Autor Thema: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn  (Gelesen 13208 mal)

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Offline Lord Verminaard

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Eine interessante Beobachtung, die neulich jemand zum Ausdruck brachte: Viele Spieler lieben es, neue Charaktere zu erschaffen, weil sie sich dann interessante Geschichten ausdenken können. Nämlich die Vorgeschichte ihres Charakters.

Ein verbreitetes Abenteurer-Schicksal: Ein Leben voller dramatischen Veränderungen, in denen er von den interessantesten Personen begleitet wurde, folgenschwere Entscheidungen getroffen hat, Menschen verloren hat, die er liebte, seine Berufung gefunden hat... und dann, mit Spielbeginn, tut er sich mit ein paar anderen Leuten zusammen und erlebt fortan für ein paar Monate oder Jahre Abenteuer, die ihn in seiner persönlichen Entwicklung kaum oder gar nicht weiterbringen. Aber genau diese Abenteuer sind es, die das eigentliche Spielgeschehen darstellen.

Was steckt dahinter? Ist es gerade der Wunsch der Spieler, durch eine komplexe Vorgeschichte einen "fertigen" Charakter zu erschaffen, den sie dann im Spiel "erleben" können? Wollen sie gar nicht, dass ihr Charakter sich durch das Spiel weiterentwickelt? Ist es ihr Wunsch, sich einfach nur in seine Gemütswelt hineinzudenken und zu erfahren, wie es ist, dieser Charakter zu sein? Und ist die Vorgeschichte eine Ressource, auf die sie dabei zurückgreifen? Und wenn das so ist: Welche Mechanismen könnten eine solche Vorgehensweise unterstützen?

Oder ist eine so dynamische Vorgeschichte nur ein Anzeichen dafür, dass der Spieler gerne einen interessanten, sich entwickelnden Charakter haben möchte, und ist es eine dysfunktionale Spielweise, den Charakter in (für seine persönliche Entwicklung) belanglose Abenteuer zu verwickeln, die eigentlich nicht seine Geschichte sind, sondern die Geschichten anderer Leute, in die er nur kurzzeitig verwickelt wird?

Wie könnte ein Rollenspiel aussehen, das die Lebensgeschichte der Charaktere vom Anfang bis zum Ende erzählt? Wie würde man dafür sorgen, dass die Lebensgeschichten der verschiedenen Spieler-Charaktere immer an entscheidenden Wendepunkten miteinander verknüpft sind, so dass auch ein gemeinsames Spiel zustande kommt?
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Offline Azzu

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Mein Idealbild eines ausgearbeiteten Charakterhintergrundes besteht vor allem aus vielen Elementen, mit denen der Spielleiter arbeiten kann, um individuell auf den Charakter einzugehen. Die Handlung der Charaktergeschichte sollte möglichst viele offene Enden haben. Dadurch wird die Charakterentwicklung sogar gefördert.

Wenn es dagegen wirklich so kommt, dass die Charaktergeschichte schon vor Spielbeginn abgeschlossen wirkt und mit der Abenteurer-Karriere des Charakters nicht viel zu tun haben wird, hat sich der Spieler IMHO die Mühe umsonst gemacht. Vielleicht bietet ihm sein Machwerk eine Hilfestellung, um den Charakter darzustellen, aber der SL und die anderen Spieler können gar nichts damit anfangen.

Offline Joerg.D

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Ich versuche dem Leser ein Gefühl für den Charakter zu geben und dem SL Ansätze für Abenteuer. Beides erleichtert mir und meinen Mitspielern den Umgang mit dem Charakter und bietet viele Möglichkeiten zur Entwicklung. Auch auf dem Hintergrund basierend sollte Ein Charaklter sich weiterentwickeln.
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Offline Raphael

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Hmmm, dysfunktional würde ich das nicht nennen. Ich denke, Spieler mit einer ausgeprägten und dramtischen Hintergrundgeschichte kosten den Moment der Erschaffung, in dem sie alle Freiheiten haben, aus. Die Geschichte selbst wird ja von den Ideen und der Dramaturgie des SL bestimmt, und viele Spieler sehen die  Gelegenheiten zur Weiterentwicklung nicht, oder sie wissen nicht, dass die Geschichte, die der SL spinnt, auch für Interpretationen offen ist.

Aber vielleicht sind die Spieler, die extrem viel Aufwand in ihre Charaktererschaffung stecken, einfach die geborenen Spielleiter.  :D
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Preacher

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Normal mach ich das auch so, wie Azzurayelos das beschreibt. Und auch genau der angesprochene kapitale Fehler ist mir bei meinem Vampire-Char passiert: Keine losen Enden, keine Angriffspunkte, keine Ziele, nichts, womit man den Char motivieren könnte. Ein wenig ärgerlich - mitten in der Kampagne nen neuen reinbringen ist auch nix. Da muß ich mir mal mit dem SL (Morebytes) zusammen  was überlegen.

Offline Lord Verminaard

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Die Geschichte selbst wird ja von den Ideen und der Dramaturgie des SL bestimmt, und viele Spieler sehen die  Gelegenheiten zur Weiterentwicklung nicht, oder sie wissen nicht, dass die Geschichte, die der SL spinnt, auch für Interpretationen offen ist.

Na lass das mal die Rollenspielpolizei hören! ;D

Im Ernst: wenn das tatsächlich so ist, dann wäre es für diese Spieler wahrscheinlich wirklich gut, wenn sie mehr Einfluss auf das Spielgeschehen hätten.
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Offline Wawoozle

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Azzurayelos beschreibts ja schon ganz gut.
Die Charaktergeschichte, oder vielmehr "die Geschichte seines bisherigen Lebens" ist ja nicht abgeschlossen, es sei denn jemand ist scharf drauf nen Charakter zu konzipieren, zu beschreiben und zu spielen der gerade im Sterbebett liegt und innerhalb der ersten 10min der ersten Sitzung stirbt.
Je nach Setting macht das aber sogar sinn :)
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psycho-dad

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Ichhalt es so, das ich mich meistens mit den Spielern zusammensetz, wenn neuer Chara´s in die Spieltunde kommen. Ich höre mir die Hintergrundgeschichte an, die der Spieler entwickelt hat, stelle mit ihm zusammen einen passenden Charakterbogen auf die Beine und lasse, wenn der Char. dann im spiel ist, von zeit zu zeit einige "Privaten" sahcen, speziell für diesen Charakter einfließen, ein Sidequest, oder auch mal einen Längeren strang der Kampagne, wenn die hintergrundgeschichte gut ist...

...besonders leicht machen es mir die Spieler, die  als hintergrund "Unbekannt" angeben  ;D (Auf deutsch: die, die zu faul dafür sind, sich sowas auszudenken)

...die müssen einfach fressen, was ich ihnen als "Hintergrund" hinstell  >;D Wenn ihre Charas kolektiv an Amnesie leiden, bitteschön, dann können sie sich auch nicht an die Kopfgeldjäger, die ihnen auf den Fersen sind, erinnern...

tatsächlich sind mir solche "Gesichtslosen" Charas, die keinen bzw. einen von mir bestimbaren Hintergrund haben, eine wilkommene "Knetmasse", um lücken zwischen "Hintergründigen Chara´s" und Kampagnenstorry zu schließen  ::)

Nick-Nack

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Ersteinmal: Ich sehe mich selbst vorrangig als Spielleiter.
Als Spieler habe ich eine vielleicht anstrengende, aber dafür sehr flexible Möglichkeit herausgesucht: Ich schreibe keinen Hintergrund im Vorraus, sondern überlege mir ein grobes Charakterkonzept, an dem ich dann die Werte orientiere, aber das wird auch nicht verschriftlicht, sondern als Gesamtbild verinnerlicht. An diesem Konzept orientiere ich dann die Handlungen.
Den eigentlichen Hintergrund entwickle ich dann während dem Spiel. Wenn mein Held in eine Situation kommt, in die ein bestimmter Hintergrund gut passen würde (es bereichert die Geschichte), dann füge ich dies in den Hintergrund ein. Dabei kann es natürlich schwer werden, den Überblick zu bewahren.
Zum anderen habe ich aber noch eine Liste von NSCs, sowohl solche, die im Hintergrund vorkommen, als auch solche, die ich während Abenteuern kennenlerne. Daraus ergibt sich ein Fundus für Plotansätze, aber auch eine bessere Verbindung verschiedener Abenteuer.

Als Spielleiter übe ich starken Einfluss auf die Hintergründ der Charaktere ein (vor allem durch unverbindliche Vorschläge, die ich den Spielern so schmackhaft mache, dass sie sie von sich aus akzeptieren), soweit das noch möglich ist. Dadurch mag der Hintergrund noch so abgeschlossen aussehen, aber die Plothaken stecken fest. Wenn die Helden schon vorgegeben sind, passe ich die Kampagne entsprechend an und baue vor allem die wichtigsten Haupt-NSCs so auf, dass sie genau auf die Helden passen.

Offline Lord Verminaard

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Normal mach ich das auch so, wie Azzurayelos das beschreibt. Und auch genau der angesprochene kapitale Fehler ist mir bei meinem Vampire-Char passiert: Keine losen Enden, keine Angriffspunkte, keine Ziele, nichts, womit man den Char motivieren könnte.

"Fertiger" Charakter heißt natürlich nicht notgedrungen "motivationsloser" Charakter. Jeden klassischen rechtschaffenen Fantasy-Charakter kann man jederzeit motivieren, den Schwachen und Schutzlosen beizustehen, doch trotzdem kann ein solcher Charakter bereits am Ende einer abgeschlossenen Entwicklung stehen, so dass er vielleicht durch XP seine Fertigkeiten verbessert, sich aber von seiner Persönlichkeit her nicht mehr weiter entwickelt.
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Offline Fredi der Elch

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Die Geschichte selbst wird ja von den Ideen und der Dramaturgie des SL bestimmt, und viele Spieler sehen die  Gelegenheiten zur Weiterentwicklung nicht, oder sie wissen nicht, dass die Geschichte, die der SL spinnt, auch für Interpretationen offen ist.
Na lass das mal die Rollenspielpolizei hören! ;D
Und da issie schon! ;) Also ich würde das ganz ehrlich aus vollstem Herzen als dysfunktional beschreiben!

Aber es gibt sicherlich 2 verschiedene Typen (die von dir genannten): diejenigen, die das so wollen und diejenigen, die es aus Gewohnheit so machen, auch wenn es ihnen anders sicher besser gefallen würde.


Jeden klassischen rechtschaffenen Fantasy-Charakter kann man jederzeit motivieren, den Schwachen und Schutzlosen beizustehen, doch trotzdem kann ein solcher Charakter bereits am Ende einer abgeschlossenen Entwicklung stehen, so dass er vielleicht durch XP seine Fertigkeiten verbessert, sich aber von seiner Persönlichkeit her nicht mehr weiter entwickelt.
Und genau da sehe ich das Problem. Die mesten Systeme sind aben so ausgelegt, dass die Persönlichkeit vorbestimmt wird und es Nachteile (weniger XP usw.) gibt, wenn sich der Spieler nicht "nach Charakter" handelt.
Ich finde diesen Ansatz eher langweilig (Geschmackssache), da wirklich spannende Geschichten IMO dann entstehen, wenn sich ein Charakter verändert. Der klassische Paladin, der immer allen hilft usw. ist lahm. Spannend wird er, wenn etwas passiert, was ihn in Konflikt bringt bzw. diese Einstellung ändert.

Ich vermute bei den meisten Rollenspielern mit diesem Syndrom (und das ist sicher die überwiegende Mehrheit) ein Sim-by-Habit (evtl. mit Turtle). Austreiben wird da immer schwierig. Als System empfehle ich z.B. Trollbabe (die Entwicklung von Beziehungen ist immerhin eingebaut), HeroQuest oder MLwM (IMO eines der Besten, wenn es um Charakterentwicklung geht: da ist die Weiterentwicklung des Charakters und Befreiung aus der dysfunktionalen Beziehung zum Meister Kern des Spiels). Oder selber ein System basteln, das darauf basiert... Hmmmm... :)
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Offline Barbara

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Offline 1of3

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Ars Magica ist glaube ich auch ganz passend.

Aber sammeln wir mal. Was begünstigt Charakterentwicklung im Rollenspiel?

Ich denke zu allererst einmal muss dafür Zeit sein. D.h. eine Kampagne darf sich nicht auf ein paar Tage beschränken. Da bleibt nicht viel Zeit für Entwicklungen.
Eine Kampagne die sich über Jahre erstreckt lässt dagegen mehr Zeit.

Offline Fredi der Elch

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Ich empfehle Unknown Armies. Das System lebt davon, dass die Chars sich in ihrer Persönlichkeit entwickeln.
Nur begrenzt. Es gibt das Madness-Meter, das ist aber dann schon alles. Die grundlegende Persönlichkeit ist zu Beginn festgelegt und verändert sich nicht mehr. Will sagen: Videomancer bleibt Videomancer. Und nicht nur das: die Tatsache, dass alle Charaktere langsam abdrehen ist auch schon festgelegt.

Ars Magica ist glaube ich auch ganz passend.
Warum? Ich finde es eher nicht besonders passend...

Ich denke zu allererst einmal muss dafür Zeit sein. D.h. eine Kampagne darf sich nicht auf ein paar Tage beschränken. Da bleibt nicht viel Zeit für Entwicklungen.
Das ist ein vielverbreiterter Irrtum. Ein Film dauert 90 Minuten. Die Veränderung, die da von einem Charakter gezeichnet wird, ist bei guten Filmen völlig ausreichend. Die Spielzeit muss also nicht lang sein.
Die In-Spiel-Zeit muss ebenfalls nicht besonders lang sein. In der richtigen Situation mit den richtigen Geschehnissen ist eine große Persönlichkeitsentwicklung in ein paar Tagen möglich. Man schaue sich einen 08/15 Katastrophenfilm an: vom Otto-Normalverbraucher zum Held oder seelischem Wrack in einem Tag. Oder Star Wars: vom Farmersjungen zum Retter der Rebellion in ein paar Wochen...

Nein, Persönlichkeitsentwicklung braucht nicht viel Zeit. Persönlichkeitsentwicklung braucht Gelegenheiten zur Entwicklung. Und diese Gelegenheiten sind Konflikte, in denen sich Persönlichkeit zeigen und verändern kann. Wenn man diese Konflikte dicht packt, erhält man viel Entwicklung in kurzer Zeit (sowohl Spiel als auch in-Spiel Zeit). Die Idee, dass man viel Zeit bräuchte stammt noch aus alten D&D-10-Jahres-Kampagnen Tagen. Aber es stimmt nicht.
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Nur begrenzt. Es gibt das Madness-Meter, das ist aber dann schon alles. Die grundlegende Persönlichkeit ist zu Beginn festgelegt und verändert sich nicht mehr. Will sagen: Videomancer bleibt Videomancer. Und nicht nur das: die Tatsache, dass alle Charaktere langsam abdrehen ist auch schon festgelegt.
Äh. Das stimmt so nicht ganz. Die grundlegende Persönlichkeit kann sich sehrwohl ändern (und zwar wenn der Charakter in einem Bereich 5 Punkte Failed-Notches hat, heisst das, dass das bisherige Weltbild des Charakter zersprungen ist. Daraus kann der Charakter aber wieder rauskommen, indem er sich ein neues Weltbild quasi erarbeitet. Dadurch ändert sich auf alle Fälle die Obsession und die Stimuli können sich auch verändern... je nachdem wie sein neues Weltbild aussieht. Dadurch kann auch z.B. ein Videomancer seine magischen Fähigkeiten verlieren. Schliesslich wurde ihm ja schon bewiesen, dass er keine magischen Fähigkeiten hat. Genauso kann aus einem "normalen" Charakter dadurch z.B. ein Videomancer werden, wenn es zu seinem Weltbild passt...
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline Raphael

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Na lass das mal die Rollenspielpolizei hören! ;D
*hrhr*, Point taken. Nur leider sieht die Rollenspielpolizei vielfach das Idealbild eines Spiels und nicht das tatsächliche - manchmal glaub ich, die Jungs zocken zu wenig. ;)

Nimm nur mal den Ghostwalker ausm Sword & Fist D&D 3.0. Ein Kriterium für diese Prestigeklasse ist, dass er einen grossen persönlichen Verlust erleiden muss. Und wenn der grösse Verlust, den der SL rüberbringt, sein Geldbeutel ist? Das qualifiziert nicht, und somit ist die Weiterentwicklung des Charakters schon auf Spielwertebene eingeschränkt. Für subtilere psychische Entwicklungen braucht es auch subtiles Spiel, und das findet manchmal einfach nicht statt - und noch seltener in der Richtung, in der sich ein Charakter wirklich entwickeln könnte.

Naja, ich bin auch ein Proll von D&D - Zocker. :-[

Im Ernst: wenn das tatsächlich so ist, dann wäre es für diese Spieler wahrscheinlich wirklich gut, wenn sie mehr Einfluss auf das Spielgeschehen hätten.

Genau so löse ich das als SL: Viel improvisieren, und extrem auf die Charaktere eingehen, und zur Not jede Story die ich vorbereitet habe verwerfen, damit das Erleben im Vordergrund stehen kann.
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Offline Fredi der Elch

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Die grundlegende Persönlichkeit kann sich sehrwohl ändern (und zwar wenn der Charakter in einem Bereich 5 Punkte Failed-Notches hat, heisst das, dass das bisherige Weltbild des Charakter zersprungen ist.
Ok, ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. ;D

Nun die Anschlussfrage: wie oft kommt das im Spiel denn vor? Ich kann mir nämlich vorstellen, dass viele Leute nicht gerne ihre schwer ersparten kewl Powerz verlieren. Deswegen meine Frage an alle UA-Zocker: wie oft passiert sowas in einer Kampagne und wie lange dauert es, bis man soweit ist? Oder genauer: wie oft ist euch das schon passiert in der Runde und wie war das genau?
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Zitat von: 1of3
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Preacher

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Nein, Persönlichkeitsentwicklung braucht nicht viel Zeit. Persönlichkeitsentwicklung braucht Gelegenheiten zur Entwicklung. Und diese Gelegenheiten sind Konflikte, in denen sich Persönlichkeit zeigen und verändern kann. Wenn man diese Konflikte dicht packt, erhält man viel Entwicklung in kurzer Zeit (sowohl Spiel als auch in-Spiel Zeit).

Ich kann es selbst kaum glauben, aber mit diesem Absatz spricht mir der Elch mal so richtig aus der Seele. Full Ack dazu!!

Wobei die Entwicklung auch über längere Zeit ablaufen kann. Dann müssen die Konflikte eben nicht gar so dramatisch und einschneidend, die Veränderungen "fließender" und nicht so sprunghaft sein. Verlangt dann aber mehr Sensibilität in der Darstellung - einen deutlichen Knick in der "Persönlichkeitsentwicklungskurve" kann man wohl leichter herausarbeiten und definieren (und darstellen) als eine langsame, fließende Veränderung der Weltsicht.

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Ok, ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. ;D
Na das Gegenteil musst Du ja nicht gleich behaupten. Begrenzt ist diese Art der Entrwicklungssteuerung über das Regelsystem trotzdem ;)
Zitat
Nun die Anschlussfrage: wie oft kommt das im Spiel denn vor? Ich kann mir nämlich vorstellen, dass viele Leute nicht gerne ihre schwer ersparten kewl Powerz verlieren.
Naja. Wenn der Charakter plötzlich ein ganz anderes Weltbild hat, dann passen die kewl Powerz sowieso nicht mehr. Abegesehen davon darfst Du nicht davon ausgehen, dass alle Charakter Avatare oder Adepten sind. (Sondern erst u.U. durch die Konflikte und dem Regelsystem zu welchen werden)
Zitat
Deswegen meine Frage an alle UA-Zocker: wie oft passiert sowas in einer Kampagne und wie lange dauert es, bis man soweit ist?
Oder genauer: wie oft ist euch das schon passiert in der Runde und wie war das genau?
Eine Kampagne, einmal passiert. Der Konflikt brodelte schon länger. Der Umschwenk lief über einen Selbstmordversuch. Dann war der Konflikt durch und es folgten dann die Nachwirkungen ;)
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Offline Bad Horse

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Jo, das war ich. Also - es war mein Char. Der hat sich sehr interessant entwickelt...

Ich entwickle Chars beim Spiel meistens nach vorne und nach hinten: Das heißt, nach vorne - sie entwickeln sich durch die Ereignisse in der Spielwelt und verändern sich dadurch, und nach hinten - ich definiere den Hintergrund stärker aus, um zu zeigen, wie sie vorher waren und warum eine Veränderung Sinn macht. Und weil ich gerne Geschichten erzähle, natürlich.  ;)

Meine Char haben oft einen sehr genau entwickelten Hintergrund, aber sie verändern sich immer im Lauf einer Kampagne.

Ars Magica eignet sich recht gut, weil eben sehr viel Zeit vergeht - die Char verändern sich fast zwangsläufig, weil sie im Laufe ihres Lebens einige Entscheidungen treffen müssen...  ;)
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Offline Fredi der Elch

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Naja, eine Kampagne, einmal passiert ist ja nicht so wirklich viel... jedenfalls nicht so viel, dass ich es als großen Vorteil des Systems in Bezug auf Persönlichkeit hervorheben würde. Dazu passiert es dann doch nicht oft genug. Aber vom Ansatz sicher ganz nett.

Nochmal zum Verständnis: eine Kampagne, wie lang ist das? Bei uns war das immer so 10x spielen à 4 Stunden. Und war das eure einzige UA-Kampagne?
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Zitat von: 1of3
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Offline Wawoozle

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Hier (aktuelles Beispiel):
D&D...
Mein Char hat sich bereits in der ersten Sitzung derart durch äussere Umstände verändert, das ich einen grossteil meiner Pläne und kewl Powerz für ihn umschmeissen musste/konnte.
Aber wenn es der Char-Entwicklung dienlich ist und Spass macht macht, dann macht man das gern.

Mittlerweile läuft die Kampagne über ein Jahr (allerdings mit Pausen von 2 oder 3 Monaten dazwischen) eine Runde dauert etwa 12 Stunden und ich kann schon sagen, dass sich der Char im laufe der weiteren Kampagne sehr verändert hat.

Ich kenne genug Spieler, gerade in D&D, die ihre Charaktere von Stufe 1 - 20 durchgeplant haben und keinen Millimeter davon weggehen und ihr Ding durchziehen egal was mit ihrem Char passiert, bei denen geht es im endeffekt auch nur um Kewl Powerz, aber wenn denen das reicht, ist das okay.
Aber wenn ich mehr aus dem Spiel rausholen kann, dann versuch ich das meistens auch.

Was ich sagen will ist eher, dass es nicht so sehr vom System abhängt (sicher spielt es auch mit eine Rolle) aber es hat viel mit den eigenen Vorlieben und der Gruppe selbst zu tun.

Zitat
Nein, Persönlichkeitsentwicklung braucht nicht viel Zeit. Persönlichkeitsentwicklung braucht Gelegenheiten zur Entwicklung. Und diese Gelegenheiten sind Konflikte, in denen sich Persönlichkeit zeigen und verändern kann. Wenn man diese Konflikte dicht packt, erhält man viel Entwicklung in kurzer Zeit (sowohl Spiel als auch in-Spiel Zeit).
Klar...
diese Spielweise kommt denen zugute die vermutlich nicht viel Zeit haben oder denen die Instant-Action einfach mehr liegt.
Für Leute denen eher das Hartwurst-Syndrom liegt, die es auch geniessen können ihren Char länger auszuspielen und über einen längeren Zeitraum zu verändern, die bleiben halt beim klassischen Kampagnen-Konzept.
Veränderungen von Chars sind auf beiden Wegen möglich.
« Letzte Änderung: 4.01.2005 | 16:30 von Wawoozle »
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Ist es gerade der Wunsch der Spieler, durch eine komplexe Vorgeschichte einen "fertigen" Charakter zu erschaffen, den sie dann im Spiel "erleben" können?

Nicht umbedingt.

Zitat
Wollen sie gar nicht, dass ihr Charakter sich durch das Spiel weiterentwickelt?

Nicht umbedingt.

Zitat
Ist es ihr Wunsch, sich einfach nur in seine Gemütswelt hineinzudenken und zu erfahren, wie es ist, dieser Charakter zu sein?

Wahrscheinlich. Viele Vorgeschichten-Schreiber lieben es immerhin sehr abwechlungsreiche, vielseitige Charaktere zu entwickeln. Teils wird der Akt des Vorgeschichtenschreibens dabei sogar zu einem kreativen Schöpfungsakt, auf den nur die desillusionierende Langeweile des regulären Spielverlaufs folgt.

Zitat
Und ist die Vorgeschichte eine Ressource, auf die sie dabei zurückgreifen?

Ressource in welcher Hinsicht?

Zitat
Und wenn das so ist: Welche Mechanismen könnten eine solche Vorgehensweise unterstützen?

IMO keine. Ebenso wenig, wie es Mechanismen geben kann, die gutes Spielleiten erzwingen können.

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@Fredi: Bisher habe ich eine UA-Kampagne geleitet. Von daher kann ich auch nur von der ausgehen. Also doch ein besserer Schnitt, als es im ersten Moment klingt ;)
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Offline Barbara

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In der Kampagne gab es mehr Persönlichkeitsentwicklungen: Erstmal Kim, der vom Maler zum Musiker wurde ... dabei hat sich seine Obsession geändert. Dann Dr. Syl, die von einem Einzelgänger zur "Gruppenmutter" wurde. Ich denke, in der Gruppe bewegen sich die Persönlichkeitsbilder. Es gibt wenige Brüche, dafür umsomehr fließende Veränderungen. Barry wurde vom Pazifist zum Mörder. ...
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Die krassesten Charakterentwicklungen habe ich bisher in One-Shot Sessions erlebt. Mit einem Charakter, den man nie wieder spielen kann bzw. muss, geht man als Spieler ganz anders um, als mit einem lange entwickelten Charakter, den man auf unbestimmte Zeit mit Spaß an der Sache personifizieren soll.

Umgekehrt lässt die begrenzte Zeit eines One-Shots aber kaum zu, dass sich alle Charaktere entwickeln - wenn sich alle Spieler gleichzeitig durch großartiges Charakterspiel hervortun wollen, bricht Chaos aus, und der Spielleiter wird einschreiten, um in der Handlung voran zu kommen.

Nick-Nack

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Das ist ein vielverbreiterter Irrtum. Ein Film dauert 90 Minuten. Die Veränderung, die da von einem Charakter gezeichnet wird, ist bei guten Filmen völlig ausreichend. Die Spielzeit muss also nicht lang sein.
Da kann ich so nicht zustimmen. Der Vergleich von Rollenspiel und Film scheitert daran, dass im Rollenspiel nicht den selben Mittel zur Verfügung stehen. Diese Mittel ermöglichen es jedoch erst, die Zeitdauer von vielen Monaten Rollenspielsessions auf einen 90-Minuten-Film zu kürzen.
Wichtigster Punkt dabei ist auch die Vorgeschichte: Das Wissen, was der Zuschauer aus den Handlungen der Protagonisten im Film erlangt, brauchen die Spieler schon vor den Handlungen, damit sie diese überhaupt so ausführen.

Offline Fredi der Elch

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #27 am: 10.01.2005 | 11:06 »
Der Vergleich von Rollenspiel und Film scheitert daran, dass im Rollenspiel nicht den selben Mittel zur Verfügung stehen. Diese Mittel ermöglichen es jedoch erst, die Zeitdauer von vielen Monaten Rollenspielsessions auf einen 90-Minuten-Film zu kürzen.
Welche Mittel sollen das sein? Natürlich kann man nicht in 90 Minuten Rollenspiel denselben Inhalt packen wie in 90 Minuten Film. Aber in 5 Stunden RPG läßt sich sehr wohl ein Film von 90 Minuten länge unterbringen.

Zitat
Wichtigster Punkt dabei ist auch die Vorgeschichte: Das Wissen, was der Zuschauer aus den Handlungen der Protagonisten im Film erlangt, brauchen die Spieler schon vor den Handlungen, damit sie diese überhaupt so ausführen.
Auch das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Man kann Rollenspielen zwar so gestalten, dass jeder Spieler eine detaillierte Rolle erhält und diese versucht "richtig" zu spielen. Das ist aber nicht nötig (und IMO auch nicht wünschenswert). Oft reichen ein paar Sätze Vorgeschichte, um einen super Charakter zu gestalten, der dann im Spiel viele Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Denn gerade diese Entwicklung im Spiel wird oft durch eine zu detaillierte Vorgeschichte behindert.

Warum es also nicht so machen wie im Film: sehr wenig Vorgeschichte, die gesamte Entwicklung des Charakters findet On-Screen statt (und nicht umgekehrt, wie Vermi es beklagt hat)? Bsp Star Wars: Luke hat eine Vorgeschichte von 2 Sätzen. Farmerjunge auf einem Hinterwänldlerplaneten, der gerne was erleben möchte. Seine Familie verschweigt ihm ein dunkles Geheimnis. Fertig, und los gehts. Viel mehr Hintergrund braucht man nicht.

Als gutes Rollenspielbeispiel dafür würde ich unsere Veritas Mundi Runde hier im Forum und im IRC angeben. Die Figuren sind in ihrer Vorgeschichte nicht sehr differenziert (eigentlich reduziert auf die Issue) und der Charakter bzw. die Entwicklung zeigt sich erst im Spiel.
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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #28 am: 10.01.2005 | 14:42 »
So ähnlichen waren die Hintergrundgeschichten in unserer UA-Kampagne ja zunächst auch. Da haben sich nur ein paar Dinge klarer herauskristallisiert, als wir gespielt haben. Barry ist behütet aufgewachsen, jetzt ist er des Mordes angeklagt - was hat er für eine Familie, wie reagiert sie, was tun die?

Lukes Hintergrund hat sich ja auch herauskristallisiert (Sohn von Darth Vader...).  ;)
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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #29 am: 10.01.2005 | 15:14 »
So wie ich das sehe gibt es mehrere Gründe einen Charakterhintergrund zu schreiben:

1.) Um ein difizile Begründung dafür zu geben warum der Charakter so ist wie er heute ist. Also welche Ereignisse in der Vergangenheit sich auf seinen Charakter ausgewirkt und wie sie sich ausgewirkt haben. Dieser Grund ist natürlich insbesondere für Method Actor sehr wichtig, da sie auf diese Zeit bereits vorm Spiel viel Zeit mit ihrem Charakter verbringen und sich mit ihm auseinandersetzen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass dies für sie eine wichtige Phase ist, da es ihnen hilft dem Aspekt des Spieles aus dem sie den meisten Spaß ziehen, nämlich die Verkörperung ihres Charakters, mehr Gewicht zu verleihen.

2.) Um Ansätze für das Spiel zu schaffen. Hier dient der Hintergrund des Charakters hauptsächlich dazu ihn mit Reibungspunkten für das eigentliche Spiel zu versorgen. Irgendwelche in der Vergangenheit erworbenen Erzfeinde, zurückgelassene große Lieben oder Familienprobleme, alles dinet nur dazu, um im Spiel interessante Möglichkeiten zu schaffen.
Auf diesen Aspekt einer Hintergrundstory ihres Charakters dürften Storyteller ihr Hauptaugenmerk gelegt haben, schließlich trägt dies alles zu einer potentiell spannenden Story bei und darauf fahren die Jungs nunmal voll ab...

3.) Zum Spaß. Ist einfach so ;-)

In der bunten Wirklichkeit denke ich mal, dass die meisten Charakterhintergründe aus dem dritten Grund geschrieben werden und ansonsten eine Art hybrid aus den ersten Beiden sind, also sowohl Anknüpfpunkte als auch eine Handlungsgrundlage sein sollen. Zumindest war das so bei den meisten, die ich in die Finger bekommen habe (sowohl selbst als auch fremdgeschriebene).

Im übrigen gehe ich hier mit dem Elch konform:
Zum Einen beginnt die interessante Phase im Leben des Charakters jetzt. Mit dem Spiel. Sie war nicht vorher. Die Ereignisse des aktuellen Spieles sollten nicht im Schatten der Hintergrundgeschichte stehen, wenn dort etwas soviel spannenderes statt gefunden hat, hätte man den Fokus ja wohl darauf gelegt.
Zum anderen braucht es keine Jahre der Spielzeit oder gespielten Zeit, damit sich ein Charakter entwickelt. Wenn dein Charakter sich Morgen entscheiden muss ob er seinen Bruder oder seine große Liebe opfert entwickelt er sich durch diese Entscheidung wesentlich weiter als durch hundert Jahre Königreiche vor Drachen retten. Charaktere entwickeln sich an Konflikten.
Und Potential für solche Konflikte kann man natürlich auch schon in der Hintergrundgeschichte anlegen. Das wäre dann der 2. oben genannte Grund ;-)

Offline Lord Verminaard

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #30 am: 10.01.2005 | 15:33 »
Allerdings wäre es Verschwendung dramaturgischen Potentials, einen Charakter zwischen seinem Bruder und seiner großen Liebe entscheiden zu lassen, ohne dass man vorher die Beziehung des Charakters zu beiden NSCs auch im Rahmen des Spiels ein bisschen ausgelotet hätte. IMNSHO. ;)
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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #31 am: 10.01.2005 | 15:41 »
Absolut! Wobei die Betonung auf "im Spiel" liegt. In der Vorgeschichte ist das zwar fein, aber im Spiel wirkt das viel besser.

Und es ist dafür eben nicht viel Zeit notwendig. Im Film reichen für sowas 5 Minuten. Lass es also im RPG mal eine Szene mit 10-15 Minuten sein und dann ist genug Beziehung aufgebaut, um dem Ganzen für den "Zuschauer" einen dramatischen Kontext zu geben. Nur um mal diesem furchtbaren Vorurteil im Rollenspiel entgegenzuwirken, alles bräuchte so furchtbar viel Zeit. Das stimmt einfach nicht.
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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #32 am: 10.01.2005 | 15:48 »
Wohl wahr. Früher, als ich die Zeit noch hatte, fand ich es schön, sie mir zu nehmen. Aber notfalls reicht eine einzige, gut gewählte Szene, um einem NSC Profil zu verleihen. Die Vorgeschichte ist schon deswegen kein adäquater Ersatz, weil die anderen Spieler sie im Zweifel nicht gelesen haben.
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Nick-Nack

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #33 am: 10.01.2005 | 17:05 »
Welche Mittel sollen das sein? Natürlich kann man nicht in 90 Minuten Rollenspiel denselben Inhalt packen wie in 90 Minuten Film. Aber in 5 Stunden RPG läßt sich sehr wohl ein Film von 90 Minuten länge unterbringen.
Das würde ich gerne mal auf einer Con erleben: Die Handlung eines recht unbekannten Films als Vorlage, um es vergleichbar zu halten, und dann, nach 5 Stunden, einen Vergleich. Das geht schief - auch dann noch, wenns keine Con mehr ist.

Zitat
Oft reichen ein paar Sätze Vorgeschichte, um einen super Charakter zu gestalten, der dann im Spiel viele Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Denn gerade diese Entwicklung im Spiel wird oft durch eine zu detaillierte Vorgeschichte behindert.
Ich antworte am besten direkt am Beispiel:

Zitat
Bsp Star Wars: Luke hat eine Vorgeschichte von 2 Sätzen. Farmerjunge auf einem Hinterwänldlerplaneten, der gerne was erleben möchte. Seine Familie verschweigt ihm ein dunkles Geheimnis. Fertig, und los gehts.
Stimmt so einfach nicht. Er muss auch noch genügend Informationen über seine Familie und den Planeten erhalten, um richtig reagieren zu können. Wenn er beim Namen "Owen Lars" (Lukes Ziehvater) mit den Schultern zuckt, wenn er "Ben" für einen Reishersteller hält, und er sich unter "Jawa" eine Methode vorstellt, Droiden zu programmieren, dann ist so kein filmhaftes Spiel möglich.
Selbstverständlich kann man die Charaktere komplett im Spiel entwickeln und Hintergründe als Spielleiter dazuimprovisieren, aber dann fehlt dem ganzen jenes aus-einem-Guß-Gefühl, das einen guten Film erst zu einem guten Film macht. Zumindest mir hat bisher kein Film gefallen, in dem die Charaktere zusammengewürfelt, der Plot wie ausgewürfelt wirkt.

Ein anderes Beispiel für Zeitersparnisse, die im Film, nicht aber im Rollenspiel möglich sind, ist der geheime Plan des Helden. Wenn in "HdR 3: Rückkehr des Königs"
[mi]auf einmal eine Geisterarmee aus den Schiffen stürmt[/mi], dann ist das für die Zuschauer eine Überraschung. In der Spielrunde hätte man aber die komplette Vorbereitung dieses Planes ausspielen müssen.

Offline Fredi der Elch

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #34 am: 10.01.2005 | 17:15 »
Das würde ich gerne mal auf einer Con erleben: Die Handlung eines recht unbekannten Films als Vorlage, um es vergleichbar zu halten, und dann, nach 5 Stunden, einen Vergleich. Das geht schief - auch dann noch, wenns keine Con mehr ist.
Die Handlung eines Films nachspielen kann man natürlich nicht. Das wäre ja nur mit komplettem Railroading möglich. Aber dieselbe Menge an Handlung: kein Problem. Die richtigen Spieler vorausgesetzt geht das.

Zitat
Zitat
Bsp Star Wars: Luke hat eine Vorgeschichte von 2 Sätzen.
Stimmt so einfach nicht.
War ja auch übertrieben. ;) Aber viel mehr ist es eben nicht. "lebt bei Onkel und Tante, da die Eltern gestorben sind" dazu und dann gehts los. Jawas sind Settinginformationen, keine Vorgeschichte.

Zitat
Wenn in "HdR 3: Rückkehr des Königs"
[mi]auf einmal eine Geisterarmee aus den Schiffen stürmt[/mi], dann ist das für die Zuschauer eine Überraschung. In der Spielrunde hätte man aber die komplette Vorbereitung dieses Planes ausspielen müssen.
Nein, hätte man nicht. Wieder ein weit verbreitetes Vorurteil, man müsse alles aussspielen. Muss man nicht. Ein Schnitt zum gelungenen Plan kann es auch tun, wenn er nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Der Schiffsplan wäre auch im Rollenspiel in 10 Minuten max. abzuhandeln gewesen.
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Offline Azzu

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #35 am: 10.01.2005 | 18:39 »
Man kann Rollenspielen zwar so gestalten, dass jeder Spieler eine detaillierte Rolle erhält und diese versucht "richtig" zu spielen. Das ist aber nicht nötig (und IMO auch nicht wünschenswert). Oft reichen ein paar Sätze Vorgeschichte, um einen super Charakter zu gestalten, der dann im Spiel viele Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Denn gerade diese Entwicklung im Spiel wird oft durch eine zu detaillierte Vorgeschichte behindert.

Warum es also nicht so machen wie im Film: sehr wenig Vorgeschichte, die gesamte Entwicklung des Charakters findet On-Screen statt (und nicht umgekehrt, wie Vermi es beklagt hat)? Bsp Star Wars: Luke hat eine Vorgeschichte von 2 Sätzen. Farmerjunge auf einem Hinterwänldlerplaneten, der gerne was erleben möchte. Seine Familie verschweigt ihm ein dunkles Geheimnis. Fertig, und los gehts. Viel mehr Hintergrund braucht man nicht.

Das bringt aber zwei Probleme mit sich.

Erstens bürdet man dem Spielleiter die ganze Ideenlast auf. Das mag er genausowenig, wie wenn man ihn mit einer in sich bereits abgeschlossenen Charaktergeschichte ohne offene Enden quält.

Zweitens hat man nach ein paar Jahren Spiel die gängigen Stereotypen durch, die mit wenigen Sätzen Hintergrund durchkommen. Um Neues auszuprobieren, muss man irgendwann zwangsweise etwas mehr ins Detail gehen. Den Farmerjungen (alternativ: Stallburschen, Bäckerlehrling, etc.) der gerne Abenteuer erleben möchte, und in dem ungeahnte Talente schlummern, habe ich z.B. reichlich über - mindestens jeder zweite Fantasy-Held entspricht zu Beginn der Handlung diesem Stereotypen.

Tatsächlich mag ich es als SL ganz gerne, wenn sich in einer Gruppe ein paar Spieler finden, die mich mit reichlich Details (und hoffentlich vielen offenen Handlungssträngen) zutexten, und ein paar andere, die mit ein paar Sätzen Hintergrund zufrieden sind. Auf diese Weise werde ich mit reichlich Abenteuerideen beliefert und habe gleichzeitig noch eine Menge Handlungsspielraum bezüglich einiger Gruppenmitglieder.

Offline Fredi der Elch

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #36 am: 10.01.2005 | 19:01 »
Das bringt aber zwei Probleme mit sich.
Und wieder weit verbreitete Vorurteile: Deine Punkte hören sich ja fast so an, als ob ein Spieler seine Ideen nur in die Vorgeschichte einbringen dürfte und danach nie wieder. Es ist für einen Spieler aber nicht verboten, im Spiel Ideen zu äußern! Also reicht eine "dünne" Hintergrundgeschichte durchaus, wenn der Spieler dann im Spiel den SL (und die anderen Spieler) mit Ideen unterstützt.

Diese In-Spiel Ideen können dabei 2 Formen annehmen:
1. Kann man Sachen sammeln, die den Charakteren noch passieren können, was in Moment hinter ihrem Rücken abgeht usw. Also Dinge, die in der Gegenwart oder Zukunft liegen.
2. Man kann an der Vorgeschichte arbeiten. Im Spiel! Also Sachen erfinden, die den Charakteren früher mal passiert sind. Und zwar immer dann, wenn sie gerade gut zur Geschichte passen. Ist ja in Filmen auch nicht anders, wenn der Zuschauer plötzlich erfährt, dass Vader Lukes Vater ist. Haben wir vorher nicht gewusst. Hat in "A New Hope" nie eine Rolle gespielt. Und George Lukas hätte das auch erst für Teil 2 oder 3 erfinden können (hat er ja vielleicht auch ;) ). Also, kein Problem.

Durch dieses spätere Ausfüllen des Hintergrunds ergibt sich sogar ein Vorteil: ein zu detaillierter Hintergrund biete wenig Platz für eventuelle Änderungen. Ein "dünner" Hintergrund ist flexibel.

Um es nochmal zu sagen: schau dir unsere PtA-Online Runde an. Die Charaktere sind nicht unglaublich kompliziert. Trortzdem entwickeln sie sich und es entsteht eine Geschichte um ihre Persönlichkeit. Es geht also.
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Offline Elisabeth Hawkwood

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #37 am: 10.01.2005 | 19:08 »
Eine Hintergrundgeschichte eines Chars macht diesen fuer mich lebendiger, er ist nicht mehr nur durch Zahlen beschrieben oder Eigenschaften, sondern hat eine Geschichte. Natuerlich muss diese vor dem Beginn des Abenteuers offene Enden haben, soviele wie möglich, aber gerade wenn man sich die schon als Spieler ein bisschen ueberlegt ist es fuer den SL einfacher und das Spielen selber macht auch sehr viel mehr Spass (finde ich, ich will ja einen möglichst lebendigen Char mit dem ich mich identifizieren kann). Das bedeutet dann natuerlich zwangsläufig, dass man sich auch durch die gespielten Ereignisse weiter entwickelt.
Und das kann innerhalb von wenigen Stunden gehen..., da hat sich meine Adligem die eigentlich als eingebildete hochnäsige Schnepfe geplant war, plötzlich verliebt (sie war noch jung und naiv, da war das unausweichlich in der Situation), und wenige Stunden später diesen Menschen welchen verloren (Intrige und Mord  ;)), das war eine Veränderung des Chars um mindestens 170 Grad, was nicht nur durch den Verlust bewirkt wurde, sondern auch dadurch, dass sie plötzlich gezwungen war verantwortungsvoll zu handeln. Eingebildete Schnepfe wurde zu melancholischer Einzelgängerin... .

@Azz:  :) Sehe ich auch so, erstmal reichen ein paar Anhaltspunkte, der Rest fuellt sich oft später, aber ich hatte auch schon einmal eine sehr gute Idee fuer eine recht detailreiche Hintergrundgeschichte direkt am Anfang, das war auch okay. Aber solche sponanen Eingebungen hat man ja auch nicht immer. Es hängt auch ein wenig, finde ich, vom Alter des Chars ab, wenn ich einen sehr jungen Char spiele, dann hat der logischerweise mehr erlebt, als wenn ich mir einen ausdenke der schon 40 Jahre alt ist, oder älter. Da muss man sich dann, entweder gleich oder im Laufe des Spiels ein bisschen mehr ausdenken (naja je nachdem wie und wo derjenige gelebt hat).
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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #38 am: 10.01.2005 | 23:38 »
@ Elisabeth:

Zitat
wenn ich einen sehr jungen Char spiele, dann hat der logischerweise mehr erlebt, als wenn ich mir einen ausdenke der schon 40 Jahre alt ist, oder älter.

Nicht eher umgekehrt? ;) Hm, obwohl man das so vielleicht auch nicht sagen kann. Charakter A ist 50. Er ist Fischer. Er war immer Fischer. Sein Vater und sein Großvater waren auch Fischer. Sie alle lebten seit jeher in dem gleichen kleinen Fischerdorf, wo nie ein Mensch vorbei kommt. Charakter B ist 20. Sein Vater war Botschafter des Königs und hat mit seiner Familie in verschiedenen fremden Ländern gelebt, ehe es vor 5 Jahren zu einem Putsch kam und die Familie fliehen musste. Die letzten 5 Jahre hat der Charakter auf der Flucht verbracht, von Stadt zu Stadt, zwischen Gosse und Gaunerwelt. Dann, schließlich, erwischten die Häscher seine Familie. Er entkam als einziger lebend.

Welcher der beiden hat jetzt mehr erlebt?

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #39 am: 11.01.2005 | 14:24 »
@Lord Verminaard:
Sorry, ne war eigentlich umgekehrt gemeint, das kommt davon wenn man immer schon einen Satz weiter ist. auch wenn ein 50jähriger fischer vielleicht auch mal interessant wäre?! Da wuerden mir im Moment aber die Ideen fehlen ehrlich gesagt. Aber Dein Beispiel macht ja eigentlich klar, dass das eine blöde Pauschalisierung von mir war!
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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #40 am: 11.01.2005 | 15:14 »
Okay, zwei Punkte zum Thema von meiner Seite aus:

1.) Ich halte Vorgeschichten für wichtig. Zum einen, weil sie die Persönlichkeit und den Werdegang des Charakters skizzieren (die Betonung liegt hier jedoch ganz klar auf skizzieren. Vier oder fünf Sätze können meist viel mehr aussagen als ein Geblubber von 8-10 Seiten). Zum anderen, weil sie helfen, die Fähigkeiten des Charakters zu definieren (Warum kann der arme Fischer so toll Äxte werfen? Warum kann die Tochter eines Fürsten Schlösser knacken?). Für sehr wichtig halte ich dabei jedoch schon die anfangs erwähnten losen Enden, die in die Kampagne eingeflochten werden können. Auch den Ausspruch "mit dem Beginn des Spiels wird das Leben des Charakters nun richtig interessant" fand ich in diesem Sinne sehr gut. All  das unter einen Hut zu bringen, ist vielleicht nicht leicht. Aber ein Ansatz, wie ihn z.B. The Pool gewählt hat, um die Charaktere zu beschreiben, finde ich schonmal sehr hilfreich.

2.) Ich habe mir zugegebenermaßen nicht alle Beiträge zu diesem Thema im Detail durchgelesen. Trotzdem kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß die meisten Leute hier der Meinung sind, eine Charakterentwicklung ist damit gleichzusetzen, den Charakter mehr oder minder immer mal wieder über den Haufen zu werfen. Meiner Meinung verändern sich Charaktere jedoch fließend, subtil, oftmals von der Umwelt unbemerkt, ja nicht selten setzen sie sogar alles daran, sich gegen unbewußte Veränderungen aktiv zu wehren. Desweiteren finde ich es interessant, daß viele hier der Meinung sind, diese Veränderungen müßten sich auch in regeltechnischen Aspekten niederschlagen. Warum? Sollten nicht eher die Regeln folgen, von der Charakter sich verändert?
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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #41 am: 11.01.2005 | 15:23 »
Vier oder fünf Sätze können meist viel mehr aussagen als ein Geblubber von 8-10 Seiten
:d Absolute Zustimmung!

Zitat
Meiner Meinung verändern sich Charaktere jedoch fließend, subtil, oftmals von der Umwelt unbemerkt
Das mag in der Realität so sein, bringt jedoch ein großes Problem mit sich: es ist in einer Geschichte (Film, Buch) todlangweilig! Was nützt mir ein Film, in dem sich ein Charakter total subtil und fließend verändert, wenn ich als Zuschauer davon nichts mitkriege? Überhaupt nichts! Und im Rollenspiel habe ich weder die Möglichkeit, das Geschehen einfach anzuhalten, noch kann ich es mir mehrmals ansehen. Also kriege ich Subtilitäten noch weniger mit.
Deswegen: für eine gute Geschichte müssen sich die Charaktere relativ drastisch verändern, damit es jemand mitkriegt. Sonst bleibt der Charakter für alle Spieler statisch (außer für den, der ihn spielt). Und das kann es ja nicht sein.
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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #42 am: 11.01.2005 | 16:16 »
Das mag in der Realität so sein, bringt jedoch ein großes Problem mit sich: es ist in einer Geschichte (Film, Buch) todlangweilig! Was nützt mir ein Film, in dem sich ein Charakter total subtil und fließend verändert, wenn ich als Zuschauer davon nichts mitkriege? Überhaupt nichts! Und im Rollenspiel habe ich weder die Möglichkeit, das Geschehen einfach anzuhalten, noch kann ich es mir mehrmals ansehen. Also kriege ich Subtilitäten noch weniger mit.
Deswegen: für eine gute Geschichte müssen sich die Charaktere relativ drastisch verändern, damit es jemand mitkriegt. Sonst bleibt der Charakter für alle Spieler statisch (außer für den, der ihn spielt). Und das kann es ja nicht sein.

Hmm, ich weiss nicht ich finde sowohl sehr drastische Änderungen (ausser sie sind wirklich begruendet), als auch völlig subtile nicht so den Hit, am besten wäre es sicherlich da so ein Mittelmass zu finden. Oder aber man gestaltet die subtilen Änderungen ein wenig auffälliger, also betont z.B. Geischtsausdrucke, spontane Reaktionen, ehe der Char sich wieder unter Kontrolle hat. am hilfreichsten finde ich es aber eigentlich Gespräche auszuspielen, da kann man dann sehr viel einfliessen lassen, wie zum Beispiel sich ändernde Ansichten.
Meiner Meinung nach muessen sich solche "kleinen" Änderungen nicht in Regeln niederschlagen, auch grössere nicht, sofern es sich ueberwiegend um Einstellungen etc. handelt. Wenn der Char natuerlich ganz plötzlich etwas ganz toll kann oder weiss, dann muss man halt mit dem SL diskutieren.
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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #43 am: 11.01.2005 | 16:55 »
Zitat
Jawas sind Settinginformationen, keine Vorgeschichte.
Das war aber auch das einzige Beispiel, das sich nicht auf die Vorgeschichte bezog. Und dennoch muss es vorher geklärt werden: Welche Informationen über das Setting, über die der Spieler verfügt, kennt auch der Held? Wo gibt es umgekehrt noch Klärungsbedarf?

Zitat
Ein Schnitt zum gelungenen Plan kann es auch tun, wenn er nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Der Schiffsplan wäre auch im Rollenspiel in 10 Minuten max. abzuhandeln gewesen.
Nein. Der Punkt ist einfach: Den Zuschauern war der Plan nicht bekannt. Das ist im Film so gut möglich und macht viele Überraschungsmomente aus. Die Spieler kennen aber (hoffentlich) den Plan, damit gibt es zum einen keine Überraschung mehr - und zum anderen geht keine Zeit für die Planung verloren. Und die nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, da sich dort Spieler auf ein geeintes Vorgehen einigen müssen.

Desweiteren finde ich es interessant, daß viele hier der Meinung sind, diese Veränderungen müßten sich auch in regeltechnischen Aspekten niederschlagen. Warum? Sollten nicht eher die Regeln folgen, von der Charakter sich verändert?
Hmm? Ist das nicht das gleiche? Wenn du sagst, die Änderung der Regeln soll der Änderung des Charakters folgen, dann schlagen sich doch die Änderungen am Charakter in regeltechnischen Aspekten nieder, oder?

Zitat
Was nützt mir ein Film, in dem sich ein Charakter total subtil und fließend verändert, wenn ich als Zuschauer davon nichts mitkriege? Überhaupt nichts! Und im Rollenspiel habe ich weder die Möglichkeit, das Geschehen einfach anzuhalten, noch kann ich es mir mehrmals ansehen. Also kriege ich Subtilitäten noch weniger mit.
Einer der wichtigen Gründe, warum Rollenspiel länger dauert als Film (und nicht vergleichbar ist), ist die Tatsache, dass sich die Spieler mehr um die Motive der Charaktere kümmern können.
Ja, es wäre langweilig, im Film 2 Stunden einer Tavernenszene aus Unterhaltungen zuzugucken.
Rollenspiel jedoch ist anders: Der Spieler guckt nicht einfach zu, er redet mit. Deswegen sind solche Szenen an Rollenspieltischen keine Seltenheit.

Offline Haukrinn

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #44 am: 11.01.2005 | 17:05 »
Desweiteren finde ich es interessant, daß viele hier der Meinung sind, diese Veränderungen müßten sich auch in regeltechnischen Aspekten niederschlagen. Warum? Sollten nicht eher die Regeln folgen, von der Charakter sich verändert?
Hmm? Ist das nicht das gleiche? Wenn du sagst, die Änderung der Regeln soll der Änderung des Charakters folgen, dann schlagen sich doch die Änderungen am Charakter in regeltechnischen Aspekten nieder, oder?

Sie können, aber sie müssen nicht. Wenn sich das Verhalten des Charakters ändert, dann schlägt sich dies in den meisten Fällen eben nicht in den Regeln nieder. Neue regeltechnische Aspekte können aus der Charakterentwicklung erwachsen (z.B. läßt sich der Charakter immer mehr mit Dämonen ein, so erhält er irgendwann dämonische Kräfte. Ein extremes Beispiel, aber wie bereits gesagt soll sich im Normalfall mit der Charakterentwicklung nichts grundlegendes Regeltechnisches ändern). Wenn stattdessen beim Stufenaufstieg der "Hoschismasher+4" als Spezialfähigkeit gewählt wird und der Charakter sich daraufhin verändert, dann ist etwas gründlich falsch gelaufen.
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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #45 am: 11.01.2005 | 17:12 »
Der Punkt ist einfach: Den Zuschauern war der Plan nicht bekannt. Das ist im Film so gut möglich und macht viele Überraschungsmomente aus. Die Spieler kennen aber (hoffentlich) den Plan, damit gibt es zum einen keine Überraschung mehr
Das stimmt.

Zitat
- und zum anderen geht keine Zeit für die Planung verloren. Und die nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, da sich dort Spieler auf ein geeintes Vorgehen einigen müssen.
Das hingegen stimmt nicht. Man kann genauso wie im Film Sachen einfach nicht ausspielen. Man kann sagen: "Wäre es nicht cool, wenn wir das Schiff erobern würden?" - "Ok, ihr schafft das und kommt da an". Fertig. Du spielst ja auch nicht jede Tagelange Überlandreise minutengenau aus.

Zitat
Einer der wichtigen Gründe, warum Rollenspiel länger dauert als Film (und nicht vergleichbar ist), ist die Tatsache, dass sich die Spieler mehr um die Motive der Charaktere kümmern können.
Wie gesagt: es kann länger dauern, es muss aber nicht. Dass Rollenspielen immer lange dauern muss, um zu einer Entwicklung zu kommen, ist ein Mythos. Mna kann eben sehr schöne Entwicklungen auch in kurzer Zeit haben.

Zitat
Ja, es wäre langweilig, im Film 2 Stunden einer Tavernenszene aus Unterhaltungen zuzugucken.
Rollenspiel jedoch ist anders
Nicht bei mir. Ich langweile mich schon nach 10 Minuten Tavernenszene. :) Deswegen finde ich es ja so toll, dass man diese Szenen nicht braucht, um eine gute Geschichte zu erzählen.
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Zitat von: 1of3
D&D kann immerhin eine Sache gut, auch wenn es ganz viel Ablenkendes enthält: Monster töten. Vampire kann gar nichts.

Ein

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #46 am: 11.01.2005 | 17:43 »
Fredi: Full ACK!

Ich spiele am liebsten so: Mit Spielern, die sich vorher kaum eine Vorgeschichte überlegen, und dann im Spiel nach und nach die Vorgeschichte erfinden, wo es nötig ist. Ich finde Spielerinput so viel besser genutzt, als wenn er eine langweilige (weil lang und stilistisch schlecht, außerdem lese ich nciht gerne Prosa) Vorgeschichte schreibt, die a)  ich ganz sicher eh nie komplett nutze und b) keinen aktiven Spieleinfluss hat. Denn wenn man es ganz genau nimmt, ist nur das interessant, was auch passiert - vor den Augen aller.

Darum mag ich übrigens negative Charakterdefinition ("er tut dies und dies nicht") überhaupt nicht, weil es einfach nicht aktiv und damit nicht spielförderlich ist.

Offline Azzu

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #47 am: 11.01.2005 | 17:52 »
Und wieder weit verbreitete Vorurteile: Deine Punkte hören sich ja fast so an, als ob ein Spieler seine Ideen nur in die Vorgeschichte einbringen dürfte und danach nie wieder. Es ist für einen Spieler aber nicht verboten, im Spiel Ideen zu äußern! Also reicht eine "dünne" Hintergrundgeschichte durchaus, wenn der Spieler dann im Spiel den SL (und die anderen Spieler) mit Ideen unterstützt.

Will ich gar nicht sagen. Aber im Vorfeld einer Kampagne werde ich als SL schnell ärgerlich, wenn von den Spielern nichts kommt, das mich inspiriert. Was ihnen WÄHREND der Kampagne einfällt, verwende ich, wenn möglich, gerne, muss ich aber gelegentlich sogar abwürgen, weil es der vorgesehenen Handlung komplett widerspricht. Lieber richte ich die Kampagne an den Charakteren aus - dazu muss ich aber rechtzeitig etwas über sie wissen.

Ansonsten kann ich der Aussage: "Klasse statt Masse" nur zustimmen. Zehn Zeilen können mehr gute Ideen enthalten, als ganze Romane. Allerdings will ich dann dazu noch eine Stichpunktseite mit Geburtsort, Namen wichtiger NPCs im Leben des Charakters, etc..

wjassula

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #48 am: 12.01.2005 | 14:11 »
Zitat
wie oft passiert sowas in einer Kampagne und wie lange dauert es, bis man soweit ist? Oder genauer: wie oft ist euch das schon passiert in der Runde und wie war das genau?

5 failed notches? Kommt sehr drauf an, welchen Stil man fährt, und worum sich die Kampagne dreht. Wir haben zum Beispiel eine Kampagne im Tarantino-Stil laufen. Verfolgungsjagden, dicke Knarren, coole Sprüche, Explosionen. Die Charaktere sind auch dementsprechend. Deshalb kommt es nicht so oft zu Stresswürfen, wie wenn man Normalos spielt. Trotzdem ist jetzt ein Spieler komplett durchgedreht. Hat 6 bis 8 Spielabende gedauert.

Die Ereignisse der Kampagne an sich hätten bei einem anderen Verständinsi davon, welche Art von Geschichte wir spielen schon wesentlich schneller 5 failed notches bei Gewalt und Selbstbild produziert.

Ich habe nicht das Gefühl, dass von Anfang an klar ist, dass alle Spieler langsam abdrehen. Ich würde das zu vermeiden versuchen, wäre ich Spieler.

Nick-Nack

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #49 am: 12.01.2005 | 16:39 »
Das hingegen stimmt nicht. Man kann genauso wie im Film Sachen einfach nicht ausspielen. Man kann sagen: "Wäre es nicht cool, wenn wir das Schiff erobern würden?" - "Ok, ihr schafft das und kommt da an". Fertig. Du spielst ja auch nicht jede Tagelange Überlandreise minutengenau aus.
Und dann? Das Ergebnis wird beschrieben - solange geht alles gut. Aber sobald auch nur einer der Charaktere auf die Idee kommt, über den Plan mit seinem Kollegen zu reden, geht schnell alles schief. Jeder hat eine andere Vorstellung davon, wie er den Plan durchgezogen hätte, und am Ende läuft es dann sehr leicht auf ein "so hätte ich das doch niemals gemacht!" hinaus.

Zitat
Mna kann eben sehr schöne Entwicklungen auch in kurzer Zeit haben.
Entwicklungen - kein Problem. Aber sehr schöne Entwicklungen? Vielleicht setzen wir andere Maßstäbe an, jedoch habe ich bisher noch keine schöne Entwicklung im Rollenspiel erlebt, bei der mir nicht vorher der Zustand am Anfang gut nahegebracht wurde. Alle anderen Entwicklungen schienen mir immer entweder unmotiviert - oder irrelevant, da mir einfach keine Veränderung auffiel, schließlich hätte der Charakter genauso schon von Anfang an sein können, so genau kannte ich ihn nicht.

Zitat
Nicht bei mir. Ich langweile mich schon nach 10 Minuten Tavernenszene. :) Deswegen finde ich es ja so toll, dass man diese Szenen nicht braucht, um eine gute Geschichte zu erzählen.
Es kommt ganz auf die Art der Geschichte an. Feng Shui mit langen Gesprächen? Bisher noch nie gespielt. Shadowrun-Pläne an der Abneigung des Zwergen gegen Sahnetorten scheitern lassen? Niemals.
Aber da hört es auch schon auf. Ich bin mir sicher, es gibt noch viele andere Rollenspiele, in denen so etwas möglich ist, aber es werden andere weitaus mehr gespielt, die ohne lange Unterhaltungen für mich einen Großteil des Flairs verlören. Das geht von DSA über Chroniken der Engel bis Paranoia.

Offline Fredi der Elch

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #50 am: 12.01.2005 | 17:06 »
Aber sobald auch nur einer der Charaktere auf die Idee kommt, über den Plan mit seinem Kollegen zu reden, geht schnell alles schief. Jeder hat eine andere Vorstellung davon, wie er den Plan durchgezogen hätte
Das kann dir theoretisch auch bei einer Überlandreise passieren ("Und dann hab ich das Lager errichtet"- "Halt! ICH hab das Lager errichtet..."). Deswegen: Sachen, die den Spielern wichtig sind ausspielen. Und über die unwichtigen Sachen gibts dann auch keine Diskussionen. Was ich nur sagen will: Ein Plan ein Schiff zu erobern muss nicht wichtig sein. Er war es bei LotR nicht und muss es auch beim Rollenspiel nicht sein. Und haben sich Aragorn, Gimli iund Legolas später darüber unterhalten, wie sie das Schiff gekapert haben? Nein! Weil es eben nicht wichtig war. Und btw: solche "Damals, als mein toller Char der großen Drachen geplättet hat" Geschichten (und ähnliche Geschichten von "tollen Plänen") sind im Allgemeinen eher langweilig.

Zitat
Entwicklungen - kein Problem. Aber sehr schöne Entwicklungen? Vielleicht setzen wir andere Maßstäbe an, jedoch habe ich bisher noch keine schöne Entwicklung im Rollenspiel erlebt, bei der mir nicht vorher der Zustand am Anfang gut nahegebracht wurde.
Das ist ja völlig richtig. Der Punkt ist aber doch: Um den Zustand am Anfang gut klar zu machen, braucht es eben nicht viel Zeit. Im zweifelsfall reicht eine gut gewählte Szene! (ok, es dürfen auch mal 2 sein ;) )

Zitat
Zitat
Deswegen finde ich es ja so toll, dass man diese Szenen nicht braucht, um eine gute Geschichte zu erzählen.
Es kommt ganz auf die Art der Geschichte an.
Das ist auch richtig. Ich meine aber eine spannende, filmartige Geschichte. Und die kommt gemeinhin ohne stundenlange Szenen, in denen Nichts passiert, aus. Den Film, der von seiner begrenzten Zeit die Hälfte mit einer Tavernenszene verplempert, möchte ich lieber nicht sehen (gähn!).

Wenn dir das alles Spaß macht ist es ja ok. Aber zu behaupten, dass man viel Zeit benötigt, um im Rollenspiel eine gute Charakterentwicklung darzustellen, ist einfach falsch. Eine gute Geschichte (und dazu gehört für mich auch Charakterentwicklung) braucht im Rollenspiel zwar mehr Zeit als im Film, aber es geht doch ziemlich zügig, wenn man sich Mühe gibt. Und dieses Gerede von Monatelange Kampagnen als einzige Möglichkeit für Charakterentwicklung ist einfach ein weit verbreiteter aber trotzdem völlig falscher Rollenspielmythos.
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Offline Bad Horse

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #51 am: 14.01.2005 | 13:53 »
Beim Rollenspiel würde ich eigentlich nur einen One-Shot mit einem Film vergleichen - da muß dann alles passieren, die Chars sollten sich irgendwie verändern, und das alles innerhalb von 5 oder 6 Stunden. Klar. Stimm ich zu.

Aber Rollenspiel in Kampagnen hat für mich viel mehr mit einer Fernsehserie zu tun als mit einem Film. Und in einer Serie verändern sich die Charaktere eher nach und nach (von gelegentlichen "Bumm, jetzt ist sie böse, weil ihre Freundin erschossen wurde"-Sachen abgesehen - und die können durchaus gut und wichtig sein), und das ist genauso gut. Schließlich kann man dann nach langen Jahren Spielzeit zurückblicken und sehen, wie weit der Char gekommen ist - und wo er sich gar nicht verändert hat.

Mir ist als SL - wenn´s um Hintergrundgeschichten geht - eine kurze, knackige Geschichte (oder vielleicht nur ein Ansatzpunkt) lieber als eine ellenlange Story. Beispiel: In meiner UA-Runde hat Aliana einen relativ normalen Char, dem schon mal etwas seltsames passiert ist - ein Haken, ein Ansatz, den ich aufgreifen kann. Das hat mir sehr gut gefallen.  :D
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The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

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Nick-Nack

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #52 am: 14.01.2005 | 15:48 »
Zitat
Und haben sich Aragorn, Gimli iund Legolas später darüber unterhalten, wie sie das Schiff gekapert haben? Nein! Weil es eben nicht wichtig war.
Das hat einen anderen Grund: Aragorn, Gimli und Legolas unterlagen dem Willen des Regisseurs. Sie wussten also, wie der Plan funktioniert.
Die Spieler tun das nicht. Die Spieler wissen also weniger als die Helden, sowas ist mMn immer mit sehr starker Vorsicht zu genießen.

Zitat
Und btw: solche "Damals, als mein toller Char der großen Drachen geplättet hat" Geschichten (und ähnliche Geschichten von "tollen Plänen") sind im Allgemeinen eher langweilig.
Trotzdem gibt es sehr viele Spieler, die gerne mit dem angeben, was ihre Helden erreicht haben. Dazu noch die aus vielen Filmen bekannten Geheimabsprachen in Anwesenheit des Bösewichts ("Erinnerst du dich noch, damals, als wir den Elefanten gestürzt haben?"), die dann meistens recht lustig enden ("Warum hast du ihn nicht vergiftet, wie den dicken Fürst damals?"-"Fürst? Hast du nicht das Mammut gemeint, das wir gefangen haben?") - das nicht-ausspielen eines Planes schränkt schon sehr stark ein.

Zitat
Das ist ja völlig richtig. Der Punkt ist aber doch: Um den Zustand am Anfang gut klar zu machen, braucht es eben nicht viel Zeit.
Wie bringst du in einer einzigen Szene beispielsweise dem Spieler von Luke bei, welches Spezialwissen Luke besitzt (Name der Eltern, Ben, etc.), und welches Settingwissen?

Zitat
Das ist auch richtig. Ich meine aber eine spannende, filmartige Geschichte. Und die kommt gemeinhin ohne stundenlange Szenen, in denen Nichts passiert, aus. Den Film, der von seiner begrenzten Zeit die Hälfte mit einer Tavernenszene verplempert, möchte ich lieber nicht sehen (gähn!).
Da pauschalisierst du aber über die Filme hinweg. Beispielsweise Blair Witch Project besteht praktisch nur aus Gesprächen. Trotzdem meiner Meinung nach ein sehr guter Film.
Für Actionfilme mag zwar all das zutreffen, was du bisher geschrieben hast, aber es trifft nicht aufs Rollenspiel allgemein zu.

Online Maarzan

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #53 am: 23.01.2005 | 10:20 »
So wie ich das sehe, scheitern eine Menge Dinge daran, dass der Betreffende -sei es Spielleiter oder Spieler - nicht alleine am Spieltisch sitzt. Die Leute haben unterschiedliche Priorotäten und Vorstellungen und das muss unter einen Hut gebracht werden und das kostet eben Zeit im Spiel, wenn man nicht vorher drüber diskutiert und festlegt, was ab einem bestimmten Maß für mich spielhemmend wäre.
Das solche Schnitte für einige kein Problem zu sein scheinen deutet für mich darauf, dass sie sich nicht all zu viel Gedanken über ihre Mitspieler und deren Spielspaß gemacht haben oder eine ungewöhnliuch koheränte Gruppe haben und nur mit diese spielen oder aber dominant genug sind anderen ihre Sicht zu diktieren. Wiederum kein Zustand, der für mich auf generellen Spielspaß schließen lassen würde.

Zum Thema regeltechnische Untermalung von Veränderungen. Geänderte Einstellungen und Verhalten erfordern aber auch geänderte Fertigkeiten und der Erwerb solcher sollte systemtechnisch entsprechend machbar sein.

Charakterbautechnisch sehe ich das Problem in der Tendenz den Charakter danach zu bauen, was der Charakter zu Spielbeginn ist, und nicht danach was er an Zielen hat und sich primär über Erscheinung und cool powerz definieren.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Thalamus Grondak

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #54 am: 23.01.2005 | 11:01 »
Ich habe jetzt nur Verminaards eingangspost gelesen.

Die direkte Antwort auf die erste Frage Lauet bei mir, und den meisten meiner Spieler - JA.
Die meisten Rollenspieler wollen einen Charakter spielen, und Abenteuer erleben.(Impliziert der Charakter ist bereits geformt, und das Augenmerk liegt auf dem erleben)

Ein Rollenspiel, das die Charentwicklung ind en Fordergrund stellt?
Meinst du ein System, oder nur eine Spielweise?
Even if you win the Rat race, you´re still a Rat

Miriamele

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #55 am: 23.01.2005 | 13:20 »
Die Leute haben unterschiedliche Priorotäten und Vorstellungen und das muss unter einen Hut gebracht werden und das kostet eben Zeit im Spiel, wenn man nicht vorher drüber diskutiert und festlegt, was ab einem bestimmten Maß für mich spielhemmend wäre.
Das solche Schnitte für einige kein Problem zu sein scheinen deutet für mich darauf, dass sie sich nicht all zu viel Gedanken über ihre Mitspieler und deren Spielspaß gemacht haben oder eine ungewöhnliuch koheränte Gruppe haben und nur mit diese spielen oder aber dominant genug sind anderen ihre Sicht zu diktieren.

Was ist schon gewöhnlich oder ungewöhnlich? Wenn man hier im Forum die Beiträge verfolgt, scheinen doch die meisten hier eine recht kohärente Gruppe zu haben, in der es nicht ständig Streit darüber gibt, wie das Spiel jetzt laufen soll. Die ständigen Bedenkenträger sind die, die schlechte Erfahrungen mit ihren Mitspielern gemacht haben. Klassisches Argumentationsschema: "Das geht aber alles nicht, wenn ein Spieler dazwischen funkt." Wenn ein Spieler dazwischen funkt, dann ist das

Zitat
Wiederum kein Zustand, der für mich auf generellen Spielspaß schließen lassen würde.

 ;)

Also kurz zum Thema Schnitte: Wir benutzen das sehr oft. Und es gab noch nie Probleme damit. Wenn ein Spieler eine bestimmte Szene wichtig findet, kann er das ja sagen. "Das Wiedersehen mit meine Vater würde ich aber schon gerne ausspielen." Aber das ist meiner Erfahrung nach nicht der klassische Grund, warum Spieler Probleme mit Schnittechnik haben. Der klassische Grund ist dieser:

SL: "Ihr geht gerade den dunklen Waldweg entlang, als um euch herum plötzlich das Gebüsch raschelt und 20 zuvor perfekt verborgene Elfenkrieger auch umzingeln, die ihre gespannten Bogen auf euch richten."
Spieler: "MOOOOOOOMENT."

In meiner Runde würde sich kein Spieler über eine solche Aktion aufregen, weil Rollenspiel für uns kein Strategiespiel ist und niemand es als Niederlage empfindet, in einen Hinterhalt der Elfen zu geraten, sondern als interessante Wendung der Handlung. Natürlich bin ich auch nicht so eine bescheuerte ähm ihren eigenen, völlig gleichwertigen Spielstil verfolgende ;D SL, die die Elfen in dieser Situation dann wirklich angreifen lassen würde mit der Folge, dass die SCs draufgehen.

@ Vorgeschichte:

Wenn die interessantesten Erlebnisse eines Charakters in der Vorgeschichte stattfinden und nicht im Spiel, ist etwas schief gelaufen. Allerdings finde ich es nicht unbedingt nötig, dass der Charakter am Anfang einer persönlichen Entwicklung steht, wenn das Spiel beginnt. Das kann interessant sein. Aber viele der Bücher und Filme, die ich mag, drehen sich um Hauptfiguren, die am Anfang der Geschichte bereits relativ "fertig" sind. Das Interessante an der Geschichte sind dann die Dinge, die sie tun und erleben, und deren Auswirkung auf ihre Umwelt und ihre Lebenssituation, nicht so sehr auf ihre Persönlichkeit und Fähigkeiten.

Offline Jens

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Re: Lebensgeschichten von Charakteren - Vor und nach Spielbeginn
« Antwort #56 am: 23.01.2005 | 13:48 »
Ich hab da zwei Modelle:
Als Spieler: ich erschaffe eine Geschichte die spannend zu lesen (und manchmal schon 14 Seiten lang) ist und vielerlei Charaktere und anderes enthält, die in vielen Beziehungen zu meinem SC stehen. Dann hat der SL vielleicht Ansatzpunkte für Abenteuer (obwohl ich selbst finde das Abenteuer nur um eine Hauptperson herum zu stricken ist manchmal gut aber nicht häufig) oder aber er kann die Charaktere selbst einbauen (zum Beispiel als letzte Rettung oder als weitere Bedrohung->sie wollen meinen Sc dann lassen sie die anderen leben -> machen die anderen SC das usw.). Ich versuche ihm da etwas Hilfestellung zu geben. Dann muss die letzte Rettung nicht immer orgendein unbekannter Übergott sein sondern den effekt auslösen "Den kenn ich, der hat mich doch schon mal gerettet:"

Als SL: entwickle ich die Geschichte der Chars mit den Spielern gemeinsam. Auch Bekannte staffiere ich aus wenn die Spieler nicht können oder wollen (bei SR zum Beispiel die Connections wenn man zwar "den Schieber" (sogar mit Namen!) hat aber nichts weiter weiß) und integriere sie essentiell in ihre Welt. So wird das lebendiger und die Spieler haben nicht immer das Gefühl sie würden nur mit meinen Lieblings-NSCen spielen. Ich versuche dann auch immer soweit möglich auf die von den Spielern gemachten Beschreibungen einzugehen. Man muss ja auch nicht immer alles verwenden.