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[Ich erzähle euch von] Tierras Quebradas

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caranfang:

--- Zitat von: Swanosaurus am 23.10.2024 | 10:06 ---Ironisch, weil "Ordnung" ja in dem Multiversums-System gelegentlich auch mit "Gleichförmigkeit" assoziiert wird (wobei auch in dem Settingteil zum Multiversum der Übergangspunkt "absolute Entropie - absolute Ordnung" mal angerissen wird).

--- Ende Zitat ---
Ich finde das nicht ironisch, sondern sehr passend. Siehe Dir Moorcock an. Übertriebene Ordnung für zum Totalitarismus mit straffen, inflexiblen Hierarchien. Jeder hat seinen Platz in der Gesellschaft. Und wehe er verlässt ihn.

Swanosaurus:

--- Zitat von: caranfang am 23.10.2024 | 11:06 ---Ich finde das nicht ironisch, sondern sehr passend. Siehe Dir Moorcock an. Übertriebene Ordnung für zum Totalitarismus mit straffen, inflexiblen Hierarchien. Jeder hat seinen Platz in der Gesellschaft. Und wehe er verlässt ihn.

--- Ende Zitat ---

Von Moorcock gibt's halt auch absolute Ordnung=absolute Gleichförmigkeit (wenn ich mich richtig erinnere, wandert Elric in einem Roman über diese ewiggraue Ebene, die die reine Ordnung repräsentiert ...) - wobei Moorcock ja auch seine Freude daran hatte, immer wieder neue Interpretationen des Ordnungs-Chaos-Settings zu liefern (wenn ich mich richtig erinnere, tritt der Faschismus in "Tochter des Traumdiebs" als ein politisches System auf, das eigentlich beide Seiten betrügt ...).

Ich meine "ironisch" auch gar nicht in dem Sinne, dass da ein Widerspruch besteht, sondern in dem Sinne, dass an der Stelle zutage tritt, dass es auch schon bei Moorcock eine ziemliche Interpretationssache ist, ob z.B. ein Gesellschaftssystem Ausdruck einer chaotischen oder einer "ordentlichen" Ideologie ist, und dass sich diese Kräfte letztendlich vielleicht gar nicht so sehr darum scheren, was die Menschen unter ihnen verstehen. Wie geschrieben bildet TQ das für mich sehr gut (und eben auch mit der typischen Moorcockschen Ironie) ab (so ist das chaosverehrende Scharlachrote Imperium mindestens ebenso hierarchisch wie das Patriarchat; dagegen gibt es mit den Merendrak ein vergleichsweiise egalitäres Chaos-verehrendes System und in den Montes Ocres gemäßigte Ordnungs-Anhänger).

Swanosaurus:
Ich habe Carlos Ferrer, dem Autor von TQ, meine Kritik an der Darstellung der Imanguk und der Dschungelmenschen geschrieben (und auch mein Lob für den Rest) und eine ziemlich nette Antwort bekommen, die im Prinzip folgende Punkte umfasst:

- Er will erst mal klarstellen, dass er in der wirklichen Welt nicht von irgendwelchen grundsätzlichen Hoch- oder Minderwertigkeiten unterschiedlicher Kulturen und Ethnien ausgeht.

- Er hat bei TQ beschlossen, einige Länder mit ihren Bewohnern positiver und andere negativer zu beschreiben und verwendet dabei auch Stereotypen, um beides eingängiger zu machen. Beim Südkontinent hat er die Imanguk vorwiegend negativ gezeichnet, ihre genügsamen und unambitionierten Nachbarn, die Austeros, als vorwiegend negativ ("fast utopisch") - ich selbst habe die nicht so positiv verstanden, werde mir die Passage aber noch mal genauer ansehen. Unterm Strich betrachtet er das als ausgewogen.

- Die "Bosquimanis" (Waldleute) betrachtet er gar nicht als so negativ, sondern in erster Linie als Opfer der Sklavenhandelnden Imanguk. Sie basieren wohl mehr auf dem, was er über einige südamerikanische Völker gelesen hat.

- Er hat auch noch mal drauf hingewiesen, dass die mit Abstand am negativsten gezeichneten Reiche das Patriarchat und das scharlachrote Imperium sind, die beide an ein europäisches Vorbild angelehnt sind.

Für mich kommt dabei unterm Strich raus: Ich hätte es anders gemacht und finde es nach wie vor problematisch, dass der ganze Südkontinent von Völkern bewohnt wird, die sich entweder durch ihren Aberglauben und ihre Misogynie, durch ihre Gewalttätigkeit oder durch Antriebslosigkeit auszeichnen, aber ich sehe auch das Argument ein, dass tatsächlich alle Nationen und Völker auf die eine oder andere Art schlecht wegkommen, selbst auf den ersten Blick relativ utopische wie die Austeros oder die das Gleichgewicht verehrenden Merení des Nordens. Es wäre halt schön, wenn nicht genau die ganzen Afrika-Stereotypen im Süden versammelt wären, sondern es dort auch etwas gäbe, was das Bild durchbricht.
Jedenfalls kommt seine Stellungnahme für mich (auch im Lichte des restlichen Buchs betrachtet) so aufrichtig rüber, dass das, was mir nicht gefällt, mir nicht das Setting vermiest. Da steckt auf jeden Fall keine rassistische Absicht hinter (habe ich auch nicht mit gerechnet) und auch keine grobe Gedankenlosigkeit, sondern eher Überlegungen, deren Ergebnis in meinen Augen nicht ganz so treffsicher waren wie beabsichtigt.

Abgesehen davon hat Carlos auch noch mal darauf hingewiesen, dass ich nicht der erste bin, der sich an der Darstellung der Imanguk und der Bosquimanos stört und dass er die Kritik bei seiner weiteren Arbeit an TQ im Hinterkopf behalten und ein diverseres Bild anstreben wird.

Genug also, damit ich mich mit dem Spiel wieder wohler fühle und um so mehr Lust habe, es zu leiten!

caranfang:
Senor Ferrer macht da eigentlich alles richtig. Er versucht nicht, die Sachen zu ändern, die einigen(?) wenigen(?) nicht gefallen, sondern zieht sein Ding durch. Es sind ja oft jene, die nicht betroffen sind, die sich über solche Darstellungen aufregen.

Swanosaurus:

--- Zitat von: caranfang am 24.10.2024 | 17:27 ---Senor Ferrer macht da eigentlich alles richtig. Er versucht nicht, die Sachen zu ändern, die einigen(?) wenigen(?) nicht gefallen, sondern zieht sein Ding durch. Es sind ja oft jene, die nicht betroffen sind, die sich über solche Darstellungen aufregen.

--- Ende Zitat ---

Ich habe mich einfach gefreut, dass er nicht empört abgewehrt hat, sondern einfach seine Beweggründe geschildert und damit geschlossen hat, dass er die Kritik nicht zum ersten Mal hört und dass sie seine zukünftige Arbeit an TQ auch beeinflussen wird. Dass er also nicht nur einfach sein Ding macht, sondern für Kritik offen ist (beim Regelsystem hat er das mit der Überarbeitung ja auch schon gezeigt, warum also nicht beim Setting)?

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