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Ist Point-Buy mit hoher Charakter-Flexibilität ohne komplexe Regeln möglich?
Galatea:
--- Zitat von: Isdariel am 26.02.2025 | 12:53 ---Stimmt. Die meisten klassischen Regelwerke machen es sich damit aber auch unnötig schwer, indem sie zwei Inputs (z.B. Attribut+Fertigkeit) kombinieren, um einen Output (Gesamtkompetenz im Bereich X) zu erhalten, anstatt diese sauber zu trennen.
--- Ende Zitat ---
Sehe ich jetzt nicht unbedingt als Problem, mein Problem mit Attribut-Fertigkeit-Systemen liegt eher darin, dass sie Charaktere produzieren können, die 30 Wissensfertigkeiten bei Wissen 4 und Stärke 20 haben, aber keine einzige Fertigkeit die auf Stärke basiert. So eine Person existiert in der Realität schlicht nicht (und wäre auch in einem fiktionalen Universum ein echt harter Suspension-of-Disbelief-Brocken).
Das Attribut stellt ja quasi die Grundkompetenz eines Charakters für einen breiten Bereich von Anwendungen dar, die Fertigkeit das, was er spezifisch für einen (vergleichsweise) schmalen Anwendungsbereich gelernt hat. Hab deswegen mal ein System geschrieben, in dem sich die Attribute aus den in Fertigkeiten versenkten Gesamt-EP ergeben haben (d.h. man muss jede Fertigkeit einem Attribut zuweisen, was aber nicht heißt, dass sie nur mit diesem Attribut verwendet werden kann). Das hat erstaunlich gut funktioniert, nahezu ausschließlich sinnvolle Charaktere produziert (im Kontext von nachvollziehbare Werteverteilung) und die Buchhaltung war ehrlich gesagt auch nicht schlimmer als z.B. bei Midgard.
Frage mich ehrlich gesagt, warum das nicht öfter so gemacht wird. Gerade für Point-buy-Systeme bietet sich das geradezu an.
--- Zitat von: Paßwächter am 26.02.2025 | 13:20 ---Und ein einzelner Gesamt-Wurf auf eine gänzlich unrealistische Wahrscheinlichkeit, die von falschen Tatsachen ausgeht?
Es weiß ja niemand alles über die Wirklichkeit. Ein Wurf auf "Heilen 10" kann in einer Medizinstudentenrunde möglicherweise sehr befriedend und spielglättend wirken und ein Wurf auf "Mechanik 10" kann Ingenieure zwar nicht im engeren Sinne zufriedenstellen, aber an der Unmöglichkeit vorbeilavieren.
--- Ende Zitat ---
Ich denke wenn man sich den Trefferpunktepool höherstufiger Charaktere in Systemen wie D&D anschaut wäre der Zielwert der Heilenprobe das geringste Realismusproblem besagter Medizinstudenten...
und das soll jetzt kein Rant über mangelnden Realismus in bestimmten RPGs sein - was "realistisch" oder "gut/passend" ist kann von Setting zu Setting durchaus sehr unterschiedlich sein, gerade D&D lebt von seinen übermenschlichen Trefferschwamm-Helden und Wunderheilern.
Boba Fett:
--- Zitat von: aikar am 26.02.2025 | 12:59 ---
--- Zitat von: eyola am 25.02.2025 | 18:48 ---Bei DSA1 im Buch der Regeln auf Seite 29, steht: "Leider gilt auch hier ein unabänderliches Gesetz: Je mehr Wirklichkeitsnähe man einem Rollenspiel verleihen will, desto mehr Regeln werden gebraucht."
--- Ende Zitat ---
Wenn die Designer heute das immer noch glauben, erklärt das vieles...
Da bin ich gänzlich anderer Meinung.
--- Ende Zitat ---
Ohne Dir widersprechen zu wollen...
Erst einmal war das zu DSA1 Zeiten, als es noch ernst gemeint war, dass man ein Rollenspiel durch Spielregeln möglichst "wirklichkeitsnah" zu gestalten.
Ich stelle mal die These auf: Das gilt heute nicht mehr. Das Ziel "möglichst wirklichkeitsnah" ist einem "ausreichend wirklichkeitsnah" gewichen und die Methode, das durch komplexere Spielregeln umzusetzen wurde ausreichend hinterfragt.
Ich (persönlich) glaube auch, dass DSA5 die Mengen Papier nicht um der "Wirklichkeitsnähe" produziert, sondern weil Kunden bereit sind, diese zu bezahlen. Cashcow und so...
Warum sollte ein Rollenspielverlag, der eine sammelfreudige Kundschaft für ein System besitzt, diese mit einer Weltformel versorgen, so dass diese dann nur ein einziges Buch kaufen müssen? Viele (nicht nur DSA) Kunden wollen doch gerne Zeug ins Regal stellen.
(und man könnte auch mal fragen, wieviel wirklichkeitsnahes DSA denn noch gespielt wird und das ins Verhältnis zum "weniger wirklichkeitsnahen" D&D setzen.
Da wird sich vielleicht zeigen, dass Wirklichkeitsnähe eigentlich gar kein Kriterium für das "gespielt werden" von Rollenspielen darstellt...
Und ja, Komplexität und Kompliziertheit sind nicht zwingend proportional zur Wirklichkeitsnähe eines Rollenspiels - Harnmaster hat zum Beispiel gar nicht so komplexe Regeln und kann in Sachen "wirklichkeitsnah" ganz locker mit DSA mithalten.
--- Zitat von: aikar am 26.02.2025 | 13:51 ---Aber das führt zu weit vom Thema weg.
--- Ende Zitat ---
genau!
tartex:
--- Zitat von: aikar am 26.02.2025 | 13:51 ---Aber das führt zu weit vom Thema weg.
--- Ende Zitat ---
Kann aber gerne hier weiterdiskutiert werden: taktische/simulatorische/realitätsnahe RPGs
Haukrinn:
Ich wedle da gerne mit der AGE-Karte. Das hat sich vom D&D-Klon mit drei Grundklassen gewandelt zum klassenlosen System (ab Modern AGE), erlaubt es aber auch die Klassen nachzubauen. Dabei wird es nicht zu komplex oder verliert sich in endlosem Regeldetails.
Aber auch hier, kein völlig freies Point-Buy.
Ich kenne durchaus Spiele, die versuchen, umfassendes Point-Buy ohne große Komplexität hinzubekommen. Geht meistens schief, schon allein aus Balancing-Gründen. Muss es irgendwie auch, weil unterschiedliche Charakterwerte unterschiedliche Skalen bedienen und man das eigentlich nie so wirklich hundertprozentig hinbekommt. Selbst GURPS schafft das nicht. HERO wäre was, was dicht dran kommt. Mir persönlich erschließt sich aber generell nicht, warum man Stunden damit verbringen sollte, einen Startcharakter zusammen zu dengeln.
Skaeg:
--- Zitat von: manbehind am 25.02.2025 | 21:19 ---Ich bin mir gerade nicht sicher, ob wir das gleiche meinen: Ich kann in DSA4.1 einen 18-jährigen Akademieabgänger mit einem TaW Schwerter von 21 bauen. Regeltechnisch spricht da nichts gegen, innerweltlich plausibel ist das nicht.
--- Ende Zitat ---
Es ist dann innerweltlich plausibel, wenn du einfach sagst: Was die Regeln hergeben, ist innerweltlich plausibel.
Wenn bei D&D ein 18-jähriger Akademieabgänger (bzw. dessen Äquivalent) ins Unterreich hinabsteigt und ein Monate Wochen später als weltenerschütternder Superheld, der zwischen Existenzebenen reisen und ganze Landstriche verwüsten kann, hervorkommt, dann ist das innerweltlich plausibel, weil es halt regeltechnisch drin ist. Aber bonkers ist es halt trotzdem.
Wobei ich sagen muss: Ein junges Genie mit Inselbegabung in einer einzelnen Fertigkeit finde ich selbst nach Anlegen konventioneller Maßstäbe noch plausibler als die From-Zero-to-Hero-Extremfälle, die D&D-Kampagnen/Abenteuerpfade regelmäßig vorsehen.
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