Pen & Paper - Spielsysteme > Systemübergreifende Themen
Ist Kundenpräsentation nach innen eine Schwäche von Systemen abseits D&D?
aikar:
Entschuldigt bitte den sperrigen Titel ;D Das Thema ist ziemlich abstrakt und mir ist keine bessere Formulierung eingefallen. Und die Zeichenzahl ist begrenzt. Ich hoffe, ich kann meine Gedanken vermitteln.
Im Rahmen von https://www.tanelorn.net/index.php/topic,129945.msg135265205.html#msg135265205 habe ich angefangen, über ein Thema nachzudenken, das evtl. eine eigene Diskussion wert ist.
Hypothese (!):
Viele Vergleiche zwischen D&D und anderen Rollenspielen (und derer gibt es ja wirklich viele) laufen ins Leere, weil sie die unterschiedliche Position, Geschichte, Selbstwahrnehmung und Außenwahrnehmung außer Acht lassen.
D&D sieht sich selbst als eigenständiges Spiel, als Ursprung des Pen & Paper-Rollenspiels und Marktführer, hinter dem alle Konkurrenten derselben Sparte bedeutungslos sind. Die Selbstpräsentation und Kundenkommunikation richtet sich primär nach außen, also an Personen, die noch keine Rollenspielenden sind, sekundär an die eigenen Spieler und praktisch gar nicht an Spielende anderer Rollenspiele. Das primäre Herausstellungsmerkmal ist, dass es ein Rollenspiel ist. Dass es DAS Rollenspiel ist. In den Werbetexten von D&D wird das Genre der Rollenspiele gar nicht erwähnt. Es gibt D&D und damit hat es sich.
Andere Rollenspiele sind letztendlich durch Abgrenzung von D&D entstanden und das wirkt im Kopf von Rollenspielproduzierenden bis heute nach. Man begreift sich nicht als ein Spiel, sondern als ein Rollenspiel. Im Grunde (auch wenn da jetzt einige aufschreien werden) als eine Variante von D&D. Herausstellungsmerkmale sind daher meist Unterschiede zur bekannten Referenz, direkt oder (über Vorgänger) indirekt. Man rechtfertigt die Existenz des Systems durch diese Unterschiede. Für Fans dienen Überhöhungen dieser Unterschiede als identitätsstiftendes Merkmal. Und das sind Argumentation, die nur mit Kenntnis weiterer Spiele, also für bereits bestehende Rollenspielende, Sinn ergeben. Das meine ich mit nach innen gerichteter Kundenpräsentation.
Fans kritisieren dann mangelnde Herausstellungsmerkmale oder Spezialisierungen bei D&D oder fordern "Optimierungen" ein und übersehen dabei, dass diese gar nicht das Ziel sind. Für D&D und diejenigen, die als Kundengruppe angesprochen werden, sind die Kernfeatures der Rollenspiele, die durch D&D erfunden wurden, Alleinstellungsmerkmal genug und diese sind es, die in der Bewerbung und Präsentation im Fokus stehen.
Warum schreibe ich im Titel jetzt von einer Schwäche? Weil ich glaube, dass dadurch die anderen Rollenspiele (und deren Fan-Communities) zu viel Aufwand für eine zu kleine Kundengruppe und den Konkurrenzkampf untereinander betreiben und das ein starker Faktor dafür ist, warum der Abstand zwischen D&D und anderen Systemen am Markt dermaßen groß ist.
Ich glaube aber auch nicht, dass sich das jetzt "einfach so" ändern lässt. Diese Problematik ist schon seit über 40 Jahren Teil der Rollenspielszene, hat gewuchert und Folgeeffekte wie stärkere Bekanntheit und inzwischen natürlich auch ein deutlich stärkeres Marketingbudget bei D&D entwickelt. Andere Rollenspiele sind inzwischen praktisch gezwungen, sich primär auf die bestehende Rollenspielcommunity als eingermaßen verlässliche Kundengruppe zu stützen.
Aber wenn meine Hypothese stimmt, wäre es evtl. sinnvoll, es bei der Entwicklung und Bewerbung von Rollenspielen im Hinterkopf zu behalten, wie weit diese unbewusst von dieser Denke beeinflusst wird und wo man vielleicht gegensteuern sollte, wenn man Neukunden gewinnen will.
So sehe ich z.B. den Ansatz von Ulisses, gekapselte One-Shot-Rollenspiele herauszubringen als richtigen Weg. Ich brauche sie persönlich vielleicht nicht, aber es ist ein Schritt, dieser Spirale des Kämpfens um Reste zu unterbrechen. Es wurde hier vor kurzem auch mal kritisiert/hinterfragt, warum bei der Rollenspieltheorie nichts weitergeht. Die Vorstellung von Rollenspielsystemen als eigenständige Spiele und nicht als konkurrierende Varianten voneinander oder von D&D könnte auch gänzlich neue Arten von Spielen hervorbringen. Man könnte sich auch mal die Webseite von D&D ansehen und wie dort das Spiel verkauft wird im Vergleich zu anderen Systemen.
Und vielleicht ergibt sich daraus auch mal die Erkenntnis, dass für den absoluten Großteil der aktiven und potentiellen Spielenden (und damit für den wirtschaftlichen Erfolg) die simple Aussage "Es ist ein spaßiges Rollenspiel" wichtiger ist, als die Kleindebatten, in denen wir uns oft verlieren.
Ich hoffe, dass war jetzt nicht zu konfus. ;D
Seba:
Ist theoretisch total richtig. In Deutschland wird extrem viel Brettspiel gespielt und auch entwickelt. Eigentlich muss man sich da einreihen und nicht in die Rollenspiel-Nische.
Nur schaffst du das abdeckend halt auch nur mit dem entsprechenden Verlag im Rücken. So gesehen ja bei DSA in den 80ern. Ohne die glückliche Fügung mit Schmidt Spiele würde hier fast kein Mensch DSA spielen.
ghoul:
Ja, an DSA und Midgard musste ich jetzt auch denken als selbstreferenzielle Spiele.
Auch von Pegasus gab es doch mit "Zeit der Helden" oder so ähnlich so einen Versuch, ein selbstreferenzielles Franchise zu schaffen.
Aedin Madasohn:
Dass es DAS Rollenspiel ist. In den Werbetexten von D&D wird das Genre der Rollenspiele gar nicht erwähnt. Es gibt D&D und damit hat es sich
das ist Marketing1984.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Worte, die es "nicht gibt", muss man ja auch nicht mehr mit Zensur verbieten
bigWizard schweigt Konkurrenzprodukte wie "Kaufsystem" einfach tot.
Warum seine Marktdominanz damit verbrauchen, Begriffe der Konkurrenten aufzugreifen als "wir sind aber kein offenes Kaufsystem, sondern ein streng vernageltes Specie/Klasse/Stufensystem". einfach den ersten Halbsatz streichen.
die simple Aussage "Es ist ein spaßiges Rollenspiel"
wenn woanders better driving geht, geht natürlich auch spaßiger Rollenspiel (bis der erste Böhermann daraus spießiger Rollenspiel rendert >;D )
eher so ein entdecke die Möglichkeiten aus schrankenlos vielen coolen Rollen für einen Spielspaß ohne Ende
Man könnte sich auch mal die Webseite von D&D ansehen und wie dort das Spiel verkauft wird im Vergleich zu anderen Systemen
Paradebeispiel natürlich DSA, wo es so viele Publikations-Überschnitte gibt, dass es abschreckend wird.
Habe mich der Tage als DSA4.1er mal mit 5er befasst, was da als Artefakte und Chimären-Spielehilfe inzwischen gibt
und habe mich erstmal zwischen Kodice und Kompendium verhedert
also, spontaner Lustkaufimpuls erstmal an die Wand geklatscht ~;D
mein Sparschwein grunzt wohnig "Danke" für diese Produktpräsentation
kurzum, selbst eine Innenwendung der D&D Konkurrenten an Nischennerds ist so nicht fassbar, wie soll da die Außenwendung an Normalos klappen?
Eismann:
Das Erreichen von Neukunden ist sowas wie der heilige Gral. Ich hab das eine oder andere Mal erlebt, dass das versprochen wurde, aber rumgekommen ist dabei nie etwas. Rollenspieler sind ganz ok kostengünstig zu erreichen, gerade über Social Media. Aber um Neukunden zu werben, muss man bereits eine entsprechende Reichweite haben. Ein Beispiel wäre da Rocketbeans TV, die ihre Rollenspielbox innerhalb kürzester Zeit 6000 Mal verkauft haben. Aber eben nicht als Rollenspiel, sondern eher als Merch zu ihren Rollenspiel-Streams.
Nun steckt in Rollenspielen aber kaum Geld drin, daher müsste man ohne eine solche schon vorhandene Plattform mehr Geld in die Sichtbarkeit stecken, als Gewinn über Neukunden dabei herum kommt. Oder wenn man denn schafft eine so weitreichende Plattform aufzubauen, kann man sie weitaus gewinnbringender für andere Dinge nutzen.
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