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D&D kann keine Diplomatie ! Wirklich ?
Runenstahl:
--- Zitat von: Irian am 16.02.2025 | 20:35 ---Das ist sowieso so ein "lustiges" Detail bei sozialen Interaktionen: Beim Kampf beschwert sich keiner, wenn der Charakter eines auf den Deckel bekommt und nun flach am Boden liegt und daher "hilflos" ist. Bei sozialen Interaktionen hingegen ist die Tendenz, sich dagegen zu sträuben, nun den NPC Tunichtgut für den nettesten Menschen der Welt halten zu "müssen" deutlich größer. Das eines ist eine "physische Einschränkung" des Charakters, das andere eine eher "mentale" und scheinbar will man das getrennt halten.
Häufig läuft also ein soziales System eher nur in eine Richtung, SCs beeinflussen NSCs, umgekehrt läuft meist weniger.
--- Ende Zitat ---
Dem würde ich zustimmen. Ich handhabe es auch so das es den Spielern überlassen bleibt wie ihre Charaktere agieren. Mit einer Einschränkung: Wenn die Charaktere "Sense Motive" würfeln um etwas über das Gegenüber zu erfahren oder zu erahnen ob dieser gerade lügt so wissen sie nicht die Schwierigkeit. Würfeln sie hoch genug erfahren sie ob der Charakter lügt oder ob sie ihm glauben (wenn er die Wahrheit sagt), würfeln sie zu niedrig so müssen sie ihm glauben. Ich weise meist vorher nochmal daraufhin das es auch eine Option ist nicht zu würfeln und misstrauisch zu bleiben. Das klappt recht gut denn so weiß der Spieler worauf er sich mit dem Wurf einläßt und (zumindest meine Spieler) können damit gut umgehen oder sie entscheiden sich lieber doch nicht zu würfeln.
gunware:
--- Zitat von: Galatea am 16.02.2025 | 23:16 ---Wenn es "das Gleiche" ist, warum verwendet das Regelwerk dann 80% seiner Seiten für kampfrelevante Dinge und so gut wie keine für Dinge außerhalb des Kampfes? Selbst die verlinkten PF2-Regeln für soziale Encounter stehen nicht im Kernregelwerk, sondern als optionales Zusatzmodul im Spielleiterteil. Die gehören also nicht mal zum Grundregelwerk.
--- Ende Zitat ---
Ja, weil diese Regelteile zu den Untersystemen gehören. Nur dann anwendbar, wenn es sinnvoll erscheint. Aber sie sind nur eine Erweiterung der bereits vorhandenen Regeln, die schon benutzbar sind. Und ja, der größere Teil betrifft kampfrelevante Dinge, nur würde ich es eher auf 60% zu 40% oder höchstens 70% zu 30% als auf 80% zu 20% schätzen. Schätzen! Ich habe nicht nachgezählt.
Aber ist es nicht auch eine Sache der Genauigkeit? Im Begegnungsmodus bewegt man sich in Sekundenbereich, deshalb sollte die Regeltiefe detaillierter Ausfallen. Im Erkundungsmodus bewegt man sich in viel längeren Zeitbereichen, deshalb muss die Detailtiefe nicht so akribisch betrachtet werden. Und beim Auszeitmodus sind wir schon weit weg von Sekunden entfernt, da zählt man eher Tage, Wochen oder Jahre. Und dann ist es wirklich nicht notwendig, dass die Regel jeden Schritt abdecken. Da geht es eher um die globale Betrachtung, da würde die Detailtiefe eher hinderlich sein. Deshalb finde ich persönlich, dass die Notwendigkeit gar nicht besteht, die Regeln für längere Zeitabschnitte so detailliert auszuarbeiten wie für die 6-Sekundentaktung eines Kampfes.
Runenstahl:
--- Zitat von: Galatea am 16.02.2025 | 23:16 ---Im ursprünglichen Thema ging es auch nicht nur um soziale Herausforderungen, aber dass die Diskussion jetzt darauf reduziert wird, sagt auch schon wieder etwas aus.
--- Ende Zitat ---
Für mich gab es nicht das eine ursprüngliche Thema, sondern die Aussage das D&D Diplomatie nicht kann taucht immer wieder an verschiedenen Stellen auf.
YY:
--- Zitat von: Runenstahl am 16.02.2025 | 00:55 ---Man liest es (auch hier im Tanelorn) immer wieder. D&D hat nur Kampfregeln, D&D kann keine Diplomatie, D&D hat Charakterklassen die bei sozialen Encountern nichts beisteuern können, D&D macht Diplomatie nur über einen simplen Fertigkeitswurf etc.
--- Ende Zitat ---
Damit verwandt kommt gerne mal die Aussage, D&D stünde dem Diplomatie-/Sozialpart immerhin nicht im Weg.
Ich frage mich da immer: wie sollen denn Regeln aussehen, die diesen Part aktiv sabotieren (soll(t)en)? :think:
--- Zitat von: Runenstahl am 16.02.2025 | 00:55 ---1. Was muss ein System für soziale Encounter denn leisten damit es eurer Meinung nach gut ist ?
2. Welche Regelwerke haben so ein System ?
--- Ende Zitat ---
Es sollte zwischen den schnellen ad hoc-Sachen und langfristigen sozialen Beziehungen unterscheiden und mir sollte nachvollziehbar erläutert werden, mit welchen sozialen Vorgängen ich im Spiel regelmäßig zu tun haben werde. Das ist schnell mal der Übergang zu den Genre- und Settingsetzungen, aber das lässt sich kaum vermeiden.
So richtig durchstrukturiert hat das wohl nur das erwähnte GURPS Social Engineering, aber gute Ansätze finden sich z.B. in (ausgerechnet!) SR1 und 2, Western, Pendragon, WFRP 4, allerdings werden die nicht so explizit an- und durchgesprochen, wie sie es verdient hätten.
Ein ressourcen- und manöverbasierter "Sozialkampf" ist mir jedenfalls ein Graus. Das endet nämlich regelmäßig darin, dass man sich in Spielmechanik zum Selbstzweck ergeht und nach dem Einstieg keine interessanten und relevanten Entscheidungen mehr zu treffen hat - und ohne Entscheidungspunkte brauche ich auch keinen mehrschrittigen Ablauf.
Die kurzfristigen Sachen dürfen gerne auch flott abgehandelt werden und bei den größeren Sachen geht es dann auch um die großen Fragen - wie belastbar ist eine Beziehung, wofür nutze oder opfere ich sie etc. pp.
Das wird man auch mit irgendwelchen Punkten abhandeln, aber das Wichtige sind die zugehörigen Entscheidungen.
--- Zitat von: flaschengeist am 16.02.2025 | 12:45 ---Ich sehe es nicht als Zufall an, dass viele Systeme Kampf eher detailliert regeln und soziales eher oberflächlich. Und auch nicht als zufälliges Resultat der Rollenspielhistorie. Kampf muss man im Gegensatz zur sozialen Interaktion nun einmal simulieren (oder man wechselt halt von P&P zu Vollkontakt-Kampfsport ;)).
--- Ende Zitat ---
Das halte ich regelmäßig für einen Fehlschluss.
Im Rollenspiel gibt es mehr als genug soziale Situationen, die mit dem Erfahrungshorizont der Spieler und ihrer Situation am Spieltisch mal so gar nichts zu tun haben.
Da bleibt als einzige Gemeinsamkeit schnell nur, dass dabei gesprochen wird. Ähnlich könnte ich den physischen Kampfvorgang und das Würfeln am Tisch beides unter "da macht man was mit den Händen" zusammenfassen.
--- Zitat von: flaschengeist am 16.02.2025 | 16:54 ---Bis wohin jemand geht, leitet sich für mich wesentlich aus seinen zentralen Zielen ab. Denn erst wenn ich diese Ziele kenne, weiß ich, ob eine Handlung jemanden erfreut, bedroht oder ihm schnurz ist.
Woraus würdest du es denn alternativ ableiten?
--- Ende Zitat ---
Da spielen auch noch einige externe Faktoren mit rein.
Was wird von demjenigen erwartet, wie öffentlich ist oder wird absehbar der betroffene Vorgang usw.
Das begrenzt oftmals den Handlungsspielraum und damit auch die Ergebnisbreite des sozialen "Angriffs" schärfer als die bloße Einstellung zu den SCs - und dass man das hinten runter fallen lässt, ist oftmals der Hauptgrund für völlig überrissene Ergebnisse von Sozialspezialisten.
--- Zitat von: gunware am 17.02.2025 | 00:18 ---Deshalb finde ich persönlich, dass die Notwendigkeit gar nicht besteht, die Regeln für längere Zeitabschnitte so detailliert auszuarbeiten wie für die 6-Sekundentaktung eines Kampfes.
--- Ende Zitat ---
Zeitabschnitte und Detailtiefe hängen mMn nicht sonderlich eng zusammen. Am Ende interessieren mich die zentralen Einflussfaktoren, die zugehörigen Entscheidungen und das Ergebnis - egal wie lang der jeweils betrachtete Zeitraum in der Spielwelt ist.
Hoch detaillierte Kampfregeln müllen mich doch meistens mit überflüssigen Details und Scheinentscheidungen zu, die ich schon in der nächsten oder übernächsten Kampfrunde folgenlos vergessen kann und an die ich mich in ein paar Wochen erst recht nicht mehr erinnere.
aikar:
--- Zitat von: Galatea am 16.02.2025 | 23:16 ---Ich bin mir aber relativ sicher, dass auch interaktionsfreudige Spieler nicht die komplette Aushandlung eines Handelsvertrags ausspielen wollen.
--- Ende Zitat ---
D&D (und die meisten anderen Systeme) hat im Kern auch kein System für Massenkampfregeln, was das Äquivalent zur Aushandlung eines Handelsvertrags werde. Hier werden meiner Meinung nach einfach Äpfel mit Birnen verglichen.
--- Zitat von: gunware am 16.02.2025 | 17:20 ---Die erweiterten Regeln für die Sozialen Konflikte finden sich in SL-Buch und ich ziehe sie mir jetzt rein, weil wir Kingmaker spielen und da finde ich, dass wir sie benötigen. Vorher haben wir Schreckensgewölbe gespielt und da brauchte man sie meiner Meinung nach gar nicht. Da waren Mörderhobos und nicht Diplomanten gefragt. Aus meiner Sicht lohnt sich die Arbeit der Einarbeitung in diese zusätzlichen Regel nur dann, wenn man sie auch benutzen möchte und die Kampagne es hergibt. Für ein One-Shot oder zwei drei kleine Abenteuer wäre es übertrieben.
--- Ende Zitat ---
Eben das. Ist auch der Grund warum ich das D&D5-Massenkampfsystem von Strongholds & Followers nur einmal benutzt habe. So selten wie man es braucht, ist der Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand einfach zu hoch.
Entweder baue ich das grundlegende Sozialsystem als Encounter-System auf. Dann macht es Sinn, es zu verregeln und eigene Talente, Klassen, Subklassen dafür einzubauen. Das ist aber wie geschrieben nicht nach jedem Geschmack. Wenn ich einen Diplomatie-Charakter spiele, erwarte ich auch, dass die Fähigkeiten, in die ich investiert habe, regelmäßig zum Tragen kommen. Ansonsten kann ich sie mir sparen.
Wenn man ein Diplomatie/Handels/etc.-System nur in den großen und bedeutenden Ausnahmefällen braucht, ist es nicht Teil der Kernregeln. Und damit macht es keinen Sinn, knappen Platz in den Grundregeln für den ganzen Rattenschwanz an Optionen dafür zu verbrauchen. Schon gar nicht bei einem klassenbasierten System. Das muss einem einfach klar sein: Seitenplatz ist begrenzt und man muss Entscheidungen treffen. Auch GURPS Social Engineering ist nicht Teil der Kernregeln, sondern ein sehr spezieller Erweiterungsband.
Ja, Game of Thrones und Dune haben Diplomatie-Regeln, sparen sich dafür den ganzen Magie-Bereich, dadurch wird Platz frei. Das ist eine Sache der Prioritäten. Und ja, da heißt, dass D&D einen Fokus auf Kampf, Magie und Monster hat. Weil die meisten Spielenden in Fantasy-Abenteuergeschichten einfach andere Anforderungen als Handelsverträge haben. Bei Traveller sind die Psionik-Regeln in den Grundregeln ausgesprochen minimal und die Möglichkeit eine Psioniker-Kampagne zu spielen ohne viel Handwedeln praktisch nicht gegeben. Macht es das System schlecht? Nein, weil Psionik eben nicht das ist, was im Kern (=> Grundregeln) im Fokus steht. GoT und Dune sind auch noch Lizenzspiele mit einer deutlich von Diplomatie, Politik und Intrigen geprägten Vorlage. Wenn ich mich entscheide, diese zu spielen, gehe ich mit einer klaren Erwartung rein (und war bei Dune wie geschrieben trotzdem nicht glücklich damit, obwohl mich der grundsätzliche Ansatz sehr fasziniert hat).
Was es nicht heißt und da ist für mich der Knackpunkt, dass D&D völlig unfähig wäre diplomatische oder soziale Herausforderungen zu bieten, nur weil sie nicht gleich verregelt sind wie der Kampf. "Nicht im Fokus" heißt einfach nicht "Völlig ungeeignet". Ich habe Politik-Kampagnen mit D&D5 gespielt. Aber von absoluten Ausnahmen, wie den erwähnten Handelsverträgen, abgesehen, sind umfangreiche Diplomatie-Regelsysteme einfach nicht notwendig (und selbst Handelsverträge und Nichtangriffspakte wurden bei uns ohne solche Systeme ausgehandelt) Und das, in Kombination damit, dass auch abseits von D&D kaum ein Regelsystem diese Systeme bietet, schon gar nicht in den Kernregeln, machte es für mich zu einem typischen Pseudo-Argument. "Ich kann D&D nicht leiden, also suche ich mir irgendetwas heraus und erkläre es zu einer expliziten D&D-Schwachstelle".
Aber um den Bogen zu schlagen, wie tatsächlich ein für mich praktikables Diplomatie-System aussehen würde: Grob und abstrakt. Ich lande da dann immer wieder bei Fate. Aspekte erschaffen und ausnutzen.
Und tatsächlich würde ich wahrscheinlich, wenn ich in meiner D&D-Kampagne so etwas brauchen würde, einfach kurzzeitig das Regelsystem zu Fate wechseln. Habe ich auch bei einer Space Opera-Kampagne zur Endschlacht mal gemacht. Weil große Raumkämpfe (oder Schiffsflottenschlachten, um bei Fantasy zu bleiben) z.B. auch so etwas sind, was die meisten kleinteiliger verregelten Systeme einfach nicht gut können, das fällt für mich in die gleiche Kategorie.
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