Ich stelle hier ein bisschen Vokabular zur Diskussion über Rollenspiele zusammen.
Mit Rollenspiel meine ich Pen&Pap-Rollenspiele. Das ist eine Gruppenaktivität, bei welcher die teilnehmenden durch Beschreiben, Ausspielen von fiktiven Figuren und eventuell weiteren Techniken eine gemeinsame Vorstellung oder Fiktion erzeugen.
Beschreiben bedeutet, dass man sagt, wie sich die Fiktion fortentwickelt. Das kann sehr einfach gehalten oder kunstvolle Prosa sein.
Ausspielen bedeutet, das man so tut, als wäre man eine Figur in der Fiktion. Auch das kann sehr einfach sein bis sehr kunstvoll sein.
Die gemeinsame Vorstellung / Fiktion sind diejenigen fiktiven Umstände und Elemente, die alle Spielenden akzeptiert haben. Es gibt zudem noch persönliche Vorstellungen, also wir haben z.B. gemeinsam, dass das Reich eine Königin hat, die Theodine heißt, aber einige stellen sie sich eher jung und andere eher alt vor.
Techniken sind Methoden, mit denen wir die gemeinsame Fiktion manipulieren können. Das kann z.B. sein beim Ausspielen mit verstellter Stimme zu sprechen. Das kann sein, auf eine Karte zu zeigen. Das Ansagen eines Schadenswertes. Das Vorlesen eines Vorlestextes. Das Notieren eines NSCs in die NSC-Liste. Pointierte Fragen stellen. Auf eine Hexblume würfeln. Für einen Charakter aus einer Liste von Spezies auswählen. Auf die Gesetze und Gebräuche der fiktiven Gesellschaft verweisen. Im Discord den eigenen Namen für den Spiel-Server auf den Charakternamen stellen.
System ist das Repertoire aller Techniken einer Spielgruppe. Das System entwickelt sich üblicher Weise weiter, je länger die Gruppe miteinander spielt.
Regeln sind diejenigen Techniken im System, von denen die Gruppe erwartet, dass sie unter entsprechenden Umständen genutzt werden sollen. Regeln können sich genauso weiterentwicklen wie das System im Ganzen. Es gibt keinen inhaltlichen Unterschied zwischen Regeln und anderen Techniken im System. Grundsätzlich lässt sich die Anwendung jeder Technik verbindlich und damit zur Regel machen.
Typische Regeln sind Besitz an Charakteren und anderen fiktiven Elementen, Kampagnenhintergründe, Scene Framing, Spielwerte und Prozeduren.
Besitz bedeutet, dass ich mit diesen fiktiven Elementen mehr oder weniger machen kann, was ich will. Ich sage, was mein Charakter tut, oder stelle es schauspielerisch dar. Wenn mir das Wetter gehört, sage ich, wie das Wetter ist. Eine typische Aufteilung ist, dass alle bis auf eine*n Teilnehmende*n genau einen SC besitzen und die verbleibende Person alles andere. Diese Aufteilung kann von Spiel zu Spiel anders geregelt werden.
Kampagnenhintergründe sind Setzungen, die bei Spielbeginn feststehen und gegen die nicht verstoßen werden darf. "Wir spielen auf Eberron, zwei Jahre nach dem Letzten Krieg. Startpunkt unseres Spiels ist Qbarra." Das bedeutet insbesondere, dass ich selbst wenn mir mein SC gehört, ich kein Rassentemplate wählen darf, das es auf Eberron nicht gibt. Wenn ich das will, muss ich die Regeln nachverhandeln.
Scene Framing ist die Technik zu bestimmen, wo eine Szene spielt und wer und was daran teilnimmt. Die Erlaubnis eine Szene zu rahmen, wird meistens durch dedizierte Regeln zugewiesen.
Spielwerte sind gewisse Notationen oder tokenbasierte Darstellungen, die minestens indirekt auf die gemeinsame Fiktion verweisen. Zur Regel werden sie, wie alle Techniken, wenn sich eine Gruppe entscheidet, sie verpflichtend zu verwenden und nachzuhalten. Spielwerte können freie Stichworte, vordefinierte Schlüsselworte, Zahlen, die Position von Spielsteinen auf einem Plan oder ähnliche Strukturen sein.
Prozeduren sind schrittweise Abläufe mit einer relativ detaillierten Folge von Arbeitsschritten. Zu Regeln werden sie üblicher Weise gemacht, indem sie mit einem Trigger verknüpft werden. Die Prozedur soll also immer ausgeführt werden, wenn der Trigger triggert. Typische Großgruppen von Prozeduren sind Erschaffungs- und sog. Resolutionsprozeduren.
Erschaffungsprozeduren dienen dazu schrittweise gewisse fiktive Elemente zur Verwendung im Spiel auszugestalten, z.B. Charaktere oder Örtlichkeiten.
Resolutionsprozeduren dienen dazu zwischen verschiedenen Möglichkeiten zu wählen, wie sich die Fiktion weiterentwickeln könnte.
Trigger können auf Umstände in der gemeinsamen Fiktion Bezug nehmen, auf bestimmte Zeitpunkte wie etwa Start oder Ende einer Spielsitzung, auf bestimmte Ausprägungen unter den Spielwerten oder auf den expliziten Wunsch gewisser Teilnehmender.
Eine Prozedur, die auf Spielwerte Bezug nimmt oder diese verändert, heißt auch Mechanismus.
Ein Rollenspielprodukt ist ein Erzeugnis von Dritten, die nicht an der Spielgruppe teilnehmen, und Vorschläge für Techniken und Regeln enthält. Diese können dann von der Spielgruppe in ihre tatsächlichen Techniken und Regeln aufgenommen werden.