Ok. Ich verstehe das Argument, dass Schummeln menschlich ist.
Aber irgendwie will es mir gerade im Rollenspielkontext nicht so richtig rein.
Ich hole mal etwas aus:
Viele Sachen sind mMn menschlich, die aber eigentlich ziemlich kacke sind.
Ich glaube zum Beispiel, dass man auch genauso Argumentieren könnte, Diskriminierung wäre zutiefst menschlich - um mal STS zu zitieren:
Es brauchen nur drei Menschen z'ammenkommen
Und schon is einer der Tschusch
Was bei Diskriminierung sofort einleuchtet: Man sollte sich als Mensch nicht nur auf seine Pflichten besinnen und sich im Leben ein Rüstzeug gegen gewisse Schwächen zulegen. Konkret: Meinen eigenen Vorurteilen keinen Glauben schenken, meiner Angst vor Unbekannten nicht nachgehen und mit [setze zu Diskriminierende Menschengruppe ein] ins Gespräch gehen damit meine Vorbehalte sich in Luft auflösen.
Genauso sollte ich mir auch ein Rüstzeug aneignen, dass ich nicht Schummele. Vor allem sollte ich es mir nicht schön Reden, auch wenn es einem leicht gemacht wird.
Das Buch "im Grunde Gut" zeigt auf, dass im Menschen Schummeln (und auch Diskriminierung) gerade nicht angelegt ist, sondern Ehrlichkeit.
Jeder Mensch hat einen ziemlich guten moralischen Kompass eingebaut, man hat nur verlernt auf ihn zu hören.
Und da wird es etwas politisch: Dass Schummeln irgendwie ok ist, vielleicht sogar etwas bewundert wird (Siehe einen gewissen steuerhinterziehenden FC Bayern Manager), ist ein anerzogener Gedanke.
Gesellschaftlich wird Egoismus, Rücksichtslosigkeit usw. ja auch durchaus auch als Ziel ausgegeben. Der Mensch als Ich AG, der sich mit allen Mitteln im Markt behaupten muss gegen andere. "Eigentum verpflichtet", der erbare Kaufmann, Gewerkschaften, Tugenden etc. sind dem egoistischen, und in der Ökonomie somit rationalen, Homo Ökonomicus gewichen: Jeder ist seines Glückes Schmied, sich selbst der nächste. Wenn jeder sich absolut egoistisch verhält, das wäre das Beste für alle, so wird es uns gesagt.
Und so dürfen sich in Interviews ja auch Profi Fussballer spitzbübisch damit brüsten, Handspiel gemacht zu haben am Schiedsrichter vorbei. Bewunderung dem, der nicht erwischt wird! Da sind wir dann wieder bei der Steuerhinterziehung, dem alten Bagatelldelikt, da darf ein Horst Seehofer dann auch mal sagen er hätte auf menschlicher Ebene allerhöchsten Respekt vor dem Uli, der der Allgemeinheit 30 Millionen € vorenthalten hat.
So ist das heute: Das Libertäre ist hipp, Korruption verständlich, Sozialstaat und Klassenkampf ein Auslaufmodell.
Und da sperrt sich dann auf ganz grundsätzliche Weise was in mir.
Ich will das nicht, schon gar nicht da, wo ich es mir aussuchen kann, im Privaten. Ich will es nicht bagatellisieren und auch kleinlich im Kleinen damit sein.
Und da komme ich zum Rollenspiel zurück:
Hier will ich meine heile Welt haben, wo man sich mit Ehrlichkeit, Gemeinschaftssinn und Wohlwollen auf Augenhöhe begegnet.
Mit Vertrauen eben.
Savespace hat es Weltengeist genannt, und es für mich damit gut auf den Punkt gebracht.
Und auch wenn ich Schummeln am Tisch nicht zu meinen Problem mache, so macht es doch etwas mit dem Bild, das ich von dem Menschen habe, der Betrogen hat, ob ich will oder nicht, man kann ja nicht ganz aus Schubladen zu machen und Menschen reinzustecken.
Ich verurteile den schummelnden Menschen nicht, das liegt mir fern, weil man nie weiß, welchen weiten Weg er gekommen ist.
Ich kann und will ihm auch durchaus mit Güte begegnen.
Aber meinen Vertrauensvorschuss, den ich jeden gebe, hat er doch auf eine ziemlich grundsätzlichen Art verspielt. Denn naiv bin ich auch nicht.