Autor Thema: DM-stile... Wie bist du als SL?  (Gelesen 13777 mal)

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Offline Stahlengel

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Re:DM-stile... Wie bist du als SL?
« Antwort #50 am: 5.07.2003 | 01:47 »
Kann eed_de nur zustimmen.
Eine recht lange Vorbereitungszeit ist bei mir leider fast immer nötig - gut, manchmal klappt das 'aus den Fingern saugen' auch, jedoch nicht eben häufig.
Atmosphäre ist mir sehr wichtig, was sowohl Erzählweise (Bis jetzt hatte ich immer Glück mit meinen Spielern, soweit alles gute Charakterdarsteller) als auch Musik, Licht und manchmal auch das Essen betrifft. Gute Ausarbeitung von NSC ist ebenfalls essentiell. Würfeln lasse ich recht selten.
Bin eher der Typ für lange Kampagnen. Wenn ich einmal mit einer Materie vertraut bin, fällt es mir nicht schwer auch mit großen Mengen an Information umzugehen; ich achte sehr auf Details, was sich meistens in einem ganzen Stapel Handouts und ähnlichem niederschägt.
Rekord war für mich bis jetzt das WoD-Abenteuer 'Der Fluch des Purpurdrachen'. In etwa 15 Abenden ca. 60 NSC, 35 Seiten Handouts, ein CD-Cover, 5 Photomontagen, mehrere Zeitungsausschnitte, vier  Märchen, Karten und ein Reiseführer von 'lonely planet'... ;D Lustig wars.

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Re:DM-stile... Wie bist du als SL?
« Antwort #51 am: 5.07.2003 | 13:14 »
Ich leite unsere Cthulhu Runde und ab und an Gurps Scheibenwelt.
Für mich ist eine gute Vorbereitung sehr wichtig. Nachdem ich die Grundidee habe, beginne ich damit die Figuren auszuarbeiten und sie mit viel persönlichkeit auszustatten. Auch wenn niemals all das, was ich danach über die Figuren weiß im Abenteuer vorkommt, hilft es mir sehr, die NSCs überzeugend darzustellen.
Erst danach beginne ich mit der Arbeit am eigentlichen Abenteuer. Diese Vorgehensweise war am anfang gewöhnungsbedürftig, aber sie zahlt sich aus. Denn erst, wenn ich die Figuren mit ihren persönlichen Eigenheiten ausgestattet habe, bekomme ich die richtig guten Ideen, wie sie sich in gewissen Situationen verhalten. Die Abenteuer bereite ich nicht in ihrer gänze vor, sondern nur wichtige Szenen. Die allerdings sehr intensiev. Das sind meine Inseln. Dazwischen haben die Chars größtmögliche Freiheiten. Es ist ihnen absolut freigestellt welche Wege sie gehen und es kann auch vorkommen, dass sie Inseln gar nicht erreichen. Dann kommt der zeitaufwwändige Teil der Vorbereitung. Ich brenne den Soundtrack des Abenteuers. Auf die CD kommen zahlreiche Lieder, welche die geplanten Stimmungen des Abenteuers unterstützen sollen und noch besondere Lieder für die Inseln und ganz wichtig, für das Intro. Das Intro ist ein für mich sehr wichtiges Element und wird bei mir fast immer mit theatralischen, oder literarischen Elementen aufgewertet, welche Perfekt auf die Musik abgestimt werden.

Der Spielabend beginnt grundsätzlich damit, dass die Vorgeschichte kurz nacherzählt wird. Jeder der Spieler übernimmt dabei einen Teil der Geschichte. Das die Spieler die nacherzählung aus der Sicht ihrer Charaktere Vornehmen, die ja beiweilen sehr unterschiedlich sein kann, führt nicht nur dazu, dass sie sich schon einmal auf ihre Figur einstimmen. Die unterschiedlichen Sichtweisen und Erzählstile der Chars. hat außerdem zur Folge, dass das letzte Abenteuer ihnen wieder näher und plastischer erscheint, dass Erinnerungen geweckt werden, die ein aufzählen der letzten ereignisse von SL niemals wieder alle geweckt hätten.
Danach beschreibe ich kurz, was in der Zeit zwischen den Abenteuern (wenn es die gab) passiert ist. Dann werden die Kerzen enzündet (die Handys werden übrigens schon vor der nacherzählung gemeinsam abgeschaltet). Nun ertönt die Titelmelodie der Kampagne. Die Spieler haben dabei nochmal die Möglichkeit abzuschalten.
Erst danach kommt das Intro. Es beinhaltet meist schon die Essenz der im Abenteuer aufkommenden Emotionen. Oft sind darin auch schon Informationsbruchstücke enthalten, die wichtig für das Abenteuer sein werden, mit denen die Spieler alerding noch nichts anfangen können, sondern eher eine böse Vorahnung erzeugen. Das kann ich getrost machen, weil ich mit blind auf meine Runde verlassen kann und die Infos niemals von den Spielern an die Helden dringen werden. Sehr wichtige Schlüsselinformationen sind das jedoch nie, oder so gut verpackt, dass die Spieler das erst nach dem gelösten Abenteuer bemerken. Ich will ihnen ja nicht die Spannung verderben.

Meine Abenteuer sind natürlich so gehalten, dass sie für jeden Spieler reizvoll sind, allerdings meistens um einen Spieler besonders gewebt und auf dessen persönlichkeit (Ängste, pervertierte Versionen seiner Moral, Grenzbereiche seiner Vorstellungskraft) gewebt. Das führt für diesen spieler zu einem besonders Intensiven Spielerlebnis, welches bei einem Abenteuer, welches allgemein auf die Gruppe zugeschnitten ist, selten möglich wäre. Da unsere Gruppe recht klein ist und alle wissen, dass jeder mal dran ist, findet diese Vorgehensweise breite zustimmung.
Bei einem so eingespielten Team wie meiner Runde, reicht es oft nur ein paar Happen hinzuwerfen. die Gruppe schmeißt danach das Spiel fast alleine. Ich bin anspielpartner und muss meist nur regulieren. Das heißt dafür sorgen dass keine Längen entstehen, die Spieler davon abringen sich zu verrennen, die Atmosphäre verdichten und ab und an leichte Kurskorrekturen vornehmen. die Spieler machen meist mehr, aus den vorgeworfenen Happen, als ich im Vorfeld hätte planen können (auch wenn das für sie meist so wirkt, als wäre das schon immer so geplant gewesen *g*). Wenn die Ideenwelle langsam nachlässt, werden die Spieler mit neuem Futter versorgt und nach und nach über die Inseln gelotst.

In zukunft plane ich außerdem mit zwischensequenzen zu arbeiten. Das heißt, ich unterbreche das aktive Spiel und zeige den Spielern, ähnlich wie in meinen Intros, Splitter dessen, was außerhalb ihrer Umgebung während des Abenteuers geschieht. Ich verspreche mir davon, die Angst (bei Cthulhu) noch spürbarer werden zu lassen, indem ich den Spielern eine noch größere nähe zu den Ereignissen gebe. Ich weiß, dass meine Spieler mit der damit verbundenen Verantwortung, gut umzugehen wissen werden.

Nick-Nack

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Re: DM-stile... Wie bist du als SL?
« Antwort #52 am: 23.08.2004 | 01:07 »
Als Spielleiter habe ich bisher hauptsächlich DSA geleitet, dazu kommt im Moment eine Runde Chroniken der Engel und zwischendrin hier und da ein Abend Shadowrun, Cthulhu oder Paranoia.
Meinen Spielleiterstil will ich aber einmal am Beispiel einer DSA-Kampagne (Das Jahr des Greifen, offizielle Abenteuer) erklären, die ich geleitet habe:
Begonnen hat das ganze damit, dass ich mir die Helden der Spieler genau angesehen hab. Ich hatte nur begrenzt Möglichkeiten, die Auswahl zu bestimmen, da die Helden für eine spätere Kampagne ausgewählt waren und diese Kampagne spontan dazwischen geschoben wurde. Aber zum Glück kamen mir dann auch recht schnell Ideen,
1. warum die Helden am Abenteuer teilnehmen sollten (in diesem Fall war es einfach, weil ein jeder die unschuldigen Menschen gegen die bösen Orken verteidigen wollte)
2. welche ihrer Fähigkeiten ihnen in dem Abenteuer nützlich wären (unter anderem hatte der Gruppenzwerg während dem Abenteuer das erste und bisher einzige mal die Chance, sein Talent "Bergbau" sinnvoll zu benutzen)
3. welche NSCs zu ihren Freunden würden (in dieser Kampagne war dies kaum ein Problem, da nur 2 NSCs wirklich Freunde werden konnten)
4. welche NSCs jeweils zum persönlichen Feind wurden
5. welche Szenen für welchen Helden/Spieler besonders wichtig waren

Wie man sieht, passe ich Kampagnen gerne an die Spieler an. Desweiteren setze ich gerne Musik ein:
Mit Hilfe des RPG-Soundmixers habe ich während der ganzen Kampagne nicht nur Musik eingespielt, sondern auch Soundeffekte und Hintergrundgeräusche. Also kein "Plötzlich hört ihr ein Rascheln", sondern ein Rascheln aus den Lautsprechern des Laptops. Eine komplette Szene habe ich so gemeistert, ohne als Spielleiter ein Wort zu sagen, nur ab und zu gab es von mir ein Nicken oder ein Kopfschütteln auf Fragen der Spieler.
Desweiteren gab es am Anfang jedes Spielabends ein Intro aus Musik und Soundeffekten, zu dem immer mehr Soundeffekte hinzu kamen, bis die Spieler dann am Ende feststellten, dass das Intro die Endszene (den Höhepunkt) der Kampagne darstellte. Auch hier gab es kein Wort von mir, es ging darum, erst einmal ruhig zu werden.
Zusätzlich zwischendrin immer wieder Cutscenes mit Vorlesetexten, mit denen die Spieler zu dem jeweiligen Zeitpunkt noch nichts anfangen konnten, die sich aber aufklärten, nachdem die Helden in der Kampagne fortgeschritten waren.
Bei der Engel-Kampagne nutze ich desweiteren inzwischen Motive für die einzelnen Charaktere, so dass sowohl der wichtigste NSC wie auch jeder einzelne SC eine eigene Musik haben. Läuft diese an, so horcht der Spieler auf und ich weiß, dass er eine für ihn wichtige Szene nicht verpasst. Auch sind Kapitelüberschriften dazugekommen: Am Anfang jedes Spielabends kommt ein kurzer Jingle mit dem Namen der Chronik und dem aktuellen Kapitel, zum Beispiel "Vater unser: Unser täglich Brot gib uns heute".

Neben der Musik und dem Anpassen an die Charaktere spielen bei mir auch moralische Entscheidungen meist eine große Rolle. Wer bei mir ein Held sein will, der muss auch bereit sein, so zu handeln - und viele Helden werden erst Helden durch ihren Tod. So würfle ich grundsätzlich ehrlich, was schon einen unvorsichtigen Helden ("noch 4 LeP - läufst du weg?" - "Nein") das Leben gekostet hat. Dennoch würfle ich verdeckt, um den OT-Mechanismus des Würfelns von der IT-Atmosphäre getrennt zu halten.
Dies hat eine größere Spieler-Helden-Bindung zur Folge. Beispielsweise wurde an einer Stelle ein wichtiger NSC von einer grässlichen Kreatur bedroht. Die Helden, vom Kampf gegen die Orken schon leicht angeschlagen, fliehen, statt den NSC wie versprochen zu beschützen. Obwohl der NSC noch wichtig hätte sein können, starb er. Das Handeln von Spielern hat bei mir immer konsequenzen.
Deswegen verlange ich auch nie Mut-Proben (im DSA-Jargon gesprochen): Die Spieler müssen selbst wissen, ob sie die Helden dem Risiko aussetzen wollen.
Allgemein gesagt halte ich es für sehr wichtig, dass das Handeln der Spielercharaktere Auswirkungen auf die Spieltwelt hat.
Auch (oder gerade) bei der Engelkampagne gibt es dazu ein schönes Beispiel vom letzten Spielabend: Der Engel hat die Wahl, entweder ein Artefakt der Heiligen Angelitischen Kirche zu retten, oder ein Kind. Ich gebe ihm noch die Chance: Wenn du das Artefakt packst, und eine sehr gute Karte ziehst (bei Engel das Äquivalent zu Würfeln), dann kannst du auch das Kind kriegen. Der Spieler hat es riskiert - und zog den Herrn der Fliegen (die Patzer- oder Fumble-Karte). Das Kind starb.

Zuletzt versuche ich immer, langweilige Szenen zu beschleunigen. Warum sollte ein Spieler beschreiben, dass er in der Stadt ein Fässchen Bier kauft? Es reicht mir, wenn er bei der nächsten Rast sagt "Nach dem anstrengenden Marsch, nachdem wir es knapp geschafft haben, den Orks zu entkommen, ziehe ich mit den Worten 'Jetzt erstmal einen Schluck für die Nerven' ein kleines Fässchen Bier, dass ich in der letzten Stadt gekauft habe, aus dem Rucksack und trinke einen Schluck. 'Will noch jemand?'". Darauf mit einem "Du hast kein Bier gekauft" zu antworten, könnte ich mir kaum vorstellen.
Genauso falle ich auch manchmal den Spielern ins Wort und fasse das, was sie vorhaben, auszuspielen, zusammen. Damit sollte man aber immer sehr vorsichtig sein und es nur einsetzen, wenn der Spieler wohl nur beschreibt, um dem SL einen Gefallen zu tun.