Pen & Paper - Rollenspiel > Pen & Paper - Eigenentwicklungen

Settings mit Geheimnissen: Schwachsinn?

<< < (6/30) > >>

Hotzenplot:

--- Zitat von: Vash the stampede am  9.02.2025 | 11:37 ---Eine nicht leicht zu beantwortende Frage.

1. Ja, ich mag Geheimnisse. Einfach, weil ich es selbst bei meinen Settings inzwischen einbaue. Wenn ich eine Weltenbibel anlege, definiere ich zunächst die Settingsgeheimnisse. Diese helfen mir, Plots zu generieren und die Ausrichtung des Settings zu definieren. Zugleich sind die jedoch nie darauf ausgelegt, für immer geheim zu bleiben. Heisst, vielleicht werden nicht alle offenbart, aber sie sind nie versperrt. Der Vorteil dabei liegt darin, eine Welt zu erschaffen, die grösser ist als das Offensichtliche.

Quellen für diesen Ansatz: all die (A)D&D-Settings, vor allem Midgard-Setting von Kobold Press, Myranor von Fantasy Production/Uhrwerk und Splittermond von Uhrwerk sowie die Essays Des Kobolds Handbuch der Weltenerschaffung (hervorzuheben: Wie man eine Weltenbibel schreibt von Scott Hungerford) von Kobold Press/Ulisses Spiele


2. Ja, ich mag Geheimnisse, selbst wenn diese sich über den Metaplot oder über die Zeit entwickeln. Doch damit ich sie mag, müssen sie meinen Wünschen, Erwartungen und Vorstellungen entsprechen oder positiv überraschen. Es ist sozusagen das Metaspiel mit der Spielleitung. Das Problem liegt zugleich in der Methode begraben. Es kann unheimlich nach hinten losgehen, so wie in der Kampagne oder im Spiel an sich. Wird ein Geheimnis nie gelüftet, weil es verboten ist oder weil es vorher abgebrochen wird, oder wenn die Auflösung des Geheimnis unbefriedigend, enttäuscht usw. ist, liegt der negative Effekt in seiner Gänze vor.

Positive Beispiele: Earthdawn und Shadowrun sowie Warhammer Fantasy 1st, 2nd & 4th.


3. Nein, ich mag keine Geheimnisse, wenn man mir damit eine Nase zieht. Entsteht das Gefühl oder liegt die Tatsache vor, dass die Machenden mir zeigen, dass sie mir überlegen sind oder mich hinhalten wollen, mag ich keine Geheimnisse. Das ist nicht clever, das ist einfach nur doof. Gleiches gilt natürlich, wenn ein Geheimnis nie gelüftet wird, weil die Machenden das Produkt nicht zu Ende bringen.

Beispiele: Degensis, Engel, 7. See und, was mich besonders schmerzte, Fading Suns.

--- Ende Zitat ---

Schöne Aufschlüsselung, der ich mich anschließe.

Ich ergänze noch, dass die unter Punkt 3 genannten, unbeliebten Geheimnisse im Fall von Engel glaube ich auch deshalb so krass empfunden werden, weil sie in das Spiel mit dem eigenen Charakter eingreifen, ja, geradezu in den Charakter selbst. Das ist bei einem normalen Settinggeheimnis (Oberst Stinkknolle hat in Wahrheit nur einen Hoden), selbst wenn man damit "spielt" (ein Griff in die Kronjuwelen macht Oberst Stinkknolle nur halben Schaden) etwas ganz anderes.

Etwas rollenspieltheoretischer ausgedrückt würde ich behaupten, dass die Akzeptanz von Geheimnissen oder einem konkreten Geheimnis zwingend in den gemeinsamen Vorstellungsraum der Spielrunde passen muss. Das heißt nicht, dass das Geheimnis den Spielern und/oder den Figuren bekannt sein muss. Ganz im Gegenteil kann es allen Spaß machen, damit umzugehen, die Welt und die Geheimnisse zu erkunden. Allerdings sollte das Lüften des Geheimnisses nicht völlig aus dem vorgenannten Vorstellungsraum herausfallen.

Für mich sind diese Auflösungen mit "haha, alles nur geträumt" ein regelmäßiger Rohrkrepierer. Das war einfach nicht Teil der Abmachung. ;)

Flamebeard:
Für mich sind Setting-Geheimnisse auch immer Zahnräder, die mein Setting antreiben (können): Es wird immer Verbindungen, Abhängigkeiten und Tatsachen geben, die relevant für die Welt, aber nicht (immer) und nicht direkt für SC zugänglich sind. Für mich als SL können sie aber Motivation oder Hemmnis für NSC sein, um einen Antrieb zu generieren. Findige Spieler können auf sowas kommen und, bei Interesse, daran rühren. Dass kann zu ganz viel Plot, epischen Konflikten und/oder dem Weltuntergang führen. Aber es ist eben etwas, dass die Spieler in der Hand haben können.

 Und nein, für mich als SL muss nicht jedes Geheimnis plausibel zugänglich für SC sein. Wenn wir eine Heldengruppe ohne Geschuppte haben und eines der Welten-Geheimnisse ist, dass die Drachen mit Hilfe von gestaltwandelnden Drachengeborenen die Geschicke der großen Nationen lenken, kommen die SC eben schwer oder gar nicht an diese Info. Aber als Drachengeborener SC hat man eventuell die Möglichkeit, bei einem Clan-Treffen entsprechende Gespräche zu belauschen oder bekommt es von einem der Schlüpflinge als 'Märchen' erzählt, weil die Schlüpflinge eben nicht beachtet werden und daher bei den Treffen der Anführer frei rumwuseln können.

nobody@home:
Ich seh's ähnlich wie KhornedBeef: damit ein Geheimnis einen Wert fürs Spiel hat, muß die Möglichkeit zu seiner Entdeckung und dem Umgang damit gegeben sein. Sonst kann ich mir nicht nur die "ganz großen" Settinggeheimnisse schenken, sondern auch Krempel wie die völlig überflüssig ausgewalzte Hintergrundgeschichte des Monsters, die im Abenteuer selbst dann weder eine Rolle spielt noch von den SC irgendwie herausgefunden werden kann, der SL aber trotzdem aufgedrückt wird -- gewisse Call-of-Cthulhu-Autoren mögen sich an die eigene Nase fassen.

Was dann in dem Zusammenhang also keinen Sinn ergibt, ist, das relevante Geheimnis (potentiell gleich samt fertiger Lösung) einerseits zu haben und dann andererseits einen Plot um dessen gaaanz selbstverständlich erfolgreiche Wahrung bis mindestens zum vorgesehenen Zeitpunt T zu stricken. Das ist aber mehr ein Railroadingproblem als eins mit der Existenz des Geheimnisses selbst.

Namo:
Grundsätzlich üben doch Geheimnisse seit Menschengedenken unheimliche Faszination auf uns aus. Was würden wir alle dafür geben wirklich zu wissen was es mit Atlantis auf sich hat. Insofern finde ich sie dann auch im Rollenspiel absolut wichtig und tragend. Sie feuern unsere Fantasy und Faszination an. Natürlich besteht da immer die Gefahr enttäuscht zu werden. Sehr häufig sogar. Aber da ist schon ein wenig der Weg das Ziel. Ich war z.B. nie ein großer DSA Fan. Hatte aber in den 80ern natürlich auch ein wenig DSA gespielt. Und die eine Sache, die mich immer am Meisten fasziniert hatte, war der kurze Absatz in der damaligen Weltbeschreibung über die güldenen Lande. boah, was mag das wohl sein? Was kann man daraus machen? Etc. Ich sag mal so - Myranor hätte mir jetzt nicht so gefallen. Aber wäre ich dauerhaft DSA SL gewesen, wäre dazu sicher etwas als zentraler Punkt meiner Kampagne geschehen. Vermutlich eher in Richtung Numenor oder ähnliches.

Insofern nein, Geheimnisse sind kein Schwachsinn, so lange sie in irgendeiner Form Zugang für die Spieler haben. Aber selbst wenn die Spieler niemals davon erfahren, es aber für den SL einfach ein Ideenquell oder Hintergrund für seine Kampagne ist, sind sie ja dann kein Schwachsinn. Dank ihnen entstehen Abenteuer und hoffentlich launige Abende am Spieltisch.

Haukrinn:
Ich fand Vashs Antworten schon sehr passend, beim Mittelweg (Also 2.) bin ich da aber auch gespalten. Erstens möchte ich, dass ein Setting sich nicht am Geheimnis aufhängt, ansonsten wäre es für mich am Ende quasi "tot", sobald das Geheimnis gelüftet. Zum anderen macht es mir tatsächlich das Spiel kaputt. Geheimnisse müssen gelüftet werden, wenn das ne Kampagne braucht, an der ich 20 Sitzungen spiele, dann sehe ich nicht, wie ich das realistisch unterbringen soll.

Die große Überraschung, das gelüftete Geheimnis, sozusagen die Freiheitsstatue aus dem Planet der Affen, ist ein Trope, dass für mich in nicht-interaktiven Medien total super funktioniert. Im Computerspiel kann das vielleicht auch noch greifen. Aber am Spieltisch? Nein, danke. Da sollte man sich auf Geheimnisse konzentrieren, die in absehbarer Zeit aufgedeckt werden können.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln