viele Leute, die sich als Queer bezeichnen. Warum? Du bist laut Regeln gehalten, auf deinem Charakterblatt anzukreuzen, ob die du "ambiguous, man, shifting, transgressing, woman" bist. Kein Freitextfeld, sondern zum ankreuzen.

- Als ich meinen ersten Spieltest mit Let's Go To Magic School auf dem Treffen gemacht habe (damals noch namenlos), sagte Sabine hinterher: "Ohne das Regelwerk hätten wir das so nie hinbekommen." Die Leute kannten alle einschlägige Vorlagen für das Genre. Die wussten total wie man Zauberschule macht. Was also war das, was das Regelwerk getan hat? Ihnen noch mal vor Augen geführt, was da typische Elemente sind. Also du kannst z.B. das Malfoy-Playbook haben und vor dem Spiel sucht man irgendwelche magischen Schulfächer aus usw.

- Die Kollegen wollen gern mal D&D spielen. Kann ich machen. Ich werde die Einsteigerbox nehmen und sie werden - gebeten von ihrem Zwergenkumpel - auf dem Weg nach Phandalin sein und von Goblins überfallen werden. Für Charaktererschaffung haben wir keine Zeit, also gibt es die mitgelieferten. Das unglaublich platt, aber D&D macht genau das einfach.

Offline DonJohnny

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Letzten Endes ist genau das das Credo von 13th Age.

13th Age schlägt voll in die Richtung aber unterstützt diese Art des Spiels noch mehr. Stark geregelter und taktischer Kampf. Außerhalb des Kampfes sehr frei, durch Dinge wie "One unique thing" und Icon Relationships kommt bei uns im Spiel aber in dieser Beziehung nochmal deutlich mehr rum
SL: "Und damit wäre die Theorie, dass wir an einem Samstagabend weniger albern sind als an einem Freitagabend, widerlegt."
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Druid: "Was soll das, eine Landschaft voller Trichter?"
Sorcerer: "Du Idiot! Das sind Berge! Du hälst schon wieder die Karte falsch herum!"

Offline Swanosaurus

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Ich finde die These nicht überzeugend, und sie erinnert mich ein bisschen an "DSA4 war so toll für's Charakterspiel, weil alles es immer möglichst weit vermieden haben, die Regeln zu verwenden."
Das kampforientierte System steht dem charakterfokussierten Spiel vielleicht nicht im Weg, aber ich sehe auch nicht, was es zu ihm beiträgt. Dass es einem durch ein "vollwertiges Kampfsystem" die Mühe abnehmen würde, sich mit den Kampfszenarien auf Regelebene auseinanderzusetzen, halte ich sogar für Unsinn. Ein "Würfel einen W6, bei einer geraden Zahl gewinnst du, erzähle wie"-Kampfsystem ist letztendlich genauso vollwertig, weil es die Kampfsituation ebenfalls abdeckt. Dafür braucht es also kein kampforientiertes System.

Und gerade 13th Age ist für mich ein Beispiel, warum das "klassische" modern-D&Dige kampforientierte System zumindest mich persönlich dann doch eher beim Spiel meines Charakters stört: Diese krasse Trennwand zwischen Kampfgeschehen und "Rest", bis dahin, dass Charaktere im Kampf und außerhalb unterschiedliches können (weil es halt viele "pro Kampf" einsetzbare Fähigkeiten gibt), ist eben extrem artifiziell. Darüber hinaus muss man bei allem ab D&D3 in Kauf nehmen, das Kämpfe, wenn sie spannend sein sollen, in aller Regel ein gewaltiges Massengemetzel sein müssen; und die Frage, was dieses In-Blut-Waten mit den Charakteren macht, kann und darf man natürlich ignorieren, aber es fällt mir ehrlich gesagt je älter ich werde, desto schwerer (keine Ahnung, ob es da einen Zusammenhang gibt, Altersmilde oder so ...).

Das 4/3 Verhältnis von Nicht-Kampf-Sitzungen zu Kampf-Sitzungen käme mir auch ehrlich gesagt schon ziemlich absurd vor; ich würde einfach überhaupt keine Kampf-Sitzung mehr spielen wollen, ein Kampf muss nach ner halben Stunde um sein, maximal nach einer Stunde, wenn wirklich etwas Spannendes auf dem Spiel steht. Und das ist halt mit den meisten kampffokussierten Systemen kaum zu haben.

An klassischen Systemen hab ich da dann doch immer lieber RuneQuest: Da ist ein Kampf schnell rum, die Stakes fühlen sich echt an, es gibt keinen Disconnect zum Rest des Systems, und eine Gruppe von drei oder vier Helden kann auch gegen zwei oder drei "normale" Gegner kämpfen und dabei um ihr Leben bangen, anstatt entweder gegen ein Megamonster oder Horden von Geschmeiß antreten zu müssen.
Ehemals Rumpel/Achamanian

Offline Quaint

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Und demnächst machen wir sozialorientierte Systeme um ideal kampffokussiert zu spielen?!

Mal ehrlich: Schon alleine die Begrifflichkeiten sind fragwürdig. Ich kann natürlich frei erzählen und frei ausspielen was ich will, es soll sogar Leute geben die dafür mal über Regeln die es eigentlich gibt hinweg sehen.
Aber das ist doch nicht mit einer idealen Eignung gleichzusetzen, höchstens mit einem "nicht im Weg stehen".
Und ich persönlich würde ein Spiel mit ganz vielen Regeln für ein bestimmtes Thema vor allem nehmen um das entsprechende Thema zu beackern. Sofern mir die Regeln denn zusagen.
Aber sowas wie DnD 4 nehmen wenn ich eigentlich eine charakterfokussierte Dramarunde z.B. über verliebte Teenager spielen will (und wenig bis kein Interesse an Kampf habe) ist doch Quatsch.
Es gibt zwar sowas wie eine fruitful Void, aber ob das hier zutrifft bezweifele ich.
Besucht meine Spielkiste - Allerlei buntes RPG Material, eigene Systeme (Q-Sys, FAF) und vieles mehr
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Offline Leonidas

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Der im Threadtitel formulierten These würde ich auch nicht zustimmen. (die Zuspitzung lese ich aus der <Zusammenfassung aber auch gar nicht so deutlich heraus).

Die These, dass das Fehlen von Regeln zu freiem Rollenspiel führen kann und dass das bei manchen Gruppen großartig funktioniert, die würde ich unterschreiben.

Um welche D&D-Edition geht es denn eigentlich?

Offline Arldwulf

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Ich denke man muss dort zwei Dinge trennen, und zwar die Betrachtung konkreter D&D Editionen und die allgemeine Frage.

Ganz konkret auf D&D bezogen gibt es durchaus die Möglichkeit Charakterspiel, Diplomatie und Intrigen mit Regelunterstützung auszuspielen. Das Klischee, D&D würde nur für den Kampf etwas bieten stimmt so nicht, je nach Edition wird für die Spielsituationen außerhalb von Kämpfen eigentlich sehr viel geboten. Auch mehr als ich dies in anderen Regelwerken erlebt hab, in denen diese Situationen einfach nur mit einem Würfelwurf abgehandelt wurden.

Die Grundannahme "D&D hat dort nix, und darum kann man ganz frei handwedeln" stimmt dort also schon nicht.

Aber auch ganz generell haut das ganze halt nicht hin, Regelwerke profitieren davon wenn sich jemand vorab Gedanken macht wie Situationen ins Spiel gebracht werden können und dafür Hilfsmittel bereit stellt. Und zwar explizit auch Situationen in denen es um Charakterfokus geht und darum die Eigenschaften der unterschiedlichen Charaktere hervorzuheben.

Offline Weltengeist

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Der im Threadtitel formulierten These würde ich auch nicht zustimmen. (die Zuspitzung lese ich aus der <Zusammenfassung aber auch gar nicht so deutlich heraus).

So sehe ich das auch. Da lese ich eher: Die Verwendung eines kampforientierten Systems schließt charakterorientiertes Spiel nicht aus. Diese Beobachtung kann ich so unterschreiben.

Sie ist aber noch einen ganzen Tacken entfernt davon, dass ein kampforientiertes System ideal wäre für charakterorientiertes Spiel. Gerade D&D5 wäre da für mich sogar ein Negativbeispiel, weil so viel von den Würfeln abhängt und so wenig von dem, was am Spieltisch passiert und was der Charakter tatsächlich kann. Ein Automatismus (Fokus auf Kampfregeln = gute Eignung für Charakterspiel) besteht da jedenfalls ganz sicher nicht.
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Offline Arldwulf

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Es geht halt auch darum wie Kämpfe funktionieren. Habe ich z.B. ein System in dem beim Würfeln der Initiative in einen anderen Modus geschaltet wird und alle Charaktere plötzlich ihre Unterschiede verlieren so endet dort natürlich Charakterspiel und Kämpfe stehen aktiv dem Rollenspiel im Weg.

Aber auch hier gibt es im D&D Bereich natürlich sehr gute Beispiele wie genau diesem Effekt entgegen gewirkt werden kann, so dass Charaktere auch in den Kämpfen individuell bleiben und unterschiedliche Dinge tun.

Offline Kaskantor

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DCC wäre vielleicht ein besseres Beispiel als DnD.

Da gibt es Kampfregeln, aber da es keine (kaum) Fertigkeiten gibt, wird das soziale Spiel komplett über reden und nicht über Würfeln geklärt.
Also trifft vermutlich auch für sämtliche OSR-Spiele zu, aber da habe ich nicht überall Aktien drin.
"Da muss man realistisch sein..."

Offline Weltengeist

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DCC wäre vielleicht ein besseres Beispiel als DnD.

Da gibt es Kampfregeln, aber da es keine (kaum) Fertigkeiten gibt, wird das soziale Spiel komplett über reden und nicht über Würfeln geklärt.
Also trifft vermutlich auch für sämtliche OSR-Spiele zu, aber da habe ich nicht überall Aktien drin.

Das ist ja tatsächlich ein beliebtes Argument von OSR-Befürwortern: Charakterspiel hat kaum bis gar keine Regeln und findet daher komplett am Spieltisch statt. Schlecht für Introvertierte, großartig für Rampensäue und definitiv interessanter zu erleben als "Ich würfel dann mal auf 'Verführen', wobei ich noch +2 für 'Herausragendes Aussehen' und +3 für meinen Vorteil 'Du willst es doch auch' kriege." Aber das müssen dann halt auch alle so wollen, schon weil es eben auch komplett auf Spielleiterentscheidung rausläuft.
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Online Runenstahl

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So sehe ich das auch. Da lese ich eher: Die Verwendung eines kampforientierten Systems schließt charakterorientiertes Spiel nicht aus. Diese Beobachtung kann ich so unterschreiben.
...
Gerade D&D5 wäre da für mich sogar ein Negativbeispiel, weil so viel von den Würfeln abhängt und so wenig von dem, was am Spieltisch passiert und was der Charakter tatsächlich kann.
...

Deine erste Aussage trifft auch meine Meinung sehr gut.

Was die zweite Aussage angeht: D&D hat mMn ziemlich gute Regeln für soziale Konflikte die sowohl die Werte der Charaktere als auch das Rollenspiel mit einbeziehen. Weil diese Regeln aber im DM Guide "versteckt" sind, kennt und nutzt die kaum jemand. In Kurzform: Durch das Rollenspiel kann man die Einstellung des Gegenübers ändern. Diese gibt an was mit guten Würfen dann überhaupt erreichbar ist. Und ja, es hängt viel von Würfeln ab aber es ist schon ein massiver Unterschied auf die Erfolgschance ob der Barde mit Überzeugen +10 den Wurf macht und dabei auch seine Inspiration opfert um einen Vorteil zu bekommen, oder ob der grummelige Magier mit Überzeugen +0 würfelt.
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Online Sashael

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Zitat
Er vergleicht D&D mit einem Herd: Nur weil ein Herd überwiegend Funktionen zum Regulieren von Gasflammen bietet, heißt das nicht, dass man damit kein Essen zubereiten kann.

Ich muss zugeben, dass ich bei diesem Spruch das Gefühl habe, dass der Verfasser eigentlich nicht wirklich weiß, worum es ihm geht und er große Schwierigkeiten hat, sein unbestimmtes Gefühl zu Spielstilen in Worte zu fassen.

Denn  der Vergleich ist so mit der absurdeste Unsinn, den ich in der letzten Zeit gelesen habe.

Mein persönlicher Spielstil schwankt je nach System. Auch die Vorlieben meiner Spieler sind unterschiedlich. Ich habe Spieler, die möchten ihre Charaktere auf dem Papier ausdefiniert haben und das sich da Werte erhöhen, ist für sie integraler Bestandteil von PnP Rollenspiel. Heisst auch, dass der Spieler solange keine Diplomaten spielt, bis sein Char vernünftige Werte in dem Skill hat. Aber wenn er hohe Werte hat, spielt er auch deutlich mehr so, dass er durch Reden Konflikte lösen oder beeinflussen möchte.

Die besten Charaktermomente in Rollenspielrunden hatte ich in *Itras By* und Spielen aus dem *PbtA* Spektrum.
Die sind ja für ihre detaillierten Kampfregeln berüchtigt. ;)

Alles in allem seh ich das als ne These, geboren aus persönlicher anekdotischer Evidenz. Da hatte das GNS Modell ja mehr Fleisch auf den Rippen.
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Offline nobody@home

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Solange "Kämpfen und Gewinnen" eines der Hauptstandbeine der standardmäßig voreingestellten Charakteraufstiegsregeln ist, wird sich D&D das "Hey, ich bin kampforientiert!"-Etikett auch völlig unabhängig von den konkreten einzelnen Kampfregeln anpappen müssen.

Ansonsten scheint mir zumindest meine persönliche Erfahrung zu zeigen, daß gerade in Kämpfen das Charakterspiel schnell in den Hintergrund tritt. Ist ja auch logisch -- da geht's für die ganze Gruppe oder zumindest den gerade in den Kampf verwickelten Teil derselben um Sieg oder Niederlage, wenn nicht gleich um Leben oder Tod, also spielt man da, wenn die Entscheidung mal ansteht, doch meist lieber "optimal" als "charaktergetreu". Gerade in solchen Situationen will ja keiner den Taschenlampenfallenlasser geben... 8] Und: je detaillierter Kämpfe verregelt sind, um so länger dauern sie auch, wenn sie erst mal angefangen haben.

Entsprechend geht mein Schluß eher in die umgekehrte Richtung: je öfter und länger im Spiel gekämpft wird, um so weniger Spielzeit bleibt für gewöhnlich überhaupt noch fürs "charakterfokussierte" Spiel übrig. Damit will ich jetzt Kämpfe im Rollenspiel nicht grundsätzlich schlechtreden -- Rollenspiel findet seine Spielwiese ja so gut wie immer in Abenteuergenres, da kann und soll es gar nicht allzu pazifistisch zugehen! --, aber ich halte mich dann doch lieber an Regeln, die diese Kämpfe einigermaßen flink abhandeln können und von sich aus keinen Druck machen, innerhalb von X Sitzungen mindestens Y von ihnen einzubauen, damit das System noch "korrekt" funktioniert (speziell von letzteren gibt's zum Glück genug zur Auswahl und selbst D&D5 hat zähneknirschend zumindest ein paar optionale Ideen dazu im DMG versteckt).

Offline Arldwulf

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Ansonsten scheint mir zumindest meine persönliche Erfahrung zu zeigen, daß gerade in Kämpfen das Charakterspiel schnell in den Hintergrund tritt. Ist ja auch logisch -- da geht's für die ganze Gruppe oder zumindest den gerade in den Kampf verwickelten Teil derselben um Sieg oder Niederlage, wenn nicht gleich um Leben oder Tod, also spielt man da, wenn die Entscheidung mal ansteht, doch meist lieber "optimal" als "charaktergetreu".

Ich denke dies ist ein guter Punkt und auch ein Ansatz an dem Rollenspiel-Systeme beeinflussen können wie viel Rollenspiel in den Kämpfen geschieht. Denn Optimal und Charaktertreu müssen sich halt nicht ausschließen. Insbesondere mittels Individualisierung von Charakteroptionen und Balancing dieser kann man sehr viel dafür tun in Kämpfen das Rollenspiel eben nicht enden zu lassen.


Offline treslibras

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Die These, dass das Fehlen von Regeln zu freiem Rollenspiel führen kann und dass das bei manchen Gruppen großartig funktioniert, die würde ich unterschreiben.


Ich glaube, dem kann man so zustimmen, und ist ja, wenn ich es richtig verstehe, Teil der Design-Philosophie von allen "narrativen" Systemen, dass man nicht viele Regeln und Würfelwürfe benötigt, um tolle Geschichten (kollaborativ) zu erzählen - und mit etwas Übung sogar klischee-befreitere Geschichten erzählen wird.

Es kommt halt maßgeblich auf die Gruppe / die Spielenden an.

Das ist aber keine neues Argument.
In den ganzen "DnD1/OSR ist geiler als alles"-Diskussionen war das auch schon immer ein (polemisch gegen "narrative" und "story-telling" Systeme vorgetragenes) Argument, dass basic DnD mit dem fast totalen Regelfokus auf Kampf auch schon mindestens genauso narrativ war.

Was nicht (gut) geregelt ist, spielt man umso intensiver - das finde ich zumindest nachdenkenswert.

Das Argument halte, abgesehen von der obigen breiten Zustimmung zu "kann sein", im engeren Sinne von "das ist so" zumindest für diskutabel.
 
Das Argument dreht sich ja negativ betrachtet darum, wenn ich es richtig verstehe, dass verregelte Konfliktlösungen dazu führen, dass die Erzählqualität darunter leidet.
Also am genannten Beispiel Mothership/Schleichen: anstatt das erzählerisch auszumalen und sich Gedanken zu machen darum, wie ich um das Alien herumkomme, brauche ich einfach nur auf Schleichen würfeln, und fertig ist die Laube.
Verregelt=weniger Erzähltiefe.

Diese Aussage stimmt aber nur dann, wenn man Rollenspiel von vornerein reduziert auf "Was ich erwürfle, denke ich nicht durch/erzähle ich nicht".
Das ist im Grunde genommen eine Polemik bzw. beschreibt erzählarmes RSP.

Auch in "duchgeregelten" Systemen können und werden Würfelwürfe - bei entsprechender Spieler-/Spielleitungsneigung - spannend erzählt/rationalisiert, die Chancen maximiert durch "erzählerische Vorteilsgenerierung", Nachdenken darüber wie man die Chancen erhöhen kann, Taktieren im Vorfeld etc. - Ob das passiert, hängt alleine von SL und S ab!

Es bleibt: Bestimmte Menschen können durch die Abwesenheit von "Vorsetzungen" zu mehr "Eigensetzungen" motiviert werden. Bei bestimmten Menschen können Regelsubsysteme zu einer Reduktion des Erzählens führen. Aber beides ist kein Automatismus, und das Fehlen von Regeln kann auch einfach zu einem Verkümmern von Spielaspekten führen (was ja genau die Problemstellung ist, aus der heraus der Blogautor argumentiert), genauso wie die Existenz von mehr Regeln zu mehr Erzählung motivieren kann (zum Beispiel: Erzählen durch "narrative Würfel" (Genesys), Success Level (Ja aber, nein aber), verregelte Motivatoren (z.B. "Leidenschaften" in Mythras).
"I don't care to belong to any club that will have me as a member." (Groucho Marx)

Offline First Orko

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Ich hab ne Theorie: Jedes System ist für Alles am Besten geeignet, weil man bei jedem SystemTM jederzeit alle Regeln weglassen kann, die stören.

No system matters.

 ~;D
It's repetitive.
And redundant.

Discord: maniacator#1270

Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Offline Raven Nash

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genauso wie die Existenz von mehr Regeln zu mehr Erzählung motivieren kann (zum Beispiel: Erzählen durch "narrative Würfel" (Genesys), Success Level (Ja aber, nein aber), verregelte Motivatoren (z.B. "Leidenschaften" in Mythras).
Zu Genesys kann ich aus zwei unterschiedlichen Gruppen sagen: Nö, haut nicht hin. Es wurde nicht mehr erzählt, eher im Gegenteil. Die meiste Zeit ging drauf, um zu entscheiden, was man mit den Vorteilen und Triumphen, bzw. Nachteilen und Despair, genau anfängt.
Ähnliches hab ich bei Ubiquity gesehen.

Es hängt also vor allem von den Spielern ab. Wenn die selbst kaum Ideen haben, was die Ausgestaltung betrifft, kommt mit oder ohne "Hilfsmittel" nichts rum.

Da finde ich jetzt bei A5e eher mehr Anreiz für Ausgestaltung in der Gruppe vor (mager ist es immer noch - da sind alles Naturwissenschaftler, die leben eher in Zahlen  ~;D).
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Offline Weltengeist

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Die meiste Zeit ging drauf, um zu entscheiden, was man mit den Vorteilen und Triumphen, bzw. Nachteilen und Despair, genau anfängt.
Ähnliches hab ich bei Ubiquity gesehen.

Hä? Da gibt's das doch alles gar nicht? Reden wir hier von Ubiquity so wie in Space:1889 oder HEX?
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Offline Raven Nash

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Hä? Da gibt's das doch alles gar nicht? Reden wir hier von Ubiquity so wie in Space:1889 oder HEX?
Success Level gibt's, das meinte ich. Im Kampf ist's einfach, da ist zusätzlicher Schaden - aber außerhalb des Kampfes wusste eigentlich keiner, was er damit anfangen soll.
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Offline AlucartDante

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Und demnächst machen wir sozialorientierte Systeme um ideal kampffokussiert zu spielen?!

Das ist doch das beste Argument bisher.

Klar kann man mit jedem Rollenspiel alles spielen. Meine eine DnD-Runde war auch sehr charakterfokussiert. Trotzdem wurde ich oft schon gefragt, warum ich DnD spielen will, wenn ich nicht kampf- sondern charakterfokussiert spielen will. Wenn man nicht typisch DnD spielen will, wird es schnell andere Systeme geben, die das besser können.

Ich glaube aufgrund dieser Erfahrungen auch Schwächen am Regelwerk deutlicher gespürt zu haben, als jemand der DnD so spielt, wie es gedacht ist.

Zumal allein schon bei der Charaktererschaffung man keinen TSA-Priester oder Zuckerbäcker ohne Kampfskills spielen kann. Das ist ja gerade ein riesiger Vor- bzw Nachteil von DND.

Und auch klar, man kann ein Rollenspiel schneller und einfacher spielen, wenn die Regeln bekannt sind. Dann sind vl alle mit DND fokussierter auf Grusel, anstatt auf Verstehen der Regeln, aber das heißt nicht, dass Cthulhu das Genre generell schlechter abbildet.

Offline Arldwulf

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Was ich halt auffällig finde: das Ursprungsbeispiel mit dem Einsichtwurf nach philosophischer Diskussion ist eigentlich extrem simpel gestrickt und eher ein Beispiel dafür wie mit mehr Regeln zu dem Thema und besserer Regelunterstützung so etwas weitaus vielschichtiger aufgezogen werden könnte.

Natürlich zeigt das Beispiel: Auch mit wenig Regelunterstützung kann man so etwas machen.

Aber mit mehr würde halt etwas noch viel besseres dabei heraus kommen.

Offline Raven Nash

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Aber mit mehr würde halt etwas noch viel besseres dabei heraus kommen.
Das ist eine gewagte Hypothese.
Wenn ich mir z.B. Actual Plays ansehe, dann kann ich sagen: Schauspielerischer Hintergrund (Voice Acting zähle ich da dazu) = besseres Charakter-/Storyspiel, völlig unabhängig des Systems. Ohne diesen Hintergrund bleibt es meist bei "Gut gemeint" - und wir wissen was das ist.

Meine These ist also: Schauspielerisches Talent und/oder Hintergrund der Spieler bringt besseres Charakterspiel, völlig ungeachtet des Systems. Diese blühen in der "Leere" von kampforientierten Systemen auf, während Spieler ohne all das auch mit vielen Hilfsmitteln vergleichsweise nur mäßiges Charakterspiel hinbekommen. Das ist aber auch völlig OK, da wir ja kein Impro-Theater spielen, und die meisten Runden wohl auch nicht Geld mit Streams verdienen.
Aktiv: Vaesen
Vergangene: Runequest, Cthulhu, Ubiquity, FFG StarWars, The One Ring, 5e, SotDL, Dragonbane, LevelUp! A5e
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Offline flaschengeist

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Ich hab ne Theorie: Jedes System ist für Alles am Besten geeignet, weil man bei jedem SystemTM jederzeit alle Regeln weglassen kann, die stören.

No system matters.

 ~;D

Dieser Beitrag macht die Schwächen der These sehr schön deutlich  ~;D.
Allerdings darf man beim Vergleich der Regelbereiche "Kampf" und "Soziale Interaktion" nicht vergessen, dass eine Gleichsetzung allein aus folgendem Grund schwierig ist:
Ich kann keinen Kampf am Spieltisch ausspielen (zumindest nicht, wenn ich auf mehr als Oneshots aus bin ;)), soziale Interaktion hingegen habe wir alle mehr oder weniger regelmäßig und können sie natürlich auch ohne besondere Regeln am Spieltisch im Rahmen des Charakterspiels betreiben. 

Das ist eine gewagte Hypothese.
Wenn ich mir z.B. Actual Plays ansehe, dann kann ich sagen: Schauspielerischer Hintergrund (Voice Acting zähle ich da dazu) = besseres Charakter-/Storyspiel, völlig unabhängig des Systems. Ohne diesen Hintergrund bleibt es meist bei "Gut gemeint" - und wir wissen was das ist.

Meine These ist also: Schauspielerisches Talent und/oder Hintergrund der Spieler bringt besseres Charakterspiel, völlig ungeachtet des Systems. Diese blühen in der "Leere" von kampforientierten Systemen auf, während Spieler ohne all das auch mit vielen Hilfsmitteln vergleichsweise nur mäßiges Charakterspiel hinbekommen. Das ist aber auch völlig OK, da wir ja kein Impro-Theater spielen, und die meisten Runden wohl auch nicht Geld mit Streams verdienen.

+1.
« Letzte Änderung: 21.04.2024 | 12:42 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Online Maarzan

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Die erste Frage wäre hier was "charakterorientiertes" Spiel sein soll.

Ich nehme erst einmal an, es bedeutet einen Fokus auf den Charakter als Teil der Spielwelt im Gegensatz zur Reduktion als Träger von Spieleffekten zum "Gewinnen".

These:
Spielregeln im Rollenspiel sind dazu da, zwischen den internen Vorstellungen der Beteiligten zu vermitteln und so einen möglichst gut überschneidenden gemeinsamen Vorstellungsraum zu schaffen, oder zumindest konfliktärmeren in den Bereichen, wo weitere Entscheidungen von diesen Elementen abhängen.
Und das Ganze befindet sich in der Praxis auf einem Kontinuum zwischen den denkbaren Extremen.
Wenn die Vorstellungen der Spieler eh schon sehr ähnlich sind oder kaum Konflikte auftauchen, weil es kaum konkurrierende Vorstellungen gibt, braucht es eigentlich auch keine Regeln.
Wo es solche Kollisionen allerdings gibt, vermitteln Regeln eine gemeinsame, bekannte Basis für die von ihnen beschriebenen Bereiche und damit eine Art vorweggeladenen Kompromiss, zum Preis sich diesen Stand erst einmal aneignen zu müssen und dann den Aufwand diese Anleitung umzusetzen.

Das ist einmal eben Arbeit und andererseits als Kompromiss häufig auch eine Abweichung vom eigenen Ideal, was dann bei entsprechend eingestellten Spielern dann zum Gefühl der unangemessenen Einschränkung der eigenen Freiheit führt.

 
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Offline treslibras

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Die erste Frage wäre hier was "charakterorientiertes" Spiel sein soll.

These:
Spielregeln im Rollenspiel sind dazu da, zwischen den internen Vorstellungen der Beteiligten zu vermitteln und so einen möglichst gut überschneidenden gemeinsamen Vorstellungsraum zu schaffen, oder zumindest konfliktärmeren in den Bereichen, wo weitere Entscheidungen von diesen Elementen abhängen.
[snip]
Wenn die Vorstellungen der Spieler eh schon sehr ähnlich sind oder kaum Konflikte auftauchen, weil es kaum konkurrierende Vorstellungen gibt, braucht es eigentlich auch keine Regeln.

Ich glaube, Du meinst mit "Spielregeln" hier etwas anderes als der Rest von uns, nämlich Spielregeln nicht als Regeln zur Realisierung von "Spielmechaniken", sondern Regeln für das Gruppenspiel.
Diese Unterscheidung ist wichtig, weil wir über zwei verschiedene Regelebenen sprechen, quasi "Metaregeln zwischen Spielern vs. Ingame-Regeln zwischen Charakteren und Spielwelt".

Zumindest deute ich Deinen Beitrag so, denn auf Spielmechaniken bezogen machten Deine Ausführungen nicht so viel Sinn (für mich). Falls das doch auf eben jene gemünzt sein sollte, oder Du dort keine Unterscheidung machst, wäre eine genauere Klärung hilfreich!

Spielregeln im eigentlichen Sinne (also "wie geschrieben im Regelbuch (!)") sind ja erst einmal Strukturierungselemente für dei Interaktion zwischen den Spielercharakteren und der Spielwelt; sie beschreiben die Mechaniken, wie Konflikte und nicht-triviale Herausforderungen mit dieser Spielwelt am Spieltisch abgehandelt werden (Probenmechaniken, Subsysteme), wie die Charaktertypen in diesen Konflikten und Herausforderungen wirkmächtig werden (Werte), und wie die Charaktere dann noch wirkmächtiger werden/wachsen durch Erfolge an und in der Spielwelt (Erfahrungs-/Steigerungsregeln).

Im Sinne von von "Gruppenregeln", d.h. gemeinsam abgeklärte Erwartungen und Vorstellungen über Themen, Dynamiken und Ziele des Spiels an sich (unabhängig von Spielmechaniken) kann ich Deiner Beschreibung folgen. Wer mit guten Freunden spielt, sich also gegenseitig gut kennt und schätzt und viel Vertrauen in die jeweils anderen Spieler mitbringt, braucht keine "Klärungs-Session" mehr, bevor es überhaupt losgeht, und keinen Verhaltenscodex.

Ich würde allerdings eher sagen, dass so etwas immer noch kein regelfreier Raum ist; nur dass die Regeln in dem Aufbau der langjährigen guten Freundschaft bereits im Vorfeld abgeklärt und internalisiert wurden, was bei neuen Gruppen dann beschleunigt, und evtl. mit Hildmitteln wie X-Card nachgezogen werden muss.

Falls Du hier keine Unterscheidung machst zwischen "Mechanik der Spielwelt-Interaktion" und "Regeln für die Spieler-Interaktion" bräuchte ich allerdings noch ein paar Argumente, warum das eigentlich das gleiche ist Deiner Ansicht nach und wie das mit dem Thema zusammenhängt ("Gutes Rollenspiel ohne Spielregeln?").
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Offline Arldwulf

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Das ist eine gewagte Hypothese.

Naja, aber eine überprüfbare. Nimm nur mal die Situation im Ausgangsposting welche als Beispiel für eine gelungene Situation mit Charakterspiel genutzt wurde.

Würden dir da Mittel einfallen mit denen man diese Situation noch weiter verbessern kann? Mir schon. Aber eben dank konkreter Hilfsmittel welche diese Themen ansprechen.


Wenn ich mir z.B. Actual Plays ansehe, dann kann ich sagen: Schauspielerischer Hintergrund (Voice Acting zähle ich da dazu) = besseres Charakter-/Storyspiel, völlig unabhängig des Systems. Ohne diesen Hintergrund bleibt es meist bei "Gut gemeint" - und wir wissen was das ist.

Mit Charakterspiel ist in diesem Kontext gemeint einen Charakter mit dessen individuellen Schwächen und Stärken und Überzeugungen in den Fokus zu rücken. Das ist erst einmal unabhängig vom schauspielerischen Talent.

Es geht also nicht darum wie glaubwürdig die charakterlichen Unterschiede vom Spieler schauspielerisch herüber gebracht werden, sondern nur um die Frage ob sie überhaupt vorhanden sind und im Spiel eingebunden.
« Letzte Änderung: 21.04.2024 | 19:39 von Arldwulf »

Online Maarzan

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Ich glaube, Du meinst mit "Spielregeln" hier etwas anderes als der Rest von uns, nämlich Spielregeln nicht als Regeln zur Realisierung von "Spielmechaniken", sondern Regeln für das Gruppenspiel.
Diese Unterscheidung ist wichtig, weil wir über zwei verschiedene Regelebenen sprechen, quasi "Metaregeln zwischen Spielern vs. Ingame-Regeln zwischen Charakteren und Spielwelt".

Zumindest deute ich Deinen Beitrag so, denn auf Spielmechaniken bezogen machten Deine Ausführungen nicht so viel Sinn (für mich). Falls das doch auf eben jene gemünzt sein sollte, oder Du dort keine Unterscheidung machst, wäre eine genauere Klärung hilfreich!

...

Ich habe das schon auf die Spiel(welt)mechaniken bezogen:
Jeder Beteiligte hat erst einmal eine eigene, typischerweise mal mehr mal weniger voneinander abweichende Vorstellung davon, wie die Spielwelt funktioniert und wie sie mit seiner Figur interagiert.
Wenn nun aber Figuren zusammen interagieren, erst Recht, wenn sie auch irgendwo gegeneinander oder im Wettbewerb stehen und sei es um Spotlight, müssen diese Vorstellungen zusammengebracht werden und die Differenzen am Knackpunkt beseitigt werden.
Dabei helfen eben formelle Regeln, welche eine mal kleinere, mal größere Vielzahl von Situationen vorab regeln und damit nicht jedes mal eine spontane Aushandlung erfordern.
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Offline YY

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Allerdings darf man beim Vergleich der Regelbereiche "Kampf" und "Soziale Interaktion" nicht vergessen, dass eine Gleichsetzung allein aus folgendem Grund schwierig ist:
Ich kann keinen Kampf am Spieltisch ausspielen (zumindest nicht, wenn ich auf mehr als Oneshots aus bin ;)), soziale Interaktion hingegen habe wir alle mehr oder weniger regelmäßig und können sie natürlich auch ohne besondere Regeln am Spieltisch im Rahmen des Charakterspiels betreiben. 

Diesem Gedanken konnte ich noch nie so recht folgen, weil da schließlich noch die Charakterebene und -fähigkeiten mit dazu kommen.

Wenn ich den Kampf am Tisch ausspielen würde, würde am Ende doch nur ich kämpfen und nicht der Charakter.
Gleiches gilt für die soziale Interaktion. Das bekommt man da noch halbwegs abgebildet, wo sich ein Charakter in einem dem Spieler vertrauten Umfeld bewegt und gleich oder weniger kompetent ist.
Sobald sich einer dieser Faktoren ändert, ist das Geschehen am Tisch mal so gar nicht mehr das, was in der Spielwelt vor sich geht und das habe ich dann wesentlich lieber etwas abstrakter.
Schließlich ist es nicht schlimm, wenn sich jeder am Tisch ein eigenes Bild im Kopf malt, solange mit Zahlen und Regeln abgesteckt ist, was die "Eingabe" und was das Ergebnis ist.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline felixs

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Mir kommt die These unplausibel vor, dass etwas besonders gut für etwas geeignet  sei weil es eigentlich überhaupt nicht dafür geeignet ist.
Freilich kann man mit so ziemlich allem so ziemlich alles machen, wenn man denn will.

Trotzdem vermute ich, dass es jede Menge Systeme gibt, die erheblich besser für die Darstellung und von Spielfiguren und ihres Werdegangs abseits von Kampfszenen geeignet sind (als DnD).

DnD hat den wesentlichen Vorteil, Kämpfe relativ schnell und trotzdem mit einer ziemlichen Tiefe an Möglichkeiten abzubilden. Davon abgesehen macht das System nicht viel. Muss es auch nicht. 

Und DnD hat den wesentlichen Vorteil, verbreitet und kommerziell interessant zu sein. Ich denke, das ist hier die Erklärung.
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Online Ainor

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Mir kommt die These unplausibel vor, dass etwas besonders gut für etwas geeignet  sei weil es eigentlich überhaupt nicht dafür geeignet ist.
Freilich kann man mit so ziemlich allem so ziemlich alles machen, wenn man denn will.

Es ist nicht geeignent weil es eigentlich überhaupt nicht dafür geeignet ist.

Der Grund liegt einfach hier:

Zum einen macht uns auch das taktische DnD-Kämpfen Spaß.

D&D "funktioniert" in dem Sinne dass es Langzeitmotivation erzeugt. Dadurch bekommt man lange Kampagnen die die notwendige Bühne für langfristige Charakterentwicklung bereitstellen. Die Charakterentwicklung selbst passiert dabei ausserhalb der Regeln (bestenfalls noch Gesinnungsänderung).
Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
Im Rollenspiel ist auch hinreichend fortschrittliche Technologie von Magie zu unterscheiden.
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Offline felixs

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D&D "funktioniert" in dem Sinne dass es Langzeitmotivation erzeugt. Dadurch bekommt man lange Kampagnen die die notwendige Bühne für langfristige Charakterentwicklung bereitstellen. Die Charakterentwicklung selbst passiert dabei ausserhalb der Regeln (bestenfalls noch Gesinnungsänderung).

Ja, das sehe ich auch so.

Woran genau das nun liegt, ist vielleicht gar nicht so wichtig. Meine These ist, dass es eher die Popularität und der schiere Menge an Material und Spielern, vor allem auch medial sichtbarerweise ist, der eine lange Beschäftigung mit DnD (und entsprechend auch den Spielfiguren) wahrscheinlich macht).

Diesem Gedanken konnte ich noch nie so recht folgen, weil da schließlich noch die Charakterebene und -fähigkeiten mit dazu kommen.

Wenn ich den Kampf am Tisch ausspielen würde, würde am Ende doch nur ich kämpfen und nicht der Charakter.
Gleiches gilt für die soziale Interaktion. Das bekommt man da noch halbwegs abgebildet, wo sich ein Charakter in einem dem Spieler vertrauten Umfeld bewegt und gleich oder weniger kompetent ist.
Sobald sich einer dieser Faktoren ändert, ist das Geschehen am Tisch mal so gar nicht mehr das, was in der Spielwelt vor sich geht und das habe ich dann wesentlich lieber etwas abstrakter.
Schließlich ist es nicht schlimm, wenn sich jeder am Tisch ein eigenes Bild im Kopf malt, solange mit Zahlen und Regeln abgesteckt ist, was die "Eingabe" und was das Ergebnis ist.

Geht mir auch so.
Gleichzeitig nehme ich - halb irritiert, halb fasziniert - zur Kenntnis, dass das für die meisten Rollenspieler, die sich dazu äußern völlig OK zu sein scheint. Kämpfe und körperliche Aktionen nach Regelwerk und mit Würfeln, soziale Interaktion "ausgespielt" scheint der Normalfall zu sein. Fast überall. Und ganz sicher bei DnD.

Meine These ist also: Schauspielerisches Talent und/oder Hintergrund der Spieler bringt besseres Charakterspiel, völlig ungeachtet des Systems. Diese blühen in der "Leere" von kampforientierten Systemen auf, während Spieler ohne all das auch mit vielen Hilfsmitteln vergleichsweise nur mäßiges Charakterspiel hinbekommen. Das ist aber auch völlig OK, da wir ja kein Impro-Theater spielen, und die meisten Runden wohl auch nicht Geld mit Streams verdienen.

Das ist bestimmt nicht grundsätzlich falsch.
Man sollte aber nicht vergessen, dass es einen großen Unterschied macht, ob man (mit Absprache oder zumindest grobem Plan?) Schau-Rollenspiel für Zuschauer betreibt, oder ob man in einer Gruppe für einander spielt. Im zweiteren Fall ist "nur" wichtig, dass das Spiel für alle Anwesenden die passenden Reize bietet, so dass die passende Stimmung entstehen kann.
« Letzte Änderung: 24.04.2024 | 10:47 von felixs »
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Offline flaschengeist

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Geht mir auch so.
Gleichzeitig nehme ich - halb irritiert, halb fasziniert - zur Kenntnis, dass das für die meisten Rollenspieler, die sich dazu äußern völlig OK zu sein scheint. Kämpfe und körperliche Aktionen nach Regelwerk und mit Würfeln, soziale Interaktion "ausgespielt" scheint der Normalfall zu sein. Fast überall. Und ganz sicher bei DnD.

Da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt. Ich wollte keine normative Aussage machen, die da lautet: "Es ist voll ok, wenn ein System auf soziale Fertigkeiten verzichtet, weil man sowas ja auch durch freies Ausspielen abhandeln kann." Hier bin ich persönlich gegenteiliger Meinung und zwar aus zwei wesentlichen Gründen:

1. Weniger kommunikationsstarke Spieler sind so systematisch benachteiligt
2. Es ist von der (nur sehr bedingt objektiven) Beurteilung eines SL abhängig, ob der Spieler gerade gut überredet/einschüchtert/lügt etc.

Vielmehr wollte ich eine empirische Aussage tätigen, nämlich dass ein Kampf im Gegensatz zum freien Charakterspiel nicht ohne Regeln auskommt, die es erlauben ihn am Spieltisch zu simulieren (und wenn es nur wäre: "Wirf eine Münze, Kopf gewinnt").
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Offline Isegrim

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"Es ist voll ok, wenn ein System auf soziale Fertigkeiten verzichtet, weil man sowas ja auch durch freies Ausspielen abhandeln kann."

Ist es auch. Auch Dinge, die du nicht bevorzugst, können "ok" sein. Niemand ist da von deinem Segen abhängig.

Ich denk mal, die Thread-These ergibt va für solche Rollenspieler Sinn, für die Regeln nur dann haben wollen, wenn sie unbedingt notwendig sind. Für vieles, was "charakterfokussiertes Spiel" ausmacht, sind sie es für manche offensichtlich nicht. Also kommt ein Spiel, was sich (weitgehend) auf die Regeln beschränkt, die Dinge abbilden, die am Tisch nicht ausgespielt werden können, deren Vorlieben entgegen.

"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline felixs

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Da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt. Ich wollte keine normative Aussage machen, die da lautet: "Es ist voll ok, wenn ein System auf soziale Fertigkeiten verzichtet, weil man sowas ja auch durch freies Ausspielen abhandeln kann." Hier bin ich persönlich gegenteiliger Meinung und zwar aus zwei wesentlichen Gründen:

1. Weniger kommunikationsstarke Spieler sind so systematisch benachteiligt
2. Es ist von der (nur sehr bedingt objektiven) Beurteilung eines SL abhängig, ob der Spieler gerade gut überredet/einschüchtert/lügt etc.

Vielmehr wollte ich eine empirische Aussage tätigen, nämlich dass ein Kampf im Gegensatz zum freien Charakterspiel nicht ohne Regeln auskommt, die es erlauben ihn am Spieltisch zu simulieren (und wenn es nur wäre: "Wirf eine Münze, Kopf gewinnt").

Ja, sehe ich alles auch so.

Bezüglich der empirischen Feststellung: Empirisch stimmt das sicher. Ich meine allerdings, dass die Ursache historisch-kulturelle Gründe hat. Rollenspiel hat sich aus Konfliktsimulationen entwickelt. Am Anfang war das ein reines Kampfspiel. In diesem Ursumpf stecken wir immer noch teilweise fest.

Es wäre ja auch denkbar, Kämpfe rein erzählerisch abzuhandeln. Und wer die überzeugendere Beschreibung des Kampfes liefert, gewinnt halt. Also analog zum Ausspielen sozialer Fertigkeiten.
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Offline Namo

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Als ich den Thread gesehen habe, habe ich mich wirklich direkt gefragt, wie das zusammenhängen soll. Oder eher wie man überhaupt auf so einen These kommt. Ich sehe da tatsächlich den Zusammenhang nicht so ganz, aber nach der Eingangspost verstehe ich was gemeint ist und die Überlegung dahinter.

Den weiteren Verlauf der Diskussion finde ich aber auch ganz interessant. Der geht zwar etwas davon ab, wirft aber im Kern eine interessante Frage auf: Warum ist es für die Meisten in Ordnung Kampfregeln und sonstige Proben kleinteilig abzuwickeln, soziale Interaktionen aber nicht regelbasiert sondern durch Rollenspiel des Spielers abzuwickeln? Genauso handhabe ich das im Übrigen auch.

Mich stört es gedanklich, dass da ein Spieler sagt: "Ich versuche ihn zu beeinflussen und von meiner Meinung zu überzeugen!" Würfelt er jetzt gut ist hier einfach durch ne Wurfmechanik etwas simuliert worden, was für mich eigentlich den Reiz des Rollenspiels ausmacht Spieler spielen ihre Charaktere aus und der SL gibt den NSC entsprechend Charakter und geht auf die Argumente ein oder eben nicht bzw. liefert Gegenargumente je nachdem wie der NSC eben selbst tickt. So etwas möchte ich doch nicht auswürfeln.

Warum dann aber die anderen Dinge wie Kampf, Kletterproben etc. auswürfen und regeln? Aus meiner Sicht halt, weil ich die physisch beim Spielen nicht darstellen kann. Hier benötige ich dann die Würfeln und Regeln. Spiele ich wiederum LARP packe ich im Kampf ja auch keine Würfel aus, sondern kämpfe echt.

Daher finde ich da eine Trennung von sozialen Regeln und sonstigen Regeln die alle Aktionen in der Welt simulieren schon für mich logisch.

Spielst du jetzt aber z.B. D&D nach dem Urgedanken eher Brettspielartig kannst du natürlich auch soziales problemlos durch Würfel darstellen. Wenn ich eh im Dungeon bin für Monster kloppen und Schätze finden und das ist der Inhalt jeder Seassion passt da thematisch auch rein, dass man einen Überzeugungswurf gegen z.B. nen Goblin macht. Nur dann ist man ja imho dem Brettspiel näher als dem Rollenspiel.

Ansonsten war mein Ansatz eigentlich immer, dass es egal ist was ich für ein Rollenspielsystem spiele - es liegt an den Spielern und dem SL ob das Spiel charakterfokussiert ist. Die Regeln sind da eher Beiwerk. Ich war in D&D Gruppen wo es rein um Powergaming ging (hat mir als jugendliches Ich auch Spaß gemacht muss ich zugeben) aber auch in D&D Gruppen in denen kaum gekämpft wurde und wir eine dichte Atmo hatten und sich viel um die Charaktere und deren Geschichten gedreht hat und auch Rollenspiel mega im Fokus stand (das kam damals z.B. spürbar durch den Vampire/Werwolf Einschlag in die Szene). War beides grundverschieden, spaßig, aber immer auf D&D Regelbasis.
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Offline Tudor the Traveller

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Spielst du jetzt aber z.B. D&D nach dem Urgedanken eher Brettspielartig kannst du natürlich auch soziales problemlos durch Würfel darstellen. Wenn ich eh im Dungeon bin für Monster kloppen und Schätze finden und das ist der Inhalt jeder Seassion passt da thematisch auch rein, dass man einen Überzeugungswurf gegen z.B. nen Goblin macht. Nur dann ist man ja imho dem Brettspiel näher als dem Rollenspiel.

Einspruch!

Da ist für mich in all diesen Diskussionen der Knackpunkt. Und ich finde es auch ehrlich gesagt etwas arrogant, das Rollenspiel definitorisch für die eigene Vorliebe zu beanspruchen.

Es gibt keine einheitliche Definition von Rollenspiel. So wie ich es sehe, gibt es aber zwei grundsätzlich verschiedene Sichtweisen (These!):

1) ich versetze mich im RPG gedanklich in eine fiktive Figur. Das Spiel besteht daraus, aus Perspektive der Figur mit der fiktiven Unwelt zu interagieren (Immersion). Möglich ist alles, was meiner eigenen Realwelt-Erfahrung entspricht, soweit es nicht von RPG Inhalten explizit überschrieben wird (z.B. indem es Magie gibt). Spielregeln sollen die Simulation unterstützen.

2) ich steuere eine fiktive Figur in einer fiktiven Umgebung. Was möglich ist, geben die Spielregregeln vor. Die Regeln bestehen aus expliziten (Regelwerk) und impliziten (Setting, Genre, Gruppenerwartung...) Vorgaben. Das Spiel besteht daraus, mit der Figur interessante Dinge mit bzw. innerhalb der Regeln zu tun.
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Und in der Praxis werden diese Sichtweisen in eineem beliebigen Mischungsverhältnis gelebt. Nicht nur je Spielgruppe sondern sogar je Spieler. Nicht nur je Spiel oder Spielsitzung, sondern sogar innerhalb eines Spielabends!
Finde ich auch an sich nicht schlimm. Wenn es jemand stört, gibt es dafür die Session 0.

Offline Namo

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Da ist für mich in all diesen Diskussionen der Knackpunkt. Und ich finde es auch ehrlich gesagt etwas arrogant, das Rollenspiel definitorisch für die eigene Vorliebe zu beanspruchen.

Es gibt keine einheitliche Definition von Rollenspiel. So wie ich es sehe, gibt es aber zwei grundsätzlich verschiedene Sichtweisen (These!):

1) ich versetze mich im RPG gedanklich in eine fiktive Figur. Das Spiel besteht daraus, aus Perspektive der Figur mit der fiktiven Unwelt zu interagieren (Immersion). Möglich ist alles, was meiner eigenen Realwelt-Erfahrung entspricht, soweit es nicht von RPG Inhalten explizit überschrieben wird (z.B. indem es Magie gibt). Spielregeln sollen die Simulation unterstützen.

2) ich steuere eine fiktive Figur in einer fiktiven Umgebung. Was möglich ist, geben die Spielregregeln vor. Die Regeln bestehen aus expliziten (Regelwerk) und impliziten (Setting, Genre, Gruppenerwartung...) Vorgaben. Das Spiel besteht daraus, mit der Figur interessante Dinge mit bzw. innerhalb der Regeln zu tun.

Da bin ich ganz bei dir und war auch überhaupt nicht auf dem Trichter mir da irgendwelche Besserwissereien aufzutischen - sondern das ist natürlich rein meine eigene Sichtweise die ich da geschildert habe. Wohl wissend, dass es da zig andere zu gibt, die alle ihre Berechtigung haben. Daher ja auch mein Beispiel. Ich habe in meiner "wilden" Zeit viel in dem Bereich mitgemacht und konnte fast allem etwas abgewinnen. Es muss halt nur zur jeweiligen Gruppe passen und ist Schick.

Und nachdem ich eben auch als Ersatz ne zeitlang Brettspiele als Ersatz zu Rollenspielen gespielt habe (am liebsten und intensivsten Gloomhaven), sehe ich da ab einer gewissen Linie eben ein kippen von Rollenspiel hin zu Brettspiel. 
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Offline Arldwulf

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Interessant wäre es halt mal die im Ausgangsposting beschriebene Situation in verschiedenen Systemen zu betrachten. Insbesondere auch mit Fragestellungen wie

  • welche Regeln könnten dafür genutzt werden?
  • wie wird die Einbringung solcher Situationen gefördert?" oder
  • wie geht das Regelwerk mit Problemen solcher Situationen um, beispielsweise der Frage was der Rest der Gruppe während dessen macht?
Ich denke schon, dass dort dann sehr unterschiedliche Arten herauskommen wie solch eine Situation im Spiel landet, und das die gewählten Regelwerke starken Einfluss haben können.

Und das gilt natürlich auch für D&D, auch im D&D Kontext gibt es ja gute Antworten auf diese Fragen. Man sollte sich dort nicht zu sehr vom Label "Kampflastig" täuschen lassen.
« Letzte Änderung: 24.04.2024 | 14:07 von Arldwulf »

Offline Tudor the Traveller

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@Namo: ok, kein Vorwurf. Ich lese halt aus der (angeblichen) "Brettspielnähe" aber oft eine Abwertung. Lese ich z.B. auch daraus, dass das freie Spiel zwischen Figuren mit direkter Rede oft nochmal als "Rollenspiel" im Rollenspiel benannt wird. Das sehe ich halt anders  ;)

@ThinkingOrc: ja, aber das ist problematisch, weil die Ansätze in sich nicht kompatibel sind. Ich kann halt nicht "ein bisschen" innerhalb der verbindlichen Regeln bleiben. Und da beginnen imo sehr viele der Diskussionen hier zu Regeln.

@Topic: ich sehe da auch den Ausgangspunkt der These. Wenn ich einen Bereich habe, der wenig detailliert geregelt ist, müssen "regelbasierte" Spielende diesen kreativ füllen. Wenn sie sich darauf fokussieren können, weil die anderen Bereiche klar sind, können sie natürlich ihre gesamte kreative Energie da reinstecken.
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Als ich den Thread gesehen habe, habe ich mich wirklich direkt gefragt, wie das zusammenhängen soll. Oder eher wie man überhaupt auf so einen These kommt. Ich sehe da tatsächlich den Zusammenhang nicht so ganz, aber nach der Eingangspost verstehe ich was gemeint ist und die Überlegung dahinter.

Den weiteren Verlauf der Diskussion finde ich aber auch ganz interessant. Der geht zwar etwas davon ab, wirft aber im Kern eine interessante Frage auf: Warum ist es für die Meisten in Ordnung Kampfregeln und sonstige Proben kleinteilig abzuwickeln, soziale Interaktionen aber nicht regelbasiert sondern durch Rollenspiel des Spielers abzuwickeln? Genauso handhabe ich das im Übrigen auch.

Mich stört es gedanklich, dass da ein Spieler sagt: "Ich versuche ihn zu beeinflussen und von meiner Meinung zu überzeugen!" Würfelt er jetzt gut ist hier einfach durch ne Wurfmechanik etwas simuliert worden, was für mich eigentlich den Reiz des Rollenspiels ausmacht Spieler spielen ihre Charaktere aus und der SL gibt den NSC entsprechend Charakter und geht auf die Argumente ein oder eben nicht bzw. liefert Gegenargumente je nachdem wie der NSC eben selbst tickt. So etwas möchte ich doch nicht auswürfeln.

Warum dann aber die anderen Dinge wie Kampf, Kletterproben etc. auswürfen und regeln? Aus meiner Sicht halt, weil ich die physisch beim Spielen nicht darstellen kann. Hier benötige ich dann die Würfeln und Regeln. Spiele ich wiederum LARP packe ich im Kampf ja auch keine Würfel aus, sondern kämpfe echt.

Daher finde ich da eine Trennung von sozialen Regeln und sonstigen Regeln die alle Aktionen in der Welt simulieren schon für mich logisch.

Ich denke die Basis des Gedankens "soziales kann ja jeder dahererzählen" passt so nicht und geht an Soziales viel zu naiv ran.
Der Spieler ist nicht der mit praktischen Fertigkeiten ausgerüstete SC, aber er ist eben auch psychisch nicht der SC. Dazu gehen die Informationen durch das Nadelöhr der verbalen Vermittlung und wie nicht jedes Detail jedes Kombatanten und seiner relevanten Umgebung vermittelt werden kann, klappt das auch nicht mit all Einflüssen und Eindrücken, welche auf den SC wirken (oder von ihm ausgehen) aber eben nicht auf den Spieler.

Während aber kaum jemand echte persönliche Erfahrung mit ernsthaften bewaffnetem Nahkampf oder gar Magie hat und daher die Hürde der Akzeptanz noch relativ niedrig liegt, gilt dies für soziale Interaktion ganz und gar nicht, hat doch jeder damit irgendwelche Erfahrungen und nebenbei hat sich ja offenbar auch nicht jeder davon Gedanken gemacht, wie sehr diese Erfahrungen auf einen SC in einer ganz anderen Umwelt übertragbar sind.

Entsprechend aufwändiger wäre eine nähere Verregelung des Sozialen und wird dann meiner Meinung nach zu oberflächlich platt abgehandelt oder gar ganz unter den Tisch gekehrt.
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Offline flaschengeist

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Da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt. Ich wollte keine normative Aussage machen, die da lautet: "Es ist voll ok, wenn ein System auf soziale Fertigkeiten verzichtet, weil man sowas ja auch durch freies Ausspielen abhandeln kann." Hier bin ich persönlich gegenteiliger Meinung [...]


Ist es auch. Auch Dinge, die du nicht bevorzugst, können "ok" sein. Niemand ist da von deinem Segen abhängig.

Ich bezweifle, dass deine Antwort auf meinen Beitrag zum wohlwollenden Lesen passt, dass die Hausordnung des Tanelorn fordert.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Offline Isegrim

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1) ich versetze mich im RPG gedanklich in eine fiktive Figur. Das Spiel besteht daraus, aus Perspektive der Figur mit der fiktiven Unwelt zu interagieren (Immersion). Möglich ist alles, was meiner eigenen Realwelt-Erfahrung entspricht, soweit es nicht von RPG Inhalten explizit überschrieben wird (z.B. indem es Magie gibt). Spielregeln sollen die Simulation unterstützen.

2) ich steuere eine fiktive Figur in einer fiktiven Umgebung. Was möglich ist, geben die Spielregregeln vor. Die Regeln bestehen aus expliziten (Regelwerk) und impliziten (Setting, Genre, Gruppenerwartung...) Vorgaben. Das Spiel besteht daraus, mit der Figur interessante Dinge mit bzw. innerhalb der Regeln zu tun.

Gute Beobachtung, mE. Interessant könnte sein, wie (va die besagten "kampforientierten") Systeme sich selbst vorstellen, bspw in etwaigen "Was ist Rollenspiel?"-Texten. Meiner Wahrnehmung bzw Erinnerung nach ist das eher Variante 1, nennen wir es mal "Fiction First", im Gegensatz zu "Rules First". Aber das ist  nur mein Eindruck.

@ThinkingOrc: ja, aber das ist problematisch, weil die Ansätze in sich nicht kompatibel sind. Ich kann halt nicht "ein bisschen" innerhalb der verbindlichen Regeln bleiben. Und da beginnen imo sehr viele der Diskussionen hier zu Regeln.

Allerdings würd ich sagen, dass die in der Praxis ständig gemischt werden, je nach Spieler in unterschiedlichen Ausprägungen. So gut wie jeder Spieler setzt mal die Fiktion zuerst an (Was kann man in der Situation machen?), und mal die Regeln (Was erlauben mir die Regeln in einer solchen Situation?), würd ich mal behaupten, je nach dem sich grad stellenden Problem.
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