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Wo entwickelt sich Hollywood hin?
Eismann:
Also ich finde persönlich eine schwarze Kleopatra ähnlich anstrengend wie Keanu Reeves bei den 47 Ronin. Aber ich bin mir sicher, dass man das auch in irgendeine Ecke stecken kann.
nobody@home:
--- Zitat von: Eismann am 13.09.2024 | 22:09 ---Also ich finde persönlich eine schwarze Kleopatra ähnlich anstrengend wie Keanu Reeves bei den 47 Ronin. Aber ich bin mir sicher, dass man das auch in irgendeine Ecke stecken kann.
--- Ende Zitat ---
Die historische Kleopatra dürfte laut Wikipedia griechischer oder griechisch-ägyptischer Abstammung gewesen sein (anscheinend besteht da unter den Forschern Unklarheit über ihre Mutter). Wenn ich also eine "historisch passende" Darstellerin wollte, dann würde ich mich nach Möglichkeit daran und den noch existierenden Abbildungen orientieren; wenn mehr Raum für künstlerische Freiheit gewünscht ist, kann man das allerdings auch flexibler handhaben. Ich stelle mir gerade beispielhaft vor, wie ein japanischer Produzent versucht, den Stoff in seinem Heimatland zu verfilmen...der täte sich außerhalb des Mediums Anime vermutlich auch ein wenig schwer mit dem Finden "authentisch" aussehender Schauspieler, aber die Geschichte an sich wäre nicht das große Problem. :)
Eismann:
Die schwarze Kleopatra ist ja durchaus schonmal eskaliert, weil von Netflix in einer Doku Kleopatra von einer Schwarzen dargestellt wurde. https://www.youtube.com/watch?v=2TmDGfzP97A
Bei einer Doku ist es natürlich doppelt ärgerlich, wenn so etwas passiert. Aber auch bei Unterhaltungsmedien, beispielsweise beim in Japan spielenden neuen Assassins Creed kam es in Japan nicht so gut an, dass einer der beiden spielbaren Charaktere ein Schwarzer ist.
Jiba:
--- Zitat von: Ludovico am 13.09.2024 | 10:49 ---Beispiel Bridgerton - Die Serie ist wahrscheinlich gut (oder nicht. Hab kein Netflix), aber jedesmal, wenn ich Artikel und Posts dann geht es um den historisch wenig korrekten Cast.
Dann wird viel diskutiert und während es Leute gibt, die hocherfreut sind, dass der Cast so divers ist und viele PoC dort wichtige Rollen haben, sind andere weniger glücklich darüber.
Es wird gestritten und diskutiert und die Serie erhält Aufmerksamkeit und Clicks.
--- Ende Zitat ---
Vielleicht solltest du die Serie mal schauen. Sie spielt die ganze Diversität nämlich ziemlich low und ist als „alternative Historie“ angelegt, in der sich King George in eine schwarze Frau verliebt und daraufhin die Sklaverei in England und den Kolonien abschafft und viele PoCs daheim und in Übersee in den Adelsstand erhebt. Und das machte dann wohl überall in Europa Schule. Das wird also in der Serie durchaus andeutungsweise erklärt.
Aber vielleicht sagt ja die Tatsache, dass so ein enormer Marketingwirbel um Serien entsteht, weil einige
Charaktere darin queer oder of color sind mehr über unsere Welt aus, als über irgendwelche Marketingabteilungen.
Edit: Huch, da waren Einige schneller.
Ich bleibe aber gerade bei der Endaussage. Gerade bei Shondaland kann man das gut sehen. Was du suggerierst, Ludovico, ist schlicht nicht der Fall. "Grey's Anatomy" war für die Zeit, in der die Serie startete, im Genre der Ärzteserien relativ progressiv. Es zeigte vielfältige Charaktere mit vielfältiger Hautfarbe, davon eine ganze Menge Frauen mit sehr unterschiedlichen Persönlichlkeiten. Die Serie featurte mit Arizona und Cally auch eines vielleicht wichtigsten homosexuellen Paare im Abendfernsehen und die Beziehung der beiden wird in der Serie auch sehr stark ausgebreitet.
Dabei muss man auch dazu sagen, dass es Shonda Rhimes weniger um sexuality oder queerness geht (das macht sie nebenbei mit und sie hat da schon auch progressive Positionen). Es geht ihr vor allem um race. Deshalb macht sie das. Stoffe zu bauen, die sich mit der Hautfarbenthematik beschäftigen, dicht gefolgt von feministischer Perspektive, das ist ihr Ding. Für den Sex und das Gender haben wir andere Serien, wie "Sense8", "Sex Education", "Heartstopper" und (realweltlich bedingt) in gewisser Weise auch die "Umbrella Academy".
Shonda Rhimes würde ich daher nicht nur als die Taylor Swift der Serienlandschaft beschreiben. Vielmehr noch, finde ich, ist Shonda Rhimes der Jordan Peele der Serienlandschaft (oder besser: Jordan Peele ist die Shonda Rhimes des Films – sie war immerhin vor ihm berühmt).
Und noch etwas zu "Grey's Anatomy"s Progressivität: Wenn wir heute sagen, die Serie sei nicht soooooo progressiv gewesen, dann ist das ein Trugschluss. Meine These ist: Die späten 2000er und frühen 2010er waren gesellschaftlich deutlich offener gegenüber queeren, feministischen und antirassistischen Themen als das heute der Fall ist. Wenn du heute eine Serie wie "Greys Anatomy" machst, irgendwer würde im Internet darüber seiern, wie scheiße "woke" die doch wieder ist. Heck, wenn du heute einen Film wie "Conan, der Barbar" machst, irgendwelche reaktionären Nerd-Filmdudes würden sich zwecks Rage Baiting quasi stundenlang darüber aufregen, dass da eine Frau einen Mann in die Knie zwingt (die Szene mit der Hexe) und dass diese eine Barbarin ja nie mit Conan mithalten würde... das sei doch unrealisitisch.
Gamergate markiert so ein wenig den Turning Point, an dem reaktionäre, maskulinistische Perspektiven auf Medien ihre eigene große Internet-Nische gefunden haben. Und das nur, weil sich die eine Game-Journalistin sich von ihrem Freund getrennt hat und die andere Game-Journalistin dreisterweise gesagt hat, dass die Darstellung von weiblichen Charakteren in Videospielen der in anderen Medien um mindestens 20 Jahre hinterherhinkt.
Und für die heutige Film- und Serienlandschaft trifft das auch zu. Serien und Filme, die in den frühen 10er-Jahren noch kein Problem waren ("Queer as Folk" und "The L Word" anyone? Der schwule Mann, der bei "HIMYM" den Womanizer spielt?), haben plötzlich eine politische Dimension. Und dass es so ist, liegt nicht an den Filmen und Serien, sondern an der gesellschaftlichen Dynamik, die auf diese Stoffe abfärbt. Nur zur Erinnerung: Wir leben in einer Zeit, in der die Medien sich ernsthaft darüber unterhalten müssen, dass ein Präsidentschaftskandidat der USA zur besten Sendezeit das rassistische Narrativ droppt, Migranten würden Haustiere stehlen und verspeisen. Das ist nur noch einen halben Schritt vom jüdischen Brunnenvergifter entfernt.
Man muss festhalten: Progressives Ausloten von dem, was filmisch gezeigt werden darf und was nicht, fand immer schon statt. Clevere Filmemacher haben z.B. um den Hays Code herumgearbeitet und so ihre progressiven Ansichten zu Geschlecht oder Sexualität in Filme eingeschlichen, die das eigentlich gar nicht erlaubt haben. Die Flower-Power-Bewegung hat die Sexploitation in die Kinos gebracht. Die neue Welle der Filmschaffenden seit den 60ern und 70ern hat die Klassengesellschaft in den Mittelpunkt gerückt. Der feministische Film der 80er die Frau als arbeitendes, liebendes, unabhängiges Subjekt – und To Wong Foo gab's ja auch noch.
Der Unterschied scheint mir heute zu sein, dass Menschen in Zeiten multipler Krisen einfach zu ängstlich und überstresst sind, um ihre eigenen Vorurteile zu reflektieren und tolerant abzuwinken, wenn sie etwas nicht mögen. Die Algorithmen der sozialen Medien verstärken das online noch weiter. Leider scheint es so zu sein als müsse sich eine Gesellschaft Toleranz, Offenheit und Akzeptanz auch leisten können (womit ich nicht meine, sie sei ein Luxusprodukt... sie steht halt nur, wie alles andere auch, durch turbokapitalistische Entwicklungen, Kriege, Propaganda und Umweltkrisen unter Druck).
Und ich weiß das daher, weil es früher schon ähnliche Stoffe gegeben hat, die mit weniger Hass bedacht wurden, als das heute schon bei Kleinigkeiten der Fall ist. Da passt erneut eine Videoempfehlung, die ich an anderer Stelle schon gegeben habe: https://www.youtube.com/watch?v=MZtRabDCLyY. Das erklärt, warum heutzutage eigentlich so gut wie alles als "woke" und damit "anti-männlich" oder "anti-patriotisch" oder "widernatürlich" von Rechts markiert werden kann, wenn man dabei bestimmte kommunikative Tricks beachtet.
--- Zitat von: Eismann am 14.09.2024 | 02:19 ---Die schwarze Kleopatra ist ja durchaus schonmal eskaliert, weil von Netflix in einer Doku Kleopatra von einer Schwarzen dargestellt wurde. https://www.youtube.com/watch?v=2TmDGfzP97A
Bei einer Doku ist es natürlich doppelt ärgerlich, wenn so etwas passiert. Aber auch bei Unterhaltungsmedien, beispielsweise beim in Japan spielenden neuen Assassins Creed kam es in Japan nicht so gut an, dass einer der beiden spielbaren Charaktere ein Schwarzer ist.
--- Ende Zitat ---
Tja, sagt auch wieder mehr über unsere Welt aus als über die kreative Entscheidung dahinter.
Chaos:
--- Zitat von: Eismann am 13.09.2024 | 22:09 ---Also ich finde persönlich eine schwarze Kleopatra ähnlich anstrengend wie Keanu Reeves bei den 47 Ronin. Aber ich bin mir sicher, dass man das auch in irgendeine Ecke stecken kann.
--- Ende Zitat ---
Eine sudanesisch- oder äthiopischstämmige Schauspielerin wäre passender als die vornehme mitteleuropäische Blässe von Elizabeth Taylor. Und auf alle Fälle Klassen besser als Bruce Wayne als Dschingis Khan oder Yul Brynner als König von Siam.
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