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Religion in Mittelerde (und auch in "Rings of Power")
nobody@home:
--- Zitat von: Zed am 20.09.2024 | 17:39 --- Ja, Eru ist so entrückt, und die Valar sind so präsent, dass Eru quasi gar nicht beachtet wird.
Die Valar können aber Kreaturen erschaffen: Ents und Zwerge zB. Sie mögen vom Status her Engel sein, die manchmal selber raten, was Eru von ihnen will - Manwe geht dann doch immer meditieren, aber vom Machtlevel her sind sie schon Gottheiten, würde ich sagen.
--- Ende Zitat ---
Ich denke, die meisten von ihnen würden dir da widersprechen. Die "Guten" unter den Valar sind aus meiner Sicht einfach nicht arrogant genug, sich mit ihrem Schöpfer gleichstellen zu wollen -- und speziell die Zwerge existieren ja letztendlich auch nur, weil Aule demütig genug war, seinen Fehler einzusehen, und Eru ihnen daraufhin den echten Lebensfunken überhaupt erst gab. :)
Abgesehen davon ist göttlicher Status auch einfach keine Frage des Machtniveaus. Auch ein Gott, der einen Ringkampf gegen einen Sterblichen verliert (wofür es durchaus "reale" mythologische Vorbilder gibt), ist und bleibt immer noch mehr Gott als sein Gegner, und umgekehrt gibt's dann wieder reichlich fiktive Leute und Wesenheiten mit "übernatürlichen" Kräften, die trotzdem niemand ernsthaft als "richtige Gottheit" einsortieren würde. Wenn also jemand in Mittelerde unbedingt die Valar als Götter verehren wollte, könnte er das vermutlich wenigstens für eine Weile tun -- irren würde er sich damit aber mMn trotzdem.
Zed:
--- Zitat von: andymk am 20.09.2024 | 17:45 ---Er hat überhaupt kein Interesse, den HdR jenseits dieser vagen Andeutungen in einer konsistenten Welterzählung zu verwurzeln. Er ist eben kein Sanderson, kein Martin, kein Rothfuss - also Autoren, bei denen die Ausgefallenheit und Konsistenz der Welt mindestens so wichtig ist wie die Story darin. Mittelerde hingegen ist konzeptionell nichts anderes als eine verfremdete, fantastische Version von Tolkiens Heimat - eine Technik bzw ein Setting, das auch schon (früh)mittelalterliche Autoren von Sagas, Eben und Ritterromanen angewendet haben.
Vielleicht macht gerade dieses Vorgehen den HdR so zeitlos.
Will sagen: Man sollte an Tolkien den Weltbauer keine allzu hohen Maßstäbe anlegen - ohne ihn damit als Autor zu entwerten.
--- Ende Zitat ---
Ich mag es, in meinen Überzeugungen herausgefordert zu werden, und ich will gar nicht ausschließen, dass, was Du schreibst, mein Fazit sein kann. Und sofort kann ich Dir vom Gefühl her recht geben, dass Tolkien mythisch aufgelandene Regionen wichtiger war als das mittelerdische Wirtschaftssystem.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Aber aufgrund meiner tiefen Liebe zum HdR, die mich für Fantasy überhaupt erst geöffnet hat und mich mehr geprägt hat als alles, was danach kam, will ich erstmal zu verstehen versuchen, wie er was gemeint hat, bevor ich ihn als "schlechten Weltenbauer, aber guten Autoren" einordne. Z.B erschließt sich mir noch nicht der Sinn dieser wohl ans alte Testament erinnernden Vorfahrenketten der Numerorer.
Aber das Thema soll nicht hier im Zentrum stehen. Oder Ihr macht noch einen Thread "Tolkien ein schlechter Weltenbauer?" auf.
Lyonesse:
Üblicherweise ist der Sinn solcher Stammbäume die Erzeugung eines Hauchs von Geschichte, und
damit eine vermeintliche Authentizität des Settings. Wobei Tolkien hier ja den gesamten Aufbau und
Zusammenhang seiner Völker in ME darlegt.
caranfang:
--- Zitat von: Zed am 20.09.2024 | 17:39 --- Ja, Eru ist so entrückt, und die Valar sind so präsent, dass Eru quasi gar nicht beachtet wird.
Die Valar können aber Kreaturen erschaffen: Ents und Zwerge zB. Sie mögen vom Status her Engel sein, die manchmal selber raten, was Eru von ihnen will - Manwe geht dann doch immer meditieren, aber vom Machtlevel her sind sie schon Gottheiten, würde ich sagen.
--- Ende Zitat ---
Stimmt, nur die Numenorer haben Eru direkt angebetet, ansonsten werden die Valar verehrt.
--- Zitat von: Zed am 20.09.2024 | 17:42 ---@caranfang
Bitte lasst MERS aus diesem Thread raus, das ist sicher einen eigenen Thread wert!
--- Ende Zitat ---
Nein, denn MERS liefert in den Beschreibungen der einzelnen Völker doch einiges an Informationen über die Religionen Mittelerdes.
--- Zitat von: andymk am 20.09.2024 | 17:45 ---Ich werfe mal eine andere und vielleicht etwas ketzerische Hypothese in den Raum: Tolkien ist (nach heutigen Maßstäben) kein besonders tiefer World Builder gewesen.
Ja, er hat eigene Sprachen und Mythologien für seine Welt entwickelt, gut für ihn. Aber der Rest - Politik, Wirtschaft, Entfernungen, Bevölkerungsdichte, und eben auch Religion - ist doch sehr schemenhaft geblieben. Warum auch nicht? Der Herr der Ringe ist eben der Vorfahre, nicht der Archetyp, moderner Fantasy-Sagen, und hat seine eigenen Vorbilder in Heldenepen, Sagen und Märchen, die alle ohne allzu konsistente Welterzählungen auskommen. Solche Geschichte schwimmen in einem Meer von angedockter Mythologie, und verwenden daraus, was sie für ihren Handlungsbogen brauchen. So verhält es sich auch bei Tolkien und seiner selbsterfundenen Hintergrundmythologie. Er hat überhaupt kein Interesse, den HdR jenseits dieser vagen Andeutungen in einer konsistenten Welterzählung zu verwurzeln. Er ist eben kein Sanderson, kein Martin, kein Rothfuss - also Autoren, bei denen die Ausgefallenheit und Konsistenz der Welt mindestens so wichtig ist wie die Story darin. Mittelerde hingegen ist konzeptionell nichts anderes als eine verfremdete, fantastische Version von Tolkiens Heimat - eine Technik bzw ein Setting, das auch schon (früh)mittelalterliche Autoren von Sagas, Eben und Ritterromanen angewendet haben.
Vielleicht macht gerade dieses Vorgehen den HdR so zeitlos.
Will sagen: Man sollte an Tolkien den Weltbauer keine allzu hohen Maßstäbe anlegen - ohne ihn damit als Autor zu entwerten. Wenn er sich für den Inhalt seiner Erzählung nicht für Aspekte wie Religion interessiert hat, dann muss man da nicht allzu viel reininterpretieren oder versuchen, aus irgendwelchen Apokryphen doch noch ein konsistentes Konzept zu erfinden. Seine Geschichte enthält Elemente seiner eigenen religiösen Überzeugungen, ist aber sicherlich keine große katholische Metapher, sondern eben eine Heldengeschichte mit Fokus auf dem Kampf einer unwahrscheinlichen Gruppe von Individuen gegen das gesichtslose Böse. Das kann man auch völlig weltlich interpretieren.
--- Ende Zitat ---
Da stimme ich Dir fast voll und ganz zu. Tolkien konnte Sprachen entwickeln. Tolkiens Karte von Mittelerde ist realistisch, wie auch seine Beschreibung der natürlichen Welt. Aber wenn es um die Dinge geht, die in Sagen und Legenden nicht vorkommen, versagt er auf ganzer Linie. Aber in einer Sache liegst Du falsch. Der Herr der Ringe ist ein sehr katholisches Buch. Wir sehen einen Kampf zwischen Freiheit und Tyrannei, aber in Wirklichkeit geht es um Religion, um wahren Glauben und um Götzenverehrung.
Lyonesse:
--- Zitat von: caranfang am 20.09.2024 | 18:03 ---Aber in einer Sache liegst Du falsch. Der Herr der Ringe ist ein sehr katholisches Buch. Wir sehen einen Kampf zwischen Freiheit und Tyrannei, aber in Wirklichkeit geht es um Religion, um wahren Glauben und um Götzenverehrung.
--- Ende Zitat ---
Ja, es ist eine katholische Allegorie, und Tolkien erfand ME um einen Ort zu haben, wo die von ihm
entwickelten Kunstsprachen gesprochen werden konnten.
Der Preis von Äpfeln ist für ihn unwichtig, weil sich im HdR gerade Ereignisse von epischer Breite
abspielen und er sich damit nicht aufhalten will. Hätte er einige heitere Romane im Stil von Wodehouse
geschrieben, die im Auenland spielen, dann wären vielleicht auch mal Äpfel thematisiert worden. Das
hätte sich aber nur schwer mit der Mythenthematik vertragen. Allerdings gehen die Hobbits mit ihren
weitläufigen Verwandtschaften und entsprechenden Anekdoten schon ein wenig in Richtung Wodehouse.
Immerhin spielt der Tabak aber eine Rolle als Indiz für Sarumans Geschäfte mit Breeland.
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