Autor Thema: Ist Rollenspieltheorie tot?  (Gelesen 2220 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Ist Rollenspieltheorie tot?
« am: 30.01.2025 | 15:00 »
Wir haben im Jahr 2025 eine immense Fülle an Rollenspielen zur Auswahl. Das ist einerseits schön – für jeden noch so speziellen Geschmack gibt es Systeme. Andererseits macht diese Fülle es umso wichtiger, sich darüber zu verständigen, was jemand unter Rollenspiel versteht – andernfalls hat man im Extremfall fünf Menschen am Tisch, die in Wahrheit fünf unterschiedliche Hobbys betreiben und sich verwundert die Augen reiben, was die anderen vier da so treiben.
Die Bezeichnung (Pen & Paper) Rollenspiel zur Beschreibung des Hobbies ist für mich ähnlich unscharf wie etwa der Begriff „Sport“. Nur ist beim Sport eben viel klarer, dass jede Sportart ein eigenes Hobby ist. Das wiederum macht die Kommunikation leichter: Wenn fünf Leute zusammen Sport machen wollen, finden sie relativ leicht heraus, ob es eine Sportart gibt, die allen Freude macht – sie müssen hierzu lediglich die betriebenen Sportarten durchgehen.
Im Bereich Rollenspiel wiederum gibt es seit Urzeiten Versuche, Spielertypen zu klassifizieren. Später kamen Modelle hinzu, die Spielstile beschreiben (Threefold/Big). Diese Modelle sind auch hilfreich, um Systeme dahingehend zu klassifizieren, welchen Stil sie wie stark unterstützen.
Nun ist das Big-Model schon über 20 Jahre alt. Seitdem sind vermutlich hunderte wenn nicht tausende neue Systeme publiziert worden (ja, die allermeisten sind „nur“ D&D Klone aber es gibt auch einen relevanten Anteil innovativer Neuentwicklungen). Aber hat sich die Rollenspieltheorie in der Zeit ebenfalls signifikant weiterentwickelt? Hat sie neue Modelle hervorgebracht oder neue Instrumente enzwickelt, um Spielstile, Systeme und Spielerpräferenzen zu erfassen? Falls ja, habe ich es offenbar verpasst.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline Horsinand

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 110
  • Username: Horsinand
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #1 am: 30.01.2025 | 15:10 »
Ich habe mich mit Rollenspieltheorie erst Jahre nach der Praxis beschäftigt. Ich bin mittlerweile sehr dankbar für die Theorie, empfinde sie aber immer noch als sehr chaotisch und unwissenschaftlich. Man kann sich dem Rollenspiel sicherlich auch aus vielen wissenschaftlichen Richtungen nähern. Für mich steckt die Theorie noch in den Kinderschuhen oder findet in einem kleinen Kreis statt, zu dem ich nicht gehöre.

Offline unicum

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.394
  • Username: unicum
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #2 am: 30.01.2025 | 15:18 »
Ich find jezt nicht das Rollenspieltheorie tod ist. Ich nutze das immer noch und im hintergrund schwingt das immer wieder mal mit. Einige Sachen haben mir dabei die Augen geöffnet.

Es gibt vieleicht auch nicht mehr so viel zu diskutieren wie früher. Vieles ist schon gesagt und man streitet sich dann ggf. nur noch um Details.


Offline Hotzenplot

  • geiles Gekröse
  • Moderator
  • Mythos
  • *****
  • Potz Pulverdampf und Pistolenrauch!
  • Beiträge: 11.161
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Hotzenplotz
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #3 am: 30.01.2025 | 15:38 »
Ich glaube, der wichtigste Dienst der Rollenspieltheorie war und ist, dass sie Menschen in unserem Hobby überhaupt bewusst macht, wie vielfältig Rollenspiel sein kann. Mir hat das Bewusstsein darüber viel gebracht, auch wenn allzuviel daran (noch?) unscharf ist und sich in vielen Bereichen über Definitionen und Inhalte gestritten wird.
Wenn man sich dessen bewusst ist, kann man wesentlich leichter einschätzen, was einem Spaß machen wird und was nicht - das gilt sowohl für das Spiel, das Setting und die etwaige Spielrunde.

Die große Zeit des "Bäm - es gibt Rollenspieltheorie" ist sicher vorbei, aber viel von den Diskussionen, die damals geführt wurden, haben zu ganz neuen Spielarten geführt oder zumindest eben zu oben erwähntem Bewusstsein.

Online 1of3

  • Richtiges Mädchen!
  • Titan
  • *********
  • Proactive Scavenger
  • Beiträge: 19.319
  • Username: 1of3
    • Sea Cucumbers and RPGs
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #4 am: 30.01.2025 | 15:46 »
Das Problem bei der Klassifizierung von Spielertypen ist, dass man tatsächlich eine Studie bräuchte um zu wissen welche signifikanten Cluster es da so gibt. Das macht nur niemand, deshalb sind Spielertypen im Bereich konsolidierte Anekdoten.

Was man tun kann, ist Tätigkeiten am Spieltisch vergleichen. Das hilft jetzt nicht um zu wissen, mit wem man gern zusammen spielt, aber es kann zeigen, was im Rollenspiel möglich ist. Levis Praxic Compendium ist da ein schönes Beispiel.

Die Vorgehensweise ist eigentlich ziemlich einfach erklärt: Was wollen die Leute am Tisch erreichen? Welche unterschiedlichen Arten dies zu erreichen, hat das Rollenspiel schon hervorgebracht? (Auf schlau heißt so was funktional-typologisch.)

Offline schneeland

  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Cogito ergo possum
  • Beiträge: 13.083
  • Username: schneeland
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #5 am: 30.01.2025 | 16:19 »
Das Problem bei der Klassifizierung von Spielertypen ist, dass man tatsächlich eine Studie bräuchte um zu wissen welche signifikanten Cluster es da so gibt. Das macht nur niemand, deshalb sind Spielertypen im Bereich konsolidierte Anekdoten.

Da sehe ich auch das große Defizit: es mangelt an empirischen Untersuchungen, auf deren Basis man Kategorisierungen erarbeiten könnte (denn ich habe auch den Eindruck, dass die bisherigen Kategorisierungen eher auf Basis von Anekdoten und Nahbereichsempirie entstanden sind). Und bedauerlicherweise ist das Thema wohl auch zu klein, als dass da irgendwo hinreichend Forschungsgelder für Sozialwissenschaftler oder Psychologen anfielen, um am Status Quo etwas zu ändern.
All good things come to those who wait! ... like beer and dual flamethrowers.

Offline HEXer

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 173
  • Username: Der HEXer
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #6 am: 30.01.2025 | 17:16 »
Wenn man sich dessen bewusst ist, kann man wesentlich leichter einschätzen, was einem Spaß machen wird und was nicht - das gilt sowohl für das Spiel, das Setting und die etwaige Spielrunde.

Ich finde, man kann es vor allem besser artikulieren. Klar sind die Begriffe nicht immer eindeutig. Aber immer noch besser, als gar keine Begriffe haben.
„Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“
- Nietzsche

Online Ainor

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 2.646
  • Username: Ainor
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #7 am: 30.01.2025 | 17:44 »
Wir haben im Jahr 2025 eine immense Fülle an Rollenspielen zur Auswahl. Das ist einerseits schön – für jeden noch so speziellen Geschmack gibt es Systeme. Andererseits macht diese Fülle es umso wichtiger, sich darüber zu verständigen, was jemand unter Rollenspiel versteht – andernfalls hat man im Extremfall fünf Menschen am Tisch, die in Wahrheit fünf unterschiedliche Hobbys betreiben und sich verwundert die Augen reiben, was die anderen vier da so treiben.

Also ich hatte bei GNS Diskussionen immer das Gefühl dass die Begriffe sehr unterschiedlich verstanden werden und dadurch im Grunde genommen nicht hilfreicher waren als einfach zu sagen: "sowas wie Fate/D&D/PBTA".

Hinzu kommt noch dass unterschiedliche Gruppen dasselbe System sehr unterschiedlich spielen, was alles sehr kompliziert macht.
Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
Im Rollenspiel ist auch hinreichend fortschrittliche Technologie von Magie zu unterscheiden.
Meine 5E Birthright Kampagne: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122998.0.html

Offline Hotzenplot

  • geiles Gekröse
  • Moderator
  • Mythos
  • *****
  • Potz Pulverdampf und Pistolenrauch!
  • Beiträge: 11.161
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Hotzenplotz
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #8 am: 30.01.2025 | 17:50 »
Ich finde, man kann es vor allem besser artikulieren. Klar sind die Begriffe nicht immer eindeutig. Aber immer noch besser, als gar keine Begriffe haben.

Dem stimme ich zu. Die Unschärfe ist dann nicht schlimm, wenn man darüber spricht.

Mir hat es auch extrem geholfen zu verstehen, warum ich mit manchen anderen Spielweisen mehr oder weniger Spaß habe und warum bestimmte Leute vielleicht gar nicht miteinander spielen sollten. Wobei letzteres schon ein Extremfall ist.

Offline unicum

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.394
  • Username: unicum
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #9 am: 30.01.2025 | 17:51 »
Ich meine ich hab sicherlich 2 Umfragen zu Rollenspielen gemacht, alleine war der Gewinn dadurch imho schon recht begrenzt und ich meine mich schon daran zu erinnern das die Einfärbung des Umfragenden da mitgespielt hat, weil da eben auch dessen/deren Lieblingsrollenspiel pate gestanden hat.

Das mag zwar ein Schritt richtung wissenschaft gewesen sein, alleine fehlte mir oft der Blick über den Tellerrand.

Man muss zwar sicher nicht alle Rollenspiele auf dem markt analsysieren und in Spielergruppen einteilen - dahingehend denke ich schon das die Modelle die aus der Community kommen nicht kompletter Unsinn sind.

Und ja nur weil etwas nicht aus den Elfenbeintürmen der Universitäten kommt heisst das noch lange nicht dass es keinen Hand uznd Fuß hat. ich meine Professoren kochen ja auch nur mit Wasser, ausser meine Chemieproffesorin die kochte ihren Kaffe im Glycerinbad,...

Oder anderst gefragt: Manchmal sollte man einen Klempner hohlen wenn der Wasserhahn tropft und keinen Fluidiker der zwar die turbulenten Strömungen in einem Rohr berechnen kann, aber keine Ahnung hat wie man eine Rohrzange hält ;)
(So in der Art sagte es ein Professor bei uns während des Studiums "Fragen sie ruhig auch mal die Praktiker, die können es vieleicht nicht mit fachbegriffen erklären, aber sie haben manchmal mehr wissen im Bauch als ein Student im Kopf")

Offline Megavolt

  • Zwinker-Märtyrer
  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 4.857
  • Username: Megavolt
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #10 am: 30.01.2025 | 19:24 »
Die Stille im Bereich der Rollenspieltheorien ist schon sehr auffällig.

Man könnte auch mal abklopfen, ob vielleicht irgendwelche Rollenspieltheorien zwar existieren, aber nur nicht im Tanelorn ankommen, oder ob es andere Störfaktoren gibt.

Vielleicht gibts auch deshalb nix Neues unter der Sonne, weil DnD5 einfach so ein krasser Move "back to the roots" war, dass es keine dezidiert "neuen" Fragestellungen provoziert hat, sondern dass man im Theoriekarussell der Probleme und Lösungsansätze erst mal noch eine gepflegte Runde dreht, und das ist für uns Oberförster halt irgendwie langweilig.
afuera!

Offline aikar

  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 7.024
  • Username: aikar
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #11 am: 30.01.2025 | 20:19 »
Ich finde die Rollenspieltheorie hat einfach ihren Zweck erfüllt (und tut es noch): Zu erkennen und aufzuzeigen, dass Rollenspiel in vielen verschiedenen Formen vorkommt und Spaß machen kann.
Gerade in der Hochzeit der Rollenspieltheorie war das noch eine sehr neue Erkenntnis und der Konflikt um die richtige (TM) Art des Rollenspiels heiß. Inzwischen ist dieses Thema durch (bis auf einige Unbelehrbare) und die Debatten haben andere Formen angenommen.

Die "Rollenspieltheorie"-Diskussionen unseres Jahrzehnts waren wahrscheinlich am ehesten die um das aufkommende und stärker werdende Online-Rollenspiel. Und das nächste große Thema am Horizont ist das Thema KI-Spielleitung. Und daraus resultierend wiederum die Frage, was Pen & Paper-Rollenspiel ist und wo die Grenzen (in diesem Fall dann zu Computerspielen) laufen.
« Letzte Änderung: 30.01.2025 | 20:24 von aikar »
Chefredakteur des neuen Myranor. Fragen gerne unter Myranor 5e (Uhrwerk)

Für Fans von Aventurien, denen DSA zu komplex ist: Aventurien 5e: https://aventurien5e-fanconversion.de/

Offline Johann

  • Survivor
  • **
  • Beiträge: 64
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Johann
    • Im Reich der Nibelungen
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #12 am: 30.01.2025 | 20:19 »
diese Fülle [macht] es umso wichtiger, sich darüber zu verständigen, was jemand unter Rollenspiel versteht – andernfalls hat man im Extremfall fünf Menschen am Tisch, die in Wahrheit fünf unterschiedliche Hobbys betreiben und sich verwundert die Augen reiben, was die anderen vier da so treiben.

Wenn man sich schon kennt, dann kann man sich über Rollenspiel unterhalten und herausfinden, ob man ähnliche Vorlieben hat. Da lassen sich ja Rollenspieler:innen meist nicht zweimal bitten ("Lass mich dir von meinem Zwerg der 28. Stufe erzählen!").

Wenn man sich noch nicht kennt, dann sollte man sowieso erstmal einen One-Shot oder so spielen -- und kann dabei herausfinden, ob man ähnliche Vorlieben hat und zueinander passt.

"Ich suche noch vier Spieler:innen, um eine D&D-Runde zu gründen" ist m.E. eher unklug (auch wenn ich auf diese Weise schöne Runden und gute Freunde gefunden habe). Das kann natürlich gut gehen, aber falls nicht, muss jemand ausgeladen werden oder es geht direkt schon mit Kompromissen los.

Zugegeben, manche Rollenspieler:innen wissen nicht, was sie wollen, oder gestehen es sich und anderen nicht ein oder wollen um jeden Preis spielen undundund. Das zeigt sich dann erst mit der Zeit. Aber ich glaube, dass Theorie in solchen Fällen nur wenig hilft -- man muss halt spielen (und hoffentlich nicht gleich Masks of Nyarlathotep).
Im Reich der Nibelungen ist eine Spielwelt mit eigenwilligen magischen Gesetzen für Swords & Wizardry Continual Light. Mehr dazu bei Blogger und DriveThruRPG (dank Fans auch auf Französisch und Englisch).

Offline ArneBab

  • Legend
  • *******
  • Bild unter GPL von Trudy Wenzel.
  • Beiträge: 4.331
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: ArneBab
    • 1w6 – Ein Würfel System
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #13 am: 30.01.2025 | 20:31 »
Eine Studie zu Spielertypen gab es doch — von WotC. Das Ergebnis war, dass in den meisten Runden mehrere unterschiedliche Spielertypen vertreten sind, so dass Optimierung auf einen Typ keine gute Idee ist.

Die ist aber auch schon mindestens ein Jahrzehnt alt (glaube ich, die Zeit verging schnell …).

Was Rollenspieltheorie angeht habe ich eher den Eindruck, dass sich zum ersten Mal mit Spielen außerhalb D&D halbwegs Geld verdienen lässt (in den USA) und die Entwickelnden mehr mit Vermarktung und Produktion ihres Dings als mit Reflektion in der Gruppe beschäftigt sind. Und dass einige Gemeinschaften zerbrochen sind, weil sich lautstarke Mitglieder als nicht so nette Menschen herausgestellt haben.

Ist aber nur mein Eindruck von außen. Meine Beschäftigung mit Rollenspieltheorie hat dadurch deutlich gelitten, dass ich weniger in Foren und mehr in sozialen Netzen diskutiere, wo Leute zwar viel mehr sehen, aber irgendwie vor allem für sich selbst sprechen und viel verstreuter, vereinzelter sind. Außerdem hat das Leben mir ein paar Tiefschläge verpasst und ich brauche abends mehr Zerstreuung als früher.

Ein weiterer Punkt, der für mich Rollenspieltheorie weniger spannend gemacht hat, ist dass ich noch stärker gemerkt habe, dass sie für meinen Spaß gar nicht so wichtig ist. Solange das Spiel nicht komplett von etwas dominiert wird, das mir nicht liegt, macht jede Runde mit netten Leuten Spaß. Solange die Theorie also dafür sorgt, dass verschiedene Aspekte abgedeckt werden, reicht sie bereits aus. Es fehlt dieses „hiermit schaffe ich die große neue Lösung!“

Und ich habe viel stärker gemerkt, wie viel Einfluss Gestaltung und Hintergründe haben. Und die werden nicht durch Theorie besser, sondern dadurch, dass handwerklich daran gearbeitet wird.

Rollenspieltheorie macht also gar kein gutes Spiel. Sie kann nur verhindern, dass ein Spiel trotz guter Arbeit enttäuscht.
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«

Online 1of3

  • Richtiges Mädchen!
  • Titan
  • *********
  • Proactive Scavenger
  • Beiträge: 19.319
  • Username: 1of3
    • Sea Cucumbers and RPGs
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #14 am: 30.01.2025 | 21:02 »
"sowas wie Fate/D&D/PBTA".

Also "Nenn mir deine drei Lieblingsspiele" halte ich für recht aufschlussreich. Wobei man vielleicht ergänzen sollte "... die nicht D&D" sind.

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #15 am: 30.01.2025 | 21:34 »
Man könnte auch mal abklopfen, ob vielleicht irgendwelche Rollenspieltheorien zwar existieren, aber nur nicht im Tanelorn ankommen [...]

Genau das habe ich mich gefragt. Da ich ausschließlich im Tanelorn aktiv bin, würde sowas leicht an mir vorbei gehen. Könnte mir vorstellen, das Rollenspieltheorie nach wie vor z.B. auf der Forge diskutiert wird.


Ich glaube, der wichtigste Dienst der Rollenspieltheorie war und ist, dass sie Menschen in unserem Hobby überhaupt bewusst macht, wie vielfältig Rollenspiel sein kann. Mir hat das Bewusstsein darüber viel gebracht, auch wenn allzuviel daran (noch?) unscharf ist und sich in vielen Bereichen über Definitionen und Inhalte gestritten wird.
Wenn man sich dessen bewusst ist, kann man wesentlich leichter einschätzen, was einem Spaß machen wird und was nicht - das gilt sowohl für das Spiel, das Setting und die etwaige Spielrunde.

Volle Zustimmung. Dennoch denke ich, dass damit ihr Nutzen nicht enden muss. Aus guten Modellen ließen sich gute Instrumente ableiten. Aber ja, das wäre ein recht aufwendiges Vorhaben, welches entsprechende wissenschaftliche Expertise und viel Ressourcen erfordert:


Da sehe ich auch das große Defizit: es mangelt an empirischen Untersuchungen, auf deren Basis man Kategorisierungen erarbeiten könnte (denn ich habe auch den Eindruck, dass die bisherigen Kategorisierungen eher auf Basis von Anekdoten und Nahbereichsempirie entstanden sind). Und bedauerlicherweise ist das Thema wohl auch zu klein, als dass da irgendwo hinreichend Forschungsgelder für Sozialwissenschaftler oder Psychologen anfielen, um am Status Quo etwas zu ändern.


Und bis dahin stehen uns zumindest in puncto "Passung der Spielstile" ja weiter altbewährte Wege offen:

Wenn man sich schon kennt, dann kann man sich über Rollenspiel unterhalten und herausfinden, ob man ähnliche Vorlieben hat. Da lassen sich ja Rollenspieler:innen meist nicht zweimal bitten ("Lass mich dir von meinem Zwerg der 28. Stufe erzählen!").

"Ich suche noch vier Spieler:innen, um eine D&D-Runde zu gründen" ist m.E. eher unklug (auch wenn ich auf diese Weise schöne Runden und gute Freunde gefunden habe). Das kann natürlich gut gehen, aber falls nicht, muss jemand ausgeladen werden oder es geht direkt schon mit Kompromissen los.

Zugegeben, manche Rollenspieler:innen wissen nicht, was sie wollen, oder gestehen es sich und anderen nicht ein oder wollen um jeden Preis spielen undundund. Das zeigt sich dann erst mit der Zeit. Aber ich glaube, dass Theorie in solchen Fällen nur wenig hilft -- man muss halt spielen (und hoffentlich nicht gleich Masks of Nyarlathotep)

Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline schneeland

  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Cogito ergo possum
  • Beiträge: 13.083
  • Username: schneeland
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #16 am: 30.01.2025 | 22:02 »
Ich finde die Rollenspieltheorie hat einfach ihren Zweck erfüllt (und tut es noch): Zu erkennen und aufzuzeigen, dass Rollenspiel in vielen verschiedenen Formen vorkommt und Spaß machen kann.
Gerade in der Hochzeit der Rollenspieltheorie war das noch eine sehr neue Erkenntnis und der Konflikt um die richtige (TM) Art des Rollenspiels heiß. Inzwischen ist dieses Thema durch (bis auf einige Unbelehrbare) und die Debatten haben andere Formen angenommen.

Ich würde sagen, dass über diese Einsicht hinaus die Situation insofern komfortabler ist, als Spiele, die sich z.B. aus der Forge heraus entwickelt haben, teilweise eigene Designlinien begründet haben (PbtA, FitD). Und anstatt dann nochmal ganz grundsätzlich neu anzusetzen, kann man sich im Zweifelsfall dann auch die konkreten Spiele anschauen und sich davon inspirieren lassen.

Im Übrigen habe ich den Eindruck, dass manche grundlegenden Diskussionen, die wir hier lokal im :T: als mehr oder weniger gelöst betrachten, durchaus noch regelmäßig wiederkehren, nur eben mit anderen Teilnehmern und auf anderen Plattformen.
All good things come to those who wait! ... like beer and dual flamethrowers.

Offline aikar

  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 7.024
  • Username: aikar
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #17 am: 30.01.2025 | 22:09 »
Also "Nenn mir deine drei Lieblingsspiele" halte ich für recht aufschlussreich. Wobei man vielleicht ergänzen sollte "... die nicht D&D" sind.
Jein. Ich glaube daraus lassen sich meist eher Tendenzen zur bevorzugten Regeltiefe als zu einem Spielstil ablesen.
Und warum sollte man D&D ausklammern? Wenn es das Lieblingsspiel ist, ist das ja auch eine Aussage.
Ich mag z.B. D&D5, Fate und Beyond the Wall sehr gerne, wo würdest du mich einordnen?

Volle Zustimmung. Dennoch denke ich, dass damit ihr Nutzen nicht enden muss. Aus guten Modellen ließen sich gute Instrumente ableiten.
Was würdest du dir von solchen Instrumenten erwarten?

Tatsächlich glaube ich, dass die Hardcore-Rollenspieltheoretiker die Bedeutung von Spielstilen und -vorlieben überschätzt haben. Sie ist auch sicher nicht zu unterschätzen und gut zu kennen, tritt aber sehr oft hinter die Bedeutung der persönlichen Ebene in einer Gruppe zurück.
Eine Runde mit sehr unterschiedlichen Vorlieben kann und wird Kompromisse finden und Spaß haben, wenn es persönlich passt. Umgekehrt ist eine einheitliche Spielvorliebe keine Garantie auf eine harmonische Runde.
Und manche "durchoptimierte" Systeme fühlen sich gerade deswegen irgendwie seelenlos an.
Chefredakteur des neuen Myranor. Fragen gerne unter Myranor 5e (Uhrwerk)

Für Fans von Aventurien, denen DSA zu komplex ist: Aventurien 5e: https://aventurien5e-fanconversion.de/

Online Isegrim

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.411
  • Username: Isegrim
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #18 am: 30.01.2025 | 22:22 »
Tatsächlich glaube ich, dass die Hardcore-Rollenspieltheoretiker die Bedeutung von Spielstilen und -vorlieben überschätzt haben. Sie ist auch sicher nicht zu unterschätzen und gut zu kennen, tritt aber sehr oft hinter die Bedeutung der persönlichen Ebene in einer Gruppe zurück.
Eine Runde mit sehr unterschiedlichen Vorlieben kann und wird Kompromisse finden und Spaß haben, wenn es persönlich passt. Umgekehrt ist eine einheitliche Spielvorliebe keine Garantie auf eine harmonische Runde.
Und manche "durchoptimierte" Systeme fühlen sich gerade deswegen irgendwie seelenlos an.

Da ist was dran, würd ich sagen.

Ich würd auch unterscheiden zwischen "Rollenspieltheorie als Mittel für Rollenspieler, Spielvorlieben zu kommunizieren", und allem, was tatsächlich in wissenschaftliche Richtung geht, oder einen solchen Anspruch hat. Ich denk, das sind zwei sehr verschiedene Paar Schuhe, die unterschiedliche Herangehensweisen und Ziele haben oder haben müssten. Irgendwelche Umfragen oder Statistiken wären bspw für beide Gebiete nett, aber ob eine Fragestellung, die für a konzipiert ist, bei b weiterhilft, würd ich eher nicht mit ja beantworten.
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #19 am: 30.01.2025 | 23:04 »
Was Rollenspieltheorie angeht habe ich eher den Eindruck, dass sich zum ersten Mal mit Spielen außerhalb D&D halbwegs Geld verdienen lässt (in den USA) und die Entwickelnden mehr mit Vermarktung und Produktion ihres Dings als mit Reflektion in der Gruppe beschäftigt sind. Und dass einige Gemeinschaften zerbrochen sind, weil sich lautstarke Mitglieder als nicht so nette Menschen herausgestellt haben.


Den Eindruck teile ich. Als kommerzieller Akteuer müsste ich auch nicht zweimal überlegen, ob ich Geld  eher in Grundlagenforschung oder eher in mein spezifisches Produkt stecke ;D.


Was würdest du dir von solchen Instrumenten erwarten?

Idealerweise einen möglichst kurzen Fragebogen, der die wesentlichen Präferenzfaktoren im Rollenspiel valide erfasst und mir für jeden dieser Faktoren einen intervallskalierten Score ausspuckt.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #20 am: 31.01.2025 | 09:49 »
Tatsächlich glaube ich, dass die Hardcore-Rollenspieltheoretiker die Bedeutung von Spielstilen und -vorlieben überschätzt haben. Sie ist auch sicher nicht zu unterschätzen und gut zu kennen, tritt aber sehr oft hinter die Bedeutung der persönlichen Ebene in einer Gruppe zurück.
Eine Runde mit sehr unterschiedlichen Vorlieben kann und wird Kompromisse finden und Spaß haben, wenn es persönlich passt. Umgekehrt ist eine einheitliche Spielvorliebe keine Garantie auf eine harmonische Runde.

Einig sind wir uns an der Stelle, dass persönliche Sympathie und Passung beim Spielstil beides relevante Faktoren sind. In der Gewichtung hingegen unterscheiden wir uns offenbar:
Natürlich ist jeglicher menschlicher Kontakt umso schöner, je mehr persönliche Sympathie vorhanden ist. Notwendig für spaßiges gemeinsames Rollenspiel ist Sympathie für mich persönlich aber nicht. Sofern der Spielstil hinreichend überlappt, reicht es, wenn Menschen mir nicht (stark) unsympathisch sind. Und das passiert dankenswerterweise sehr selten.
Anders herum können Menschen mir noch so sympathisch sein, wenn der Spielstil zu wenig überlappt, habe ich kaum Freude am gemeinsamen RPG.



Ich würd auch unterscheiden zwischen "Rollenspieltheorie als Mittel für Rollenspieler, Spielvorlieben zu kommunizieren", und allem, was tatsächlich in wissenschaftliche Richtung geht, oder einen solchen Anspruch hat. Ich denk, das sind zwei sehr verschiedene Paar Schuhe, die unterschiedliche Herangehensweisen und Ziele haben oder haben müssten. Irgendwelche Umfragen oder Statistiken wären bspw für beide Gebiete nett, aber ob eine Fragestellung, die für a konzipiert ist, bei b weiterhilft, würd ich eher nicht mit ja beantworten.

Mir scheint, du konstruierst hier einen unnötigen Widerspruch: Ich kann jede Fragestellung mit wissenschaftlichen oder mit unwissenschaftlichen Methoden untersuchen. Ich würde eben gerne Präferenzstrukturen im Rollenspiel mit "hochwertigen" wissenschaftlichen Methoden untersuchen (konkret würde ich gerne Faktorenananlysen auf Basis einer sehr großen und vor allem nicht-selbst selektierten Stichprobe sehen), denn nur so kommt mehr raus als...

[...] konsolidierte Anekdoten.


Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Online 1of3

  • Richtiges Mädchen!
  • Titan
  • *********
  • Proactive Scavenger
  • Beiträge: 19.319
  • Username: 1of3
    • Sea Cucumbers and RPGs
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #21 am: 31.01.2025 | 09:55 »
Und warum sollte man D&D ausklammern?

Weil D&D für praktisch alles und von Leuten sehr unterschiedlich benutzt. Ich habe eine deutlich bessere Idee, wie eine Gruppe spielt, die Beyond the Wall spielt.

Offline Boba Fett

  • Kopfgeldjäger
  • Titan
  • *********
  • tot nützt er mir nichts
  • Beiträge: 38.438
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Mestoph
    • Internet-Trolle sind verkappte Sadisten
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #22 am: 31.01.2025 | 10:20 »
Rollenspiel hat ja so "Phasen"...
Die frühen 2000er wurden durch D&D3.x geprägt, wo jeder 3rd Party Publisher irgendwas dazu rausbrachte, um auf der d20/OGL Welle mitzuschwimmen.
Gleichzeitig war das aber auch die hohe Zeit der Debatte um Rollenspiel-Theorie.
Mit D&D4 hat es Wizards dann irgendwie versemmelt, auch weil sie dafür keine OGL hatten. Mit 5e haben sie dann (auch dank Hilfe durch TV und YT) wieder voll durchgestartet und neben diverser 3rd Party Popper der alten Generation gleich noch mal eine neue Generation an Streamern, die dann auch zu Publishern wurden dazu-gezüchtet.
Kurz vor 6e haben sie es dann wieder aus Geldnot/-gier verkackt, aber scheinbar doch noch das Steuer herumgerissen. So im letzten Moment, mit Williams Abschied und Creative Commons und so.

Die Römer, äh, Wizards haben uns ausbluten lassen!
Was, liebe Freunde der Volksfront von Judäa, frage ich, hat die Rollenspieltheorie uns jemals gebracht?
(und ja, Aquädukt, Wein, öffentliche Bäder, Straßenverkehrsordnung, - lassen wir mal weg)...
Antwort: Erkenntnis!
Neben den Spielertypen eben auch die "System Matters!" Erkenntnis.
Deswegen können Leute jetzt artikulieren, was sie vom Spiel erwarten und was sie nicht leiden können und entscheiden, was, mit wem und bei wem sie am besten spielen.
Und Verlage können ihre Spiele zielgerichtet entwickeln (also so wie D&D, weil sich das verkauft wie blöd und man damit am meisten Kohle macht).
Systeme wie Powered by the Apokalypse und so ein neumodischer Indy-Kram wären sonst nie entstanden und hätten auch nie Erfolg gehabt.

Wenn man also Fragen will, ob sich noch was tut in Sachen Theorie und Forschung, muss man sich überlegen, was soll denn der Gewinn sein?
Wo sind denn vielleicht noch bereichernde Erkenntnisse verborgen?
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #23 am: 31.01.2025 | 10:22 »
Weil D&D für praktisch alles und von Leuten sehr unterschiedlich benutzt. Ich habe eine deutlich bessere Idee, wie eine Gruppe spielt, die Beyond the Wall spielt.

Das sehe ich genau so, hier mal ein Praxisbeispiel: Beim Traumjäger e.V. ist bei der Beschreibung der angebotenen Spielrunden üblich, die eigene Runde u.a. mit Hilfe von vier 7-stufigen Skalen zu beschreiben. D&D 5/2024 wurde zuletzt häufig angeboten und ist bei allen Skalen in allen Extremen.

Einschränkung: Das gilt nur für D&D5, nicht für andere D&D Versionen. Ich denke allerdings, so hat es 1of3 gemeint, da er explizit Beyond the Wall genannt hat, was ja ein D&D Retroklon ist.
Und es liegt auch nicht an den D&D5-Regeln sondern schlicht daran, dass es der übergroße Platzhirsch ist. Viele neue Rollenspieler kennen nun einmal (zunächst) nur D&D 5 und, genau wie bei den alte Hasen, sind die Präferenzen des Nachwuchses bunt - unser Vorteil ist halt, dass wir diesen Punkt schon reflektiert haben und mit "Fachbegriffen zumindest halbwegs über Präferenzunterschiede kommunizieren können.

Edit:
!
Was, liebe Freunde der Volksfront von Judäa, frage ich, hat die Rollenspieltheorie uns jemals gebracht?
(und ja, Aquädukt, Wein, öffentliche Bäder, Straßenverkehrsordnung, - lassen wir mal weg)...

 ~;D. Das Leben des Brian ist einfach zu gut - muss ihn unbedingt mal wieder in voller Länge anschauen.
« Letzte Änderung: 31.01.2025 | 10:27 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Online Isegrim

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.411
  • Username: Isegrim
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #24 am: 31.01.2025 | 10:36 »
Mir scheint, du konstruierst hier einen unnötigen Widerspruch:(...)

Ich halte die Unterscheidung nicht für unnötig, sondern im Gegenteil für entscheidend, um sich nicht völlig zu verzetteln, oder aneinander vorbei zu reden.
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline aikar

  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 7.024
  • Username: aikar
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #25 am: 31.01.2025 | 10:45 »
Weil D&D für praktisch alles und von Leuten sehr unterschiedlich benutzt. Ich habe eine deutlich bessere Idee, wie eine Gruppe spielt, die Beyond the Wall spielt.
Es verzerrt trotzdem das Bild, es wegzulassen.
Wenn jemand zu 90% D&D spielt und hin und wieder auch Fate oder PbtA ist das etwas gänzlich anderes, als wenn da nur Fate und PbtA steht.
Es lässt auch beiseite, dass viele Spielende, egal was die Kritisierenden behaupten, D&D(5) deshalb spielen, weil es so ist, wie es ist und ihnen genau so Spaß macht und rückt es in die falsche Ecke von "Das spielst du doch nur, weil du nichts anderes kennst".
"Ich spiele gerne ein vielfältiges Rollenspiel ohne offensichtliche stilistische Spezialisierung" (sofern man das überhaupt für irgend ein Rollenspiel sagen kann) IST eine persönliche Spielvorliebe und nicht die Abwesenheit davon.

Natürlich ist jeglicher menschlicher Kontakt umso schöner, je mehr persönliche Sympathie vorhanden ist. Notwendig für spaßiges gemeinsames Rollenspiel ist Sympathie für mich persönlich aber nicht. Sofern der Spielstil hinreichend überlappt, reicht es, wenn Menschen mir nicht (stark) unsympathisch sind. Und das passiert dankenswerterweise sehr selten.
Da sind wir dann sehr unterschiedlich. Zumindest für langdauernde Runden brauche ich eine gewisse Grundsympathie. Genauso spielt (wenn ich nicht selbst SL bin) der persönliche Spiel der SL stark rein.
Aber es ist das, was ich meinte: es gibt viele Zufriedenheitsfaktoren, nicht alle davon sind quantifizierbar oder objektiv. Hochdetailiert verwissenschaftliche Rollenspieltheorie erweckt den Eindruck von Allgemeingültigkeit, der meiner Meinung nach einfach nicht gegeben ist. Es gibt keine "So wirst du garantiert dein perfektes Rollenspiel-Finden"-Anleitung.
Das Wissen um die Konzepte der Rollenspieltheorie kann helfen, die eigenen Bedürfnisse einzuschätzen und abzugrenzen, was man absolut nicht mag. Aber es ist immer eine schwammige Angelegenheit und wenn man es übertreibt hat man wieder nur die Suche nach dem "Perfekten Rollenspiel", nur etwas breiter aufgefächert. Und an diese Suche glaube ich nicht mehr. Es hat schon seinen Grund, warum gewisse Themen der Rollenspieltheorie inzwischen im Mainstream angekommen sind, aber eben nicht mehr. Weil es für die meisten Rollenspielenden einfach keine Bedeutung hat. Sie wollen einfach spielen.
« Letzte Änderung: 31.01.2025 | 10:53 von aikar »
Chefredakteur des neuen Myranor. Fragen gerne unter Myranor 5e (Uhrwerk)

Für Fans von Aventurien, denen DSA zu komplex ist: Aventurien 5e: https://aventurien5e-fanconversion.de/

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #26 am: 31.01.2025 | 10:51 »
Ich halte die Unterscheidung nicht für unnötig, sondern im Gegenteil für entscheidend, um sich nicht völlig zu verzetteln, oder aneinander vorbei zu reden.

Dann habe ich dich vielleicht falsch verstanden. Kannst du nochmal mit anderen Worten erklären, was speziell der folgende Satzteil aussagen sollte?

[...] aber ob eine Fragestellung, die für a konzipiert ist, bei b weiterhilft, würd ich eher nicht mit ja beantworten.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Online Isegrim

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.411
  • Username: Isegrim
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #27 am: 31.01.2025 | 10:59 »
Weil D&D für praktisch alles und von Leuten sehr unterschiedlich benutzt. Ich habe eine deutlich bessere Idee, wie eine Gruppe spielt, die Beyond the Wall spielt.

Das gilt auch für andere "große" Systeme; bzw sogar: Das gilt für alle RPG, außer ein paar sehr fokussierten Systeme, die nur von einer kleinen Minderheit gespielt werden.

Grad die Möglichkeit, mit dem gleichen System verschiedene Spielvorlieben bedienen zu können, als auch, dass zumindest bei mir, vermutlich aber auch vielen andren Rollenspielern die Frage "welche Art Rollenspiel wollt ihr spielen?" durchaus (auch) tagesform-abhängig ist, müsste von einer Rollenspiel-Theorie, die den Namen wert ist, berücksichtigt werden, was mE nur sehr unvollkommen der Fall ist.

ad flaschengeist:
Eine "wissenschaftliche Rollenspieltheorie", die Rollenspiel quasi von außen so beobachtet und beschreibt, wie andere Wissenschaften das mit ihren Studienobjekten tun, wäre für Rollenspieler, die wissen wollen, ob System X mit ihren Spielvorlieben harmoniert, mE nur wenig hilfreich. Anders herum wäre eine RPG-"Theorie", mit der Rollenspieler ihre Spielvorlieben kommunizieren, mE von einer wissenschaftlichen Theorie sehr weit entfernt.
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #28 am: 31.01.2025 | 11:04 »
Aber es ist das, was ich meinte: es gibt viele Zufriedenheitsfaktoren, nicht alle davon sind quantifizierbar oder objektiv. Hochdetailiert verwissenschaftliche Rollenspieltheorie erweckt den Eindruck von Allgemeingültigkeit, der meiner Meinung nach einfach nicht gegeben ist.

Der Eindruck entsteht zuerst mal in deinem Kopf, in meinen Kopf war der Gedanke nicht. Ich habe eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung und genau deshalb ist mir klar, wo die Möglichkeiten aber auch die Grenzen wissenschaftlicher Methoden liegen. Und die Grenzen sind meiner Meinung nach noch nicht erreicht, weil es z.B. kein fundiertes Instrument gibt, um die quantifizierbaren Faktoren des eigenen Spielstils zu messen. Und als Hilfsmittel wäre das doch schön, oder hast du lieber gar kein Hilfsmittel, bevor du kein perfektes Hilfsmittel bekommst?


[...] und wenn man es übertreibt hat man wieder nur die Suche nach dem "Perfekten Rollenspiel", nur etwas breiter aufgefächert. Und an diese Suche glaube ich nicht mehr.

Hier sind wir uns wieder einig. Die Suche nach dem Perfekten, kann in jedem Lebensbereich Probleme bereiten. Dazu habe ich unlängst einen treffenden Aphorismus gelesen: "Viele Menschen vermasseln etwas gutes, indem sie nach etwas besserem suchen, nur um am Ende etwas schlechteres zu bekommen".
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #29 am: 31.01.2025 | 12:16 »
ad flaschengeist:
Eine "wissenschaftliche Rollenspieltheorie", die Rollenspiel quasi von außen so beobachtet und beschreibt, wie andere Wissenschaften das mit ihren Studienobjekten tun, wäre für Rollenspieler, die wissen wollen, ob System X mit ihren Spielvorlieben harmoniert, mE nur wenig hilfreich. Anders herum wäre eine RPG-"Theorie", mit der Rollenspieler ihre Spielvorlieben kommunizieren, mE von einer wissenschaftlichen Theorie sehr weit entfernt.


Wirklich klar ist mir deine Position leider immer noch nicht. Was für Fragestellungen Wissenschaft behandelt ist unterschiedlich, ebenso welche Methoden zur Bearbeitung einer Fragestellung eingesetzt werden. Aber danke, dass du es noch einmal versucht hast. Vielleicht skizziere ich nochmal konkreter, welche Fragestellung ich mit welchen wissenschaftlichen Methoden bearbeiten will, und was dabei für die Praxis rumkommen soll.

Die Fragestellung lautet: Welche Präferenzfaktoren (aka "Spaßquellen") gibt es im Rollenspiel?

Die Methode (der Verständlichkeit halber verkürzt):
Schritt 1: Eine möglichst große Zufallsstichprobe von Rollenspielern befragen, was für sie Spaßquellen sind.
Schritt 2: Diese Spaßquellen mittels Faktorenanalysen auf die "Kernpunkte" zusammendampfen.
Schritte 3: Aus diesen Kernpunkten einen Fragebogen konstruieren, der selbige misst.

In der Praxis hättest du damit ein Hilfsmittel, um den messbaren Teil (und der ist sicher nicht unwesentlich) der Vorlieben eines Spielers zu erfassen. Das würde Spielern selbst mehr Klarheit geben und dabei helfen, sich mit anderen Spielern verkürzt darüber auszutauschen, welche Art Rollenspiel sie bevorzugen.

« Letzte Änderung: 31.01.2025 | 12:19 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline schneeland

  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Cogito ergo possum
  • Beiträge: 13.083
  • Username: schneeland
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #30 am: 31.01.2025 | 15:42 »
Die Fragestellung lautet: Welche Präferenzfaktoren (aka "Spaßquellen") gibt es im Rollenspiel?

Die Methode (der Verständlichkeit halber verkürzt):
Schritt 1: Eine möglichst große Zufallsstichprobe von Rollenspielern befragen, was für sie Spaßquellen sind.
...

Möglicherweise ist das der Verkürzung zum Opfer gefallen, aber mein Eindruck ist: man müsste sogar erst nochmal einen Schritt zurück machen und erstmal Einiges an Vorarbeiten leisten, um dann eine Befragung und Faktoranalyse auf die Beine stellen zu können, die nicht wieder auf bereits existierende, eher der Nahbereichsempirie entsprungene Kategorisierungen zurück zu fallen. Falls bereits in (1) eingepreist bitte ignorieren, aber m.E. sind Menschen nicht durchgängig gut darin zu formulieren, was ihnen gefällt oder was sie sich wünschen (und es fällt ihnen deutlich leichter, zu formulieren, was sie stört). Ich befürchte daher, dass man auf eine die relativ breit angelegte Frage nach Spaßquellen wahrscheinlich keine gut verwertbaren Antworten bekommt, und dass man evtl. zuerst beobachtende Studien durchführen und entweder den Verlauf protokollieren oder Video aufzeichnen und anschließend analysieren müsste, um sicherzugehen, dass man für die Umfrage dann eine einigermaßen vollständige Frageliste generieren kann.

So ganz generell ist mein Eindruck, dass die Frage nach den Spaßquellen zwar als übergeordnete Leitfrage für Forschung taugt, aber dass man sie erstmal auf verschiedene Teilfragen herunterbrechen müsste, um einen fundierten Eindruck davon zu bekommen, welche Spaßquellen sich in unterschiedlichen Kontexten ergeben, und welche Einflussfaktoren es evtl. gibt*. Ich sehe da durchaus eine Menge spannender Fragen (Online vs. Offline-Spiel, kulturelle Faktoren, Spielerfahrung und/oder bereits bekannter Systeme, Verteilung der Erzählrechte), aber allein wenn ich jetzt so kurz ins Unreine denke, dann habe ich den Eindruck, dass man damit mehr als einen Doktoranden knechten könnte** .

Damit ist man dann ein Stück weit auch wieder bei der Frage, was man eigentlich mit den gewonnenen Informationen anfangen möchte. Jetzt bin ich persönlich jemand, der an wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn und insbesondere an empirischer Forschung an sich Spaß hat, aber wenn der Hintergedanke ist, dadurch besseres (i.S.v. spaßmaximierendes) Spieldesign zu erreichen, dann müssen einerseits die Erkenntnisse anschließend auch wieder rückübersetzt werden, so dass sie für nicht-akademische Spieldesigner und Hobbyisten konsumierbar werden, andererseits kommt dann vielleicht auch als relevanter Faktor noch die Marktsituation hinzu sowie die Tatsache, dass ich anstatt Spaß zu maximieren ggf. auch Friktionen zwischen Menschen mit unterschiedlichen Präferenzprofilen minimieren möchte.

An der Stelle kommt dann auch Isegrims Einwand zum Tragen: es ist schon eine relevante Unterscheidung, ob ich jetzt in diesem Augenblick für meine bestehende D&D-Runde den Spaß bei Bosskämpfen verbessern möchte oder mich frage, wie ich den wenig aktiven Spieler dazu motiviere, sich mehr einzubringen, oder ob ich ganz generell ein besseres Verständnis für Spielerpräferenzen und Spieldesign erlangen möchte. In Fall (1) ist wahrscheinlich das anekdotische Wissen von ein paar Leuten, die schon länger spielen, völlig ausreichend und es ist im Zweifelsfall auch ok, wenn sich einfach nur mal ein paar Leute mit Erfahrungen in einem Raum zusammensetzen und diskutieren und anschließend ein Video dazu machen. In Fall (2) hilft ein wissenschaftliches Fundament m.E. ein ganzes Stück mehr (wir sehen das ja auch im Videospielbereich, wo es mittlerweile eine strukturierte Ausbildung gibt).

Analoges Beispiel aus dem Fitnessbereich: wenn ich einfach Muskeln aufbauen und vielleicht ein Sixpack haben möchte, reicht die Bro-Science typischer Fitnessinfluencer völlig aus - dann mache ich die klassischen Verbundübungen im mittleren Wiederholungsbereich und setze ich 2,5g Protein/kg Körpergewicht an, und wenn ich keine kaputten Nieren oder sonstigen gravierenden Beschwerden habe, dann geht das schon ganz gut aus. Um tieferen Einblick zu gewinnen und auf Basis belastbarer Informationen meinen eigenen Trainingsplan erstellen zu können oder zumindest bewerten zu können, wie gut die Ratschläge meines Trainers sind, grabe ich mich dann tiefer in die Sport- und Ernährungswissenschaft und abonniere vielleicht Examine.com/Stronger by Science, wo ich einen Überblick über aktuelle Studien zur Frage, wie viel Protein der Körper wirklich aufnehmen kann bekomme (Link).

* So ganz generell ist mein Eindruck, dass die Bereitschaft zur allumfassenden Theorie im Hobbybereich viel größer ist als in der akademischen Welt
** Ich würde vermuten, dass D&D(5) da sogar ein dankbarer Studienbereich sein könnte, eben weil dort auch Menschen mit sehr unterschiedlichen Präferenzen aufeinander treffen.

P.S.: Ja, möglicherweise ist es ein bisschen fragwürdig, wenn man feststellt, dass man für Forenbeiträge gern Fußnoten hätte  ;D
« Letzte Änderung: 31.01.2025 | 17:34 von schneeland »
All good things come to those who wait! ... like beer and dual flamethrowers.

Offline ArneBab

  • Legend
  • *******
  • Bild unter GPL von Trudy Wenzel.
  • Beiträge: 4.331
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: ArneBab
    • 1w6 – Ein Würfel System
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #31 am: 31.01.2025 | 16:21 »
P.S.: Ja, möglicherweise ist es ein bisschen fragwürdig, wenn man feststellt, dass man für Forenbeiträge gern Fußnoten hätte  ;D
OT: finde ich nicht. Das ist, wenn Forumsdiskussionen am Besten sind und soziale Medien im Staub hinter sich lassen.  :d
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«

Online Isegrim

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.411
  • Username: Isegrim
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #32 am: 31.01.2025 | 17:03 »
OT: Ach, spätestens seit Pratchetts Romanen sollten Fußnoten ein auch abseits von Fachseminar-Arbeiten anerkanntes Stilmittel sein...  :d
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #33 am: 31.01.2025 | 17:33 »
P.S.: Ja, möglicherweise ist es ein bisschen fragwürdig, wenn man feststellt, dass man für Forenbeiträge gern Fußnoten hätte  ;D

Finde ich auch große Klasse, mehr zu deinem tollen Input schreibe ich dann die Tage - hätte jeder Beitrag dieses Niveau, würde ich vermutlich noch mehr Zeit im Tanelorn verbringen ;D.
« Letzte Änderung: 31.01.2025 | 17:35 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline Paßwächter

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 143
  • Username: Paßwächter
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #34 am: 31.01.2025 | 18:21 »
[...] m.E. sind Menschen nicht durchgängig gut darin zu formulieren, was ihnen gefällt oder was sie sich wünschen (und es fällt ihnen deutlich leichter, zu formulieren, was sie stört). Ich befürchte daher, dass man auf eine die relativ breit angelegte Frage nach Spaßquellen wahrscheinlich keine gut verwertbaren Antworten bekommt,
Davon gehe ich auch aus. Es ist halt so, daß man sich unter Umständen über die eigenen Präferenzen gar nicht im Klaren ist, und selbst wenn man sie erahnt, muß man das noch nicht in Worte fassen können. Wenn ein Theorie-Gebäude dazu Worte gibt, kann das helfen. Aber wenn andere dann etwas anderes verstehen, als man gemeint hat, kann der Schuß auch nach hinten losgehen.

Ich sehe da durchaus eine Menge spannender Fragen (Online vs. Offline-Spiel, kulturelle Faktoren, Spielerfahrung und/oder bereits bekannter Systeme, Verteilung der Erzählrechte),
Mir fehlt da der für mich teilweise wichtigste Punkt in der Liste: die Mitspieler.
Wenn der allergrößte Teil des Vergnügens daran hängt, mit den richtigen Leuten zusammen spielen zu können (oder jedenfalls kein * dabeizuhaben), dann hilft einfach keine Optimierung des Rests.

Offline schneeland

  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Cogito ergo possum
  • Beiträge: 13.083
  • Username: schneeland
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #35 am: 31.01.2025 | 18:45 »
Mir fehlt da der für mich teilweise wichtigste Punkt in der Liste: die Mitspieler.
Wenn der allergrößte Teil des Vergnügens daran hängt, mit den richtigen Leuten zusammen spielen zu können (oder jedenfalls kein * dabeizuhaben), dann hilft einfach keine Optimierung des Rests.

So grundsätzlich sollte das keine vollständige Aufzählung sein, aber klar: es muss auch zwischenmenschlich passen. Aber das wäre ja auch wieder Teil der wissenschaftlichen Herausforderung, das "nicht zusammen spielen" runterzubrechen auf Frage der Spielpräferenzen, Kommunikationsprobleme, Reibungen anhand unterschiedlicher Sozialisierung oder politischer Einstellung, etc. Die Hoffnung dabei ist natürlich ein bisschen, dass man über die Untersuchung von Spielpräferenzen manche Reibungspunkte besser herausarbeiten und verstehen kann. Und dann vielleicht auch Lösungen im Spieldesign findet, um diese abzumildern, mindestens aber klarer Formulieren kann, welche Konstellationen von Präferenzen besser zusammenpassen und welche schlechter.
All good things come to those who wait! ... like beer and dual flamethrowers.

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #36 am: 1.02.2025 | 13:20 »
Möglicherweise ist das der Verkürzung zum Opfer gefallen, aber mein Eindruck ist: man müsste sogar erst nochmal einen Schritt zurück machen und erstmal Einiges an Vorarbeiten leisten, um dann eine Befragung und Faktoranalyse auf die Beine stellen zu können, die nicht wieder auf bereits existierende, eher der Nahbereichsempirie entsprungene Kategorisierungen zurück zu fallen. Falls bereits in (1) eingepreist bitte ignorieren, aber m.E. sind Menschen nicht durchgängig gut darin zu formulieren, was ihnen gefällt oder was sie sich wünschen (und es fällt ihnen deutlich leichter, zu formulieren, was sie stört). Ich befürchte daher, dass man auf eine die relativ breit angelegte Frage nach Spaßquellen wahrscheinlich keine gut verwertbaren Antworten bekommt, und dass man evtl. zuerst beobachtende Studien durchführen und entweder den Verlauf protokollieren oder Video aufzeichnen und anschließend analysieren müsste, um sicherzugehen, dass man für die Umfrage dann eine einigermaßen vollständige Frageliste generieren kann.

Ja, aber das war mein Fehler, weil ich die vorgeschalteten qualitativen Methoden zwar mitgedacht aber nicht mitformuliert habe. Also hier Schritt 1 nochmal neu formuliert:

1. Anhand einer möglichst großen Zufallsstichprobe von Rollenspielern ermitteln, was Spaßquellen sind.

Dabei hast du das Kernproblem auf den Punkt gebracht, nämlich, dass Menschen bei reinen Befragungen (z.B. aufgrund sozialer Erwünschtheit oder unbewusster Motive) oft invalide Ergebnisse liefern. Hier wäre vermutlich ein stark verzerrender Faktor, dass eine nicht kleine Gruppe benennen würde, was Leuten beim RPG Spaß machen sollte und nicht, was ihnen selbst wirklich Spaß macht.
Insofern müsste man tatsächlich in der guten Tradition von Gottmann mit Verhaltensbeobachtungen arbeiten und z.B. nonverbale Rückmeldungen systematisch auswerten.
Spätestens an der Stelle wird klar, warum das ein Forschungsprogramm für gelangweilte Multimillionäre ist: Um ein valides Ergebnis zu erzielen, brauchst du geschultes Personal, das über zehntausende Stunden in verschiedensten Rollenspielrunden Daten sammelt. Da sind die zwei-drei Verhaltensforscher, die du natürlich auch bis zum Ende brauchst, fast Peanuts.


Damit ist man dann ein Stück weit auch wieder bei der Frage, was man eigentlich mit den gewonnenen Informationen anfangen möchte. Jetzt bin ich persönlich jemand, der an wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn und insbesondere an empirischer Forschung an sich Spaß hat, aber wenn der Hintergedanke ist, dadurch besseres (i.S.v. spaßmaximierendes) Spieldesign zu erreichen, dann müssen einerseits die Erkenntnisse anschließend auch wieder rückübersetzt werden, so dass sie für nicht-akademische Spieldesigner und Hobbyisten konsumierbar werden, andererseits kommt dann vielleicht auch als relevanter Faktor noch die Marktsituation hinzu sowie die Tatsache, dass ich anstatt Spaß zu maximieren ggf. auch Friktionen zwischen Menschen mit unterschiedlichen Präferenzprofilen minimieren möchte.

Mir würde das langen:
Idealerweise einen möglichst kurzen Fragebogen, der die wesentlichen Präferenzfaktoren im Rollenspiel valide erfasst und mir für jeden dieser Faktoren einen intervallskalierten Score ausspuckt.


Analoges Beispiel aus dem Fitnessbereich: wenn ich einfach Muskeln aufbauen und vielleicht ein Sixpack haben möchte, reicht die Bro-Science typischer Fitnessinfluencer völlig aus - dann mache ich die klassischen Verbundübungen im mittleren Wiederholungsbereich und setze ich 2,5g Protein/kg Körpergewicht an, und wenn ich keine kaputten Nieren oder sonstigen gravierenden Beschwerden habe, dann geht das schon ganz gut aus. Um tieferen Einblick zu gewinnen und auf Basis belastbarer Informationen meinen eigenen Trainingsplan erstellen zu können oder zumindest bewerten zu können, wie gut die Ratschläge meines Trainers sind, grabe ich mich dann tiefer in die Sport- und Ernährungswissenschaft und abonniere vielleicht Examine.com/Stronger by Science, wo ich einen Überblick über aktuelle Studien zur Frage, wie viel Protein der Körper wirklich aufnehmen kann bekomme (Link).

In deinem Beispiel ist das tiefere Einarbeiten relativ aufwändig - ich habe für den Schritt von "trust me bro" zu "fundierte Fachinformationen" hohe Opportunitätkosten. Einen Kurzfragebogen als Hilftsmittel zu verwenden hingegen, dauert inklusive Auswertung vielleicht 15 Minuten. Die übliche Session Zero kann auch mal paar Stunden dauern, da finde ich zusätzliche 15 Minuten Aufwand vernachlässigbar - insbesondere in Relation zum Nutzen.
« Letzte Änderung: 1.02.2025 | 13:22 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline Colgrevance

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.038
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Colgrevance
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #37 am: 1.02.2025 | 13:36 »
Es ist zwar keine wissenschaftlich erstellte Liste, aber als für die eigene Reflexion oder auch als Diskussionsgrundlage finde ich ja die Spaßquellen im Rollenspiel, wie sie im Beitrag "Manyfold" von Levi Kornelsen zusammengestellt wurden, schon sehr hilfreich (kostenloses Dokument auf itch.io: https://levikornelsen.itch.io/manyfold).

Ich fürchte, eine wissenschaftlich saubere, empirisch ermittelte, umfassende Aufstellung wird es auch nie geben, da die kommerzielle Relevanz unseres Hobbys einfach zu gering ist.
« Letzte Änderung: 1.02.2025 | 13:42 von Colgrevance »

Offline AndreJarosch

  • Famous Hero
  • ******
  • Mythras/RuneQuest/BRP/W100-Fanatiker
  • Beiträge: 3.415
  • Username: AndreJarosch
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #38 am: 1.02.2025 | 13:50 »
Es ist zwar keine wissenschaftlich erstellte Liste, aber als für die eigene Reflexion oder auch als Diskussionsgrundlage finde ich ja die Spaßquellen im Rollenspiel, wie sie im Beitrag "Manyfold" von Levi Kornelsen zusammengestellt wurden, schon sehr hilfreich (kostenloses Dokument auf itch.io: https://levikornelsen.itch.io/manyfold).

Ich fürchte, eine wissenschaftlich saubere, empirisch ermittelte, umfassende Aufstellung wird es auch nie geben, da die kommerzielle Relevanz unseres Hobbys einfach zu gering ist.

Wissenschaftlich erstellt würde auch bedeuten, dass nicht nur Spielleiter und Spieler BEFRAGT werden müssten, sondern der Ersteller einer wissenschaftlichen Analyse auch als Beobachter bei Rollespielrunden anwesend sein müsste, denn Aussagen und tatsächliche Aktivitäten können sich unterscheiden.

Offline Colgrevance

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.038
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Colgrevance
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #39 am: 1.02.2025 | 14:01 »
Wissenschaftlich erstellt würde auch bedeuten, dass nicht nur Spielleiter und Spieler BEFRAGT werden müssten, sondern der Ersteller einer wissenschaftlichen Analyse auch als Beobachter bei Rollespielrunden anwesend sein müsste, denn Aussagen und tatsächliche Aktivitäten können sich unterscheiden.

Ja, das haben schneeland und flaschengeist oben ja schon ausführlich dargelegt und ist mir als Psychologen auch kein ganz unbekanntes Thema.  ;)

Tatsächlich merke ich in Diskussionen mit Mitspielern meiner Runden immer wieder, dass ich auf Widersprüche zwischen den Aussagen der Spieler und ihrem Verhalten oder auch Systempräferenzen stoße, die ich auf genau diese Problematik zurückführen würde und die es teilweise sehr schwer machen, sich auf ein bestimmtes Spiel bzw. eine bestimmte Spielweise zu einigen. Aus eigener Erfahrung würde ich also sagen, dass das ein Thema mit großer Praxisrelevanz ist (wobei nicht einheitlich verwendetes/verstandenes Vokabular sicher auch eine Rolle spielt - das Thema klang in diesem Thread ja auch schon einmal an).
« Letzte Änderung: 1.02.2025 | 15:25 von Colgrevance »

Offline ArneBab

  • Legend
  • *******
  • Bild unter GPL von Trudy Wenzel.
  • Beiträge: 4.331
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: ArneBab
    • 1w6 – Ein Würfel System
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #40 am: 1.02.2025 | 14:47 »
Würde es den Fehler schon reduzieren, wenn Leute einzeln gefragt würden, welche Szene sie bei ihrer letzten Runde am schönsten fanden und welche ihrer eigenen Aktionen ihnen am meisten Spaß gemacht hat?
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #41 am: 1.02.2025 | 16:33 »
Würde es den Fehler schon reduzieren, wenn Leute einzeln gefragt würden, welche Szene sie bei ihrer letzten Runde am schönsten fanden und welche ihrer eigenen Aktionen ihnen am meisten Spaß gemacht hat?

Das würde definitiv die Wahrscheinlichkeit für soziale erwünschte Antworten verringern, da das Urteil der Befrager i.d.R. weniger relevant ist als das der Mitspieler. Dem Einfluss unbewusster Motive aufs Antwortverhalten können wir so aber leider nicht beikommen.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline SigmundFloyd

  • Bloody Beginner
  • *
  • Beiträge: 42
  • Username: SigmundFloyd
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #42 am: 2.02.2025 | 13:01 »
Dabei hast du das Kernproblem auf den Punkt gebracht, nämlich, dass Menschen bei reinen Befragungen (z.B. aufgrund sozialer Erwünschtheit oder unbewusster Motive) oft invalide Ergebnisse liefern. Hier wäre vermutlich ein stark verzerrender Faktor, dass eine nicht kleine Gruppe benennen würde, was Leuten beim RPG Spaß machen sollte und nicht, was ihnen selbst wirklich Spaß macht.
Insofern müsste man tatsächlich in der guten Tradition von Gottmann mit Verhaltensbeobachtungen arbeiten und z.B. nonverbale Rückmeldungen systematisch auswerten.
Es ist jetzt schon was länger her, dass ich mich mit Fragebogenkonstruktion befasst habe, aber wenn erstmal explorativ eine größere Anzahl Items verwendet und dann mittels Faktorenanalysen reduziert wird, sollten sich doch eigentlich die trennschärfsten Items herauskristallisieren, die durch Mehrdeutigkeit, soziale Erwünschtheit, etc. nicht zu sehr verfälscht werden, oder?

Ein anderes "Problem" ist, dass ich mir gut vorstellen kann, dass du mit Faktorenanalysen am Ende bei Faktoren landen würdest, die nicht mehr viel mit Rollenspiel zu tun haben, sondern eher grundlegende Persönlichkeitseigenschaften und psychologische Motive repräsentieren. Das muss die Anwendung des Fragebogens nicht zwingend einschränken, heißt aber, dass die Kommunikation über Spielpräferenzen dann einen Grad an Selbsterfahrung und -offenbarung bekommt, der sicher nicht allen recht ist.

Offline ArneBab

  • Legend
  • *******
  • Bild unter GPL von Trudy Wenzel.
  • Beiträge: 4.331
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: ArneBab
    • 1w6 – Ein Würfel System
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #43 am: 2.02.2025 | 13:11 »
heißt aber, dass die Kommunikation über Spielpräferenzen dann einen Grad an Selbsterfahrung und -offenbarung bekommt, der sicher nicht allen recht ist.
Andererseits ist das etwas, das (wenn wir es ins Spiel verpacken können, so dass es nicht bedrohlich wirkt) allen Beteiligten Mehrwert bringen kann. Ich versuche ein bisschen was in diese Richtung mit meinem Beitrag zum GRT dieses Jahr — ich häng ihn mal an (ist noch Work in Progress).

Geht darum, bei Rollenspielrunden auch die Grundantriebe der Charaktere zu definieren und dadurch die Denkstruktur "verschiedenen Leuten geben unterschiedliche Aktivitäten Kraft" zugänglich zu machen (und über Konflikte zwischen Grundantrieben soziale Fähigkeiten besser zu unterstützen und die Suche nach gemeinsamen Entscheidungen auf ein tieferes und verständlicheres Level zu bringen).

« Letzte Änderung: 2.02.2025 | 13:31 von ArneBab »
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #44 am: 2.02.2025 | 13:46 »
@ArneBab Finde ich spannend. Falls du damit selbst was leitest, gib doch bei Gelegenheit Rückmeldung zu deinen Erfahrungen.


Es ist jetzt schon was länger her, dass ich mich mit Fragebogenkonstruktion befasst habe, aber wenn erstmal explorativ eine größere Anzahl Items verwendet und dann mittels Faktorenanalysen reduziert wird, sollten sich doch eigentlich die trennschärfsten Items herauskristallisieren, die durch Mehrdeutigkeit, soziale Erwünschtheit, etc. nicht zu sehr verfälscht werden, oder?

Ich arbeite auch schon lange nur noch als Praktiker aber dank Promotion und Arbeit als Statistikhiwi in meiner Studienzeit geht auch heute zum Glück noch bissel was  :).
Bei Mehrdeutigkeit hast du Recht aber soziale Erwünschtheit können Faktorenanalysen nicht herausfiltern. Deren Aufgabe ist "nur", Komplexität (also die eingespeiste Itemzahl) soweit wie möglich zu reduzieren und dabei so wenig Information wie möglich zu verlieren. Welche Validität die eingespeisten Informationen haben, ist aber eine Frage der qualitativen Methoden, die der Faktorenanalyse vorgeschaltet sind. Ist letztlich wie bei Metaanalysen - garbage in, garbage out.

Die Big 5 finde ich ein dankbares Beispiel. Du wirst das schon kennen und hast meinen Punkt wahrscheinlich ohnehin schon verstanden aber ich bringe das mal für weniger fachlich versierte, interessierte Mitleser.
Ohne Faktorenanalyse gäbe es keine Big 5. Aber vor der Faktorenanalyse musste ja zunächst überlegt werden, wie ich Persönlichkeit valide (treffend) erfassen kann. Und da war es eine geniale Idee, auf die Gesamtheit* der Eigenschaftswörter einer Sprache abzustellen - hier kann gar keine soziale Erwünschtheit wirken, weil der Duden nicht sozial erwünscht antwortet ;D.
Hätte man stattdessen repräsentative Befragungen darüber unternommen, was Persönlichkeit ausmacht, und die Ergebnisse dann einer Faktorenanalyse unterzogen, wäre etwas deutlich weniger valides rausgekommen.

*Bereinigt um Aspekte, die man aus theoretischen Gründen nicht drin haben wollte - z.B. "Moralwörter" (gut/böse) und Wörter, die äußere Merkmale beschreiben.


Ein anderes "Problem" ist, dass ich mir gut vorstellen kann, dass du mit Faktorenanalysen am Ende bei Faktoren landen würdest, die nicht mehr viel mit Rollenspiel zu tun haben, sondern eher grundlegende Persönlichkeitseigenschaften und psychologische Motive repräsentieren. Das muss die Anwendung des Fragebogens nicht zwingend einschränken, heißt aber, dass die Kommunikation über Spielpräferenzen dann einen Grad an Selbsterfahrung und -offenbarung bekommt, der sicher nicht allen recht ist.

Deswegen würde ich im wesentlichen theoriebasierte Ableitung der Items durch Verhaltensbeobachtung vorziehen.



« Letzte Änderung: 2.02.2025 | 14:00 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline ArneBab

  • Legend
  • *******
  • Bild unter GPL von Trudy Wenzel.
  • Beiträge: 4.331
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: ArneBab
    • 1w6 – Ein Würfel System
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #45 am: 2.02.2025 | 17:05 »
@ArneBab Finde ich spannend. Falls du damit selbst was leitest, gib doch bei Gelegenheit Rückmeldung zu deinen Erfahrungen.
Habe ich vor ☺

Wenn nichts großes dazwischenkommt, sollten außerdem in jedem GRT-Paket mindestens 10 davon liegen. Dann haben sehr viele Leute die Chance, das zu nutzen. Ich muss v.a. noch die Rückseite fertigbekommen und dann ein kleines Crowdfunding machen um zu entscheiden, welche Anzahl und Papierqualität ich mir leisten kann. Zum Glück sind Flyer heutzutage gut bezahlbar: 2000 Flyer, inklusive Testexemplar und mehreren Zieladressen, gibt es schon für 50€.
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #46 am: 2.02.2025 | 17:41 »
Habe ich vor ☺

Wenn nichts großes dazwischenkommt, sollten außerdem in jedem GRT-Paket mindestens 10 davon liegen. Dann haben sehr viele Leute die Chance, das zu nutzen. Ich muss v.a. noch die Rückseite fertigbekommen und dann ein kleines Crowdfunding machen um zu entscheiden, welche Anzahl und Papierqualität ich mir leisten kann. Zum Glück sind Flyer heutzutage gut bezahlbar: 2000 Flyer, inklusive Testexemplar und mehreren Zieladressen, gibt es schon für 50€.

 :d. Da ich plane, beim GRT im Rahmen der Traumjäger-Veranstaltung das DuoDecem Einführungsabenteuer anzubieten, bekomme ich deine Flyer dann wahrscheinlich auch in die Hände :).
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline sirdoom

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.048
  • Username: sirdoom
    • sirdoom's bad company
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #47 am: 2.02.2025 | 18:17 »
Mir ist "Rollenspieltheorie" als großer brennender Mülleimer in Erinnerung geblieben, der für Flamewars, Grüppchenbildung und pseudo-wissenschaftliches Blabla gesorgt hat. :think:  ;)

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #48 am: 2.02.2025 | 18:22 »
Mir ist "Rollenspieltheorie" als großer brennender Mülleimer in Erinnerung geblieben, der für Flamewars, Grüppchenbildung und pseudo-wissenschaftliches Blabla gesorgt hat. :think:  ;)

Dann will ich mal sehr hoffen, dass dieser Faden dir gefällt - ist er doch gerade zuletzt alles andere als pseudowissenschaftlich ;).
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline sirdoom

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.048
  • Username: sirdoom
    • sirdoom's bad company
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #49 am: 2.02.2025 | 18:37 »
Ja, weswegen ich mich frage, ob ich das richtig in Erinnerung habe, oder ob das irgendeine Abspaltung war oder ... :think:

Offline ArneBab

  • Legend
  • *******
  • Bild unter GPL von Trudy Wenzel.
  • Beiträge: 4.331
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: ArneBab
    • 1w6 – Ein Würfel System
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #50 am: 2.02.2025 | 18:41 »
Ja, weswegen ich mich frage, ob ich das richtig in Erinnerung habe, oder ob das irgendeine Abspaltung war oder ... :think:
Dieser Faden bespricht, was dabei herauskam, nicht wie sie entstanden ist ☺

“From the Chaos of creation just the final form survives” — World inside the Crystal, Stephen Savitzky, 1985 — geht eigentlich um Programmieren.
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«

Offline schneeland

  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Cogito ergo possum
  • Beiträge: 13.083
  • Username: schneeland
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #51 am: 2.02.2025 | 18:43 »
Dabei hast du das Kernproblem auf den Punkt gebracht, nämlich, dass Menschen bei reinen Befragungen (z.B. aufgrund sozialer Erwünschtheit oder unbewusster Motive) oft invalide Ergebnisse liefern. Hier wäre vermutlich ein stark verzerrender Faktor, dass eine nicht kleine Gruppe benennen würde, was Leuten beim RPG Spaß machen sollte und nicht, was ihnen selbst wirklich Spaß macht.
Insofern müsste man tatsächlich in der guten Tradition von Gottmann mit Verhaltensbeobachtungen arbeiten und z.B. nonverbale Rückmeldungen systematisch auswerten.
Spätestens an der Stelle wird klar, warum das ein Forschungsprogramm für gelangweilte Multimillionäre ist: Um ein valides Ergebnis zu erzielen, brauchst du geschultes Personal, das über zehntausende Stunden in verschiedensten Rollenspielrunden Daten sammelt. Da sind die zwei-drei Verhaltensforscher, die du natürlich auch bis zum Ende brauchst, fast Peanuts.

So aus dem Bauch würde ich sagen: ganz so schlimm ist es vielleicht nicht, aber ein paar tausend Stunden müssten es vermutlich schon sein, weil man ja selbst im günstigsten Fall ein paar Dutzend Gruppen pro Spieltyp braucht und dann jeweils mindestens mehrere Sitzungen, idealerweise sogar die Verfolgung von ganzen Kampagnen.
Mein Grundgedanke dazu war, dass man mit solchem Material dann eine substantielle Datenbasis für einen Grounded Theory-Ansatz hätte, und damit das Risiko minimiert, dass es durch die o.g. Faktoren, aber auch durch bekannte Kategorisierungen, zu Verzerrungen kommt (das Risiko sehe ich übrigens sowohl auf der Seite der Befragten als auch auf Seite der Forscher, die ja mutmaßlich Eigeninteresse am Thema mitbringen und z.B. mit Law's Gamer Types, dem Big Model oder sowas wie Six Cultures of Play vertraut sind).
Finanzierung bleibt da natürlich weiterhin schwierig. Abseits von amerikanischen Multimilliardären, die nach dem Geldscheffeln ihre philanthropische Ader entdecken und sich vielleicht erinnern, dass sie in ihrer Jugend gern mal D&D gespielt haben, sehe ich maximal die Chance, dass über die Schiene D&D/Rollenspiele & Mental Health bzw. Rollenspiele als Therapieform mal ein Forschungsprogramm gibt. Aber da wäre die Kategorisierung natürlich wieder nur ein Randaspekt.

Mir würde das langen:
Zitat von: flaschengeist
Idealerweise einen möglichst kurzen Fragebogen, der die wesentlichen Präferenzfaktoren im Rollenspiel valide erfasst und mir für jeden dieser Faktoren einen intervallskalierten Score ausspuckt.

Ich würde Dir recht geben, dass ein valide konstruierter Fragebogen schon mal ein deutlicher Schritt nach vorne wäre, aber ich glaube, von dort bis zur echten Nutzbarkeit für Spielleiter (und Spieler) ist es immer noch ein ganzes Stück. Denn wenn ich davon ausgehe, dass sich in der Praxis viele Gruppen aus Mitgliedern formen, deren Präferenzprofile nicht 100% deckungsgleich sind, ergibt sich m.E. unmittelbar die Frage, ob es Unterschiede gibt, was die Spannungen, die sich aus unterschiedlichen Präferenzfaktoren ergeben, angeht. Und darüber hinaus dann auch jene nach möglichen Handlungsanweisungen - "gar nicht miteinander spielen" ist zwar eine mögliche, aber oft vermutlich nicht die bevorzugte Handlungsoption. Insofern wüsste eine Spielgruppe dann vermutlich gern, wie sie mit den Differenzen am besten umgeht. Und Spieldesigner wären wahrscheinlich daran interessiert, ob sich manche Spannungsfelder durch bestimmte Regelgestaltungen einhegen lassen.

In deinem Beispiel ist das tiefere Einarbeiten relativ aufwändig - ich habe für den Schritt von "trust me bro" zu "fundierte Fachinformationen" hohe Opportunitätkosten. Einen Kurzfragebogen als Hilftsmittel zu verwenden hingegen, dauert inklusive Auswertung vielleicht 15 Minuten. Die übliche Session Zero kann auch mal paar Stunden dauern, da finde ich zusätzliche 15 Minuten Aufwand vernachlässigbar - insbesondere in Relation zum Nutzen.

Ja, die zu überbrückende Strecke ist da im Fitness-Beispiel schon größer, aber ich glaube eben nicht (s.o.), dass der Fragebogen allein reicht, sondern es zudem Handlungsempfehlungen und auch ein bisschen Kontext braucht, um Einsicht in die Nützlichkeit eines solchen Vorgehens zu erhalten.
All good things come to those who wait! ... like beer and dual flamethrowers.

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #52 am: 6.02.2025 | 10:57 »
Mein Grundgedanke dazu war, dass man mit solchem Material dann eine substantielle Datenbasis für einen Grounded Theory-Ansatz hätte, und damit das Risiko minimiert, dass es durch die o.g. Faktoren, aber auch durch bekannte Kategorisierungen, zu Verzerrungen kommt (das Risiko sehe ich übrigens sowohl auf der Seite der Befragten als auch auf Seite der Forscher, die ja mutmaßlich Eigeninteresse am Thema mitbringen und z.B. mit Law's Gamer Types, dem Big Model oder sowas wie Six Cultures of Play vertraut sind).

 :d


Ich würde Dir recht geben, dass ein valide konstruierter Fragebogen schon mal ein deutlicher Schritt nach vorne wäre, aber ich glaube, von dort bis zur echten Nutzbarkeit für Spielleiter (und Spieler) ist es immer noch ein ganzes Stück.

Ich finde, ein valider Fragebogen hilft schon weiter:

1. Ich habe ein Instrument, das mit wenig Zeitaufwand vorhersagt, wie gut Spielstile zueinander passen. In Extremfällen (wohlgemerkt: wenn das Instrument valide ist aber deswegen verbrennen wir ja all das Geld unserer gelangweilten Philantropen ;D) hieße das dann, ich kann mir die Zeit für einen frustrierenden Praxistest sparen. Ist ja auch menschlich nicht vergnügungssteuerpflichtig, mit Menschen gerne spielen zu wollen aber am Tisch festzustellen, dass man miteinander beim RPG keine Freude hat.
Und wo die Präferenzen sich nicht extrem unterscheiden, habe ich direkt Hinweise, was die vielversprechensten Kompromisse sind.

2. Bei Konflikten in laufenden Runden könnte der Fragebogen gleichermaßen effizient helfen, Ursachen festzustellen und auf der Basis ggf. Lösungen (z.B. den besten Kompromiss, s.o.) zu entwickeln.


Denn wenn ich davon ausgehe, dass sich in der Praxis viele Gruppen aus Mitgliedern formen, deren Präferenzprofile nicht 100% deckungsgleich sind, ergibt sich m.E. unmittelbar die Frage, ob es Unterschiede gibt, was die Spannungen, die sich aus unterschiedlichen Präferenzfaktoren ergeben, angeht. Und darüber hinaus dann auch jene nach möglichen Handlungsanweisungen - "gar nicht miteinander spielen" ist zwar eine mögliche, aber oft vermutlich nicht die bevorzugte Handlungsoption. Insofern wüsste eine Spielgruppe dann vermutlich gern, wie sie mit den Differenzen am besten umgeht. Und Spieldesigner wären wahrscheinlich daran interessiert, ob sich manche Spannungsfelder durch bestimmte Regelgestaltungen einhegen lassen..

Weitere spannende Themen, um mehr Geld zu verbrennen ;D.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline Taktikus

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 115
  • Username: Taktikus
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #53 am: 7.02.2025 | 07:56 »
Wenn eine hinreichend große Menge Personen solch einen validen Fragebogen beantwortet und die Ergebnisse in eine Datenbank gegeben werden kann ich mithilfe dieser Datenbank sehr viel einfacher Leute finden, die meinen Spielstil bevorzugen (Player-Tinder = Plinder?).

Das heisst aber nicht, daß ich Taktikus mit denen spielen will. Ein ordentlicher Anteil Spass in den Gruppen in denen ich spiele entsteht dadurch, dass eben nicht jeder einen hinterhältigen unendlich geduldigen Dieb im Schatten spielt, der am liebsten überhaupt nicht gesehen wird, sondern eben auch den durchgeknallten Alchemisten, der immer nur Untote beherrschen will, obwohl garkein Nekromant ist.

Über einen Fragebogen bekomme ich nicht raus, mit wem mir das spielen Spass macht, sondern nur, wer so ist wie ich (oder so spielt wie ich). Für mich entstehen die tollen Gruppen nur durch ausprobieren, und da gibt es dann eben auch viel Crap, beim ausprobieren.
Veni, Vidi, Vomiti

Ich kam, ich sah, ich übergab mich

Offline flaschengeist

  • Hero
  • *****
  • Systembastler
  • Beiträge: 1.821
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: flaschengeist
    • Duo Decem
Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #54 am: 7.02.2025 | 09:41 »
Über einen Fragebogen bekomme ich nicht allein raus, mit wem mir das spielen Spass macht, sondern nur, wer so ist wie ich (oder so spielt wie ich).

So modifiziert kann ich das unterschreiben. Ähnliche Präferenzen sind für den Spielspaß wichtig aber sie beileibe sind nicht der einzige wichtige Faktor.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/