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Religion in Mittelerde (und auch in "Rings of Power")

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caranfang:
Tolkien hat versucht ein sehr katholisches Buch zu schreiben, ohne dabei auf das Thema Religion einzugehen. Und auch der Konflikt, um den es eigentlich geht, ist der zwischen dem wahren Glauben (an Eru und die Valar) und einer falschen Religion (Saurons Morgoth-Kult) und nicht, wie viele annehmen, zwischen Freiheit und Knechtschaft. Dies wird aber nirgends im Roman expilizit erwähnt.


--- Zitat von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 20.09.2024 | 16:07 ---Nicht wirklich, MERS hat einiges gemacht, was nicht unbedingt tolkienesk war - das Übermaß an D&D-artiger Zauberei und magischen Gegenständen hat mich immer befremdet. Dass die unter Saurons schatten geratenen Völker religiöse Kulte praktiziert haben, das ist schon korrekt, aber all die Religionen, die nach MERS bei den Völkern im westen üblich waren, entsprechen nicht besonders Tolkiens Darstellung.

Wobei ich das aber gar nicht mal so schlecht fand, weil Religion ein entschiedendes Kriterium menschlicher Kulturen ist. Dass das bei Elben und Numenorern vielleicht weniger stark ist, weil die teilweise einen Draht zu den Valar haben, okay, aber bei Breemenschen und Dunländern würde ich schon irgendwelche Religionen erwarten. Diese Leute müssen sich um das Überleben und Gedeihen kümmern, da hätte man gerne Beziehungen zu den amtierenden Mächten, wie immer man sich die auch vorstellt.
--- Ende Zitat ---
Regeltechnisch hat man bei MERS viel falsch gemacht, aber MERS hat den Vorteil, dass es anders als alles andere, was unter irgendeiner Mittelerde-, Herr Der Ringe-  oder Hobbit-Lizenz veröffentlicht wurde, alles verwendet. Ich bin mir sicher, dass einige der Fehler in der Hintergrundbeschreibung, die Du bemängelts, allein der Tatsache verschuldet sind, dass noch nicht alle Bände der History of Middle-Earth veröffentlicht wurden.

Zed:

--- Zitat von: caranfang am 20.09.2024 | 16:53 ---Tolkien hat versucht ein sehr katholisches Buch zu schreiben, ohne dabei auf das Thema Religion einzugehen.

--- Ende Zitat ---
Das scheint mir eine zu knappe und vielleicht gar nicht treffende Zusammenfassung zu sein. Das würde ich gerne im Detail besprechen!

KWÜTEG GRÄÜWÖLF:

--- Zitat von: caranfang am 20.09.2024 | 16:53 ---Ich bin mir sicher, dass einige der Fehler in der Hintergrundbeschreibung, die Du bemängelts, allein der Tatsache verschuldet sind, dass noch nicht alle Bände der History of Middle-Earth veröffentlicht wurden.

--- Ende Zitat ---

Nee, nicht wegen Widersprüchen zu History of Middle Earth - ich empfand das damals schon beim Erscheinen von MERS-Publikationen so, da gab es die HoME ja noch gar nicht.

MERS hat einen Spagat versucht zwischen dem, was im Fantasyrollenspielbereich der damalige Standard war , und der Welt Tolkiens.
Da haben sie dann jede Menge Magic User mit klassischen RPG-Zaubern zugelassen, die aber nicht dem Wesen der Zauberei entsprechen, wie es bei Tolkien vorgegeben ist. Kein zauberisch affiner Charakter bei Tolkien teleportiert, oder verwandelt Gegner in Statuen etc., aber mit MERS-Charakteren geht sowas.

Und jede Location wimmelt von magischen Gegenständen, Runen, die Feuerstrahlen spucken usw.
Ist ja nicht so, dass bei Tolkien selber nicht vieles zauberisch wäre, aber viel subtiler.  :)

Boba Fett:

--- Zitat von: Zed am 20.09.2024 | 16:24 --- Ich will darüber sprechen:
•   Wie hat Tolkien den Status von Religion in seinem Werk beschrieben?
--- Ende Zitat ---

Soweit ich gelesen habe kaum bis gar nicht.
Die Vala Situation ist ja kompliziert.
Der Schöpfer Iluvater brachte den Valar (die er selbst schuf) das Lied der Schöpfung bei und erschuf so die Welt und deren Geschichte im gemeinsamen Gesang.
(Da gewinnt das Wort Kanon eine ganz neue Bedeutung...)
Einer sang schief und wurde aus dem Chor rausgeworfen. Aber die Disharmonie war angerichtet und bahnte sich quasi durch Melkor als personifiziertes Böse seinen Weg auf die Welt.
Genau genommen ist also der Vala Singsang die Story aus dem Silmarillion selbst. Und Melkors disharmonische Death Black Metal Einlagen quasi die Geschichte um Morgoth und Sauron. Da der Gesang durch das Eingreifen von Iluvatar ("Melkor? Schnauze! Raus! An jetzt singt der Chor ohne Dich! Tulkas, Du bleibst und singst weiter, Melkor braucht keine Abreibung, jedenfalls jetzt noch nicht...!") ja am Ende wieder harmonisch ausgeht, gibt es ein Happy End im Ringkrieg.

Die anderen Vala widmeten sich ihren favorisierten Gebieten (suchten sich quasi ein Hobby), wodurch sie irgendwo zu spezialisierten Göttern wurden, so wie man das aus der griechischen und römischen Antike in etwa kennt.
Aber: Wenn die Valar auf Dere wandeln, sind es auch nur Wesen und vieles von ihren "göttlichen Fähigkeiten" geht ihnen dabei verloren. Unter anderem wissen sie auch nicht den Werdegang des Geschehens.
Das galt auch für Melkor / Morgoth, sonst hätte der ja gleich die Sache sein lassen können.

Dementsprechend haben die Elben die Valar ja nur in ihrer Wesen-gewordenen Version kennen gelernt und da dürften sie als äußerst mächtige Mentoren wahrgenommen worden sein und nicht als Götter.
Die Edain (Menschen) haben die Götter gewissermaßen gar nicht selbst wahrgenommen, weil die Valar nach deren Entstehen eigentlich nicht mehr wirklich (höchstens in der aller frühesten Zeit) in Mittelerde rummachten, sondern nur durch die Elben von ihnen gehört.
Naja und wie Menschen so sind, werden die wohl interpretiert haben und daraus kann je nach Volk dann entsprechend Religion entstanden sein.
Es gibt aber keine Beschreibung, dass die Númenorer oder die Menschen in Anor oder Gondor eine Religion gehabt haben. Ich meine, wäre auch komisch, an einem Altar jemandem anzubeten, von dem Deine etwas ältere Kumpeline aus dem Elbenvolk weiß, wie dieser Gott so war, weil die den aus Valinor noch persönlich kennt. "Was? Ja, der schnarcht schrecklich und putzt sich nie die Zähne. Warum? Hallo... Wassergott...?"
Ob die anderen Menschen vielleicht Morgoth angebetet haben, so aus lauter Angst (haben die Christen ja auch - Verdammnis und so) steht auch nirgends, wäre aber auch nicht unplausibel.

Und letztendlich könnte man auch sagen, dass die eigentlich wirkliche Gottheit Iluvatar wäre, weil der ja alles schuf, selbst die Valar. Aber der schert sich ja nicht, denn er hat in dem Lied, dass er mit den Valar musizierte ja den Werdegang erzählt und da wir quasi Teil seiner Musik sind (Na, Du D moll?), was soll ihn bitte da an Gebet erreichen? Das wäre ja wie ein verselbstständigtes Echo.

Zed:
<Parallel zu Boba Fett gepostet>

Eine These dazu, wie Tolkien Religion in den Alltag der sterblichen Völker eingeflochten haben könnte:

Die Lieder.

Zum einen ahmt Gesang ja schon im Grundsatz in Mittelerde die Erschaffung der Welt nach. Alleine das Singen schon könnte in Mittelerde als parareligiöser Akt gelten (ohne dass das nach meinem Wissen irgendwo ausgesprochen wird).

Ich kenne jetzt die Lieder, die in Tolkiens Werken angesprochen werden, nicht in-und-auswendig, aber in einigen werden doch Sterne, Bäume und andere "Stand-Ins" der Schöpfung genannt, richtig? Das würde meine These stärken, meine ich.

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